(Rom) Soll am deutschen Wesen wirklich die Kirche genesen? So scheint es. Damit war in der Vergangenheit aber schon Segen und Fluch verbunden. Nachdem die Glaubenskongregation in den vergangenen 40 Jahren mit Joseph Kardinal Ratzinger und Gerhard Kardinal Müller die meiste Zeit von Deutschen geleitet wurde, soll nun erneut ein Deutscher an die Spitze der in Glaubensfragen bedeutendsten römischen Kongregation treten, die seit vergangenem Juli in Dikasterium umbenannt wurde.
Allerdings soll die Reise nun in eine ganz andere Richtung gehen. Papst Franziskus ist dafür bekannt, sofern ihn nicht bestimmte Notwendigkeit anders zwingen, nach den progressivsten Kandidaten zu suchen. Nachdem er sich 2017 des Glaubenspräfekten Müller ohne Nennung eines Grundes entledigt hatte, den er noch von Benedikt XVI. übernehmen hatte müssen, geriet die Kirche in der Bundesrepublik Deutschland außer Rand und Band. Die Progressiven tollen seither. Sie setzten die Segel und stachen in See, um andere Ufer zu erreichen, vor allem das homosexuelle.
Auch die Fahne der Frauenordination wurde am Hauptmast gleich an zweiter Stelle gehißt, was – theologisch betrachtet – nachvollziehbar ist, da sie auch mit der Homosexualität zu tun hat.
Einheit oder Wahrheit?
Statt der Kirchenflagge, um sich von Ferne sicher auszuweisen, wollte man schon eine andere aufziehen. Dabei dachte man allerdings nicht an die deutschen Nationalfarben von 1848, die sich noch ein Martin Luther umgebunden hätte, hätte er sie schon gekannt, sondern die EU-Fahne, oder noch besser eine Weltfahne. Als solche scheint in gewissen Kreisen die Homo-Fahne derzeit besonders hoch im Kurs zu stehen. Der Antrieb, der den Fahrtwind verschaffen soll, heißt: Synodaler Weg.
Um die Einheit der Kirche nicht zu gefährden, die ein hohes Gut ist, aber nicht höher stehen darf als die Wahrheit, ermahnte Papst Franziskus die übermütigen Deutschen, sie sollten sich etwas Zeit lassen. Im Gegenzug übernahm er den Synodalen Weg gleich für die ganze Weltkirche und nannte ihn Synodalen Prozeß. Damit werde zwar alles etwas langsamer gehen, aber dafür in der Einheit. So lautet der Lösungsansatz von Santa Marta, der auf der formalen Ebene stehenbleibt, aber nichts zur inhaltlichen Ebene aussagt. Wie steht es aber um die Glaubenswahrheiten? Werden sie zum Raubfang deutscher Freibeuter? Herrscht darin gar Deckungsgleichheit in der Sichtweise?
Ist es wichtiger, die Wahrheit zu verteidigen und die Homo-Häresie abzuwehren, oder die Einheit zu bewahren um den Preis, daß sich die Homo-Häresiarchen nicht nur in Deutschland, sondern weltweit durchsetzen? Ein Auftrag zur Einheit in der Apostasie läßt sich aus der Heiligen Schrift und der Tradition allerdings nirgends ableiten.
Vorerst handelt es sich nur um ein Gerücht, und ist mit der gebotenen Zurückhaltung zu behandeln. Allein die Tatsache, daß es ein solches Gerücht gibt, ist allerdings bereits erschreckend genug. Die Information stammt von Messa in Latino, einer traditionsverbundenen Seite mit vielen, wenn auch nicht immer ganz zutreffenden Informationen aus dem Vatikan. Die Seite beruft sich auf Quellen „an höchster Stelle“. Papst Franziskus ist jedoch unberechenbar bis zur letzten Sekunde, der selbst in seinem engsten Umfeld bereits sicher geglaubte Pläne wieder umstößt.
Laut den Quellen von Messa in Latino soll Msgr. Heiner Wilmer SCJ neuer Präfekt des Glaubensdikasteriums (vormals Glaubenskongregation) werden. Msgr. Wilmer ist seit 2018 von Franziskus ernannter Bischof von Hildesheim. Zuvor war der aus dem Emsland stammende Bauernsohn Generaloberer der Herz-Jesu-Priester, die außerhalb des deutschen Sprachraums besser als Dehonianer bekannt sind. Die Dehonianer wiederum, vor allem in Italien, wo sie einen Schwerpunkt haben, sind ein ultraprogressiver Orden. Dieser Ruf hängt auch Bischof Wilmer nach. Dafür genügt es, seine Verteidigung des von der Kirche verurteilten Theologen Eugen Drewermann zu hören. Allerdings: Auch hier folgt er den Spuren eines anderen.
Es war Papst Franziskus, der in einer irritierend skurrilen Katechese Drewermann rehabilitierte, ohne ihn je namentlich zu erwähnen. Mit der Judas-Katechese von Franziskus, der eine willkürliche Drewermann-Interpretation eines Säulenkapitells in der Basilika von Vézelay zugrunde liegt, öffnete er die Tür zu einer Variante der irrigen Allerlösungslehre. Entscheidender noch ist die damit signalisierte Rehabilitierung des deutschen Rebellentheologen, der sein Priestertum in die Nesseln warf und 2005 sogar aus der Kirche austrat.
Kardinal Ladaria ist seit Monaten ein Glaubenspräfekt auf Abruf
Das Mandat des amtierenden Glaubenspräfekten Luis Kardinal Ladaria Ferrer SJ ist mit dem 30. Juni 2022 abgelaufen. Papst Franziskus beläßt ihn stillschweigend im Amt, wie es an der Römischen Kurie durchaus üblich ist. Das bedeutet allerdings, daß ihn der Papst jederzeit entlassen und einen Nachfolger ernennen kann, ohne brachial zu werden.
Wilmer wurde am 1. September 2018 als Bischof von Hildesheim inthronisiert. Als der neue Bischof sich bei den kirchenfernen Medien einschmeichelte, ging er am 14. Dezember 2018 soweit, in einem wahnwitzigen Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger zu behaupten:
„Der Mißbrauch der Macht steckt in der DNA der Kirche.“
Im vergangenen Januar lobte Wilmer die Homo-Kampagne von 125 kirchlichen Angestellten, die sich als homosexuell bekannten. Inzwischen wurde, nicht zuletzt mit Wilmers Unterstützung, das Arbeitsrecht kirchlicher Angestellter dahingehend geändert, daß Homosexualität nun „in“ ist. Und der priesterliche Zölibat „leuchte“ noch viel schöner, so Wilmer, wenn er nicht verpflichtend sei.
Vor vier Wochen war Wilmer mit seinen deutschen Mitbrüdern zum Ad-limina-Besuch in Rom. Da war er nur einer von 62, als er am 17. November von Franziskus in Audienz empfangen wurde. Die römischen Mahnungen von Kardinal Ladaria und Bischofspräfekt Ouellet wurden vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz Georg Bätzing offensichtlich nicht gehört oder nicht verstanden.
Einen Monat zuvor jedoch, am 17. Oktober, war Bischof Wilmer schon einmal in Rom. Bei dieser Gelegenheit wurde er allein von Papst Franziskus in Audienz empfangen. Laut dem vatikanischen Gerücht habe Franziskus ihn bei dieser Gelegenheit informiert, ihn zum neuen Glaubenspräfekten der Heiligen Kirche ernennen zu wollen.
KNA, die Presseagentur der deutschen Bischöfe, berichtete damals:
„Der Hildesheimer Bischof gilt in Rom als gut vernetzt.“
Die Pressestelle des Bistums Hildesheim teilte mit, daß es in dem Gespräch „unter anderem um den deutschen Synodalen Weg“ gegangen sei. Dazu wurde noch auf Wilmers Position als Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz „sowie als Vorsitzender der deutschen Kommission Justitia et Pax“ verwiesen. Doch das sind bestenfalls Nebenschauplätze, die kein Grund für eine offizielle Audienz beim Papst sind.
Im Vorfeld hatte Franziskus bereits weitere deutsche Bischöfe – Hesse, Genn, Overbeck, Kardinal Marx, Timmerevers und Meier – einzeln angehört, um offensichtlich Einfluß auf den Synodalen Weg zu nehmen, dessen Tempo und Rhythmus er mit seinem Synodalen Prozeß in Einklang zu bringen versucht, aber wohl auch, um Stimmungen einzufangen, Informationen aus erster Hand zu sammeln und sich auch einen persönlichen Eindruck von einzelnen zu machen.
Wilmer selbst gab sich wenige Tage nach seiner Rückkehr aus Rom jedenfalls als streitbarer Progressiver, der verlautbarte:
„Die Kirche braucht keine Reförmchen, sondern echte Umkehrung.“
Messa in Latino kommentierte das jüngste vatikanische Gerücht einer solchen Ernennung mit den Worten:
„Leider wäre dies, falls es bestätigt wird, ein schreckliches Weihnachtsgeschenk von Santa Marta, da sie auch die ultra-progressiven Positionen des berüchtigten deutschen ‚Synodalen Wegs‘ bestätigen würde. Anstelle der Weihnachtszeit scheinen wir in einen Spätwinter für die Kirche einzutreten.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia/Wikicommons/Synod.va/Vatican.va (Screenshots)