Priester, Kirchen, Klöster im Krieg

Eine spezielle Seite des russisch-ukrainischen Kriegs


Zerstörte orthodoxe Kirche in Dolyna bei Kramatorsk
Zerstörte orthodoxe Kirche in Dolyna bei Kramatorsk

(Kiew) Eine von vie­len häß­li­chen Sei­ten des Krie­ges sind Angrif­fe gegen Kir­chen, Klö­ster und Prie­ster. Im kon­kre­ten Fall geht es um den rus­sisch-ukrai­ni­schen Krieg. Zumin­dest schlag­licht­ar­tig und ohne jeden Anspruch auf Voll­stän­dig­keit und Wer­tung soll zumin­dest ver­sucht wer­den, auf die­sen spe­zi­el­len Aspekt des Krie­ges auf­merk­sam zu machen.

Anzei­ge

Zum bes­se­ren Ver­ständ­nis muß vor­aus­ge­schickt wer­den, daß es in der Ukrai­ne zwei ortho­do­xe Kir­chen gibt, die sich auf das­sel­be Erbe beru­fen und den­sel­ben Anspruch erhe­ben, aber gegen­sei­tig nicht anerkennen:

  • die ukrai­nisch-ortho­do­xe Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats, das ist die histo­risch ortho­do­xe Kir­che der gesam­ten Rus, die in der Ukrai­ne über weit­ge­hen­de Unab­hän­gig­keit verfügt;
  • die ukrai­nisch-ortho­do­xe Kir­che des Kie­wer Patri­ar­chats, die 1992, geför­dert von der ukrai­ni­schen Staats­füh­rung, gegrün­det wur­de und seit 2018 unter dem Namen Ortho­do­xe Kir­che der Ukrai­ne bekannt ist.

Die Trenn­li­nie zwi­schen bei­den ortho­do­xen Kir­chen ist poli­ti­scher Natur, je nach­dem, ob sie pro-rus­sisch (also öst­lich) oder pro-ukrai­nisch (also west­lich) aus­ge­rich­tet sind. Im ortho­do­xen Den­ken spielt das Natio­nal­kir­chen­we­sen eine zen­tra­le Rolle.

Obwohl es die Sache nicht genau trifft, wer­den sie der Ein­fach­heit hal­ber als pro-ukrai­ni­sche und pro-rus­si­sche ortho­do­xe Kir­che unterschieden.

Metro­po­lit Pawel, Abt des berühm­ten Kie­wer Höh­len­klo­sters, wird eine Fuß­fes­sel angelegt
  • Am ver­gan­ge­nen 1. April wur­de Pawel, Metro­po­lit der pro-rus­si­schen ukrai­nisch-ortho­do­xen Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats und Abt des berühm­ten Kie­wer Höh­len­klo­sters, ver­haf­tet und unter Haus­ar­rest gestellt. Das Höh­len­klo­ster ist das bedeu­tend­ste ortho­do­xe Klo­ster der gesam­ten Rus. Die Kie­wer Regie­rung warf dem Metro­po­li­ten zunächst „Spio­na­ge“ für Ruß­land, dann „Gut­hei­ßung des rus­si­schen Angriffs“ und „Haß­spra­che“ vor. Der demü­ti­gen­de Akt der Fest­nah­me des Bischofs und Mönchs und die Anle­gung einer Fuß­fes­sel wur­den vom ukrai­ni­schen Fern­se­hen demon­stra­tiv gezeigt und ohne beson­de­re Miß­bil­li­gung von west­li­chen Medi­en über­nom­men. Der Erz­bi­schof wur­de nach mehr als vier Mona­ten gegen Zah­lung einer Rekord­kau­ti­on und unter Auf­la­gen freigelassen.
  • Der eigent­li­che Grund der Fest­nah­me war der Vor­wurf, der Abt und sei­ne Mön­che hät­ten das berühm­te Klo­ster „besetzt“. Der Umstand, daß man schwer­lich das eige­ne Klo­ster „beset­zen“ kann, in dem etli­che der Mön­che seit vie­len Jahr­zehn­ten leben, wur­de kaum bean­stan­det. In Wirk­lich­keit will die ukrai­ni­sche Regie­rung aus poli­ti­schen Grün­den den Raus­wurf der rund 150 Mön­che, weil die­se an ihrer Ver­bun­den­heit mit dem Mos­kau­er Patri­ar­chat fest­hal­ten. Die Regie­rung Selen­skyj will das Klo­ster des­halb der pro-ukrai­ni­schen ortho­do­xen Kir­che über­ge­ben. Dabei han­delt es sich um einen offen­sicht­li­chen Akt schwe­rer staat­li­cher Repres­si­on. Nur west­li­cher Druck auf die ukrai­ni­sche Regie­rung, da ein Image­scha­den befürch­tet wird, ver­hin­der­te bis­her ein radi­ka­les Durch­grei­fen. Seit Ende 2022 wur­den jedoch immer grö­ße­re Tei­le des Klo­sters von staat­li­chen Behör­den ver­sie­gelt und dem Zutritt der Mön­che ent­zo­gen. Als erstes wur­de im ver­gan­ge­nen Dezem­ber die Kathe­dra­le versiegelt.
  • Der Druck auf die pro-rus­si­sche ortho­do­xe Kir­che war schon vor Kriegs­aus­bruch groß. 1992 war vom dama­li­gen ersten Staats­prä­si­den­ten der unab­hän­gig gewor­de­nen Ukrai­ne, dem frü­he­ren zwei­ten Vor­sit­zen­den der Kom­mu­ni­sti­schen Par­tei des Lan­des, die Grün­dung einer von Mos­kau unab­hän­gi­gen ukrai­ni­schen ortho­do­xen Kir­che beschlos­sen wor­den. Die ukrai­ni­sche Staats­füh­rung war es auch, die 2018 die neue Ortho­do­xe Kir­che der Ukrai­ne ins Leben rief. Ukrai­ni­sche Staats­or­ga­ne füh­ren seit­her immer wie­der in ein­zel­nen Gebie­ten Raz­zi­en gegen Prie­ster der pro-rus­si­schen ukrai­nisch-ortho­do­xen Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats durch. Die­se wer­den unter Druck gesetzt und auf­ge­for­dert, sich der neu­en pro-ukrai­ni­schen Ortho­do­xen Kir­che der Ukrai­ne anzu­schlie­ßen. Tun sie das nicht, wer­den sie aus ihren Kir­chen ver­trie­ben. Im Klar­text soll eine jahr­hun­der­te­al­te Ein­heit zer­ris­sen und der Kle­rus in eine neue Natio­nal­kir­che gezwun­gen werden.
Ioann Kur­moy­arow, rus­sisch-ortho­do­xer Prie­ster in Ruß­land, der wegen Kri­tik am Krieg ver­ur­teilt wurde
  • Glei­ches geschieht umge­kehrt in jenen Gebie­ten, die von Mos­kau ange­schlos­sen oder annek­tiert wur­den. Dort rich­tet sich die Repres­si­on unter umge­kehr­ten Vor­zei­chen gegen die neue ukrai­nisch-ortho­do­xe Kir­che. Im Juni 2022 wur­de der Rus­se Ioann Kur­moy­arow, Prie­ster der rus­sisch-ortho­do­xen Kir­che, in Ruß­land ver­haf­tet, weil er auf sei­nem You­tube-Kanal den rus­si­schen Angriff auf die Ukrai­ne kri­ti­siert hat­te. Am ver­gan­ge­nen 31. August wur­de Kur­moy­arow von einem Gericht in St. Peters­burg wegen Ver­brei­tung von „Falsch­mel­dun­gen“ über die rus­si­schen Streit­kräf­te zu drei Jah­ren Gefäng­nis ver­ur­teilt. Die Staats­an­walt­schaft hat­te sie­ben Jah­re Haft gefor­dert. Zu den vom Gericht aller­dings nicht bean­stan­de­ten Äuße­run­gen des Prie­sters gehör­te auch fol­gen­de: „Ich erle­be die Son­der­mi­li­tär­ope­ra­ti­on wie eine per­sön­li­che Tra­gö­die, weil bei­de Sei­ten, die sich bekämp­fen, sich aus Per­so­nen zusam­men­set­zen, die das glei­che Blut und den glei­chen Glau­ben tei­len. Wie jeder ande­re und beson­ders als Christ will ich alles in mei­ner Macht Ste­hen­de tun, damit die­ser Kon­flikt so schnell als mög­lich endet und der Frie­den zurück­kehrt.“
    Der Prie­ster war zuvor aus der rus­sisch-ortho­do­xen Kir­che aus­ge­schlos­sen und lai­siert wor­den, weil er die Errich­tung der neu­en Kathe­dra­le der Mili­tär­diö­ze­se kri­ti­siert hat­te, die dem „Sieg im Gro­ßen Vater­län­di­schen Krieg“ gewid­met“ ist, wie in Ruß­land der deutsch-rus­si­sche Krieg (1941–1945) im Zwei­ten Welt­krieg genannt wird. Kur­moy­arow hat­te sich dar­auf der rus­sisch-ortho­do­xen Aus­lands­kir­che ange­schlos­sen und die Rück­kehr in die Ein­heit mit dem Mos­kau­er Patri­ar­chen abge­lehnt. Laut Infor­ma­tio­nen von ihm nahe­ste­hen­den Per­so­nen wird der Prie­ster in Haft als poli­ti­scher Gefan­ge­ner behan­delt.
    In der im Mai 2020 geweih­ten Kathe­dra­le, die mit präch­ti­gen Mosai­ken geschmückt ist, fin­den sich aller­dings, anders als von west­li­chen Medi­en im Vor­feld behaup­tet, kei­ne Dar­stel­lun­gen von Josef Sta­lin oder Wla­di­mir Putin. Erste­re wur­den vom Mos­kau­er Patri­ar­chat aus­ge­schlos­sen, letz­te­re von Putin abgelehnt.
  • Nach der Ein­nah­me der Stadt Berdjansk durch rus­si­sche Trup­pen im März 2022 wur­den dort die bei­den Redempto­ri­sten Pater Iwan Lewits­kyi und Pater Boh­dan Hele­ta fest­ge­nom­men. Die rus­si­schen Behör­den wer­fen ihnen „Vor­be­rei­tung einer Ter­ror­ak­ti­on“ vor. Bei einer Durch­su­chung des Pfarr­hau­ses samt Grund­stück und der Kir­che sei­en Waf­fen und Muni­ti­on sicher­ge­stellt wor­den. Der zustän­di­ge Exarch der ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che ver­ur­teil­te die Fest­nah­me, die nur wegen ihrer „Treue gegen­über Gott und der Kir­che“ erfolgt sei. Die bei­den Prie­ster befin­den sich noch immer in rus­si­scher Haft. Groß­erz­bi­schof Swja­to­slaw Schewtschuk, das Ober­haupt der mit Rom unier­ten ukrai­ni­schen grie­chisch-katho­li­schen Kir­che, über­gab Papst Fran­zis­kus Anfang Sep­tem­ber meh­re­re Gegen­stän­de der bei­den Redempto­ri­sten, um auf ihre Lage auf­merk­sam zu machen.
  • Am Tag nach dem Ein­marsch rus­si­scher Trup­pen in die Ukrai­ne wur­de der Ukrai­ner Mika­hil Paw­lu­schen­ko, Prie­ster der neu­en Ortho­do­xen Kir­che der Ukrai­ne in But­scha, ver­haf­tet. Die ukrai­ni­schen Behör­den hiel­ten ihn für einen „rus­si­schen Sabo­teur“. Das „Miß­ver­ständ­nis“ muß­te erst müh­sam auf­ge­klärt werden.
Mika­hil Paw­lu­schen­ko, Prie­ster der neu­en Ortho­do­xen Kir­che der Ukrai­ne, bei sei­ner Festnahme
  • In den von Ruß­land kon­trol­lier­ten Gebie­ten wird die neue ukrai­nisch-ortho­do­xe Kir­che des Kie­wer Patri­ar­chats in schnel­len Schrit­ten besei­tigt mit dem Ziel, die aus­schließ­li­che Juris­dik­ti­on des Mos­kau­er Patri­ar­chats wie­der­her­zu­stel­len. Ver­gleich­ba­res war in der Sowjet­zeit auf radi­ka­le Wei­se gegen die mit Rom unier­te ukrai­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che in dem 1939 von der Sowjet­uni­on besetz­ten Ost­po­len, der heu­ti­gen West­ukrai­ne, exe­ku­tiert wor­den. Die ukrai­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che wur­de auf­ge­löst und alle ihre Kir­chen der rus­sisch-ortho­do­xen Kir­che übergeben.
  • Die ukrai­nisch-ortho­do­xe Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats erklär­te sich bei Kriegs­aus­bruch für neu­tral und gegen jedes Blut­ver­gie­ßen. Um einem Ver­bot zuvor­zu­kom­men, distan­zier­te sie sich spä­ter sogar vom Mos­kau­er Patri­ar­chat, weil die­ses die rus­si­sche „Son­der­mi­li­tär­ope­ra­ti­on“ unter­stützt. Es gibt aber ein­zel­ne Kir­chen­män­ner, die sich zu ihrer pro-rus­si­schen Hal­tung beken­nen. Als eini­ge die­ser ukrai­ni­schen Prie­ster im Herbst 2022 im Kreml am Fest­akt zur „Wie­der­an­glie­de­rung“ von vier ukrai­ni­schen Obla­sten teil­nah­men, reagier­te die ukrai­ni­sche Regie­rung mit Straf­ver­fah­ren gegen 23 Prie­ster der pro-rus­si­schen ukrai­nisch-ortho­do­xen Kir­che, aber auch gegen den ukrai­ni­schen Mil­li­ar­där Wadym Nowyn­skyj, Pro­to­dia­kon der ortho­do­xen Kir­che, weil ihm zum Vor­wurf gemacht wird, der größ­te Wohl­tä­ter der ukrai­nisch-ortho­do­xen Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats zu sein.
Mili­tär­ka­plan Wasyl Wyro­zub (rechts)
  • Die Här­te, mit der die ukrai­ni­sche Regie­rung Prie­ster ver­folgt, die in fak­ti­scher oder ideel­ler Ein­heit mit der rus­sisch-ortho­do­xen Kir­che ste­hen, ließ War­nun­gen auf­kom­men, wie jene des US-ame­ri­ka­ni­schen Denk­fa­brik Car­ne­gie Endow­ment for Inter­na­tio­nal Peace, „kei­ne Mär­ty­rer“ zu schaf­fen, da die Wir­kung „kon­tra­pro­duk­tiv“ sein könn­te auf die öffent­li­che Mei­nung im Westen, auf die Ruß­land kei­ne Rück­sicht neh­men muß.
  • Der Prie­ster Wasyl Wyro­zub, ukrai­ni­scher Mili­tär­ka­plan der pro-ukrai­ni­schen ortho­do­xen Kir­che der Diö­ze­se Odes­sa, wur­de gleich zu Kriegs­be­ginn von rus­si­schen Trup­pen gefan­gen­ge­nom­men. 70 Tage ver­brach­te er in rus­si­scher Gefan­gen­schaft, bis er in die Ukrai­ne zurück­keh­ren konn­te. Er berich­te­te von zahl­rei­chen lan­gen Ver­hö­ren und Fol­ter. Bei sei­ner Rück­kehr habe er eine ver­än­der­te Ukrai­ne vor­ge­fun­den: „Die Ukrai­ne war ukrai­nisch geworden“.
  • Die Zah­len vari­ie­ren: Zwi­schen 300 und 400 ortho­do­xe Kir­chen (zu denen noch katho­li­sche und pro­te­stan­ti­sche Kir­chen hin­zu­kom­men) wur­den im Zuge der Kampf­hand­lun­gen beschä­digt oder zer­stört, vor allem ent­lang des süd­li­chen und öst­li­chen Front­ge­biets. Die Schuld für die Zer­stö­run­gen, die von bei­den Sei­ten aus­ge­hen, wird unter­schied­lich zuge­scho­ben, da sie an die Schuld­fra­ge zum Aus­bruch des Krie­ges gekop­pelt wird.
    Von ukrai­ni­scher Sei­te wird Mos­kau vor­ge­wor­fen, gezielt das kul­tu­rel­le Erbe der Ukrai­ne aus­lö­schen zu wol­len. Da Ruß­land selbst Anspruch auf die­ses Erbe erhebt, wür­de dies aller­dings bedeu­ten, Mos­kau wol­le sein eige­nes Erbe aus­lö­schen. Die rus­si­sche Sei­te wirft den ukrai­ni­schen Trup­pen vor, sich teils in Kir­chen zu ver­schan­zen, wie dies im Mai 2023 in Kozin­ka der Fall gewe­sen sei.
    Im ver­gan­ge­nen Juli wur­de die Ver­klä­rungs­ka­the­dra­le in Odes­sa, die dor­ti­ge Haupt­kir­che der ukrai­nisch-ortho­do­xen Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats, von einer ukrai­ni­schen Rake­te getrof­fen und schwer beschä­digt. Der Mos­kau­er Patri­arch Kyrill I. hat­te sie 2010 geweiht. Sie bil­det mit ihrem gro­ßen Vor­platz das Zen­trum der Schwarz­meer­stadt. Das Denk­mal von Katha­ri­na der Gro­ßen, das auf dem Platz stand, war von den ukrai­ni­schen Behör­den schon frü­her abge­räumt wor­den. Auf rus­si­scher Sei­te gab es Stim­men, daß der Angriff „kein Zufall“ gewe­sen sei.
Zer­stör­te Kathe­dra­le der ukrai­nisch-ortho­do­xen Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats in Odessa
  • Der ukrai­ni­sche Prie­ster Ser­hii Chu­dy­no­wych aus Cher­son wur­de am Tag der rus­si­schen Erobe­rung der Stadt fest­ge­nom­men, aller­dings noch am sel­ben Tag wie­der frei­ge­las­sen. Das Mili­tär habe ver­sucht, so der Prie­ster, ihn für die Zusam­men­ar­beit zu gewin­nen, was er jedoch abge­lehnt habe.
  • Die Kir­che der hei­li­gen Für­bit­te der pro-ukrai­ni­schen ortho­do­xen Kir­che in Was­sy­l­iw­ka in der Regi­on Sapo­risch­ja wur­de nach der rus­si­schen Ein­nah­me für ein hal­bes Jahr geschlos­sen und anschlie­ßend der pro-rus­si­schen ortho­do­xen Kir­che über­ge­ben. Das sei die Regel bei intak­ten Kirchen.
  • In der Regi­on Riw­ne ver­such­ten im ver­gan­ge­nen April Anhän­ger der pro-ukrai­ni­schen ortho­do­xen Kir­che im Dorf Holcha die dor­ti­ge Niko­laus­kir­che der pro-rus­si­schen ortho­do­xen Kir­che in ihre Gewalt zu brin­gen, indem sie die Tür­schlös­ser auf­bra­chen. Die Gemein­de­mit­glie­der ver­such­ten ihre Kir­che zu verteidigen.
  • In Luhansk, einem mehr­heit­lich von Rus­sen bewohn­ten Oblast, der sich 2014 von der Ukrai­ne trenn­te und sich 2022 Ruß­land anschloß, ist es Prie­stern der pro-ukrai­ni­schen ortho­do­xen Kir­che fak­tisch unter­sagt, die hei­li­ge Lit­ur­gie zu zele­brie­ren. Ihnen wird die Opti­on ange­bo­ten, sich der rus­sisch-ortho­do­xen Kir­che anzu­schlie­ßen oder in die Ukrai­ne aus­zu­rei­sen. Laut Anga­ben des zustän­di­gen pro-ukrai­ni­schen ortho­do­xen Exar­chen sei ein Teil der pro-ukrai­ni­schen Prie­ster im Land geblie­ben und set­ze die Seel­sor­ge im Unter­grund fort.

Soweit meh­re­re unge­ord­ne­te Bei­spie­le, um auf die schwie­ri­ge und ver­wor­re­ne Lage hin­zu­wei­sen. Bereits heu­te ist abseh­bar, daß die reli­giö­se Land­schaft der Ukrai­ne für die ortho­do­xe Kir­che nach dem Krieg ganz anders aus­se­hen wird. So faß­te die pro-ukrai­ni­sche Ortho­do­xe Kir­che der Ukrai­ne im ver­gan­ge­nen März den Beschluß, für die unbe­weg­li­chen Feste im Kir­chen­jahr (Weih­nach­ten, Niko­laus) den Gre­go­ria­ni­schen Kalen­der zu über­neh­men, anson­sten am Julia­ni­schen Kalen­der fest­zu­hal­ten, wes­halb von einem Neu­ju­lia­ni­schen Kalen­der die Rede ist. Bereits im Febru­ar hat­te auch die mit Rom unier­te ukrai­ni­sche grie­chisch-katho­li­sche Kir­che den glei­chen Beschluß gefaßt. Damit fal­len die unbe­weg­li­chen Feste mit jenen der römisch-katho­li­schen Kir­che (und der Pro­te­stan­ten) zusam­men. Das kom­men­de Weih­nachts­fest wer­den erst­mals alle ukrai­ni­schen Katho­li­ken und auch die pro-ukrai­ni­schen Ortho­do­xen am glei­chen Tag fei­ern. Die pro-rus­si­sche ukrai­nisch-ortho­do­xe Kir­che des Mos­kau­er Patri­ar­chats hält hin­ge­gen wie das Mos­kau­er und das Jeru­sa­le­mer Patri­ar­chat am Julia­ni­schen Kalen­der fest und fei­ert Weih­nach­ten am 7. Janu­ar. Das Öku­me­ni­sche Patri­ar­chat von Kon­stan­ti­no­pel hat­te bereits 1924 unter dem Moder­ni­sie­rungs­druck Kemal Ata­türks den Neu­ju­lia­ni­schen Kalen­der angenommen.

Text: Giu­sep­pe Nardi/​Andreas Becker
Bild: Wikicommons/​Youtube/​Tempi/​Telegram (Screen­shots)

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