Kardinal Fernández kündigt weitere Urteile zu „Erscheinungen“ an

"Eingefrorene" Fälle werden abgearbeitet


Kardinal Tucho Fernández (im Bild bei einem Spaziergang in London) erklärte in einem Interview das Tempo der plötzlich so schnell erfolgenden Urteile über tatsächliche oder vermeintliche Marienerscheinungen
Kardinal Tucho Fernández (im Bild bei einem Spaziergang in London) erklärte in einem Interview das Tempo der plötzlich so schnell erfolgenden Urteile über tatsächliche oder vermeintliche Marienerscheinungen

Seit den Ver­öf­fent­li­chun­gen der neu­en Nor­men zur Beur­tei­lung von angeb­li­chen über­na­tür­li­chen Phä­no­me­nen erfolg­ten im Monat Juli über­ra­schend vie­le und schnel­le Ent­schei­dun­gen zu eini­gen Mari­en­er­schei­nun­gen (Katho​li​sches​.info berich­te­te). Das hat­te erheb­li­che Ver­wun­de­rung aus­ge­löst. Kar­di­nal Vic­tor Manu­el „Tucho“ Fernán­dez, der dafür zustän­di­ge römi­sche Glau­bens­prä­fekt, nahm in einem Inter­view dazu Stel­lung und kün­dig­te wei­te­re Ent­schei­dun­gen in den näch­sten Tagen an.

Kar­di­nal Fernán­dez, Argen­ti­ni­er wie Papst Fran­zis­kus und des­sen Ghost­wri­ter und Lieb­lings­pro­te­gé, erklär­te das Tem­po der nun erfolg­ten Ent­schei­dun­gen mit dem Hin­weis, daß „eini­ge ein­ge­fro­ren waren, weil man eine Erklä­rung zur Über­na­tür­lich­keit erwar­tet hat­te“. Der Hin­weis ist expli­zit, denn die seit Mai gel­ten­den neu­en Nor­men sehen kei­ne Aner­ken­nung eines über­na­tür­li­chen Cha­rak­ters irgend­wel­cher Phä­no­me­ne mehr vor. Da das Haupt­hin­der­nis für eine Ent­schei­dung, näm­lich die Echt­heits­fra­ge, auf die­se Wei­se ein­fach gestri­chen wur­de, kön­nen nun anhän­gi­ge Fäl­le erstaun­lich schnell abge­ar­bei­tet werden.

Kar­di­nal Tucho mach­te daher die Ankün­di­gung, daß „in den näch­sten Tagen mehr her­aus­kom­men wird“.

Kar­di­nal Vic­tor Manu­el Fernán­dez ist seit Sep­tem­ber 2023 Prä­fekt des Dik­aste­ri­ums für die Glau­bens­leh­re. Er trägt die Ver­ant­wor­tung für die am 17. Mai erlas­se­nen neu­en Nor­men für die  Unter­schei­dung angeb­li­cher über­na­tür­li­cher Phä­no­me­ne. Seit­her hat sich die von ihm gelei­te­te römi­sche Behör­de bereits zu ins­ge­samt vier „Phä­no­me­nen“ geäu­ßert. Hören wir das Inter­view, das Rodri­go Moreno Qui­ci­os von Alfa y Ome­ga mit Kar­di­nal Fernán­dez führte:

Qui­ci­os: Was ist das Haupt­kri­te­ri­um für die Ertei­lung des Nihil Obstat für ein Marienheiligtum?

Kar­di­nal Tucho Fernán­dez: Spi­ri­tu­el­le und pasto­ra­le Früch­te sowie das Feh­len von kri­ti­schen Ele­men­ten, die sich nega­tiv auf das Volk Got­tes aus­wir­ken könn­ten. Wenn es ver­meint­li­che Bot­schaf­ten gibt, wird ihr Inhalt sorg­fäl­tig ana­ly­siert, um das Schö­ne, Posi­ti­ve und den Aus­druck des Evan­ge­li­ums her­vor­zu­he­ben. Und wenn eini­ge – auch wenn sie nicht gegen Glau­ben und Moral ver­sto­ßen – Ver­wir­rung stif­ten könn­ten, wer­den Klar­stel­lun­gen zur Ver­öf­fent­li­chung zusam­men mit den Bot­schaf­ten angeboten.

Qui­ci­os: War­um ver­öf­fent­li­chen Sie in die­sen Tagen so vie­le Urtei­le? Stam­men sie alle aus der Ver­gan­gen­heit und wer­den jetzt im Sin­ne der Trans­pa­renz ver­öf­fent­licht, oder grei­fen Sie auch Fäl­le auf, die zu lan­ge ein­ge­fro­ren waren?

Kar­di­nal Tucho Fernán­dez: Eini­ge waren ein­ge­fro­ren wor­den, weil man eine Erklä­rung über einen über­na­tür­li­chen oder gött­li­chen Ursprungs erwar­te­te. Mit dem neu­en Ver­fah­ren ent­fällt die­se Bela­stung und die Ana­ly­se wird erleichtert.

Qui­ci­os: Kön­nen wir in den näch­sten Tagen mit einer posi­ti­ven oder nega­ti­ven Beschei­ni­gung für vie­le wei­te­re Fäl­le rechnen?

Kar­di­nal Tucho Fernán­dez: In den näch­sten Tagen wer­den eini­ge wei­te­re Fäl­le bekannt­ge­ge­ben. Die fol­gen­den wer­den dann min­de­stens zwei oder drei Mona­te war­ten müs­sen, weil sie wei­te­re Unter­su­chun­gen erfor­dern. Ande­re wer­den noch ein wenig län­ger war­ten müssen.

Qui­ci­os: Was wäre nötig, um vom Nihil Obstat zur aus­drück­li­chen Aner­ken­nung der Über­na­tür­lich­keit einer angeb­li­chen Erschei­nung über­zu­ge­hen? Könn­te, wenn die Vor­aus­set­zun­gen erfüllt wären, jedes neue Hei­lig­tum mit der glei­chen Stren­ge wie die von Lour­des oder Fati­ma kon­so­li­diert werden?

Kar­di­nal Tucho Fernán­dez: Nun, das wäre eine Aus­nah­me und wür­de nur gesche­hen, wenn der Papst aus beson­de­rem Inter­es­se dar­um bit­tet oder es per­sön­lich beschließt. Dies scheint jedoch nicht not­wen­dig zu sein, denn es ist seit lan­gem klar, daß selbst eine Erklä­rung der Über­na­tür­lich­keit die Gläu­bi­gen nicht dazu ver­pflich­tet, sol­che Phä­no­me­ne als gött­li­chen Ursprungs anzunehmen.

Kar­di­nal Fernán­dez bekräf­tig­te damit, daß es kei­ne Nor­men mehr für eine Aner­ken­nung eines über­na­tür­li­chen Cha­rak­ters gibt. Eine sol­che wäre nur noch norm­frei denk­bar, wenn der Papst im Allein­gang eine sol­che wün­schen und dekre­tie­ren wür­de. Der Glau­bens­prä­fekt gab jedoch zu ver­ste­hen, daß mit einem sol­chen Aus­nah­me­fall unter Fran­zis­kus nicht zu rech­nen sei.

Zu wel­chen „Erschei­nun­gen“ in den kom­men­den Tagen Urtei­le ver­öf­fent­licht wer­den, gab der Kar­di­nal nicht bekannt. Eben­so­we­nig sag­te er, zu wel­chen Phä­no­me­nen auch wei­ter­hin nicht schnel­le Ent­schei­dun­gen zu erwar­ten sind.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Mazur/cbcew.org.uk (Screen­shot)

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