Nach Agenda 2030, Davos und Bilderberg nimmt Papst Franziskus am G7-Gipfel teil

Westbindung: die Paradoxa und Geheimisse eines Pontifikats


Giorgia Meloni ist Gastgeberin des G7-Gipfeltreffens zum Thema Künstliche Intelligenz, an dem auch Papst Franziskus teilnehmen wird. Eine Premiere.
Giorgia Meloni ist Gastgeberin des G7-Gipfeltreffens zum Thema Künstliche Intelligenz, an dem auch Papst Franziskus teilnehmen wird. Eine Premiere.

(Rom) Es war Ita­li­ens rech­te Mini­ster­prä­si­den­tin Gior­gia Melo­ni, die auf X (vor­mals Twit­ter) die Nach­richt bekannt­gab: Papst Fran­zis­kus wird am bevor­ste­hen­den G7-Gip­fel über Künst­li­che Intel­li­genz teil­neh­men. Die Prä­senz von Fran­zis­kus wird die erste eines Pap­stes an die­sem Zusam­men­schluß der west­li­chen Macht sein.

Der Wettlauf zwischen G7 und BRICS

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Die Grup­pe der Sie­ben (G7) ist ein infor­mel­ler Zusam­men­schluß der sie­ben wich­tig­sten Staa­ten der soge­nann­ten west­li­chen Welt, womit die US-Hemi­sphä­re gemeint ist, wie sie aus dem Zwei­ten Welt­krieg her­vor­ging. Aus die­sem Grund befin­den sich auch die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, Ita­li­en und Japan in die­sem Kreis, also Län­der, die in der Geschich­te vor 1945 nicht zum Westen gezählt wur­den. Durch die Ein­bin­dung der EU sind indi­rekt auch die 24 EU-Mit­glieds­staa­ten ver­tre­ten, die nicht zur G7 gehören.

Die Grup­pe wur­de 1975 gebil­det und kurz­zei­tig von 1998 bis 2014 um Ruß­land zur G8 erwei­tert. Das war zu einem Zeit­punkt, als das demo­kra­tisch regier­te Washing­ton unter Bill Clin­ton davon aus­ging, Ruß­land füge sich in das US-Impe­ri­um ein, was sich mit der Wahl von Wla­di­mir Putin zum rus­si­schen Prä­si­den­ten zuneh­mend als Illu­si­on erwies. Putin war zwar zunächst an einer NATO-Mit­glied­schaft inter­es­siert, aller­dings auf Augen­hö­he. Das wur­de von der US-Regie­rung abge­lehnt, was zu einer Neu­aus­rich­tung der rus­si­schen Außen­po­li­tik führ­te. Als in Washing­ton wie­der­um die Demo­kra­ten regier­ten, nun­mehr Oba­ma mit sei­nem Vize Biden, schwenk­ten die USA auf einen Kon­fron­ta­ti­ons­kurs um. Der Zank­ap­fel war schon damals die Ukrai­ne, um die nun gekämpft wird. So wur­de die G8 vor zehn Jah­ren wie­der zur G7 zurückgebaut.

Mit BRICS, einem eben­sol­chen infor­mel­len Zusam­men­schluß, ist der G7 ein direk­ter Kon­kur­rent erwach­sen, der in den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren auf rus­si­sche und chi­ne­si­sche Initia­ti­ve hin an Bedeu­tung gewon­nen hat. Die BRICS-Staa­ten zäh­len neun Mit­glie­der, kei­nes aus der west­li­chen Hemi­sphä­re. Auf wirt­schaft­li­cher Ebe­ne nähern sich die bei­den Grup­pen an. Beim nomi­nel­len BIP füh­ren die G7-Staa­ten mit 43 Pro­zent (BRICS 27,5 Pro­zent), doch bei der Kauf­kraft­pa­ri­tät lie­gen die BRICS-Staa­ten mit 34,6 Pro­zent in Füh­rung (G7: 30,3 Pro­zent), eben­so bei Bevöl­ke­rung mit 45 Pro­zent (G7: 9,7 Pro­zent) und Flä­che mit 29 Pro­zent (G7: 14,6 Prozent).

Papst Franziskus, Globalismus und Westbindung

Bekannt­lich redet Papst Fran­zis­kus nicht mit Poli­ti­kern der poli­ti­schen Rech­ten, solan­ge sie nicht regie­ren. Gior­gia Melo­ni ist seit Okto­ber 2022 Ita­li­ens Mini­ster­prä­si­den­tin, und an Ver­bin­dungs­ka­nä­len zwi­schen den ita­lie­ni­schen Regie­rungs­pa­lä­sten und dem Vati­kan man­gelt es tra­di­tio­nell nicht. Den­noch erstaunt die­ser Schul­ter­schluß, da Fran­zis­kus ger­ne sei­ne Prä­fe­renz für eine mul­ti­po­la­re Welt betont. Gior­gia Melo­ni fädel­te die Ein­bin­dung des Pap­stes ein, die sie als Zier­de ihrer Gast­ge­ber­schaft des G7-Gip­fels prä­sen­tier­te und der Öffent­lich­keit auch so ver­mit­telt wird. Die Bedeu­tung geht aber wesent­lich tiefer.

Papst Fran­zis­kus war es, der offi­zi­el­le Vati­kan­ver­tre­ter zum Welt­wirt­schafts­fo­rum nach Davos ent­sand­te und Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin zum Bil­der­ber­ger­tref­fen schick­te, alles Ver­an­stal­tun­gen und Zir­kel, von denen sich die Vor­gän­ger­päp­ste fern­hiel­ten. Eben­so hielt Fran­zis­kus im Glas­pa­last der UNO in New York 2015 die Fest­re­de vor der Ver­ab­schie­dung der Agen­da 2030. Sie­he auch: Papst Fran­zis­kus lie­fert die Kir­che der UNO aus. Ent­schei­dend sind dabei nicht Eti­ket­ten und Insti­tu­tio­nen, son­dern die dahin­ter­ste­hen­de und von die­sen Ein­rich­tun­gen ver­tre­te­ne Haltung.

Nun sind die Ebe­nen von WEF und Bil­der­ber­gern als pri­va­te Zusam­men­künf­te und die UNO und die G7 gänz­lich ver­schie­den, doch aufs eng­ste mit­ein­an­der ver­zahnt. Das hat mit den Ent­schei­dungs­fin­dungs­pro­zes­sen zu tun, bei denen die insti­tu­tio­nel­le Ebe­ne gegen­über pri­va­ten Zir­keln, anders als gemein­hin ver­mit­telt, ent­schie­den eine unter­ge­ord­ne­te Rol­le spielt.

Die Teil­nah­me am G7-Gip­fel stellt eine wei­te­re Etap­pe in der ein­sei­ti­gen West­bin­dung dar, die erstaun­li­cher­we­sie aus­ge­rech­net der Anti-Grin­go-Papst voll­zieht, wo doch sei­ne Vor­gän­ger, die sich vor sol­chen Schrit­ten hüte­ten, als weit „west­li­cher“ ein­ge­stuft und wahr­ge­nom­men wur­den als der Pon­ti­fex aus Argen­ti­ni­en. Doch das gehört zu den Geheim­nis­sen und Para­do­xa die­ses Pontifikats.

Die RenAIssance Foundation von Papst Franziskus

Der G7-Gip­fel wird vom 13. bis 15. Juni im ita­lie­ni­schen Apu­li­en stattfinden.

Zum The­ma Künst­li­che Intel­li­genz errich­te­te Fran­zis­kus vor drei Jah­ren zusam­men mit Brad Smith, dem Vize-Prä­si­den­ten von Micro­soft, und John Kel­ly III., Vize­prä­si­dent von IBM, die RenAIs­sance Foun­da­ti­on.

Ziel sei es, so Melo­ni, ein ethi­sches Regel­werk für die Künst­li­che Intel­li­genz „im Ein­satz für den Men­schen“ zu schaf­fen. Dabei kön­ne, so Ita­li­ens Regie­rungs­chefin, „der Bei­trag des Pap­stes ent­schei­dend sein“. 

Die­se ethi­sche Fra­ge stellt sich grund­sätz­lich und drin­gend, da die tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten gera­de einen gigan­ti­schen Schritt machen. Es geht aber auch um einen glo­ba­len öko­no­mi­schen und poli­ti­schen Wett­lauf zwi­schen Gleich­ge­wicht und Hege­mo­nie. Die Inter­es­sen, um die es geht, sind enorm. Ein Beleg dafür ist, daß Tech-Kon­zer­ne nicht nur die größ­te Markt­ka­pi­ta­li­sie­rung haben, son­dern über Daten und Infor­ma­tio­nen ver­fü­gen, die jeden tota­li­tä­ren Dik­ta­tor des 20. Jahr­hun­derts erblas­sen las­sen, und die Staa­ten selbst zuneh­mend auf Tech-Kon­zer­ne ange­wie­sen sind, ob auf ihre Satel­li­ten wie im Ukrai­ne-Krieg oder zur prak­ti­schen Umset­zung der poli­tisch vor­an­ge­trie­be­nen Digitalisierung.

In den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten besaß als Zen­tral­be­hör­de nur das Innen­mi­ni­ste­ri­um die per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten aller Bür­ger, die sich auch phy­sisch im Besitz die­ses Mini­ste­ri­ums befan­den, wäh­rend etwa die jewei­li­gen Ein­woh­ner­da­ten einer Gemein­de nur im Besitz der betref­fen­den Kom­mu­nal­ver­wal­tung waren, in der ein Bür­ger lebt. Die Samm­lung war sowohl phy­sisch als auch die Zugriffs­mög­lich­keit begrenzt. Drit­te hat­ten über­haupt kei­nen Zugriff. Und selbst die­se Erfas­sung, betrach­tet auf die Mensch­heits­ge­schich­te, ist ein ganz jun­ges Phä­no­men, das erst vor 150 Jah­ren lang­sam ein­setz­te. Das Mel­de­re­gi­ster exi­stier­te ursprüng­lich nur in den ein­zel­nen Gemein­den. Eine zen­tra­le Erfas­sung gab es über­haupt nicht. Erst 1938 führ­te der Natio­nal­so­zia­lis­mus im Deut­schen Reich (mit Öster­reich) eine zen­tra­le Erfas­sung ein. In der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land wur­de schließ­lich erst 2006 die gesetz­li­che Rege­lung des Mel­de­re­gi­sters von einer Län­der­sa­che zur aus­schließ­li­chen Bun­des­sa­che erklärt. Die Ent­wick­lung der Daten­er­fas­sung ist die einer fort­schrei­ten­den Zen­tra­li­sie­rung.
Die Erfas­sung erfolg­te aber bis­her durch die Behör­de selbst. Durch die Digi­ta­li­sie­rung geben die Staa­ten die Daten­bank und deren Ver­wal­tung, tech­nisch gese­hen, aus der staat­li­chen Obhut in die Hand pri­va­ter Tech-Kon­zer­ne, von denen nur weni­ge welt­weit imstan­de sind, die gewünsch­ten zen­tra­li­sier­ten Auf­ga­ben zu erfül­len, die die­sel­ben Tech-Kon­zer­ne zuvor der Poli­tik drin­gend nahe­ge­legt haben.
Im Ita­li­en von Gior­gia Melo­ni hat­te die­se Digi­ta­li­sie­rung zur Fol­ge, daß ein Bür­ger vor zehn Jah­ren einen Rei­se­paß inner­halb eines Monats erhielt (in den Staa­ten des deut­schen Sprach­raums war das damals schon ohne Digi­ta­li­sie­rung inner­halb weni­ger Tage mög­lich), seit der Digi­ta­li­sie­rung aber ein Jahr War­te­zeit in Kauf neh­men muß. Die Digi­ta­li­sie­rung brach­te den Bür­gern eine mas­si­ve Ver­schlech­te­rung, nütz­te also wem? Nur dem Staat und einem inter­na­tio­na­len Tech-Kon­zern, der dadurch zum unge­be­te­nen Mit­wis­ser und fak­ti­schen Herrn aller Daten wur­de.
Damit befin­den sich die sen­si­blen Daten der Bür­ger phy­sisch nicht mehr in der Hand des Staa­tes, son­dern in der Hand von Tech-Kon­zer­nen, in deren Abhän­gig­keit sich die Staa­ten bege­ben. Sol­che Bei­spie­le betref­fen bereits alle Lebens­be­rei­che und wer­den von der Poli­tik, angeb­lich aus Nütz­lich­keits­er­wä­gun­gen, mas­siv vor­an­ge­trie­ben (Stich­wort: Digi­ta­le ID).

Was wer­den die G7-Staa­ten mit Unter­stüt­zung von Papst Fran­zis­kus also „regle­men­tie­ren“? Die Erfah­rung der jüng­sten Ver­gan­gen­heit zeigt, daß Beden­ken ange­bracht sind – und daß Fran­zis­kus kein Garant und Schutz­damm ist.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: X/​Giorgia Melo­ni (Screen­shot)

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