Kehrt das Opus Dei an das vatikanische Presseamt zurück?

Erste Schritte einer Entspannung


Papst Leo XIV. mit dem amtierenden Prälaten des Opus Dei Msgr. Fernando Ocáriz Braña
Papst Leo XIV. mit dem amtierenden Prälaten des Opus Dei Msgr. Fernando Ocáriz Braña

Vor­erst ist es nur ein Gerücht: Gibt Papst Leo XIV. dem Opus Dei das Pres­se­amt des Hei­li­gen Stuhls zurück?

Vom Vatikansprecher zum „Vatikansprecher“, von Navarro-Valls bis Matteo Bruni

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Von 1984 bis 2006 war das spa­ni­sche Opus-Dei-Mit­glied Joa­quín Navar­ro-Valls (1936–2017) unter Johan­nes Paul II. Lei­ter des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes und Vati­kan­spre­cher. Navar­ro-Valls, der sein Medi­zin­stu­di­um sum­ma cum laude abge­schlos­sen und eine Fach­arzt­aus­bil­dung als Chir­urg absol­viert, dann auch ein Stu­di­um der Psych­ia­trie belegt und ein Lizen­ti­at in Jour­na­li­stik und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaf­ten erwor­ben hat­te, präg­te, viel­mehr „erfand“ die Figur eines „Vati­kan­spre­chers“. Von 1977 bis zu sei­ner Beru­fung in den Vati­kan war er zuvor für die spa­ni­sche Tages­zei­tung ABC als Aus­lands­kor­re­spon­dent im Nahen Osten und Nord­afri­ka tätig gewesen.

Bene­dikt XVI. ersetz­te den 70jährigen Spa­ni­er 2006 durch den Jesui­ten­pa­ter Feder­i­co Lom­bar­di, der an die Rol­le sei­nes Vor­gän­gers als „Vati­kan­spre­cher“ anzu­knüp­fen ver­such­te. In Lom­bar­dis Hand, der zuvor bereits Direk­tor von Radio Vati­kan und des vati­ka­ni­schen Fern­seh­zen­trums CTV war und die­se Auf­ga­ben bei­be­hielt, kon­zen­trier­ten sich weit mehr Tei­le der vati­ka­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel als noch in jener von Navarro-Valls.

Der Arzt und Jour­na­list Joa­quín Navar­ro-Valls präg­te die Figur eines Vatikansprechers

Mit der Wahl von Papst Fran­zis­kus wur­de das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt jedoch mar­gi­na­li­siert. Die Pres­se­kon­fe­ren­zen sind gera­de­zu legen­där, in denen die beim Hei­li­gen Stuhl akkre­di­tier­ten Jour­na­li­sten Lom­bar­di mit Aus­sa­gen, Ent­schei­dun­gen und Gesten von Fran­zis­kus kon­fron­tier­ten, von denen der vati­ka­ni­sche Pres­se­chef noch gar nichts wuß­te oder zumin­dest kei­ner­lei Anwei­sun­gen erhal­ten hat­te. Zwi­schen dem Pres­se­amt und San­ta Mar­ta gab es kei­ne regel­mä­ßi­ge, teils über­haupt kei­ne Kom­mu­ni­ka­ti­on. Wäh­rend der offi­zi­el­le „Vati­kan­spre­cher“ kei­nen Zugang zu San­ta Mar­ta hat­te, gin­gen Jour­na­li­sten dort ein und aus wie Andrea Tor­ni­el­li, Eli­sa­bet­ta Piqué und ande­re mehr. Die Rol­le eines „Vati­kan­spre­chers“ wur­de dadurch ad absur­dum geführt, was Lom­bar­di schnell unan­ge­nehm bewußt wur­de. Gera­de­zu bemit­lei­dens­wert war Lom­bar­di im Zusam­men­hang mit den unsäg­li­chen Ver­öf­fent­li­chun­gen von Euge­nio Scal­fa­ri nach Begeg­nun­gen oder Tele­fo­na­ten mit Fran­zis­kus, mit denen das „Scal­fa­ri-Lehr­amt“ begrün­det wur­de und gera­de­zu unglaub­li­che Ver­wir­rung stif­te­te. In der Ver­öf­fent­li­chung griff Scal­fa­ri zen­tra­le Glau­bens­leh­ren an und berief sich dabei jeweils auf Fran­zis­kus. Der Vati­kan­spre­cher hat­te aber von nichts eine Ahnung, geschwei­ge denn wuß­te er, wie bestimm­te angeb­li­che Aus­sa­gen zu inter­pre­tie­ren waren. Er konn­te aber gleich­zei­tig weder demen­tie­ren noch sich distan­zie­ren, denn die Fran­zis­kus zuge­schrie­be­nen Behaup­tun­gen konn­ten ja tat­säch­lich von ihm stam­men. Nie­mand wuß­te das genau. San­ta Mar­ta schwieg und Pater Lom­bar­di muß­te her­um­stot­tern, ohne irgend­ei­ne Klar­heit schaf­fen zu können.

Der Jesu­it Pater Feder­i­co Lom­bar­di war von 2006 bis 2016 Direk­tor des vati­ka­ni­schen Presseamtes

Mit 74 Jah­ren wur­de Lom­bar­di 2016 sei­nes Amtes ent­bun­den und dürf­te die­sem kei­ne Trä­ne nach­ge­weint haben. Kurz­zei­tig kehr­te mit Greg Bur­ke sogar das Opus Dei an das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt zurück. Es war aber klar­ge­wor­den, daß der argen­ti­ni­sche Papst kei­nen „Vati­kan­spre­cher“ haben woll­te, son­dern die­se Auf­ga­be selbst aus­üb­te und kon­trol­lier­te, indem er sie fall­wei­se belie­bi­gen Per­so­nen zuwies, sogar US-Prä­si­dent Joe Biden. So blieb Bur­ke ein unschein­ba­res kur­zes Zwi­schen­spiel, das nach zwei­ein­halb Jah­ren schon wie­der endete.

Die Figur des Vati­kan­spre­chers war schon Ver­gan­gen­heit, als mit Jah­res­be­ginn 2019 Matteo Bruni neu­er Direk­tor des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes wur­de. Mit Bruni leg­te eine ganz ande­re Gemein­schaft Hand auf die­sen Teil der vati­ka­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on, näm­lich die Gemein­schaft von Sant’Egidio von Kar­di­nal Matteo Zup­pi und Kuri­en­erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia, deren Mit­glied auch Bruni ist. Bruni ist erstaun­li­cher­wei­se auch der erste Nicht-Jour­na­list in die­ser Funk­ti­on. Auch damit brach­te Fran­zis­kus zum Aus­druck, wie unwich­tig ihm die­ses Amt war und er sei­ne Pres­se­ter­mi­ne und Medi­en­in­ter­views direkt und selbst handhabte.

Jede Lösung besser als die bisherige

Das dadurch von Fran­zis­kus ver­ur­sach­te Deba­kel führ­te zu einer Situa­ti­on, daß es unter den akkre­di­tier­ten Jour­na­li­sten heißt, daß jede Lösung, die der neue Papst Leo XIV. tref­fen mag, bes­ser sein wer­de als die der­zei­ti­ge Situa­ti­on. Am häu­fig­sten ist der Wunsch zu hören, das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt völ­lig auf­zu­lö­sen und neu auf­zu­stel­len. Die Lage ist etwas absurd, wenn man bedenkt, daß es um die Öffent­lich­keits­ar­beit des Hei­li­gen Stuhls geht, doch so sieht das Erbe von Fran­zis­kus aus. Nicht nur in die­sem Bereich.

Leo XIV. ver­sucht, wie sei­ne ersten Ent­schei­dun­gen zei­gen, die Gewich­te neu zu ver­tei­len und bei der Ämter­be­set­zung zwi­schen Pro­gres­si­ven und Kon­ser­va­ti­ven aus­zu­glei­chen. Kahl­schlä­ge wie unter Fran­zis­kus wird es unter ihm also wohl kaum geben. Auf unschein­ba­re­re Wei­se wird es aber zu Umbe­set­zun­gen kom­men. Sofern sich schon etwas nach den ersten Wochen des neu­en Pon­ti­fi­kats able­sen läßt, dann viel­leicht, daß Leo XIV. „gemä­ßig­te“ Kan­di­da­ten bevor­zugt, vor allem im Ver­gleich zu den pro­gres­si­ven Nomi­nie­run­gen sei­nes Vor­gän­gers, wie Fran­ces­co Boe­zi gestern in der Tages­zei­tung Il Giorn­a­le meinte.

Das demontierte Opus Dei

In die­sen Kon­text gehö­ren die Gerüch­te, daß das Opus Dei wie­der in den Vati­kan zurück­keh­ren und das vati­ka­ni­sche Pres­se­amt über­neh­men könnte.

Johan­nes Paul II., unter dem Navar­ro-Valls Vati­kan­spre­cher war, hat­te das 1928 vom spa­ni­schen Prie­ster Jose­ma­ría Escri­vá de Bala­guer y Albás gegrün­de­te „Werk Got­tes“ beson­ders geför­dert und die­sem 1982 kir­chen­recht­lich als Per­so­nal­prä­la­tur einen ein­zig­ar­ti­ges Sta­tus zuer­kannt. Das Opus Dei bil­de­te eine eige­ne Juris­dik­ti­on mit eige­nem Bischof an der Spit­ze (Prä­lat), dem sei­ne Mit­glie­der welt­weit unter­stan­den. Die­ser Son­der­sta­tus in der Hier­ar­chie war eini­ge Zeit auch für die Prie­ster­bru­der­schaft St. Pius X. (FSSPX) im Gespräch, soll­te sie in die vol­le Ein­heit mit Rom zurück­keh­ren. Dazu kam es bis­her aber nicht, viel­mehr ent­zog Fran­zis­kus auch dem Opus Dei den Son­der­sta­tus. Zunächst, indem er dem 2017 neu­ge­wähl­ten Prä­la­ten die Bischofs­wei­he ver­wei­ger­te. 2022 folg­te mit dem Motu pro­prio Ad cha­ris­ma tuen­dum auch die recht­li­che Zurück­stu­fung. Die Prä­la­ten­wür­de ist seit­her nicht mehr mit der Bischofs­wür­de gekop­pelt, son­dern nur mehr mit der eines Apo­sto­li­schen Pro­to­no­tars aus­ge­stat­tet. Zudem unter­steht das Opus Dei nicht mehr dem Bischofs­dik­aste­ri­um, son­dern dem Kle­rus­dik­aste­ri­um. Von kon­ser­va­ti­ver Sei­te wur­de das als unmiß­ver­ständ­li­che Degra­die­rung verstanden.

Es war all­ge­mein bekannt, daß Fran­zis­kus das Opus Dei wenig schätz­te, viel­mehr des­sen Ein­fluß zurück­zu­drän­gen und die Zahl der Bischö­fe aus sei­nen Rei­hen zu dezi­mie­ren ver­such­te. Die Zahl der Opus-Dei-Bischö­fe im akti­ven Dienst ist unter Fran­zis­kus signi­fi­kant gesun­ken. Im Gegen­satz zu sei­nen bei­den Vor­gän­gern griff er bei Bischofs­er­nen­nun­gen kaum auf das „Werk Got­tes“ zurück. In den Kir­chen­an­na­len las­sen sich für die mehr als zwölf Jah­re sei­nes Pon­ti­fi­kats nur vier Bischofs­er­nen­nun­gen von Opus-Dei-Prie­stern fin­den: 2015 Maria­no Fazio zum Weih­bi­schof von Bue­nos Aires (Argen­ti­ni­en), im sel­ben Jahr Fer­nan­do José Castro Agu­ayo zum Bischof von Mar­ge­ri­ta (Vene­zue­la), 2021 Joseph Bonn­emain zum Bischof von Chur (Schweiz) und 2022 Fabio Ciol­la­ro zum Bischof von Ceri­gno­la-Asco­li (Ita­li­en).

2017 ver­lor das Opus Dei mit der Eme­ri­tie­rung von Kar­di­nal Juli­an Her­ranz als Prä­fekt des Päpst­li­ches Rates für Geset­zes­tex­te sei­ne ein­zi­ge Posi­ti­on in der höch­sten Dik­aste­ri­enebe­ne an der Römi­schen Kurie. Heu­te ist Juan Igna­cio Arri­ta Ochoa de Chinch­tru, seit 2007 Sekre­tär des genann­ten Rates, seit 2008 Titu­lar­bi­schof, das rang­höch­ste Opus-Dei-Mit­glied an der Kurie. Ein Laie, Giò Maria Poles, ist noch Direk­tor des Arbeits­am­tes (kon­kret der Per­so­nal­ab­tei­lung), aber das ist eine ganz ande­re Ebene.

Von einem „idyl­li­schen“ Ver­hält­nis von Fran­zis­kus zum Opus Dei konn­te kei­ne Rede sein, dar­in sind sich alle Beob­ach­ter einig. Das Werk von Jose­ma­ría Escri­vá war gezwun­gen mög­lichst unter dem Radar zu flie­gen, um nicht ins Visier des argen­ti­ni­schen Pap­stes zu gera­ten. Damit wur­de es, wie auch ande­re kon­ser­va­ti­ve Grup­pen, um einen nicht uner­heb­li­chen Teil sei­ner Wir­kung gebracht, ohne daß Fran­zis­kus mit direk­ten Sank­tio­nen ope­rie­ren muß­te. Nach zwölf Jah­ren des Pon­ti­fi­kats von Fran­zis­kus ist das Opus Dei um zahl­rei­che Wun­den und Bles­su­ren rei­cher, degra­diert und teil­wei­se demon­tiert, aber es exi­stiert noch. Etli­che ande­re Gemein­schaf­ten haben die­se Zeit nicht annä­hernd so gut überstanden.

Das Treffen mit Leo XIV.

Leo XIV. traf sich nach sei­ner Wahl mit Msgr. Fer­nan­do Oca­riz, der seit 2017 Prä­lat des Opus Dei ist, was als Beginn einer Wie­der­an­nä­he­rung gedeu­tet wird. Dabei fiel vor allem der Zeit­punkt auf, da die Begeg­nung unmit­tel­bar nach der Papst­wahl erfolg­te. Der Wunsch von Leo XIV., die Ein­heit der Kir­che zu stär­ken, wird all­ge­mein aner­kannt. Die gerüch­te­wei­se dis­ku­tier­te Über­tra­gung des vati­ka­ni­schen Pres­se­am­tes wie­der an das Opus Dei wäre ein „Akt mit gro­ßer Sym­bol­kraft“, so Fran­ces­co Boezi.

Es stellt sich jedoch die Fra­ge, wie Leo XIV. ins­ge­samt mit dem Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­reich des Vati­kans umge­hen wird, kon­kret auch mit dem von Fran­zis­kus neu­ge­schaf­fe­nen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­dik­aste­ri­um, in dem alle vati­ka­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­tel koor­di­niert wer­den und sogar die Figur eines zen­tra­len Chef­re­dak­teurs geschaf­fen wur­de, das Fran­zis­kus dem Jour­na­li­sten Andrea Tor­ni­el­li über­tra­gen hat­te, der zuvor schon, an den Vati­kan­spre­chern vor­bei, sein Haus- und Hof­va­ti­ka­nist war.

Wird Leo XIV. die ein­sei­ti­ge pro­gres­si­ve Per­so­nal­po­li­tik von Fran­zis­kus been­den, und in wel­chem Aus­maß, und dadurch die Span­nun­gen abbau­en, die das gesam­te Pon­ti­fi­kat des argen­ti­ni­schen Pap­stes zwi­schen Pro­gres­si­ven und Kon­ser­va­ti­ven über­schat­tet haben? Und wel­chen Platz wird er den Tra­di­tio­na­li­sten ein­räu­men? Vor­erst blei­ben noch vie­le Fra­gen offen.

Text. Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can­Me­dia (Screen­shot)

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