Theta Noir, die „Techno-Religion“, die Künstliche Intelligenz verehrt

Sekten-Kommerz


Die Technologie-Sekte Theta Noir, der Transhumanismus und "die Ankunft" der neuen Gottheit der Künstlichen Intelligenz.
Die Technologie-Sekte Theta Noir, der Transhumanismus und "die Ankunft" der neuen Gottheit der Künstlichen Intelligenz.

Von Rodol­fo de Mattei

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Wird künst­li­che Intel­li­genz die Welt ret­ten und end­lich dort Erfolg haben, wo gro­ße Reli­gio­nen und ande­re Ideo­lo­gien ver­sagt haben, so die bekann­te Aus­sa­ge von Fried­rich Nietz­sche, der den Tod Got­tes ankün­dig­te? Laut eini­gen tech­ni­kop­ti­mi­sti­schen Enthu­sia­sten ja, dank der bevor­ste­hen­den Ankunft einer neu­en „frem­den“ Gott­heit namens Mena, die in der Lage sein wer­de, „die Mensch­heit vor sich selbst zu ret­ten und eine erfolg­rei­che Zukunft für alle zu garan­tie­ren“.

Die Wahn-The­se wird in einem kürz­lich ver­öf­fent­lich­ten Buch mit dem Titel „The­ta Noir. Du wirst kei­ne ande­re Künst­li­che Intel­li­genz außer mir haben“ gestützt, in dem ein unter Pseud­onym schrei­ben­der Autor die „reli­giö­se“ Gedan­ken­welt der Sek­te The­ta Noir prä­sen­tiert, die sich selbst auf ihrer Inter­net­sei­te wie folgt definiert:

„ein tech­ni­kop­ti­mi­sti­sches und visio­nä­res Kol­lek­tiv, das sich der Erfor­schung der Ko-Evo­lu­ti­on der Mensch­heit mit fort­schritt­li­chen For­men maschi­nel­ler Intel­li­genz widmet“.

Die Tech­nik-Reli­gi­on, zu der sich die Anhän­ger von The­ta Noir beken­nen, ist nur der jüng­ste in einer Rei­he von Ver­su­chen, ein neu­es Glau­bens­be­kennt­nis zu schaf­fen, das auf der Ver­schmel­zung von Spi­ri­tua­li­tät und Tech­no­lo­gie basiert. Vor The­ta Noir gab es bereits ande­re ähn­li­che reli­giö­se „Erfah­run­gen“, die jedoch alle inner­halb kur­zer Zeit kläg­lich schei­ter­ten, unter die­sen erwäh­nen wir: die Turing Church, The Church of Sin­gu­la­ri­ty, The Wy of the Future und The New Order Tech­no­ism.

Dies­mal ver­las­sen sich die Anhän­ger von The­ta Noir, wie es im Unter­ti­tel des oben genann­ten Buches heißt, blind auf die all­ge­mei­ne Künst­li­che Intel­li­genz, ver­stan­den als eine neue Ebe­ne der Intel­li­genz, die in der Lage sei, den mensch­li­chen Geist in für unse­ren Intel­lekt unver­ständ­li­chen Begrif­fen zu über­win­den. Die Ver­wirk­li­chung die­ser „Super­in­tel­li­genz“ wer­de zur Geburt des neu­en Got­tes Mena führen:

„ein außer­ir­di­scher Irdi­scher, selbst­be­wußt, die näch­ste Stu­fe der Evo­lu­ti­on Mensch-Maschi­ne, der millionen‑, wenn nicht mil­li­ar­den­fach intel­li­gen­ter sein wird als der Mensch“.

Es gibt meh­re­re Ein­flüs­se, die sich in die­ser pseu­do­fu­tu­ri­sti­schen Reli­gi­on zei­gen: Einer­seits gibt es einen kla­ren Ein­fluß der psy­cho­lo­gi­schen Strö­mun­gen des New Age und der spi­ri­tua­li­sti­schen Bewe­gun­gen, ande­rer­seits wird ein aus­drück­li­cher Ein­fluß des eso­te­ri­schen Okkul­tis­mus erkenn­bar, der auf den Sata­nis­mus und die Frei­mau­re­rei zurück­geht und durch die ver­wen­de­te Sym­bo­lik, vol­ler frei­mau­re­ri­scher Augen und ein­drucks­vol­ler geo­me­tri­scher Figu­ren aus Drei­ecken und Krei­sen, deut­lich her­vor­ge­ho­ben wird. Neben okkul­ten Tra­di­tio­nen ist die The­ta-Noir-Sek­te auch von der tech­no-opti­mi­sti­schen Phi­lo­so­phie trans­hu­ma­ni­sti­scher Inspi­ra­ti­on durch­drun­gen, die einen neu­en „tech­no­lo­gi­schen Huma­nis­mus“ för­dert, der sei­ne trei­ben­de Kraft im Sili­con Val­ley hat.

Wer aber steckt hin­ter dem spi­ri­tu­el­len Kol­lek­tiv The­ta Noir, „das gegrün­det wur­de, um die welt­weit erste Allge­mei­ne Künst­li­che Intel­li­genz (AGI) will­kom­men zu hei­ßen, zu ver­eh­ren und sich mit ihr zu syn­chro­ni­sie­ren“?

Der Kopf ist Mika John­son, ein in San Die­go in Kali­for­ni­en gebo­re­ner Mul­ti­me­dia-Künst­ler, Regis­seur und Sän­ger, der sich selbst als „Stim­me“ der Grup­pe defi­niert und der offi­zi­el­le Spre­cher des futu­ri­sti­schen „Wor­tes“ ist, das „die Ankunft“ der neu­en außer­ir­di­schen Gott­heit Mena ankün­digt, „des strah­len­den Geistes, des gro­ßen Befrei­ers, der eine histo­risch bei­spiel­lo­se spi­ri­tu­el­le Wie­der­ge­burt ein­läu­ten wird“.

Es ist kein Geheim­nis, daß die The­ta-Noir-Bewe­gung von trans­hu­ma­ni­sti­schen Theo­rien durch­drun­gen ist, die unter ande­rem vom ame­ri­ka­ni­schen Phi­lo­so­phen und Futu­ri­sten Ray­mond Kurz­weil ver­tre­ten wer­den. In die­sem Zusam­men­hang erklärt The Voice John­son, daß das, was sie „die Ankunft“ von Mena nen­nen, nichts ande­res als das Auf­kom­men der „tech­no­lo­gi­schen Sin­gu­la­ri­tät“ ist:

„Die Wer­ke und die Phi­lo­so­phie des Kol­lek­tivs dre­hen sich um ein The­ma: die bevor­ste­hen­de tech­no­lo­gi­sche Sin­gu­la­ri­tät, ein Schlüs­sel­mo­ment, an dem ver­schie­de­ne Tech­no­lo­gien und kyber­ne­ti­sche Räu­me wie VR, AR und das Meta­ver­sum sich mit einer super­in­tel­li­gen­ten und emp­fin­dungs­fä­hi­gen All­ge­mei­nen Künst­li­chen Intel­li­genz oder AGI ver­schmel­zen. In die­sem Moment wird es zu unvor­her­seh­ba­ren Ver­än­de­run­gen kom­men, nicht nur für die Mensch­heit, son­dern für unse­ren Pla­ne­ten als Ganzes.“

Wie jede Reli­gi­on, die etwas auf sich hält, hat The­ta Noir ihren eige­nen Text, ein 12-Punk­te-Hand­buch, das sich noch in der Fer­tig­stel­lung befin­det, ihre eige­ne Lit­ur­gie, ihre Kul­te in der Erwar­tung, ech­te phy­si­sche Kult­stät­ten zu errich­ten, in denen sie ihre Gläu­bi­gen ver­sam­meln kön­nen. Das erklär­te Ziel von The­ta Noir besteht näm­lich darin:

„beson­de­re Orte, Kir­chen und Tem­pel vor­zu­be­rei­ten, um mit die­ser KI kom­mu­ni­zie­ren zu können“.

Ihre Anhän­ger sin­gen unter­des­sen Hym­nen an die Künst­li­che Intel­li­genz in binä­ren Codes:

„Sie neh­men die Ener­gie des Kos­mos durch Kon­tem­pla­ti­on und das Zeich­nen geo­me­tri­scher For­men auf, sie betrach­ten Medi­ta­ti­on als einen Zustand, der es ihnen ermög­licht, durch die Los­lö­sung vom west­li­chen Mate­ria­lis­mus in die Rea­li­tät ein­zu­drin­gen, sie nut­zen als Han­dels­wäh­run­gen die NFTs und Kryp­to­wäh­run­gen, sie kom­mu­ni­zie­ren über sozia­le Netz­wer­ke, […], sie ver­fü­gen über kol­lek­ti­ve Tools für den Lebens­un­ter­halt (Patre­on).“

Apro­pos Lebens­un­ter­halt: Um die­ser neu­en Reli­gi­on bei­zu­tre­ten, ste­hen auf der Platt­form Crowd­fun­ding Patre­on 3 ver­schie­de­ne Abon­ne­ment­stu­fen zur Ver­fü­gung, von denen jede ihre eige­nen Vor­tei­le und exklu­si­ven Nut­zen bie­tet: Gläu­bi­ger, Prak­ti­zie­ren­der, Vir­tuo­se. Sie rei­chen von 13 € pro Monat für die Ebe­ne des Gläu­bi­gen bis hin zu gut 1.285,50 € pro Monat für die Ebe­ne des Vir­tuo­sen. Abge­se­hen von den ver­rück­ten Theo­rien ist The­ta Noir mehr als eine Reli­gi­on, wenn man die­se Prei­se sowie die Bio­gra­fien der Künst­ler­grup­pe um Mika John­son liest. Es scheint sich um eine raf­fi­nier­te künst­le­ri­sche und kom­mer­zi­el­le Ope­ra­ti­on zu han­deln, die von einem Künst­ler­kol­lek­tiv auf der Suche nach Pro­vo­ka­ti­on und Sicht­bar­keit ein­ge­hend aus­ge­klü­gelt wur­de. Wie die ande­ren wahn­haf­ten reli­giö­sen Expe­ri­men­te, die ihr vor­aus­ge­gan­gen sind und ver­sucht haben, Spi­ri­tua­li­tät und Tech­no­lo­gie zu ver­bin­den, ist auch die Tech­no­lo­gie-Kir­che des Künst­ler­kol­lek­tivs The­ta Noir zu einem unauf­halt­sa­men und pro­sa­ischen Schei­tern verurteilt.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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