
(Managua) Der nicaraguanische Priester im Exil Uriel Vallejos beklagte am Freitag die Verhaftung seines Mitbruders Enrique Martínez Gamboa durch die Nationalpolizei. Die Zahl der 2022 verhafteten Priester erhöht sich damit auf insgesamt neun, darunter auch ein Bischof.
Auf Twitter teilte Vallejos mit, daß Martínez Gamboa, Pfarrer von Santa Martha in Managua, am Donnerstag um 17:00 Uhr Ortszeit (23:00 Uhr MEZ) „entführt“ wurde.
„Die Priester und die katholische Kirche fordern seine Freilassung und ein Ende der Verfolgung von Kirche und Klerus“, fügte er hinzu.
Zugleich veröffentlichte er ein Video, auf dem der inhaftierte Priester zu sehen ist, wie er am 30. Mai 2018 nach dem Ende der Kundgebung vor der Zentralamerikanischen Jesuitenuniversität (UCA) zu Studenten gegen die sandinistische Regierung spricht. Die Kundgebung war von der Polizei und bewaffneten Milizionären angegriffen worden, wobei acht Kundgebungsteilnehmer getötet worden waren. Die Stimmung war entsprechend hochaufgeladen.
In dem Video ruft Martínez Gamboa die Studenten, die gegen Präsident Daniel Ortega demonstrierten, auf, „nicht zu kuschen“; „Es lebe Nicaragua“; „Es leben die Mütter der Gefallenen vom 19. April 2018“; „Es leben die Ärzte, die anständigen Journalisten“. Auf dem Video ist zu hören, daß der Priester Staats- und Regierungschef Ortega und dessen Frau und Vizepräsidentin als „Mörderpaar“ bezeichnet, und die Forderung: „Raus aus dem Palast! Raus!“.
Die Nationalpolizei hat die Verhaftung des Priesters weder bestätigt noch dementiert. Die Menchenrechtsorganisation Nicaragua Nunca Más teilte mit, daß sein Aufenthaltsort noch immer unbekannt ist.
In den vergangenen sechs Monaten wurden von Ortegas Polizei insgesamt acht Priester und Msgr. Rolando Álvarez, der Bischof von Matagalpa und apostolische Administrator von Estelí, verhaftet.
Vor zwei Wochen beschuldigte Präsident Ortega, der sich als „Freund“ von Papst Franziskus bezeichnet, die katholische Kirche, eine „Diktatur“ und eine „perfekte Tyrannei“ zu sein, deren Bischöfe 2018 versucht hätten, „einen Putsch“ gegen seine Regierung zu inszenieren.
Die Verhaftung von Bischof Álvarez und den acht Priestern, darunter Martínez Gamboa, ist das jüngste Kapitel in einem für die katholische Kirche Nicaraguas besonders turbulenten Jahr mit dem Ortega-Regime, das die katholischen Oberhirten als „Putschisten“ und „Terroristen“ brandmarkt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Twitter/Pbro Uriel Vallejos (Screenshot)