(Managua) Die Regierung von Nicaragua hat am Dienstag mit einem Dekret des Innenministeriums das kirchliche Hilfswerk Caritas und zwei Universitäten des Landes, eine katholische und eine freikirchliche, aufgelöst. Das Regime behauptet, die Auflösungen seien „freiwillig“ erfolgt.
Die Caritas de Nicaragua hatte 1994 Rechtsstatus erhalten und wird seit 2001 von Msgr. Sócrates René Sándigo Jirón, dem Bischof von León und Chinandega, geleitet. Die Anerkennung fiel in die demokratische Zeit nach dem Zusammenbruch der ersten sandinistischen Herrschaft, die von 1979 bis 1990 gedauert hatte.
Innenministerin Maria Amelia Coronel Kinloch behauptet, die Aberkennung des Rechtsstatus sei aufgrund der „freiwilligen Auflösung der Mitglieder“ beschlossen worden. In Wirklichkeit betreibt das sandinistische Regime eine massive Illegalisierung nicaraguanischer Organisationen, die ihm nicht bequem sind.
Seit einem Jahr verschärfen die Sandinisten die Angriffe gegen die katholische Kirche des Landes, die ihren bisherigen Höhepunkt in der Verhaftung von Bischof Rolando Álvarez im August 2022 und seiner Verurteilung zu 26 Jahren Haft im vergangenen Februar fanden.
Die Caritas Nicaragua hatte die Zollblockade angeprangert, die das Ortega-Regime seit 2019 gegen das Hilfswerk verhängt hatte und die es daran hinderte, Hilfsgüter und Spenden aus dem Ausland zu empfangen.
Am 21. Februar bezeichnete Präsident Daniel Ortega die katholische Kirche als „Mafia“ und beschuldigte sie, „antidemokratisch“ zu sein. Die „Kleinigkeit“, daß er selbst mit wenig mehr als nur 36 Prozent der abgegebenen Wählerstimmen zum Präsidenten gewählt wurde und anschließend in immer größerem Ausmaß die Wahlen manipulierte, um an der Macht zu bleiben, verschwieg er dabei.
Seit die Bischöfe 2018, als es zu Bürgerprotesten kam, als Vermittler für einen „nationalen Dialog“ auftraten, beschimpft sie Ortega als „Terroristen“, die einen „Putsch“ gegen das Regime planten.
In der Fastenzeit und der Karwoche wurden von der Nationalpolizei alle Prozessionen und Kreuzwegandachten außerhalb der Kirchen verboten.
Katholische Universität Johannes Paul II. und eine freikirchliche Universität verboten
Vor zwei Tagen wurden vom Innenministerium auch zwei Universitäten des Landes aufgelöst. Die Zahl der seit 2021 verboteten Universitäten und Hochschulen erhöhte sich damit auf insgesamt 19. Mit dem Verbot ist die Beschlagnahmung des gesamten beweglichen und unbeweglichen Eigentums verbunden.
Von dem jüngsten Verbot sind die Universidad Católica Juan Pablo II (UCJPS) und die von Pfingstlern getragene Universidad Cristiana Autónoma de Nicaragua (UCAN) betroffen. Die Trägerschaft der Universidad Juan Pablo II hatte die Nicaraguanische Bischofskonferenz inne. Ihre Gründung im Jahr 1993 geht auf den Caritas-Direktor Msgr. Bernardo Hombach zurück und erfolgte mit Hilfe der deutschen Caritas. Die Universität verfügte über ihren Hauptsitz in Managua und drei Außensitze in Juigalpa, Matagalpa und Granada. 2002 war sie vom damals noch nicht sandinistisch regierten Staat anerkannt worden.
Die Universidad Cristiana Autónoma de Nicaragua (UCAN) wurde 1996 durch den Pfingstler Félix Noel García Solórzano gegründet und verfügt neben dem Hauptsitz in León über fünf Außenstellen in Chinandega, Masaya, Estelí, Matagalpa und Juigalpa. 2001 erhielt sie die staatliche Anerkennung.
Laut Innenministerium haben die Trägerorganisationen der beiden Universitäten die geltenden Gesetze nicht eingehalten und keine Erklärungen zum Vermögen, zu den Einnahmen und Ausgaben und zur Verwendung der Mittel vorgelegt.
Adrian Meza, Anwalt für Arbeitsrecht, Universitätsdozent für Umweltrecht und Rektor der im Februar 2022 aufgelösten Universidad Paulo Freire, befindet sich heute im Exil in Costa Rica. Von dort aus meldete er sich zu Wort und erklärte, daß es in Wirklichkeit das Innenministerium ist, das sich weigert, die Finanzberichte von unliebsamen Universitäten entgegenzunehmen, um die nicht vorliegenden Berichte zum Anlaß zu nehmen, die Universitäten aufzulösen.
Das Innenministerium wies die beiden aufgelösten Universitäten an, dem staatlichen Hochschulrat (CNU) zügig vollständige Verzeichnisse der Studenten, Lehrkräfte, Kurse, Lehrpläne, Einschreibungsdatenbanken, Noten und weitere akademische Unterlagen zu übergeben.
Der CNU werde dann die an den beiden aufgelösten Universitäten immatrikulierten Studenten – es sind über 15.000 – zugelassenen Universitäten im Land zuweisen.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes wurde beauftragt, das gesamte bewegliche und unbewegliche Eigentum der beiden Universitäten zu beschlagnahmen und in das Eigentum des Staates überzuführen.
Bereits im Dezember 2021 hatte die Nationalversammlung, das nicaraguanische Parlament, mit ihrer sandinistischen Mehrheit einem Regierungsantrag zugestimmt, 14 Universitäten und Hochschulen zu verbieten, die 2018 ein Zentrum der Proteste waren. Weitere drei Universitäten wurden seither vom Innenministerium aufgelöst.
Mit den beschlagnahmten Immobilien und anderen Vermögenswerten der verbotenen Universitäten errichtete das sandinistische Regime im vergangenen Jahr drei neue Universitätszentren, darunter die Polytechnische Universität von Nicaragua (UPOLI), die sich unter Regierungskontrolle befinden.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: UCJPS/Caritas Nicaragua (Screenshots)