Wurde Erzbischof Gänswein von Papst Franziskus gedroht?

Vier Tage nach der Beisetzung von Benedikt XVI. wurde dessen Sekretär vom Papst gerufen


Es hieß, daß "kein Blatt" zwischen die beiden Päpste passen würde...
Es hieß, daß "kein Blatt" zwischen die beiden Päpste passen würde...

(Rom) Vier Tage nach der Bei­set­zung von Bene­dikt XVI. emp­fing Papst Fran­zis­kus den per­sön­li­chen Sekre­tär des Ver­stor­be­nen, Erz­bi­schof Georg Gäns­wein, in Audi­enz. Über den Inhalt des Gesprächs wur­de zunächst nichts bekannt. Ging es um die zukünf­ti­ge Ver­wen­dung des deut­schen Titu­lar­erz­bi­schofs, den Fran­zis­kus bereits Anfang 2020 von sei­nen Auf­ga­ben als Prä­fekt des Päpst­li­chen Hau­ses auf unbe­stimm­te Zeit beur­laubt hat­te? Oder ging es um den ver­stor­be­nen Bene­dikt XVI.? Fran­ces­co Capoz­za ver­such­te am 7. Febru­ar in der Tages­zei­tung Libe­ro die Lücke zu schließen.

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„[…] eine unse­rer Quel­len erzähl­te uns etwas, das wir nicht erwar­tet hat­ten: Die Wahr­heit über das per­sön­li­che Tref­fen zwi­schen Berg­o­glio und Gäns­wein, das die ‚freund­li­chen‘ Medi­en in den Tagen danach als eine Art Wie­der­se­hen zwi­schen dem Vater und dem ver­lo­re­nen Sohn dar­ge­stellt hat­ten. Am Mor­gen des 9. Janu­ar, im Arbeits­zim­mer des Pap­stes in der drit­ten Log­gia des Apo­sto­li­schen Pala­stes, war das Gegen­teil der Fall.

Der Grund für die Audi­enz, die von Berg­o­glio und nicht von Don Georg bean­tragt wur­de, ist an sich schon etwas Unglaub­li­ches: das Erbe von Bene­dikt XVI. Jeder, der sich im Vati­kan aus­kennt, weiß, daß alles, was der Papst in Aus­übung sei­nes Amtes geschenkt bekommt, ein­schließ­lich Schmuck, Gewän­der, Juwe­len (Brust­kreu­ze, Rin­ge…), sakra­le Gegen­stän­de, Gemäl­de, nicht ihm als Pri­vat­per­son, son­dern dem Hei­li­gen Stuhl gehört. Sie müs­sen nach dem Tod des Pap­stes in das Erbe des Hei­li­gen Stuhls über­ge­hen. Hin­zu kommt die rie­si­ge Biblio­thek Ratz­in­gers, die im Ver­gleich zu den Sum­men, die er im Lau­fe der Jah­re für die Rech­te an sei­nen zahl­rei­chen Büchern ver­dient hat, von denen eini­ge – wie die Jesus-Tri­lo­gie – welt­weit und in meh­re­ren Spra­chen mil­lio­nen­fach ver­kauft wur­den, in ihrem Geld­wert beschei­den ist. Bene­dikt hat­te bereits wäh­rend sei­ner Amts­zeit dafür gesorgt, indem er die vati­ka­ni­sche Stif­tung sei­nes Namens grün­de­te (deren Vor­sitz heu­te Pater Feder­i­co Lom­bar­di inne­hat, der zur Zeit sei­nes Pon­ti­fi­kats Pres­se­spre­cher des Vati­kans war) und fest­leg­te, daß die Tan­tie­men aus sei­nen Wer­ken in einen Fonds flie­ßen soll­ten, der in sei­nem Namen für den Erhalt und die kul­tu­rel­le Fort­füh­rung der Stif­tung ein­ge­rich­tet wurde.

Bedau­er­li­cher­wei­se ist die­se auch for­mal als Wis­sen­schafts- und Infor­ma­ti­ons­or­gan dem Hei­li­gen Stuhl inkar­di­niert und damit der tota­len Ver­fü­gungs­ge­walt des amtie­ren­den Pap­stes, also Berg­o­gli­os, unter­wor­fen. Bene­dikts mate­ri­el­les Ver­mächt­nis scheint recht ansehn­lich zu sein, und wenn einer­seits das geist­li­che Testa­ment des illu­stren Ver­stor­be­nen weni­ge Stun­den nach sei­nem Tod ver­öf­fent­licht wur­de, so gibt es von dem eher pro­sa­ischen mate­ri­el­len Testa­ment, das in sei­ner letz­ten Fas­sung im Jahr 2021 ver­faßt wur­de, kei­ne siche­ren Nach­rich­ten, abge­se­hen davon, daß Don Georg nicht nur als Testa­ments­voll­strecker, son­dern auch als Uni­ver­sal­er­be ein­ge­setzt wurde.

Berg­o­glio hät­te also Gäns­wein, um genau zu sein, in erster Linie vor­la­den müs­sen, um eini­ge Rech­nun­gen anzu­stel­len! Aber das ist noch nicht alles: Unse­re Quel­le erzähl­te uns auch von dem ande­ren Gericht auf der Spei­se­kar­te, das Papst Fran­zis­kus dem Prä­fek­ten des päpst­li­chen Hau­ses am 9. Janu­ar ser­viert haben soll, näm­lich Dro­hun­gen. Das Gespräch sei näm­lich zu einem für den argen­ti­ni­schen Pon­ti­fex sehr heik­len Punkt über­ge­gan­gen, näm­lich zu dem, was Gäns­wein in sei­nem jüng­sten Buch „Nichts als die Wahr­heit“ schwarz auf weiß fest­ge­hal­ten hat. Vie­le haben ein Detail über­se­hen, nicht aber Berg­o­glio: Indem Gäns­wein an die Momen­te des Kon­kla­ves 2013 erin­ner­te, in dem Fran­zis­kus gewählt wur­de, fiel Bene­dikts Sekre­tär ver­se­hent­lich und poten­ti­ell in das, was die Kir­che eine Exkom­mu­ni­ka­ti­on latae sen­ten­tiae nennt, d. h. de fac­to, weil er Fak­ten des Kon­kla­ves ent­hüllt hat­te. Die Regeln für die Geheim­hal­tung von allem, was vor, wäh­rend und nach der Wahl des Pap­stes geschieht, sind sehr streng und wer­den alle von der Apo­sto­li­schen Kon­sti­tu­ti­on Uni­ver­si Domi­ni­ci Gre­gis von Johan­nes Paul II. sank­tio­niert, und Gäns­wein hat als Prä­fekt des Päpst­li­chen Hau­ses geschwo­ren, sie genau so zu respek­tie­ren wie die abstim­men­den Kar­di­nä­le und ande­re kirch­li­che Per­sön­lich­kei­ten, die für ihre Funk­tio­nen in die unzu­gäng­li­chen Berei­che des Kon­kla­ves zuge­las­sen waren.

Nach der uns anver­trau­ten Rekon­struk­ti­on wäre Berg­o­glio bei der per­sön­li­chen Begeg­nung mit Erz­bi­schof Gäns­wein nicht sehr zim­per­lich gewe­sen und hät­te wegen des began­ge­nen schwe­ren Ver­sto­ßes sogar mit einem kano­ni­schen Ver­fah­ren (das im schlimm­sten Fall zur Lai­sie­rung füh­ren kann) gedroht, falls Gäns­wein noch ein­mal den Mund gegen­über der Pres­se auf­ma­chen soll­te. Es ist klar, daß Gäns­wein die Dro­hung ernst genom­men haben muß, denn auf unse­re schrift­li­che Bit­te vor zwei Tagen (5. Febru­ar) um ein Inter­view ant­wor­te­te er:

‚Lei­der sehe ich der­zeit kei­ne Mög­lich­keit, Inter­views zu geben, und zwar aus einem ein­fa­chen Grund, der in Pre­di­ger 3,7 erläu­tert wird.‘

Wir haben nach­ge­schaut. In die­sem Vers steht: ‚Eine Zeit zum Zer­rei­ßen und eine Zeit zum Nähen, eine Zeit zum Schwei­gen und eine Zeit zum Reden‘.“

Einleitung/​Übersetzung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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2 Kommentare

  1. Mir fiel gestern etwas sehr bedeut­sa­mes in Mat­thä­us 21 bis 23 auf. Die Gleich­nis­se dort sind im Gesamt­zu­sam­men­hang zu sehen. Es geht um Pha­ri­sä­er- und Prie­ster­tum. In Mat­thä­us 23,9 heisst es: „Auch sollt ihr nie­mand auf Erden euren Vater nen­nen; denn nur einer ist euer Vater, der im Him­mel“. Es ist also falsch, einen Men­schen Papa, Papst, Vater zu nennen.

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