
Kardinal Gerhard Müller, bis 2017 Präfekt der Glaubenskongregation, eine Galionsfigur der Rechtgläubigkeit, nutzte gestern einen feierlichen Anlaß im abgelegenen Dorf Belmonte del Sannio in der süditalienischen Region Molise, um die Lehre der Kirche mit Nachdruck zu verteidigen – und gleichzeitig scharfe Kritik an der Homo-Lobby zu üben. Es war implizit auch eine deutliche Mahnung an Papst Leo XIV., der den Homo-Frevel im Petersdom am 6. September zugelassen hatte.
Sein Vorwurf: Wer als bekennender Homosexueller durch die Heilige Pforte des Peterdoms zieht, vollziehe keine Buße, sondern betreibe lediglich „Propaganda“. Kardinal Müller verweist auf die göttliche Offenbarung und kirchliche Überlieferung, um eine klare Feststellung zu treffen:
„Homosexuelle Handlungen sind eine Todsünde.“
Das sei, so der Kardinal, nicht verhandelbar – und auch kein Papst könne das ändern.
Der kleine Ort in Molise mit nur 650 Einwohnern, geschmückt mit weiß-gelben Kirchenfahnen, verlieh dem Kardinal an diesem Tag die Ehrenbürgerschaft. Der Kardinal trat bei dem Festakt mit der ihm eigenen Bescheidenheit auf, so die italienischen Nachrichtenagentur ANSA, doch umso schärfer konturiert waren seine Aussagen.
In einem Interview mit der ANSA bekräftigte Kardinal Müller seine Kritik an dem jüngsten Homo-Spektakel, das unter dem Vorwand des Heiligen Jahres nicht nur auf den Petersplatz, sondern sogar in den Petersdom hineingetragen wurde.
„Homosexuelle Handlungen sind eine Todsünde, und deshalb muß man sich gegen diese Politik stellen, bei der einige durch die Heilige Pforte schreiten, um für sich selbst Propaganda zu machen – nicht um Buße zu tun oder ihr Leben zu ändern.“
Mit Blick auf Fiducia supplicans, höchst umstrittenen Erklärung zur Segnung homosexueller Paare, die von Papst Franziskus gebilligt wurde, unterstrich Müller:
„Gott hat laut dem Buch Genesis die Ehe zwischen Mann und Frau gesegnet – man kann die Sünde nicht segnen.“
Fiducia supplicans sei kein bindendes Dokument des Lehramts, so der Kardinal, sondern lediglich „etwas im Rahmen der praktischen Pastoral“. Einem weit verbreiteten Mißverständnis erteilte er eine klare Absage:
„Wir müssen das Mißverständnis korrigieren, daß die Kirche dieses Verhalten [Homosexualität] quasi akzeptiert hätte – als etwas, das man segnen könne und auf das man den Segen Gottes herabrufen dürfe.“
Auch zur Diskussion um das Frauendiakonat, die bei der jüngsten Synodalitätssynode vom progressiven Lager erneut angestoßen wurde, bezog Müller eindeutig Stellung. Die Kirche sei keine Partei, die sich dem Zeitgeist unterwerfe:
„Manche denken, die Kirche sei wie eine politische Partei, die ihr Programm nach dem Geschmack der Welt ändern kann.“
„Aber wir sind eine Religion, die auf Offenbarung beruht – und in dieser Offenbarung sind die sieben Sakramente enthalten. Die Frage nach dem Zugang der Frau zum Weihesakrament mit seinen drei Stufen – Bischof, Priester, Diakon – ist bereits entschieden: Es handelt sich um eine dogmatische Frage, und kein Papst kann ein Dogma der Kirche ändern.“
Auch der Zölibat sei nicht einfach zur Disposition zu stellen – selbst wenn er kein Dogma sei:
„Er ist Teil der Tradition der lateinischen Kirche, die wir bewahren wollen. Der Priester ist kein Funktionär.“
Zum Schluß gab es noch einen persönlichen Rückblick – und einen Seitenhieb auf den im April verstorbenen Papst Franziskus. Als das Gespräch auf Papst Leo XIV. kam, erinnerte sich Müller mit einem Lächeln an ihre erste Begegnung:
„Beim ersten Mal traf ich ihn in der Sakristei des Petersdoms. Ich dachte, er komme aus Chiclayo und sei Peruaner, also sprach ich Spanisch mit ihm. Aber er sagte: ‚Ich bin Amerikaner‘ – und dann sprachen wir Englisch und kamen auf heikle Themen zu sprechen.“
„Ich komme aus der dogmatischen Theologie“, so Müller. „Ich habe ihm gesagt, daß ein Papst keinen Bischof ohne ein kirchenrechtliches Verfahren absetzen kann. Päpste haben keine Vorbilder – jeder Papst hat seine eigene Persönlichkeit –, aber wir dürfen keine politischen Kategorien einführen.“ So Müller gestern in dem ANSA-Interview.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MoliseOggi/MiL (Screenshot)
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