
In Mexiko kam es zu schwerwiegenden Angriffen gegen das Lebensrecht und die Meinungsfreiheit. Der Oberste Gerichtshof des mittelamerikanischen Landes erklärte es für verfassungswidrig, die Tötung ungeborener Kinder als Verbrechen zu bezeichnen, und setzte eine konsequente Änderung der bestehenden Gesetze in diesem Sinn durch.
Dieselben Richter, die 2021 die Abtreibung legalisiert hatten, begnügen sich nicht damit. Als aktivistische Adepten der Kultur des Todes wollen sie jede Kritik an diesem Verbrechen zum Schweigen bringen. Das aber ist das typische Vorgehen einer autoritären und diktatorischen Haltung.
Die Höchstrichter setzten sich mit ihrer Entscheidung einfach über die verfassungsmäßige Ordnung der Gewaltenteilung hinweg, indem sie die dem Parlament zustehende legislative und die der Regierung zustehende exekutive Gewalt an sich zogen. Der Judikative steht laut Verfassung lediglich die Anwendung geltender Normen zu, nicht aber ihre Neu- oder Uminterpretation und schon gar nicht ihre Änderung.
Der Oberste Gerichtshof trat mit seinem Vorgehen die Verfassungsordnung und das institutionelle Gefüge mit Füßen und erfand sogar angebliche Grundsätze, die in der Verfassung gar nicht enthalten sind. Die Höchstrichter haben sich damit auf einen gefährlichen autoritären und diktatorischen Weg begeben.
„Das Urteil des höchsten mexikanischen Gerichts richtet sich, ähnlich wie es bereits in Kolumbien geschehen ist, gegen die Artikel 330, 331 und 332 des Bundesstrafgesetzbuchs, die Strafen für Frauen vorsehen, die abtreiben, für jene, die Druck auf schwangere Frauen ausüben, um sie zu diesem tödlichen Eingriff zu bewegen, sowie für das medizinische Personal, das den Eingriff vornimmt“, so der Lebensrechtler und Publizist Mauro Faverzani.
Von nun an werden die genannten Artikel keine Wirkung mehr haben, während die Entscheidung der Justiz sogar rückwirkend für jene gilt, die in der Vergangenheit wegen dieses Verbrechens verfolgt oder verurteilt worden sind. Alle Verurteilungen wurden aufgehoben und für null und nichtig erklärt.
Darin zeigt sich ein vergleichbares Vorgehen wie in den USA, wo 1973 mit dem Urteil Roe gegen Wade des Obersten Gerichtshofes, an Parlament und Regierung vorbei, die Tötung ungeborener Kinder für legal erklärt wurde. In Kolumbien zeigte sich ein ähnliches Szenario, als sich dort Regierung und Parlament nicht für eine Legalisierung des Kindermordes entscheiden konnten. Anders ausgedrückt: Die Abtreibungslobby will ihre tödliche Agenda durchsetzen. Über welchen Weg dies gelingt, ist ihr einerlei, notfalls eben auch unter Umgehung der verfassungsmäßigen Ordnung, die mit Füßen getreten wird wie in der Bundesrepublik Deutschland, wo es im Grundgesetz im Art. 1 heißt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt“; und im Art. 2: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“, und dennoch wurden seit Mitte der 70er Jahre (in der DDR schon seit 1965) Millionen von unschuldigen ungeborenen Kindern getötet.
Es liegt nun am mexikanischen Bundesparlament zu entscheiden, wie es auf den Verfassungsbruch durch das Höchstgericht reagieren wird. Bisher zeigte sich die linke Parlamentsmehrheit unterwürfig gegenüber der Judikative. Man darf annehmen, daß es einem Teil der Abgeordneten nicht mißfällt, daß die Richter bei gesellschaftspolitisch umstrittenen Themen ihre Arbeit übernehmen.
Mexikanische Höchstrichter hatten bereits im September 2021 den sozialistischen Staats- und Regierungschef des Landes, Andrés Manuel López Obrador, links überholt, indem sie die Tötung ungeborener Kinder entkriminalisierten. Zuvor hatten sie bereits die „Homo-Ehe“, die Gender-Ideologie und Marihuana legalisiert. Seit 2019 kann, gemäß Entscheidung der obersten Richter, jeder in Mexiko seine „geschlechtliche Identität selbst bestimmen“, und die Behörden müssen die entsprechenden Dokumente ausstellen.
Wie sehr die Gender-Ideologie Mexiko seither im Würgegriff hat, zeigt ein konkretes Beispiel.
Der Politiker und ehemalige Parlamentsabgeordnete Rodrigo Iván Cortés, ein führender mexikanischer Vertreter der Lebensrechts- und Familienbewegung, wurde von einem Gericht wegen „gender-politischer Gewalt“ verurteilt, genauer, wegen „politischer geschlechtsspezifischer Gewalt“. Das Urteil wurde im August von der Obersten Kammer des Bundeswahlgerichts, eines Teils der mexikanischen Höchstgerichtsbarkeit, bestätigt. Die Verurteilung erfolgte wegen einiger Beiträge, die Cortés auf Twitter und Facebook veröffentlicht hatte.
Er wurde verurteilt, eine Geldstrafe in Höhe von 19.244 Pesos zu zahlen, einen Monat lang das Urteil und eine Entschuldigung in den genannten sozialen Medien zu posten und sich einer Umerziehung zu unterziehen, indem er einen Kurs über Gender-Ideologie besuchen muß. Zudem wird er auf die Schwarze Liste gesetzt, ein nationales Register der „Schurken“, die wegen gender-spezifischer Verbrechen verurteilt wurden.
Was aber hat Rodrigo Iván Cortés verbrochen?
Er hatte einen Mann, der sich selbst als „Frau“ bezeichnet, einen Mann genannt. Um genau zu sein, hatte er auf Twitter und Facebook über den Angesprochenen, der ihn klagte, geschrieben: „ein Mann, der sich als Frau bezeichnet“. Was eine Selbstverständlichkeit scheint, ist es offensichtlich nicht für Richter in Übersee. Transaktivistische Richter haben eigenmächtig beschlossen, daß Äußerungen verboten sind, die das „Identitätsgefühl einer Transperson verletzen“. Eine genderideologische Vereinnahmung der Gerichtsbarkeit kann kaum offensichtlicher sein, nach dem Motto: Wenn der sozialistische, aber nicht ausreichend „woke“ Staatspräsident und Regierungschef nicht handelt, müßten es eben die Richter tun.
Während sich die Masse der Mexikaner weder für die Gender-Ideologie interessieren noch mit dieser etwas anfangen können, setzen Ideologen, die als Richter oder Beamte den Staat zu kapern versuchen, ihre Agenda von oben durch.
Cortés beklagte nach der Urteilsbestätigung die Einschränkung der Meinungsfreiheit, die umso schwerwiegender sei, da Höchstrichter unter Strafe verordnen, die Fiktion vor die Wirklichkeit zu setzen. Das betreffe nicht nur ihn, sondern alle. Cortés versicherte zugleich, auch weiterhin für das Recht aller auf Meinungsfreiheit zu kämpfen und die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte mit dem Fall zu befassen.
Die Rechtsanwältin Kristina Hjelkrem, die Cortés vertritt, sagte:
„Dissens ist keine Diskriminierung und friedlicher Dissens sollte niemals als Gewalt kriminalisiert werden. Es ist zutiefst beunruhigend, daß Cortés, der von seinem Recht Gebrauch macht, friedlich seine Meinung zu einer wichtigen und aktuellen Debatte zu äußern, als Täter politischer Gewalt verurteilt wird, obwohl es in Wirklichkeit seine Gegner sind, die die Unruhe innerhalb der politischen Institutionen Mexikos aufrechterhalten. Leider ist der Fall Cortés alles andere als ein Einzelfall“.
Ein Satz, der wie eine düstere Warnung klingt…
Text: Andreas Becker
Bild: adfinternational.org (Screenshot)