(Rom) Die Liste der Kuriositäten des derzeitigen Pontifikats ist um eine Episode reicher: Lucas van Looy, der emeritierte Bischof von Gent in Belgien, der im vergangenen Mai von Franziskus zum Kardinal ernannt worden war, dann aber darauf verzichtete, erhielt von Franziskus dennoch geheim seinen Kardinalsring.
Der 1941 geborene Salesianer Lucas van Looy wurde 2003 von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Gent ernannt. Die Bischofsweihe spendete ihm der damalige Erzbischof von Mecheln-Brüssel, Kardinal Godfried Danneels, einer der Tetrarchen des Teams Bergoglio, das 2013 die Wahl von Papst Franziskus vorbereitete.
Franziskus ernannte van Looy zum Mitglied der Ordenskongregation und im Vorstand der Caritas Internationalis, ebenso zum Synodalen der Bischofssynode über die Familie (2014/2015) und die Jugend (2018) und beließ ihn – ein Zeichen der Wertschätzung – als Bischof von Gent viereinhalb Jahre über die Altersgrenze hinaus im Amt. Als Franziskus ihn Ende November 2019 schließlich doch emeritierte, ließ er van Looy noch bis Ende Februar 2020 das Bistum Gent als Administrator verwalten.
Am 29. Mai 2022 gab Franziskus bekannt, er werde van Looy am 27. August zum Kardinal kreieren. Die Gruppe Mensenrechten in de Kerk (Menschenrechte in der Kirche) übte Kritik an der Ernennung, weil van Looy unzureichend gegen einen Salesianer vorgegangen war, der des homosexuellen Kindesmißbrauchs beschuldigt wurde.
Van Looy lehnte drei Wochen später die Kardinalserhebung ab. Katholisches.info schrieb damals:
„In Belgien, wo der homosexuelle Kindesmißbrauch zur zersetzenden Geißel für die Kirche geworden ist, verzichtete ein Kirchenmann, den Papst Franziskus Ende August zum Kardinal kreieren wollte, sicherheitshalber auf den Purpur. Msgr. Luc van Looy, emeritierter Bischof von Gent, fürchtet das Aufsehen um seine Person. Van Looy, der über einen so guten Draht zu Papst Franziskus verfügt, daß ihm dieser das Purpurbirett aufsetzen wollte, machte in der Vergangenheit nicht nur durch skurrile Auftritte von sich reden, sondern auch durch seine Verantwortung im Fall des homosexuellen Mißbrauchstäters Luk D.“
Die Belgische Bischofskonferenz erklärte in einer Pressemitteilung zu diesem Verzicht, van Looy wolle „verhindern, daß Opfer von sexuellem Missbrauch durch sein Kardinalat erneut verletzt werden“. Laut Hendro Munsterman erfolgte der Rückzug nicht freiwillig, sondern auf ausdrücklichen Wunsch der anderen belgischen Bischöfe.
Papst Franziskus, bekannt dafür, sich ungern etwas aufzwingen zu lassen, übergab dem ehemaligen Bischof von Gent dennoch den mit der Purpurwürde verbundenen Kardinalsring, wie Hendro Munsterman, Vatikankorrespondent des Nederlands Dagblad, am 28. Oktober 2022 berichtete. Die niederländische Zeitung zitierte dazu den von ihr kontaktierten van Looy mit den Worten:
„Es ist eine Sache zwischen mir und dem Papst. Ich habe diesen Ring nicht öffentlich erhalten, und deshalb sollte er auch nicht öffentlich gemeldet werden.“
Am 8. Oktober empfing Papst Franziskus Salesianer, die zur Heiligsprechung des Salesianers Artemide Zatti, die am nächsten Tag stattfand, nach Rom gekommen waren. Darunter befand sich auch Msgr. van Looy. Franziskus küßte zur Begrüßung den Ring an van Looys rechter Hand, was für Aufsehen unter den Anwesenden sorgte.
In diesem Moment hätten Begleiter gewußt, so De Standaard, „daß es sich nicht um den Ring eines Bischofs handelte, sondern um den Kardinalsring, der für van Looy angefertigt worden war und den van Looy Anfang September heimlich im Auftrag des Papstes erhalten hatte“.
Offenbar legte Santa Marta Wert darauf, daß die offiziell nirgends erwähnte Geste publik wird, denn VaticanMedia veröffentlichte zur Audienz genau das Foto, das den Ringkuß durch den Papst festhält.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: VaticanMedia (Screenshots)