Der „erheblich gestraffte“ Begräbnisritus für Papst Franziskus

Das neue Grab und der neue Ordo Exsequiarum


Ein vergleichbares Bild wie hier von Benedikt XVI. wird es von Papst Franziskus nach seinem Tod nicht geben. So schreibt es der neue Begräbnisritus für Päpste vor.
Ein vergleichbares Bild wie hier von Benedikt XVI. wird es von Papst Franziskus nach seinem Tod nicht geben. So schreibt es der neue Begräbnisritus für Päpste vor.

Bereits im April hat­te Papst Fran­zis­kus das neue lit­ur­gi­sche Buch für den Ritus eines Papst-Begräb­nis­ses geneh­migt. Nun wur­de die Neu­aus­ga­be des Ordo Exse­quiarum Roma­ni Pon­ti­fi­cis in gedruck­ter Form vor­ge­legt. Der Vati­kan bezeich­net die Neue­run­gen als „Ver­ein­fa­chung“.

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Erz­bi­schof Die­go Ravel­li, seit 2021 Zere­mo­nien­mei­ster des Pap­stes und als sol­cher Lei­ter des Amtes für die Lit­ur­gi­schen Fei­ern des Pap­stes, sag­te gegen­über Vati­can­News: „Der erneu­er­te Ritus unter­streicht, daß die Beer­di­gung des Pap­stes die eines Hir­ten und Jün­gers Chri­sti ist und nicht die eines mäch­ti­gen Man­nes die­ser Welt.“

Rückbau und Verzicht

Die­ser Rück­bau und Abbau der äuße­ren Erschei­nung des Papst­tums fin­det seit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil statt, das als Wen­de­punkt anzu­se­hen ist:

  • Papst Paul VI. ver­zich­te­te 1963 bei sei­ner Inthro­ni­sa­ti­on auf die Tia­ra, das tra­di­tio­nel­le Sym­bol der päpst­li­chen Auto­ri­tät, die aus drei über­ein­an­der­lie­gen­den Kro­nen besteht. Die unter­ste Kro­ne reprä­sen­tier­te die welt­li­che Macht des Pap­stes als Herr­scher des Kir­chen­staa­tes. Die mitt­le­re Kro­ne stand für sei­ne geist­li­che Lehr­au­tori­tät als Ober­haupt der katho­li­schen Kir­che, die ober­ste Kro­ne sym­bo­li­sier­te sei­ne uni­ver­sel­le Juris­dik­ti­on über die Kir­che Jesu Chri­sti. Paul VI. ver­wen­de­te die Tia­ra jedoch wei­ter­hin in etwas abge­wan­del­ter Form in sei­nem Wap­pen. Begrün­det wur­de der Schritt als Abkehr von welt­li­cher Macht.
  • Der Kurz­zeit­papst Johan­nes Paul I. ver­zich­te­te 1978 auf die Sedia gest­a­to­ria als jahr­hun­der­te­al­tes Sym­bol der päpst­li­chen Wür­de. Umge­setzt hat die Ent­schei­dung aber erst Johan­nes Paul II., als er am 22. Okto­ber des­sel­ben Jah­res zu sei­ner Thron­be­stei­gung den Tragses­sel nicht mehr benutz­te. Begrün­det wur­de der Schritt als Abkehr von welt­li­cher Pracht. An die Stel­le der Sedia trat auf sehr pro­fa­ne Wei­se das Papamobil.
  • Bene­dikt XVI. ver­zich­te­te 2005 auf die Tia­ra auch in sei­nem Wap­pen, die durch eine ein­fa­che Mitra ersetzt wur­de. Nur sehr sti­li­siert durch drei Bän­der ist die drei­fa­che Auto­ri­tät der drei Kro­nen noch ent­fernt erkenn­bar. Begrün­det wur­de der Schritt als Abkehr von einer tri­um­pha­li­sti­schen Dar­stel­lung des Papst­tums und als Zei­chen der Bescheidenheit.
  • Papst Fran­zis­kus ver­zich­te­te auf die Moz­zet­ta als Teil der Chor­klei­dung und dar­auf, im Apo­sto­li­schen Palast zu woh­nen. Er lebt statt­des­sen im Gäste­haus des Vati­kans Domus Sanc­tae Mart­hae. Begrün­det wur­de der Schritt mit dem Wunsch nach Schlicht­heit und Beschei­den­heit, der Nähe zu den Men­schen und prak­ti­schen Überlegungen.

Der neue Begräbnisritus

Am 29. April geneh­mig­te Fran­zis­kus die Neu­aus­ga­be des Ordo Exse­quiarum Roma­ni Pon­ti­fi­cis, der nun in gedruck­ter Form her­aus­ge­ge­ben wur­de. Am 4. Novem­ber wur­de das erste Exem­plar dem Papst über­ge­ben. Die Neu­fas­sung ersetzt die 1998 von Johan­nes Paul II. appro­bier­te und 2000 ver­öf­fent­lich­te Edi­tio typi­ca, die nur ein­mal zur Anwen­dung kam, näm­lich 2005 beim Tod des pol­ni­schen Pap­stes selbst. Bei Bene­dikt XVI. Anfang 2023 wur­de, da der deut­sche Papst nicht als regie­ren­der Papst ver­starb, nur eine ange­paß­te beschei­de­ne und wenig fei­er­li­che Form ange­wandt. Katho​li​sches​.info schrieb dazu im ver­gan­ge­nen Juni:

„Noch heu­te heißt es in Rom, daß die Ehren, die Fran­zis­kus sei­nem Vor­gän­ger im Tod zukom­men ließ, ’schä­big‘ waren. Dazu gehört die Tat­sa­che, daß Fran­zis­kus’ Pre­digt am Sarg Bene­dikts nicht nur für berg­o­glia­ni­sche Ver­hält­nis­se erstaun­lich kurz war, son­dern der argen­ti­ni­sche Pon­ti­fex das ‚Kunst­stück‘ schaff­te, den Ver­stor­be­nen, des­sen Leben und Werk mit kei­nem Wort zu erwäh­nen. Oder die Wei­ge­rung, obwohl ihn meh­re­re Kar­di­nä­le dar­um baten, die Toten­mes­se nicht am Don­ners­tag zu hal­ten, son­dern auf den Sams­tag zu ver­le­gen, um ihnen die Anrei­se zu ermög­li­chen. Eben­so die Tat­sa­che, daß Fran­zis­kus, nach­dem er den Segen gespen­det hat­te, nicht war­te­te, bis der Sarg mit dem Leich­nam Bene­dikts in die Papst­gruft getra­gen wur­de – dort­hin woll­te er ihn ohne­hin nicht beglei­ten –, son­dern ihm sofort den Rücken zudreh­te und den Peters­dom ver­ließ. ‚Die­je­ni­gen, die vor und nach der Mes­se in der Sakri­stei waren, kön­nen bezeu­gen, wie ver­är­gert Fran­zis­kus an die­sem Tag war‘, so der römi­sche Prie­ster­blog Sile­re non pos­sum.“

Der Ordo Exse­quiarum Roma­ni Pontificis

Die neu­en lit­ur­gi­schen Bestim­mun­gen betref­fen den Tod und das Begräb­nis des Pap­stes, also kon­kret von Fran­zis­kus selbst. Eine Anpas­sung war durch die von Fran­zis­kus erlas­se­ne Kon­sti­tu­ti­on Prae­di­ca­te Evan­ge­li­um not­wen­dig gewor­den, mit der er die Apo­sto­li­sche Kam­mer abschaff­te, die bis­her bei der Fest­stel­lung des Todes des Pap­stes eine Rol­le gespielt hat­te und in der Zeit der Sedis­va­kanz die päpst­li­chen Güter ver­wal­te­te. Fran­zis­kus erteil­te jedoch den Auf­trag zu einer „gründ­li­chen Über­ar­bei­tung“ des lit­ur­gi­schen Buches. Der gesam­te Ritus wur­de „erheb­lich gestrafft“.

  • Die offi­zi­el­le Fest­stel­lung des Todes des Pap­stes wird nicht mehr im Zim­mer des Ver­stor­be­nen statt­fin­den, son­dern in des­sen Privatkapelle.
  • Der Leich­nam des Ver­stor­be­nen wird sofort in den Sarg gelegt und auf­ge­bahrt, und die Gläu­bi­gen kön­nen am offe­nen Sarg vom ver­stor­be­nen Papst Abschied neh­men. Dabei wird nur ein Holz­sarg mit ein­ge­füg­tem Zink­sarg ver­wen­det, statt bis­her zwei.
  • Eine Über­füh­rung und Auf­bah­rung des Leich­nams im Apo­sto­li­schen Palast wird gestrichen.
  • Der Leich­nam wird nicht erst wie bis­her im Peters­dom in den Sarg gelegt, da dies bereits gesche­hen ist. Die Gläu­bi­gen kön­nen im Peters­dom Abschied vom Papst neh­men, der sich jedoch bereits im Sarg befin­det und nicht mehr auf einem erhöh­ten Kata­falk aus­ge­stellt sein wird. Außer­dem wird der päpst­li­che Bischofs­stab wäh­rend die­ser Aus­stel­lung nicht mehr neben den Sarg gelegt.
  • Für das Begräb­nis wer­den die drei tra­di­tio­nel­len inein­an­der­ge­leg­ten Sär­ge aus Zypres­se, Blei und Eiche abge­schafft. Über­haupt wur­de der eigent­li­che Begräb­nis­ri­tus „erheb­lich gestrafft“.
  • Päpst­li­che Titel sind gestri­chen. Der Papst wird nur als Papa, Epis­co­pus und Pastor und Roma­nus Pon­ti­fex angesprochen.
  • Ins­ge­samt wur­den die Spra­che und die Riten „behut­sam“ erneu­ert, „der aktu­el­len theo­lo­gi­schen und kirch­li­chen Sen­si­bi­li­tät“ ange­paßt und anhand der vor kur­zem „erneu­er­ten lit­ur­gi­schen Bücher über­ar­bei­tet“. Kon­kret wur­den auch die bibli­schen Tex­te auf Latein gemäß der drit­ten Aus­ga­be der Edi­tio typi­ca von 2000 (tat­säch­lich 2002) des neu­en Mis­sa­le Roma­num von 1970 und der Bibel­über­set­zung der Nova Vul­ga­ta von 2008 geän­dert, in der ita­lie­ni­schen Fas­sung gemäß der ita­lie­ni­schen Über­set­zung der genann­ten drit­ten Aus­ga­be des neu­en Mis­sa­le Roma­num von 2020 und des seit 2008 gel­ten­den Lektionars.

Auch wur­den Anga­ben über eine Bestat­tung außer­halb der Vati­ka­ni­schen Grot­ten ein­ge­fügt, da Fran­zis­kus nach dem „Grab­kon­flikt“ mit Bene­dikt XVI. der Papst­gruft im Vati­kan den Rücken kehr­te und sei­ne Bei­set­zung in der Päpst­li­chen Basi­li­ka San­ta Maria Mag­gio­re wünscht, in der er sich inzwi­schen bereits ein Grab errich­ten hat lassen.

Die Kapel­le in der Basi­li­ka San­ta Maria Mag­gio­re, die sich Papst Fran­zis­kus als Grab­le­ge her­rich­ten ließ. Ein zwei­ter Ein­gang ist der­zeit durch einen Beicht­stuhl verstellt.

„Die Struk­tur des neu­en Ordo wur­de ver­ein­facht, indem meh­re­re ritu­el­le Ele­men­te, die schwer zu koor­di­nie­ren waren oder jetzt als unpas­send ange­se­hen wer­den, über­ar­bei­tet oder gestri­chen wur­den. Dar­über hin­aus wur­de die ein­zel­nen ritu­el­len Abfol­gen kla­rer und prä­zi­ser gestal­tet, eben­so wie die Zustän­dig­kei­ten und Rol­len der­je­ni­gen, die an der Vor­be­rei­tung und Durch­füh­rung der Riten betei­ligt sind, bes­ser defi­niert wur­den“, so Erz­bi­schof Ravelli.

„Um eine grö­ße­re Frei­heit bei der Wahl des Reper­toires zu ermög­li­chen, wur­de beschlos­sen, die musi­ka­li­sche Nota­ti­on zu strei­chen und dafür genaue Ver­wei­se auf die Sei­ten des ‚Gra­dua­le Roma­num‘ von 1979, des offi­zi­el­len lit­ur­gi­schen Gesangs­buchs der römi­schen Kir­che, ein­zu­fü­gen. Auch hier wur­den die Tex­te der Psal­men an die ‚Nova Vul­ga­ta‘ ange­gli­chen. Typo­gra­phi­sche Feh­ler wur­den kor­ri­giert und die Über­ein­stim­mung eini­ger Über­set­zun­gen mit dem latei­ni­schen Ori­gi­nal wur­de ver­bes­sert. Die Aller­hei­li­gen­li­ta­nei, die bei zwei Gele­gen­hei­ten wäh­rend der Beer­di­gung gesun­gen wird, näm­lich wäh­rend der Über­füh­rung des Leich­nams des Pap­stes in die Basi­li­ka in der län­ge­ren Form und wäh­rend des tra­di­tio­nel­len Bitt­ge­bets der Kir­che von Rom am Ende der Beer­di­gungs­mes­se, für das die kur­ze Form gewählt wur­de, wur­de aktua­li­siert. Neue Hei­li­ge wur­den auf­ge­nom­men, dar­un­ter alle hei­li­gen Päp­ste, die im ‚All­ge­mei­nen Kalen­der‘ einen Gedenk­tag haben, sowie eini­ge Hei­li­ge der Kir­che von Rom“, so Ravelli.

In den Noven­dia­len, den Mes­sen zum Geden­ken an den ver­stor­be­nen Papst an den neun auf­ein­an­der­fol­gen­den Tagen, deren erste die Begräb­nis­mes­se selbst ist, wer­den nicht mehr drei, son­dern vier mög­li­che Gebets­for­meln zur Ver­fü­gung stehen.

„Schließ­lich fehlt in die­ser neu­en Aus­ga­be der umfang­rei­che Anhang mit dem Ordi­na­ri­um der Mes­se, den Samm­lun­gen der Buß- und Gra­du­al­psal­men und den Gesän­gen des ‚Ordi­na­ri­um‘ mit gre­go­ria­ni­scher Nota­ti­on“, so Vati­can­News.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va/​W​i​k​i​c​o​m​m​o​n​s​/​MiL (Screen­shots)

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