Wie die Tagesschau und andere Medien lügen: 440.000 sexuelle Mißbrauchsopfer der Kirche in Spanien?

Sexueller Mißbrauchsskandal, falsche Zahlen, Schwarze Legenden


Spaniens Ombudsmann Ángel Gabilondo überreichte am 27. Oktober der spanischen Parlamentspräsidentin seinen 777 Seiten umfassenden Bericht über den sexuellen Mißbrauch in der Kirche – allerdings mit fiktiven und grotesken Zahlen, die eine böse Absicht erahnen lassen.
Spaniens Ombudsmann Ángel Gabilondo überreichte am 27. Oktober der spanischen Parlamentspräsidentin seinen 777 Seiten umfassenden Bericht über den sexuellen Mißbrauch in der Kirche – allerdings mit fiktiven und grotesken Zahlen, die eine böse Absicht erahnen lassen.

(Madrid) In den ver­gan­ge­nen zwei Wochen berich­te­ten die Medi­en im Laut­spre­cher­ton, daß es in Spa­ni­en an die 440.000 Opfer von kirch­li­chem Miß­brauch gebe. Eine Schock­mel­dung. „Katho­li­sche Kir­che in Spa­ni­en: Miss­brauchs-Stu­die zeigt erschüt­tern­de Zah­len“, titel­te die FAZ, „Hun­dert­tau­sen­de Miss­brauchs­op­fer mög­lich“ mel­de­te die Tages­schau der ARD. Doch was steht wirk­lich in der Mißbrauchs-Studie?

Anzei­ge

„Eine Unter­su­chung erhebt schwe­re Vor­wür­fe gegen die spa­ni­sche Kir­che: Hun­dert­tau­sen­de Min­der­jäh­ri­ge könn­ten nach einer Schät­zung miss­braucht wor­den sein“, so die Tages­schau wei­ter. Die For­mu­lie­rung müß­te eigent­lich stut­zig machen, aus gutem Grund. Die genann­ten Zah­len sei­en „mög­lich“, „Schät­zung“, Opfer „könn­ten miss­braucht wor­den sein“. Das ist etwas viel Kon­junk­tiv und ver­weist in den Bereich der Spekulation.

Was war geschehen?

Jedes Opfer ist ein Opfer zuviel, wie Spa­ni­ens Bischö­fe Ende Okto­ber beton­ten. Das Übel des sexu­el­len Miß­brauchs, vor­wie­gend des homo­se­xu­el­len Miß­brauchs, muß bekämpft wer­den. Es ist jedoch für die­ses Anlie­gen nicht ziel­füh­rend und für die Wahr­heits­fra­ge ein schlech­ter Dienst, Opfer zu erfin­den, um die Fal­schen als Täter anzu­kla­gen. Die wirk­li­chen Täter sind zu bestra­fen und die Unschul­di­gen sind zu schüt­zen, das gilt für die Min­der­jäh­ri­gen eben­so wie für die treu­en und guten Prie­ster, die zu Unrecht unter Gene­ral­ver­dacht gestellt und dis­kre­di­tiert wer­den. Doch der Rei­he nach.

Der spa­ni­sche Ombuds­mann Ángel Gabilon­do leg­te Ende Okto­ber dem spa­ni­schen Par­la­ment sei­nen Bericht über sexu­el­len Miß­brauch in der katho­li­schen Kir­che vor. Das Par­la­ment hat­te den Bericht bei Gabilon­do in Auf­trag gege­ben. War­um eigent­lich nicht einen Bericht über sexu­el­len Miß­brauch in spa­ni­schen Sport­ver­ei­nen? Über sexu­el­len Miß­brauch in der Fami­lie? Über sexu­el­len Miß­brauch in Par­tei­en und am Arbeits­platz? Jeden­falls erhob der Volks­an­walt die genann­ten Anschul­di­gun­gen. Von 440.000 (mög­li­chen) Opfern sprach Gabilon­do und for­der­te Ent­schä­di­gun­gen für sie.

Doch stimmen seine Behauptungen?

Alles wur­de medi­en­ge­recht orche­striert. El País, das lin­ke Medi­en­flagg­schiff Spa­ni­ens, ließ am 27. Okto­ber die Bom­be plat­zen, die von vie­len Medi­en bereit­wil­lig mit den Mist­ga­beln auf­ge­grif­fen wurde: 

„Die Unter­su­chung des Ombuds­manns schätzt, daß es 440.000 Opfer von Pädo­phi­lie in der spa­ni­schen Kir­che gibt“, so El País.

Ver­tu­schung, Leug­nung, Mob­bing, Druck und sogar Schuld­zu­wei­sung gegen­über den Opfern warf Gabilon­do der Kir­che vor und und for­der­te Wie­der­gut­ma­chung. „Ein ein­zi­ger Fall ist untrag­bar“, ant­wor­te­te die Spani­sche Bischofs­kon­fe­renz, die am 30. Okto­ber eilig zu einer außer­or­dent­li­chen Voll­ver­samm­lung zusam­men­kam, um die Stu­die zu ana­ly­sie­ren und ihr Enga­ge­ment zur Aus­mer­zung des him­mel­schrei­en­den Übels des Kin­des­miß­brauchs in Kir­che und Gesell­schaft zu bekräftigen.

El País schrieb:

„Spa­ni­en ist das Land mit der höch­sten offi­zi­el­len Opfer-Hochrechnung“.

In der Tat ist die Zahl sogar höher als die des inzwi­schen berüch­tig­ten fran­zö­si­schen Sau­vé-Berichts, der in einem Zeit­raum von 70 Jah­ren für Frank­reich auf über 330.000 Miß­brauchs­fäl­le im kirch­li­chen Bereich gekom­men war. Der Gabilon­do-Bericht kommt für Spa­ni­en in nur 50 Jah­ren auf 445.000 Miß­brauchs­fäl­le im kirch­li­chen Bereich. Han­delt es sich bei der Miß­brauchs­be­kämp­fung um ein Wett­ren­nen der Super­la­ti­ve? Wie sich schnell her­aus­stell­te, weist der Sau­vé-Bericht schwer­wie­gen­de metho­di­sche Män­gel auf und ist von offen­sicht­li­chen Vor­ur­tei­len gelei­tet. Die­sel­ben anti­kirch­li­chen Vor­ur­tei­le schei­nen auch beim Gabilon­do-Bericht die Hand geführt zu haben, aller­dings ist hier der Betrug noch viel plum­per und gera­de­zu eine Belei­di­gung für den Intellekt.

Auf 777 Seiten Gabilondo-Bericht keine Spur von 445.000 Mißbrauchsopfern

Auf den 777 Sei­ten des Gabilon­do-Berichts fin­det sich näm­lich kei­ne Spur von die­sen angeb­lich 445.000 sexu­el­len Miß­brauchs­op­fern der Kir­che, von denen die Tages­schau berich­te­te.

Die Bischö­fe gaben sich klein­laut, beton­ten jedoch, daß sich die behaup­te­ten Zah­len im Bericht nicht wider­spie­geln und auch nicht der Wahr­heit ent­spre­chen. An kon­kre­ten, veri­fi­zier­ba­ren Fäl­len nennt der Bericht näm­lich für das ver­gan­ge­nen hal­be Jahr­hun­dert „nur“ 487 Fäl­le. Das sind sogar deut­lich weni­ger, als die Bischö­fe über ihre Prä­ven­ti­ons­stel­len iden­ti­fi­zie­ren konn­ten. Wie ist das möglich?

Ángel Gabilon­do bei der Vor­stel­lung sei­nes Berichts in der Abge­ord­ne­ten­kam­mer des spa­ni­schen Parlaments

Das ist mög­lich, weil die exor­bi­tan­te Opfer­zahl des Gabilon­do-Berichts nur eine Hoch­rech­nung ist, die zudem unfaß­bar schlecht ist. Sie wur­de aus einer Umfra­ge rück­ge­schlos­sen, die dem Bericht bei­gefügt ist. Im Klar­text: Es gibt einen Bericht und eine Umfra­ge. Laut dem fast 800 Sei­ten star­ken Bericht konn­ten spa­ni­en­weit 487 kon­kre­te Fäl­le von sexu­el­lem Miß­brauch in der Kir­che iden­ti­fi­ziert wer­den. Die fast um das Tau­send­fa­che erhöh­te Zahl, mit denen die schril­len Medi­en­schlag­zei­len gefüllt und die Kir­che ange­pran­gert wur­de, stammt ledig­lich aus der bei­gefüg­ten Umfra­ge, was von den mei­sten Medi­en, so auch von der Tages­schau, ver­schwie­gen wur­de. Die­se Umfra­ge gilt es nun näher anzuschauen.

Die Umfrage und ein groteskes Zahlenspiel

Die Grund­la­ge der ein­gangs genann­ten Skan­dal­mel­dung sind 8000 Tele­fon­in­ter­views mit Erwach­se­nen. Bei die­sen gaben 11,7 Pro­zent der Befrag­ten oder 937 Per­so­nen – frei­lich ohne Beleg und Mög­lich­keit zur Über­prü­fung – an, vor ihrer Voll­jäh­rig­keit „miß­braucht“ wor­den zu sein. Dabei wur­de nicht spe­zi­fi­ziert, um wel­che Form von Miß­brauch es sich gehan­delt hat­te, ob die­ser sexu­el­ler Natur war oder ob es sich um phy­si­sche oder psy­chi­sche Gewalt oder um eine Hand­lung wider das Gewis­sen handelte.

Von den 937 Per­so­nen, die von sich sag­ten, „miß­braucht“ wor­den zu sein, gaben ledig­lich 1,13 Pro­zent oder elf Per­so­nen an, der Miß­brauch sei im kirch­li­chen Rah­men gesche­hen. Etwas mehr als die Hälf­te davon oder sechs Per­so­nen benann­ten einen Prie­ster als Urhe­ber des Mißbrauchs.

Wir reka­pi­tu­lie­ren: Sechs Per­so­nen oder 0,075 Pro­zent der Befrag­ten gaben an, als Min­der­jäh­ri­ge von einem Prie­ster „miß­braucht“ wor­den zu sein. Wie gesagt, wur­de bei der Umfra­ge nicht nach der Art des Miß­brauchs gefragt. Die Behaup­tung, es habe sich um sexu­el­len Miß­brauch gehan­delt, liegt auf­grund des damit kon­no­tier­ten Begriffs „Miß­brauch“ zwar nahe, ist aber rei­ne Interpretation.

Dar­aus ergibt sich eigent­lich die erfreu­li­che Schluß­fol­ge­rung, daß die Kir­che, jeden­falls in Spa­ni­en, tat­säch­lich der wohl sicher­ste Ort für Kin­der und Jugend­li­che ist, siche­rer als Sport­ver­ei­ne, siche­rer als der Bekann­ten­kreis und auch siche­rer als die Fami­lie, also genau das, was die Kir­che auch sein soll­te. Das genaue Gegen­teil aber wur­de berich­tet. Dabei wären die­se, wenn auch unschar­fen Zah­len Grund genug, das Miß­brauchs­the­ma wei­ter zu fas­sen, anstatt sich auf die Kir­che ein­zu­schie­ßen und den Blick auf sie zu verengen.

Warum lauteten die Schlagzeilen dann ganz anders?

Weil aus den sechs (6) Per­so­nen, die anga­ben, als Min­der­jäh­ri­ge von einem katho­li­schen Prie­ster „miß­braucht“ wor­den zu sein, von El País zu „geschätzt min­de­stens 236.000 Men­schen“ gemacht wur­den, die „als Min­der­jäh­ri­ge sexu­ell miss­braucht“ wur­den, wie die Tages­schau am 27. Okto­ber unge­prüft nach­plap­per­te und den nichts­ah­nen­den deut­schen Fern­seh­zu­schau­ern berich­te­te. Und aus den elf (11) Per­so­nen, die sag­ten, im kirch­li­chen Bereich miß­braucht wor­den zu sein, wur­den bei El País und bei der Tages­schau gan­ze 445.000 kirch­li­che Miß­brauchs­op­fer hochgerechnet.

Das ist die dün­ne, viel­mehr hauch­dün­ne Grund­la­ge, auf der eine so abscheu­li­che Ankla­ge in die Welt posaunt wurde.

Bei der­sel­ben Umfra­ge, was aller­dings von der Tages­schau nicht berich­tet wur­de, gaben von den 937 Per­so­nen, die sich als Opfer von Miß­brauch bezeich­ne­ten, 319 an, „in der Fami­lie“ miß­braucht wor­den zu sein.

Wie vie­le Mil­lio­nen Spa­ni­er wären also davon betrof­fen? Wir rech­nen das anhand der El-País-Metho­de hoch und kom­men auf gan­ze 12.905.000 spa­ni­sche Mißbrauchsopfer.

Doch selbst die­se exor­bi­tan­te Zahl betrifft nur jene „in der Fami­lie“. Die Gesamt­zahl aller spa­ni­schen Miß­brauchs­op­fer der ver­gan­ge­nen 50 Jah­re, mit der El-País-Metho­de errech­net, ergä­be die Zahl von sagen­haf­ten 37.905.000 spa­ni­schen Miß­brauchs­op­fern, die in ihrer Kind­heit „sexu­ell miß­braucht“ wur­den. Wie gesagt, in der Umfra­ge wur­de die Art des Miß­brauchs zwar nicht erho­ben, doch El País und Tages­schau mach­ten aus allen Betrof­fe­nen sexu­el­le Mißbrauchsopfer.

Was bedeuten diese Zahlen?

Laut dem spa­ni­schen Natio­na­len Sta­ti­stik­in­sti­tut zähl­te Spa­ni­en zum Zeit­punkt der jüng­sten Volks­zäh­lung im Jahr 2021 47,3 Mil­lio­nen Ein­woh­ner. Von die­sen sind 39,5 Mil­lio­nen von Geburt Spa­ni­er, 2,5 Mil­lio­nen ein­ge­bür­ger­te Aus­län­der, 5,3 Mil­lio­nen Aus­län­der. Von den nicht ein­ge­bür­ger­ten Aus­län­dern stammt rund die Hälf­te aus nicht-katho­li­schen Län­dern und kann daher schwer­lich von einem katho­li­schen Prie­ster miß­braucht wor­den sein. Doch das nur am Ran­de. Ähn­lich dürf­te das Ver­hält­nis auch bei den ein­ge­bür­ger­ten Aus­län­dern sein. Wich­ti­ger ist: Neun Mil­lio­nen der spa­ni­schen Wohn­be­völ­ke­rung sind min­der­jäh­rig und kom­men daher nicht in Betracht, da bei der Umfra­ge aus­schließ­lich Erwach­se­ne befragt wurden.

47,3 Mil­lio­nen Ein­woh­ner minus neun Mil­lio­nen Min­der­jäh­ri­ge erge­ben eine Erwach­se­nen­be­völ­ke­rung von 38,3 Mil­lio­nen. Das bedeu­tet: Bei 37,9 Mil­lio­nen mit der El-País-Metho­de errech­ne­ten Miß­brauchs­op­fern wur­den laut Ángel Gabilon­do und El Páis fak­tisch alle Spa­ni­er „als Min­der­jäh­ri­ge sexu­ell miss­braucht“ bzw. „Opfer von Kin­des­miss­brauch“, um bei der Wort­wahl der Tages­schau zu blei­ben.

Erst wenn man das Rechen­spiel zu Ende führt, wird die Dimen­si­on des auf­ge­tisch­ten Betrugs sichtbar.

Es muß also kaum mehr eigens hin­zu­ge­fügt wer­den, wie unglaub­wür­dig und unse­ri­ös die Berech­nun­gen und damit auch die Schlag­zei­len und Berich­te über das angeb­li­che Aus­maß „der schwe­ren Vor­wür­fe gegen die spa­ni­sche Kir­che“ sind, die auch von deut­schen Medi­en wei­ter­ver­brei­tet wurden.

Die spa­ni­schen Bischö­fe haben es lei­der ver­ab­säumt, deut­li­cher auf die Absur­di­tät des Zah­len­werks hin­zu­wei­sen und die­se völ­lig unver­hält­nis­mä­ßi­ge Kri­tik ent­schie­de­ner zurückzuweisen.

Sie drück­ten, begrün­de­ter­wei­se, ihr Bedau­ern für die Opfer aus und wie­der­hol­ten gegen­über die­sen ihre Bit­te um Ver­ge­bung. Sie beton­ten, seit meh­re­ren Jah­ren sich inten­siv mit dem Miß­brauchs­dra­ma zu befas­sen und einen eige­nen Bericht auf der Grund­la­ge der in den Diö­ze­sen ein­ge­rich­te­ten Prä­ven­ti­ons­stel­len vor­ge­legt zu haben. Es habe zudem einen tief­grei­fen­den Wan­del der Vor­schrif­ten, der Ver­fah­ren und vor allem einen Men­ta­li­täts­wan­del gegeben.

Die Bischö­fe gaben aber immer­hin ihrer Ver­wun­de­rung Aus­druck, daß das spa­ni­sche Par­la­ment beim Ombuds­mann ledig­lich einen Bericht über den Miß­brauch in der Kir­che in Auf­trag gab, obwohl laut allen bekann­ten Erhe­bun­gen „ledig­lich 0,4 Pro­zent aller sexu­el­len Miß­brauchs­fäl­le inner­halb der Kir­che“ statt­fin­den. Die übri­gen 99,4 Pro­zent schei­nen jedoch weder die Poli­tik noch die Medi­en zu interessieren.

Die Bischö­fe bean­stan­de­ten damit, daß das Miß­brauchs­pro­blem auf die Kir­che kon­zen­triert wird und die über­gro­ße Mehr­heit der Fäl­le, die ande­re Berei­che und Ein­rich­tun­gen betref­fen, unbe­rück­sich­tigt, unbe­ach­tet und unbe­an­stan­det blei­ben. Die Bischö­fe sag­ten es nicht, doch dar­aus lie­ße sich auch der Vor­wurf ablei­ten, daß der Miß­brauchs­skan­dal sei­ner­seits als Instru­ment miß­braucht wird, um die Kir­che anzugreifen.

Linke Parlamentsmehrheit, linker Ombudsmann, viele Vorurteile

Im ver­gan­ge­nen Juli fan­den in Spa­ni­en Par­la­ments­wah­len statt. Der Bericht war noch in der vor­he­ri­gen Legis­la­tur­pe­ri­ode, kon­kret im März 2022, bei Gabilon­do in Auf­trag gege­ben wor­den, als der sozia­li­sti­sche PSOE von Mini­ster­prä­si­dent Pedro Sán­chez zusam­men mit den links­ra­di­ka­len Pode­mos und der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei Spa­ni­ens noch über eine kom­for­ta­ble­re Posi­ti­on ver­füg­te. Seit den Wah­len ist unklar, ob eine Regie­rung zustan­de kommt und wer Spa­ni­en in den kom­men­den Jah­ren füh­ren wird. Neu­wah­len sind nicht ausgeschlossen.

Sozia­li­sten­füh­rer Pedro Sán­chez war es auch, der als geschäfts­füh­ren­der Mini­ster­prä­si­dent an Aller­see­len, dem 2. Novem­ber, den Gabilon­do-Bericht lob­te – Gabilon­do hat­te ihn an die­sem Tag per­sön­lich über­bracht – und davon sprach, Spa­ni­en sei „heu­te ein bes­se­res Land“. Sán­chez woll­te offen­sicht­lich damit sagen, daß ein Land, in dem der Ein­fluß der Kir­che zurück­ge­drängt wird, „ein bes­se­res“ Land sei. Die per­sön­li­che Über­ga­be an Sán­chez durch Gabilon­do ver­mit­tel­te den Ein­druck, daß es den Sozia­li­sten um Muni­ti­on für den viel­leicht bevor­ste­hen­den Par­la­ments­wahl­kampf geht.

José Luis Restán, Pro­gramm­di­rek­tor der Sen­der­ket­te COPE der Spa­ni­schen Bischofs­kon­fe­renz, wirft Sán­chez des­halb vor, den Gabilon­do-Bericht „in unver­hoh­le­ner Wei­se poli­tisch zu nut­zen und dabei sei­ne Ver­ant­wor­tung für den Schutz der Rech­te der gro­ßen Mehr­heit der sexu­ell miß­brauch­ten Men­schen in unse­rem Land zu ver­ges­sen“. Auch zur Absicht von Medi­en wie El País fand Restán deut­li­che Worte:

„Zei­tun­gen wie El País wer­den ver­su­chen, den Bericht zu nut­zen, um das Image der kirch­li­chen Insti­tu­ti­on wei­ter zu unter­gra­ben, und es gibt Par­tei­en wie Pode­mos, die die Strei­chung der Mit­tel für katho­li­sche Schu­len oder sogar deren Ver­bot gefor­dert haben. Ich glau­be nicht, daß die­ser Wahn­sinn wei­ter­ge­hen wird, aber ich den­ke, er wird das Anse­hen und den Ein­fluß der Kir­che als gesell­schaft­li­cher Akteurs schwächen“.

Die Kir­che müs­se, so Restán, aus der Defen­si­ve her­aus und sel­ber kom­mu­ni­zie­ren, was sie tut, um das Dra­ma des sexu­el­len Miß­brauchs anzu­ge­hen, „und daß sie den Mut hat, zu den wirk­li­chen Opfern zu gehen“ und sich nicht zu einer von bestimm­ten Krei­sen pro­pa­gier­ten Phan­ta­sie­fi­gur machen läßt.

El País hand­le „immer in einem Kon­text von erklär­ter Feind­se­lig­keit gegen­über der Kir­che, der von lang­jäh­ri­gen ideo­lo­gi­schen Vor­ur­tei­len geprägt“ sei. Und in Rich­tung Kir­che sag­te Restán:

„Aber ich bestehe dar­auf, daß die Kir­che ihre Vor­ur­tei­le und Kom­ple­xe über­win­den muß, auch in ihren Bezie­hun­gen zu den Medi­en. Trans­pa­renz mag eine bit­te­re Medi­zin sein, aber sie ist notwendig“.

Ombuds­mann Ángel Gabilon­do stammt aus dem Bas­ken­land. Als jun­ger Mann trat er in den Orden der Schul­brü­der vom Hei­lig­sten Her­zen ein. Nach einer spi­ri­tu­el­len Kri­se ver­ließ er jedoch den Orden und stu­dier­te Phi­lo­so­phie an der Auto­no­men Uni­ver­si­tät von Madrid. Sei­ne Dok­tor­ar­beit ver­faß­te er über Hegel. An sei­ner Alma Mater wur­de er schließ­lich Pro­fes­sor der Phi­lo­so­phie und Anfang des Jahr­hun­derts auch Rek­tor. Von 2009 bis 2011 war er spa­ni­scher Bil­dungs­mi­ni­ster in der Links­re­gie­rung von José Luis Zapa­tero (PSOE). Als Unab­hän­gi­ger saß er für die Sozia­li­sti­sche Par­tei PSOE von 2015 bis zu sei­ner Ernen­nung zum Ombuds­mann 2021 im Regio­nal­par­la­ment von Madrid. Die Bestel­lung als Volks­an­walt erfolg­te durch die Links­re­gie­rung von Pedro Sán­chez, deren Par­la­ments­mehr­heit ihm auch den Auf­trag erteil­te, einen Bericht über den sexu­el­len Miß­brauch in der katho­li­schen Kir­che vorzulegen.

Wer­den sich die Tages­schau und die ande­ren eil­fer­ti­gen und offen­sicht­lich vor­ur­teils­ge­lei­te­ten Medi­en entschuldigen?

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: You­tube (Screen­shots)

Print Friendly, PDF & Email
Anzei­ge

Hel­fen Sie mit! Sichern Sie die Exi­stenz einer unab­hän­gi­gen, kri­ti­schen katho­li­schen Stim­me, der kei­ne Gel­der aus den Töp­fen der Kir­chen­steu­er-Mil­li­ar­den, irgend­wel­cher Orga­ni­sa­tio­nen, Stif­tun­gen oder von Mil­li­ar­dä­ren zuflie­ßen. Die ein­zi­ge Unter­stüt­zung ist Ihre Spen­de. Des­halb ist die­se Stim­me wirk­lich unabhängig.

Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

Das ist müh­sam, es ver­langt eini­ges ab, aber es ist mit Ihrer Hil­fe möglich.

Unter­stüt­zen Sie uns bit­te. Hel­fen Sie uns bitte.

Vergelt’s Gott!