
(Managua) Drei katholische Priester, ein Diakon, zwei Seminaristen und ein Kameramann aus der Diözese Matagalpa im Norden Nicaraguas wurden wegen „Hochverrats“ zu zehn Jahren Gefängnis sowie zum „ewigen Entzug der Bürgerrechte“ verurteilt. Die Kirchenverfolgung durch das sandinistische Regime nimmt immer härtere Züge an.
Bei den Verurteilten handelt es sich um die Priester Ramiro Tijerino, Rektor der Universität Juan Pablo II. und Pfarrer der Pfarrei San Juan Bautista, José Luis Díaz und Sadiel Eugarrios, erster bzw. zweiter Vikar der Kathedrale von San Pedro in Matagalpa, sowie Diakon Raúl Vega González. Außerdem die Seminaristen Darvin Leiva Mendoza und Melkin Centeno sowie den Kameramann Sergio Cárdenas, einen Laien.
Sie alle befanden sich mit ihrem Bischof, Msgr. Rolando Álvarez von Matagalpa, im bischöflichen Ordinariat, als dieser im Hochsommer 2022 dort von der Polizei des sandinistischen Diktators Daniel Ortega belagert wurde. Am 19. August drang die Polizei schließlich in das Kirchengebäude ein und verhaftetete alle Anwesenden. Ihnen wird vorgeworfen, das sozialistische Regime von Daniel Ortega stürzen zu wollen und Falschmeldungen zu verbreiten. Möglich macht dies ein Sicherheitsgesetz als Willkürinstrument des Regimes, eine vom Ortega-Clan kontrollierte Polizei und eine erbärmliche Justiz, die dieses Namens unwürdig ist.
Während die Priester, Seminaristen und der Laie in das berüchtigte Gefängnis für politische Gefangene El nuevo Chipote gebracht wurden, wurde Bischof Álvarez Hausarrest gewährt. Auch ihn erwartet ein Prozeß mit denselben Anklagepunkten.
Die Kleriker und der Laie, die seit dem 19. August inhaftiert sind, wurden von Richterin Nadia Camila Tardencilla vom Zweiten Strafgerichtsbezirks von Managua hinter verschlossenen Türen verurteilt. Alle Anträge der Verteidiger wurden abgeschmettert.
In der vergangenen Woche wurde bereits Oscar Danilo Benavidez Dávila, Pfarrer der Gemeinde Espíritu Santo in der Gemeinde Mulukuku in der Autonomen Region Nordkaribik in Nicaragua, wegen „Hochverrats“ zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Die Anklagen gegen alle Kirchenvertreter sind gleichlautend, obwohl ihnen kein gemeinsames Handeln vorgeworfen wird. Das sozialistische Regime wirft der katholischen Kirche seit den Bürgerprotesten von 2018 kategorisch vor, einen Putsch zu organisieren, um die Sandinisten zu stürzen.
Dem Urteil zufolge verhängte Richterin Tardencilla fünf Jahre Gefängnis für das Verbrechen der Verschwörung zur Untergrabung der nationalen Integrität, sprich Hochverrat, und weitere fünf Jahre für das Verbrechen der Verbreitung von Falschnachrichten, beides sei angeblich „zum Schaden des nicaraguanischen Staates und der Gesellschaft“ geschehen. Wie die Verteidiger der Verurteilten mitteilten, verhängte die Richterin aber auch noch Zusatzstrafen. Dazu gehören:
„800 Tagessätze Geldstrafe, ein immerwährendes Verbot, öffentliche Ämter im Namen oder im Dienst des Staates Nicaragua zu bekleiden, ein immerwährendes Verbot, ein politisches Amt zu erlangen, und den immerwährenden Ausschluß von den Bürgerrechten.“
Das Nicaraguanische Zentrum für Menschenrechte (Cenidh) bezeichnete das Verfahren als „juristischen Irrweg“, u. a. weil sie „auf Lebenszeit von der Ausübung öffentlicher und vom Volk gewählter Ämter ausgeschlossen wurden“.
Cenidh spricht von „perversen Aktionen des Regimes, die gegen die Menschenrechte verstoßen. Wir fordern die sofortige Freiheit für sie und für alle politischen Gefangenen“.
Bischof Álvarez wird am 28. März wegen der gleichen „Verbrechen“ vor Gericht stehen.
Präsident Ortega brandmarkte die nicaraguanischen Bischöfe als „Terroristen“, weil sie 2018 als Vermittler in einem nationalen Dialog für eine friedliche Lösung der Krise agiert hatten.
Im Hintergrund finden Verhandlungen statt, Bischof Álvarez zu exilieren. Dafür müßte er das Land verlassen, wie es ein anderer nicaraguanischer Bischof bereits getan hat. Ein weiterer Bischof wurde von Papst Franziskus emeritiert, als dieser in die Schußlinie des Regimes geriet.
Daniel Ortega, der die Bischöfe seines Landes als „Terroristen“ verunglimpft, nennt Papst Franziskus seinen „Freund“.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Cenidh (Screenshot)