Papst Franziskus ernennt ausschließlich progressive Theologen als Berater des Glaubensdikasteriums

Lehrirrtümer sollen nicht mehr verfolgt werden. Die Dissenstheologie der 70er Jahre ist im Heiligen Offizium angekommen


Wird die einstige Glaubenskongregation zwischen Papst Franziskus und Kardinal Victor Manuel "Tucho" Fernández erdrückt?
Wird die einstige Glaubenskongregation zwischen Papst Franziskus und Kardinal Victor Manuel "Tucho" Fernández erdrückt?

Die neu­en Con­sul­to­ren des Dik­aste­ri­ums für die Glau­bens­leh­re gehö­ren aus­schließ­lich dem pro­gres­si­ven Spek­trum an, und sie wur­den gezielt aus­ge­wählt. Damit ist zu rech­nen, daß sie die katho­li­sche Moral­leh­re ver­än­dern wer­den, beson­ders zu den The­men Emp­fäng­nis­ver­hü­tung, Homo­se­xua­li­tät und Ehe.

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Von Ste­fa­no Fontana*

Die neu­en Con­sul­to­ren des Dik­aste­ri­ums für die Glau­bens­leh­re sind ernannt wor­den, und die Wahl fiel über­wie­gend zugun­sten der pro­gres­si­ven Theo­lo­gie aus. Das Rück­grat der neu­en Con­sul­to­ren bil­den Theo­lo­gen, die die Enzy­kli­ka Veri­ta­tis sple­ndor von Johan­nes Paul II. immer wie­der in Fra­ge gestellt haben; die die Neue­run­gen von Amo­ris lae­ti­tia vor­be­rei­tet und unter­stützt haben; die die Aus­sa­gen der Kir­che zu Ehe und Sexua­li­tät ändern wol­len; Theo­lo­gen, die Hum­a­nae vitae für refor­mier­bar hal­ten; die Lie­be in einem wei­ten Sin­ne und als einen Pro­zeß ver­ste­hen, der alle auf­nimmt, wobei zugrun­de gelegt wird, daß eini­ge wei­ter und ande­re weni­ger weit sein kön­nen, aber nie­mand aus­ge­schlos­sen wird; daß sie ganz im Ein­klang mit den syn­oda­len For­de­run­gen der Neo­kir­che ste­hen; daß sie viel von Gewis­sen und Unter­schei­dung spre­chen und ihnen die­sel­be Bedeu­tung bei­mes­sen, die das natür­li­che und gött­li­che Gesetz im mora­li­schen Leben hat; und daß sie den Begriff des Natur­rechts ableh­nen und ihn allen­falls als Sedi­men­ta­ti­on der vie­len histo­risch auf­ein­an­der fol­gen­den Unter­schei­dungs­ak­te interpretieren.

Es fin­den sich unter ihnen histo­ri­sche Ver­tre­ter des theo­lo­gi­schen Pro­gres­si­vis­mus, ins­be­son­de­re in der Moral­theo­lo­gie, wie Ari­sti­de Fuma­gal­li. Auch Mau­ri­zio Chio­di, der 2022 in einem in einer Deho­nia­ner-Zeit­schrift ver­öf­fent­lich­ten Arti­kel sag­te, daß die Leh­re von Hum­a­nae vitae geän­dert wer­den kön­ne, wur­de zum Bera­ter ernannt. Der Name Chio­di ist sehr bedeut­sam, weil er eng mit den Ereig­nis­sen am Insti­tut Johan­nes Paul II. für Stu­di­en über Ehe und Fami­lie ver­bun­den ist, wo er als Dozent von Mai­land nach Rom wech­sel­te. Man kann sagen, daß er das Sym­bol die­ser „Ope­ra­ti­on“ von Fran­zis­kus und Erz­bi­schof Vin­cen­zo Paglia ist, die dar­auf abzielt, die Leh­re von Johan­nes Paul II. zu die­sen The­men end­gül­tig zu besei­ti­gen und die Phy­sio­gno­mie des Insti­tuts, das er woll­te und das sei­nen Namen trug, zu verändern.

Die­je­ni­gen, die die­se Ereig­nis­se auf­merk­sam ver­folgt haben, waren wahr­schein­lich von sei­ner Ernen­nung zum Bera­ter des Dik­aste­ri­ums von Prä­fekt Fernán­dez nicht über­rascht. Es gibt vie­le ande­re, von Pier Davi­de Guen­zi, einem Moral­theo­lo­gen, der den Vor­sitz der Ver­ei­ni­gung der Moral­theo­lo­gen inne­hat, über Anto­nio Sta­glianò, der der Päpst­li­chen Aka­de­mie für Theo­lo­gie vor­steht, bis hin zu Gia­co­mo Canob­bio, der sich eine „demo­kra­ti­sche Kir­che“ im Sin­ne einer poli­ti­schen Demo­kra­tie wünscht, und sogar eini­ge histo­ri­sche Grö­ßen wie Basi­lio Petrà. Wir haben nicht die Absicht, eine Liste zu erstel­len, aber es ist klar, daß die Aus­wahl sehr sorg­fäl­tig getrof­fen wur­de. Wir kön­nen bereits im vor­aus wis­sen, daß ein erheb­li­cher Pro­zent­satz der Bera­ter dafür ist, die Leh­re der Kir­che über Emp­fäng­nis­ver­hü­tung, Homo­se­xua­li­tät, Ehe, ehe­li­che Lie­be, Theo­lo­gie des Lei­bes und die katho­li­sche Moral im all­ge­mei­nen grund­le­gend zu ändern. Und wir wis­sen das, weil sie es bereits getan und dar­über geschrie­ben haben und genau des­halb ernannt wurden.

In der all­ge­mei­nen Vor­stel­lung denkt jeder von uns, wenn wir vom Dik­aste­ri­um für die Glau­bens­leh­re hören, an so etwas wie das alte Hei­li­ge Offi­zi­um. Natür­lich wis­sen wir, daß es nicht mehr so heißt und auch kei­ne Kon­gre­ga­ti­on mehr ist, aber wir stel­len uns vor, daß es etwas von der Tra­di­ti­on und der Auto­ri­tät bewahrt hat, etwas, das mit der Ver­tei­di­gung der Leh­re, mit der Anpran­ge­rung von Abir­run­gen, mit der War­nung der Gläu­bi­gen vor Ver­fäl­schun­gen der Wahr­heit sowohl im Bereich des Natur­rechts als auch im Bereich der geof­fen­bar­ten Wahr­heit ver­bun­den ist.

Neh­men wir als Bei­spiel die Zeit die­ses Dik­aste­ri­ums wäh­rend des Pon­ti­fi­kats von Johan­nes Paul II. und unter der Lei­tung von Kar­di­nal Ratz­in­ger. Im Ver­gleich zu frü­her gab es nur weni­ge direk­te Ver­ur­tei­lun­gen, aber es wur­den vie­le offi­zi­el­le Doku­men­te zur Klä­rung heik­ler Fra­gen erstellt. Die Gläu­bi­gen den­ken immer noch so: Ver­ur­tei­lun­gen von Theo­lo­gen und Ver­öf­fent­li­chun­gen, die von der Leh­re abwei­chen, spie­len kei­ne Rol­le, aber zumin­dest lehr­mä­ßi­ge Klar­stel­lun­gen muß es wei­ter­hin geben. Nun ist das aber nicht mehr der Fall, und wer das noch glaubt, der irrt. Die Bedeu­tung die­ser ehe­ma­li­gen Kon­gre­ga­ti­on hat sich gewan­delt und ist nun zu einer Anre­gung für theo­lo­gi­sche For­schung gewor­den, die auf Ver­än­de­rung abzielt.

Fran­zis­kus hat­te es in sei­nem per­sön­li­chen Brief an Kar­di­nal Vic­tor Manu­el Fernán­dez anläß­lich sei­ner Ernen­nung zum Prä­fek­ten des Dik­aste­ri­ums gesagt: Es ist not­wen­dig, die „unmo­ra­li­schen Metho­den“ der Ver­ur­tei­lung zu ver­mei­den, die in der Ver­gan­gen­heit ange­wandt wur­den, Lehr­irr­tü­mer nicht mehr zu ver­fol­gen, son­dern die theo­lo­gi­sche For­schung zu för­dern, das Cha­ris­ma der Theo­lo­gen zu sti­mu­lie­ren, die nicht einer „Schreib­tisch-Theo­lo­gie“ fol­gen, und alle Phi­lo­so­phien zu nut­zen, ohne eine aus­zu­schlie­ßen. Nie­mand darf also vom Dik­aste­ri­um ein end­gül­ti­ges Wort zu einer kon­tro­ver­sen Fra­ge erwar­ten, son­dern das Gegen­teil: die Infra­ge­stel­lung von Gewiß­hei­ten und die Eröff­nung von kon­tro­ver­sen Fra­gen. In der Tat, wenn wir alle bis­her von Fernán­dez (und von Fran­zis­kus) unter­zeich­ne­ten Doku­men­te unter­su­chen, sehen wir, daß sie dar­auf abzie­len, zu ver­un­si­chern und nichts mehr zu bestä­ti­gen, sie sind pro­vo­ka­tiv und manch­mal sogar skan­da­lös. Das neue Glau­bens­dik­aste­ri­um lädt nicht dazu ein, an das zu glau­ben, was es sagt, son­dern zu wider­spre­chen, und zu die­sem Zweck ernennt es die­je­ni­gen zu Bera­tern, die bis gestern die Theo­lo­gen des Dis­sen­ses waren. Es scheint, daß die Pro­te­ste der sieb­zi­ger Jah­re den Palast des Hei­li­gen Offi­zi­ums erreicht haben und von dort aus den Anspruch erhe­ben, (wider­sprüch­lich) nor­ma­tiv zu sein.

Wir glau­ben nicht, daß die Con­sul­to­ren unbe­deu­tend sind. Sie sind wich­ti­ger als die Mit­glie­der des Dik­aste­ri­ums selbst, so wie beim Zwei­ten Vati­ca­num die Theo­lo­gen wich­ti­ger waren als die Kon­zils­vä­ter. Natür­lich spre­chen wir nicht von allen Con­sul­to­ren, aber wer eine Ahnung davon hat, wie der Hei­li­ge Stuhl arbei­tet, weiß, daß es Con­sul­to­ren gibt, die nicht kon­sul­tiert wer­den, und ande­re, die kon­sul­tiert wer­den. Letz­te­res ist sicher­lich der Fall bei der Grup­pe der pro­gres­si­ven Theo­lo­gen, die gera­de ernannt wurde.

Ste­fa­no Fon­ta­na, Direk­tor des Inter­na­tio­nal Obser­va­to­ry Car­di­nal Van Thu­an for the Social Doc­tri­ne of the Church; zu sei­nen jüng­sten Publi­ka­tio­nen gehö­ren „La nuo­va Chie­sa di Karl Rah­ner“ („Die neue Kir­che von Karl Rah­ner. Der Theo­lo­ge, der die Kapi­tu­la­ti­on vor der Welt lehr­te“, Fede & Cul­tu­ra, Vero­na 2017), gemein­sam mit Erz­bi­schof Pao­lo Cre­pal­di von Tri­est „Le chia­vi del­la que­stio­ne socia­le“ („Die Schlüs­sel der sozia­len Fra­ge. Gemein­wohl und Sub­si­dia­ri­tät: Die Geschich­te eines Miß­ver­ständ­nis­ses“, Fede & Cul­tu­ra, Vero­na 2019), „La filoso­fia cri­stia­na“ („Die christ­li­che Phi­lo­so­phie. Eine Gesamt­schau auf die Berei­che des Den­kens“, Fede & cul­tu­ra, Vero­na 2021).

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: VaticanNews/MiL/Vatican.va (Screen­shots

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5 Comments

  1. Der Begriff “ Neo­kir­che“ ist aus­ge­zeich­net. Ich habe in einem mei­ner letz­ten Essays von “ dunk­ler Kir­che“ und “ dunk­lem Papst“ gespro­chen, und wir mei­nen das Glei­che. Die neue Kir­che tritt in die Fin­ster­nis der Ent­fer­nung von Chri­stus ein .…man müss­te blind sein, wür­de man das nicht bemer­ken. Nur: Ist die Neo­kir­che noch die Kir­che Chri­sti? Eine Kir­che, die das Gegen­teil von Chri­stus und der frü­he­ren Kir­che lehrt? Wohl kaum?!

    • Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es wirk­lich so ist, wie ich und auch ande­re Beob­ach­ter es schon seit län­ge­rem emp­fin­den: Fran­zis­kus scheut den Namen unse­res Herrn Jesus Chri­stus wie der Teu­fel das Weih­was­ser. Dann hät­ten wir, ver­ehr­ter Herr Dr. Heim­erl, in der Tat eine Neo­kir­che: eine dunk­le Kir­che mit einem dunk­len Papst an der Spit­ze. Wie lan­ge muss die Kir­che Jesu Chri­sti die­se Fin­ster­nis noch ertra­gen? Viel­leicht müs­sen wir doch noch auf das Wun­der war­ten, des­sen Zeit­punkt eines der Seher­mäd­chen von Gara­band­al, näm­lich Con­chi­ta, eige­nen Anga­ben zufol­ge erst eine Woche vor die­sem dann welt­weit sicht­ba­ren Gesche­hen mit­ge­teilt wird, wenn ich das recht ver­stan­den habe. Con­chi­ta ist Mut­ter von vier Kin­dern und lebt heu­te in New York/​USA.

  2. So vie­le The­men sind ver­wir­rend. Der zen­tra­le Inhalt des Agie­rens sei­tens des Dik­aste­ri­ums beschränkt sich auf das Abschaf­fen der unei­gen­nüt­zi­gen Lie­be. Sie wird ersetzt durch die ego­isti­sche Lie­be, den Eros, der aus der Begier­de erwächst. Die Hei­lig­keit der Men­schen soll durch den Eros als Aus­druck der Sün­de kor­rum­piert wer­den. Im Weg steht das Gewis­sen. Trei­bend wirkt die Moment­be­frie­di­gung und die Aner­ken­nung durch ande­re. Das alles unter der Regenbogenflagge. 

    Ste­fa­no Fon­ta­na schreibt vom „natür­li­chen und gött­li­chen Gesetz“. Das ist sehr prä­zi­se, weil es zwei­sei­tig ist. Es han­delt sich um die vom Gott an das Volk der Israe­li­ten gege­be­nen Geset­ze. Und es han­delt sich um den im Men­schen vor­han­de­nen natür­li­chen Gegen­part dazu, der sich im Gewis­sen aus­drückt. Das Gewis­sen löst im Men­schen einen Hand­lungs­druck aus. 

    Das von Gott gege­be­ne schrift­li­che Gesetz besteht in der Kurz­form aus den Zehn Gebo­ten. Gebo­te 1 bis 4 sagen: „lie­be Gott“. Gebo­te 5 bis 10 sagen: „lie­be Dei­nen Näch­sten“. Die 10 Gebo­te sind Geset­ze der unei­gen­nüt­zi­gen Liebe! 

    Nun besteht das Schlacht­feld der Gegen­wart dar­in, das alle, die noch nicht der ego­isti­schen Lie­be ver­fal­len sind, eine evo­lu­tio­nä­re Ent­wick­lung durch­ma­chen. Sie wol­len das Böse und den Ego­is­mus nicht mehr mit­ma­chen. Sie wol­len das natür­li­che und gött­li­che Gesetz einhalten. 

    Ich war heu­te ein­kau­fen. Der Park­platz war über­füllt. Zu allem Übel hat­te eine Frau zwei Park­lät­ze mit ihrem Auto dia­go­nal blockiert. Einer davon ein Behin­der­ten­park­platz. Ich bekam einen frei­en Parkt­platz und ging zu die­ser Frau, die gera­de ihr Auto belud. Nicht nur ich ging zu ihr. Etwa sie­ben Per­so­nen gin­gen gleich­zei­tig zu ihr. Jeder mach­te ihr klar, das sie Unrecht begeht. Kei­ner war belei­di­gend. Es ging jedem nur dar­um, daß ihr Ver­hal­ten zum Nach­teil für alle ande­ren war. Alle zusam­men haben den Ego­is­mus der Frau gebro­chen. Sie ver­such­te so schnell wie mög­lich, die Lage wie­der in Ord­nung zu bringen. 

    Die­ses Schlacht­feld der Gegen­wart wird eines Tages den Vati­kan errei­chen. Was, wenn alle auf­ste­hen und gleich­zei­tig auf den Prä­fek­ten Fer­nan­dez ein­wir­ken, er sol­le auf­hö­ren, Sün­de zu pro­pa­gie­ren? Wenn jeder ein­zel­ne for­dert, das Fer­nan­dez end­lich dem natür­li­chen und gött­li­chen Gesetz Gel­tung verschafft.

  3. Es ist aus.
    Die Reste die­ser Kir­che wer­den bald ver­schwin­den wie ein Trop­fen Was­ser auf einer hei­ssen Herdplatte.

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