Überlieferter Ritus erstmals in der Konstitution für die Römische Kurie festgeschrieben

"Verwunderung" unter den beim Heiligen Stuhl akkreditierten Journalisten


Gestern fand die Vorstellung der neuen Konstitution der Römischen Kurie statt, die bereits am Samstag veröffentlicht worden war, zum Ärger der akkreditierten Journalisten.
Gestern fand die Vorstellung der neuen Konstitution der Römischen Kurie statt, die bereits am Samstag veröffentlicht worden war, zum Ärger der akkreditierten Journalisten.

(Rom) Die Ver­ei­ni­gung der beim Hei­li­gen Stuhl akkre­di­tier­ten Jour­na­li­sten brach­te ihre „Ver­wun­de­rung“ zum Aus­druck über die Art und Wei­se, in der die Apo­sto­li­sche Kon­sti­tu­ti­on Prae­di­ca­te Evan­ge­li­um „über die Römi­sche Kurie und ihren Dienst an der Kir­che in der Welt“ ver­öf­fent­licht wurde.

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Die Ver­ei­ni­gung beklag­te, daß die Ver­laut­ba­rung der neu­en Kon­sti­tu­ti­on „ohne vor­he­ri­ge Ankün­di­gung“ erfolgte.

Die neue Kon­sti­tu­ti­on regelt die Arbeit der Römi­schen Kurie. Sie wird am kom­men­den 5. Juni, dem Pfingst­sonn­tag, in Kraft tre­ten. Bis­her stand die Apo­sto­li­sche Kon­sti­tu­ti­on Pastor Bonus von Papst Johan­nes Paul II. aus dem Jahr 1988 in Gel­tung. Die neue Kon­sti­tu­ti­on Prae­di­ca­te Evan­ge­li­um ersetzt mit Juni die bis­he­ri­ge. Die neue Kon­sti­tu­ti­on berück­sich­tigt eine Rei­he von Ände­run­gen, die von Papst Fran­zis­kus in den ver­gan­ge­nen neun Jah­ren vor­ge­nom­men wor­den waren.

Überlieferter Ritus in der neuen Konstitution verankert

Erst­mals wur­de die über­lie­fer­te Form des Römi­schen Ritus und damit indi­rekt die Tra­di­ti­on in einer Kon­sti­tu­ti­on der Römi­schen Kurie fest­ge­schrie­ben. Kon­kret ist das im Arti­kel 93 gesche­hen, der die Auf­ga­ben der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst und die Sakra­men­ten­ord­nung regelt:

„Art. 93
Das Dik­aste­ri­um befaßt sich mit der Rege­lung und Dis­zi­plin der hei­li­gen Lit­ur­gie, was die gemäß gel­ten­den Nor­men gewähr­te Ver­wen­dung der lit­ur­gi­schen Bücher aus der Zeit vor der Reform des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils betrifft.“

Die bis­he­ri­ge Kon­sti­tu­ti­on Pastor Bonus ent­hielt kei­ne sol­che Fest­schrei­bung. Sie war am 28. Juni 1988 von Johan­nes Paul pro­mul­giert wor­den, wäh­rend die Errich­tung der Päpst­li­chen Kom­mis­si­on Eccle­sia Dei durch das gleich­na­mi­ge Motu pro­prio erst vier Tage spä­ter, am 2. Juli 1988, erfolg­te. Dar­in zeig­te sich, daß die Gewäh­rung von Eccle­sia Dei einer­seits auf­grund der Ereig­nis­se (vom Papst nicht erlaub­te Bischofs­wei­hen durch Erz­bi­schof Mar­cel Lefeb­v­re am 30. Juni) impro­vi­siert war und der Hei­li­ge Stuhl gleich­zei­tig noch nicht eine Ver­an­ke­rung des über­lie­fer­ten Ritus in der Kon­sti­tu­ti­on für die Römi­sche Kurie fest­schrei­ben wollte.

Dies tat nun Papst Fran­zis­kus, fast 34 Jah­re spä­ter in einem Moment, da er der Tra­di­ti­on, dem über­lie­fer­ten Ritus und den ihm ver­bun­de­nen Gemein­schaf­ten mit dem Motu pro­prio Tra­di­tio­nis cus­to­des schwer zusetzt. Die Über­tra­gung der Zustän­dig­kei­ten auf die Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on, die in der neu­en Kon­sti­tu­ti­on ver­an­kert sind, wur­de von ihm in Tra­di­tio­nis cus­to­des bestimmt. Die Got­tes­dienst­kon­gre­ga­ti­on lei­tet als Prä­fekt der eng­li­sche Erz­bi­schof Arthur Roche, der dem über­lie­fer­ten Ritus offen feind­se­lig begegnet.

In der ursprüng­li­chen Fas­sung, die schon am Sams­tag ver­öf­fent­licht wor­den war, wur­de noch aus­drück­lich die „außer­or­dent­li­cher Form des Römi­schen Ritus“ erwähnt, wie sie Papst Bene­dikt XVI. im Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum von 2007 genannt hatte. 

„Art. 93
Das Dik­aste­ri­um befaßt sich mit der Rege­lung und Dis­zi­plin der hei­li­gen Lit­ur­gie im Hin­blick auf die außer­or­dent­li­che Form des römi­schen Ritus.“

Die Exi­stenz einer sol­chen außer­or­dent­li­chen Form wird von Papst Fran­zis­kus aber mit dem Motu poprio Tra­di­tio­nis cus­to­des geleug­net. Die neue Kon­sti­tu­ti­on stand somit in offe­nem Wider­spruch zu Tra­di­tio­nis cus­to­des. Am Mon­tag wur­de des­halb von Msgr. Mar­co Mel­li­no, dem Sekre­tär des Kar­di­nals­ra­tes, der Fran­zis­kus bei der Kuri­en­re­form berät, Arti­kel 93 geän­dert. Als Begrün­dung hieß es inof­fi­zi­ell, es habe ein typo­gra­fi­scher Feh­ler kor­ri­giert wer­den müs­sen. Eine offi­zi­el­le Mit­tei­lung, daß eine Ände­rung durch­ge­führt wur­de, erfolg­te bis­her nicht. In der Pres­se­kon­fe­renz vom Mon­tag hat­te Msgr. Mel­li­no ausgeführt:

„In der Edi­tio typi­ca, die der ursprüng­li­che und grund­le­gen­de Text sein wird, wer­den Sie die For­mu­lie­rung so fin­den, wie sie ist. Auch wegen der gan­zen Fra­ge der Petrus­bru­der­schaft. Wir müs­sen die beste For­mu­lie­rung fin­den, damit alles gut berück­sich­tigt ist“.

Die erste Fas­sung vom 19. März und die kor­ri­gier­te Fas­sung vom 22. März auf der Inter­net­sei­te des Hei­li­gen Stuhls.

Kein geson­der­ter Hin­weis auf die Insti­tu­te der Tra­di­ti­on, die soge­nann­ten ehe­ma­li­gen Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten, fin­det sich hin­ge­gen in den Arti­keln der neu­en Kon­sti­tu­ti­on, wel­che die Arbeit der Kon­gre­ga­ti­on für die Insti­tu­te geweih­ten Lebens und für die Gesell­schaf­ten apo­sto­li­schen Lebens regeln. Papst Fran­zis­kus hat­te mit Tra­di­tio­nis cus­to­des alle nicht die Lit­ur­gie betref­fen­den Zustän­dig­kei­ten für die ehe­ma­li­gen Eccle­sia-Dei-Gemein­schaf­ten der Ordens­kon­gre­ga­ti­on über­tra­gen. Dar­aus folgt, daß die Gemein­schaf­ten der Tra­di­ti­on genau­so behan­delt wer­den wie alle ande­ren Ordens­ge­mein­schaf­ten. Auch die Füh­rungs­spit­ze die­ser Kon­gre­ga­ti­on, unter der Lei­tung von Kar­di­nal João Bráz de Aviz, gilt nicht als traditionsfreundlich.

Aufregung unter den Vatikanisten

Die Auf­re­gung unter den Vati­ka­ni­sten ist ver­ständ­lich: Gestern fand die Pres­se­kon­fe­renz zur Vor­stel­lung der neu­en Apo­sto­li­schen Kon­sti­tu­ti­on statt. Als erster Jour­na­list ergriff dabei Loup Bes­mond, Kor­re­spon­dent von La Croix, das Wort und brach­te die „Ver­wun­de­rung“ der­Ver­ei­ni­gung der beim Hei­li­gen Stuhl akkre­di­tier­ten Jour­na­li­sten über die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­po­li­tik des Hei­li­gen Stuhls zum Aus­druck. Am Mon­tag fand die Pres­se­kon­fe­renz zu einem Doku­ment statt, das bereits am Sams­tag ver­öf­fent­licht wor­den war. Die Ver­öf­fent­li­chung erfolg­te ohne Vor­ankün­di­gung und nur in ita­lie­ni­scher Spra­che. Im Nor­mal­fall wer­den die vati­ka­ni­schen Doku­men­te den Jour­na­li­sten vor­ab zur Ver­fü­gung gestellt, aber mit einer Sperr­frist belegt. So haben die Jour­na­li­sten die Mög­lich­keit, sich vor­zu­be­rei­ten, das Doku­ment bereits zu lesen, even­tu­ell Tei­le zu über­set­zen, ehe sie zum Zeit­punkt der Ver­öf­fent­li­chung dar­über berich­ten sollen.

Vati­kan­spre­cher Matteo Bruni, Direk­tor des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes, begrün­de­te die unge­wöhn­li­che Vor­gangs­wei­se mit Ver­weis auf die „Staats­rä­son“ und das Fest des hei­li­gen Josef, das die Kir­che am ver­gan­ge­nen Sams­tag fei­er­te. Das sei ein wich­ti­ges Datum für Papst Fran­zis­kus, so Bruni, da es der Jah­res­tag sei­nes Pon­ti­fi­kats­be­ginns ist.

Eine Erklä­rung für das Vor­ge­hen des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes ist das frei­lich nicht.

Eine Rei­he von Jour­na­li­sten haben die von Bes­mond for­mu­lier­te Ver­wun­de­rung auf Twit­ter wie­der­holt, um damit ein Zei­chen der Miß­bil­li­gung zu setzen.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL/vatican.va (Screen­shot)

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