
Papst Franziskus ist am Ostermontag, dem 21. April, verstorben, doch an seiner Hinterlassenschaft wird die katholische Kirche noch lange laborieren und leiden. Eine dieser Hinterlassenschaften ist die Unterwerfung der Kirche in der Volksrepublik China unter das kommunistische Regime. Gestern wiederholte sich dies nach einem inzwischen bereits bekannten Muster, das seit der Unterzeichnung des Geheimabkommens zwischen Peking und Rom im Jahre 2018 gilt.
China Catholic, die offizielle Internetseite der Patriotischen Vereinigung, veröffentlicht Ankündigungen – etwa die Errichtung neuer Diözesen oder die Ernennung von Bischöfen –, doch dies geschieht konsequent ohne jegliche Erwähnung des Heiligen Stuhls oder des Papstes. Erst danach, manchmal Stunden, manchmal einen Tag später, erscheint das Tagesbulletin des vatikanischen Presseamtes und bestätigt das bereits Bekannte.
Diese Abfolge ist weder zufällig noch das Ergebnis einer schnelleren chinesischen Arbeitsweise oder gar römischer Behäbigkeit. Sie ist gewollt und hat System. Vor allem bringt sie zum Ausdruck, wer tatsächlich das Sagen hat.
Die Patriotische Vereinigung ist die 1957 vom kommunistischen Regime gegründete schismatische katholische Kirche in der Volksrepublik China. Sie wurde ins Leben gerufen, als die Kommunistische Partei Chinas nach Jahren grausamer Verfolgung erkennen mußte, die Kirche nicht vollständig auslöschen zu können. Also änderte sie ihren Kurs und schuf nach dem Ostblock-Modell eine eigene regimehörige Nationalkirche, um den Einfluß Roms auszuschalten und die verbliebene Restkirche unter ihre Kontrolle zu zwingen. Nur diese Patriotische Vereinigung ist die „offizielle“ Kirche. Die romtreuen Katholiken wurden zur Untergrundkirche. Seither gibt es „offizielle“ Bischöfe und Untergrundbischöfe, „offizielle“ Priester und Untergrundpriester usw.

Diese schmerzliche Spaltung, allein staatlicher Einflußnahme geschuldet, wollte Papst Franziskus überwinden. Offiziell gibt es seit der Unterzeichnung des Geheimabkommens von 2018 nur noch eine „versöhnte“ Kirche. Der Preis ist allerdings hoch. Franziskus war bereit, die Untergrundkirche dem Regime zu unterwerfen. Die Einheit wurde erreicht, aber unter der Kontrolle des Regimes, das keine organisierten, unabhängigen Zusammenschlüsse und Akteure duldet. Das Regime bestimmt seither mit päpstlicher Zustimmung, wer in der Volksrepublik China Bischof wird und welche Diözesen existieren können.
Regimehörige Kandidaten werden zu Diözesanbischöfen der „versöhnten“ Kirche, Untergrundbischöfe, wenn überhaupt, zu Weihbischöfen ohne Einfluß.
Das eingangs geschilderte Muster wiederholte sich gestern. Das regimehörige Organ China Catholic gab die Aufhebung zweier Jurisdiktionen und die Errichtung einer neuen bekannt sowie die Ernennung des ersten Bischofs dieser neuen Diözese. Dann erst zog der Heilige Stuhl mit der Bestätigung dieser Maßnahmen nach.
Aufgehoben wurden die Diözesen Xiwanzi und Xuanhua, neu errichtet wurde die Diözese Zhangjiakou.
Das gestrige Tagesbulletin des vatikanischen Presseamtes stellt den Vorgang geschönt dar:
„Um die seelsorgliche Betreuung der Herde des Herrn zu fördern und ihr geistliches Wohl besser zu gewährleisten, hat Papst Leo XIV. am 8. Juli 2025 beschlossen, auf dem chinesischen Festland die Diözesen Xuanhua und Xiwanzi – die am 11. April 1946 von Papst Pius XII. errichtet worden waren – aufzuheben und gleichzeitig die neue Diözese Zhangjiakou zu errichten. Diese wird Suffraganbistum von Peking mit Bischofssitz in der Kathedrale von Zhangjiakou.“
Die neue Diözese umfaßt weitgehend das Territorium der beiden aufgehobenen Bistümer. Einige Bezirke wurden anderen Diözesen einverleibt, so der Stadtbezirk Yanqing der Erzdiözese Peking und die Stadt Xilinguolemeng der Diözese Jining.
Die neue Diözese Zhangjiakou hat eine Fläche von 36.357 km² mit einer Bevölkerung von 4.032.600 Menschen, von denen laut offiziellen Angaben etwa 85.000 katholisch sind. Die Seelsorge wird von 89 Priestern gewährleistet.
Gestern fand die Weihe des ersten Bischofs der neuen Diözese statt. Die Bekanntgabe durch den Vatikan erfolgte erst nach dieser. Msgr. Giuseppe Wang Zhengui war am 8. Juli 2025 von Papst Leo XIV. zum Bischof von Zhangjiakou ernannt worden, „nach Zustimmung zu seiner Kandidatur im Rahmen des vorläufigen Abkommens zwischen dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China“, so das vatikanische Tagesbulletin.
Die Realität sieht allerdings anders aus. Der neue Bischof wurde vom Pekinger Regime ausgewählt, und es kann kein Zweifel bestehen, daß das Regime regimehörige Kandidaten präsentiert. Vom Papst erfolgt nur mehr eine formale Zustimmung, denn in Wirklichkeit erfolgen die Ernennungen nach dem Motto: Friß oder stirb. So hat es Papst Franziskus mit dem Geheimabkommen von 2018 akzeptiert.
Giuseppe Wang Zhengui wurde am 19. November 1962 geboren. Von 1984 bis 1988 studierte er am Seminar von Hebei, einem offiziell anerkannten Seminar der regimetreuen Kirche. Diese Seminare werden von staatlichen Behörden überwacht, besonders in Fragen wie politische Bildung, Auswahl der Kandidaten sowie dem Lehrplan. Dazu gehören Schulungen der künftigen Priester in politischer Ideologie und der „Sinisierung“ der Kirche. Im Klartext meint das, daß sie die katholische Lehre so zu verstehen und zu leben haben, daß sie in Einklang mit den Richtlinien der Regierung steht.
In den folgenden zwei Jahren absolvierte er seine pastorale Praxis in der Pfarrei Qujiazhuang in der Stadt Zhangjiakou. Am 24. Mai 1990 wurde er zum Priester für die Diözese Xianxian geweiht und der Pfarrei Qujiazhuang zugewiesen, wo er 1991 zum Pfarrer ernannt wurde. Später war er in der Diözese Xuanhua seelsorgerisch tätig. Seit etwa 2005 übte er wiederholt höhere Ämter im Rahmen der „offiziellen“ Kirche aus und zeichnete sich darin offensichtlich für höhere „Weihen“ aus.
Von den beiden bisherigen Untergrundbischöfen wurde Msgr. Joseph Ma Yanen zum Weibischof ernannt. Der andere Untergrundbischof, der in der Vergangenheit mehrfach Zielscheibe staatlicher Repression war, hat sich „zurückzuziehen“.
Die Bischofsweihe spendete Msgr. Joseph Li Shan, Erzbischof von Peking und Vorsitzender der Patriotischen Vereinigung. Als solcher ist er faktisch das Oberhaupt der regimehörigen „versöhnten“ Kirche.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: AsiaNews
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