(Rom/Madrid) Die spanische Tageszeitung El Mundo veröffentlichte am 20. Juli ein Interview mit Andrea Tornielli, dem Hausvatikanisten von Papst Franziskus. Seit Mitte Dezember 2018 ist er koordinierender Chefredakteur der Vatikanmedien mit weitreichender Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis.
Auf die Frage, worin die Hauptaufgabe der Vatikanmedien besteht, sagte er:
Andrea Tornielli: „Das Schwierigste ist, den Papst aus dem Kreuzfeuer der gegensätzlichen Gruppen herauszuhalten. Auf der einen Seite sind jene, die Franziskus ständig kritisieren, egal was er tut oder sagt. Auf der anderen Seite jene, die dem Papst ihre eigene Agenda aufzwingen wollen und sagen, er werde Dinge tun, obwohl Franziskus darüber noch nie nachgedacht hat. Diese beiden Gruppen stimmen darin überein, den Papst als etwas völlig Neues in der Geschichte der Kirche darzustellen. Das ist aber nicht so. Deshalb ist es wichtig die Kontexte und die Neuheiten zu verstehen, die jeder Papst bringt.
El Mundo: Nennen Sie ein Beispiel…
Andrea Tornielli: Wenn Franziskus von Armut spricht, gibt es jene, die sagen, daß er Marxist oder Kommunist ist, weil sie die alten Kirchenväter nicht kennen, die tausend Jahre vor dem Marxismus und dem Kommunismus bereits sehr starke Dinge über die Aufmerksamkeit für die Armen und die Verwendung des Geldes sagten.
El Mundo: Franziskus gefällt der Linken, während er aber auf der Rechten viele Kritiker hat…
Andrea Tornielli: Vielleicht, weil weder die einen noch die anderen alles hören oder lesen, was der Papst sagt. Andererseits: Die Tatsache, daß es Personen auf der Linken gibt, die für Franziskus sind, kann man nicht verallgemeinern: Es gibt jene, die das nicht tun oder versuchen, ihn politisch zu instrumentalisieren, aber es gibt auch jene, die sich wirklich von ihm das Herz berühren haben lassen. Ebensowenig kann man das mit Personen auf der Rechten verallgemeinern, die ihn angreifen: Es gibt böswillige Angriffe und es gibt Meinungsverschiedenheiten und Kritik, die mit Liebe und mit einem gläubigen Blick vorgebracht werden.
El Mundo: Wie ist Franziskus als Kommunikator?
Andrea Tornielli: Er ist ein guter Kommunikator, der weiß, seine Botschaft des Evangeliums mit seinen Gesten und Worten zu vermitteln. Die Leute verstehen ihn und fühlen seine Nähe als Zeuge und Gesicht eines freundlichen Gottes, der, anstatt zu verurteilen, uns alle umarmt und uns sagt: „Ich liebe dich“.
El Mundo: Ist es notwendig, gläubig zu sein, um Ihre Arbeit zu tun?
Andrea Tornielli: Das ist nicht notwendig. Was es braucht, ist Demut und Geduld, lernen und kennenlernen zu wollen. Bei den Medien des Kommunikationsdikasteriums des Heiligen Stuhls wie in allen anderen Dikasterien erwartet man normalerweise von den Mitarbeitern, daß sie den katholischen Glauben teilen.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: El Mundo (Screenshot)