(Rom) Papst Franziskus sprach gestern, Sonntag, beim Angelus auf dem Petersplatz über seine bevorstehende Pastoralreise nach Kanada. Dabei vollzog er eine erste Vergebungsbitte gegenüber den First Nations (Indianer), Métis und Inuit. Es war nicht die erste und mit weiteren ist im Zuge der Reise zu rechnen. Die ganze Reise nach Kanada dürfte davon geprägt sein. Dies geschieht allerdings vor einem nicht unumstrittenen Hintergrund, der nicht wirklich zurechtgerückt scheint, um Schaden von der Kirche fernzuhalten und der Wahrheit zu dienen.
Eine Vergebungsbitte zuviel ist besser als eine zu wenig. Allerdings ist auch dabei der Wahrheit Genüge zu tun. Verzerrungen sind ungesund, ja schädlich, da sie die kollektive Wahrnehmung fehlleiten, und das manchmal über Generationen.
Beim gestrigen Angelus sagte Papst Franziskus wörtlich:
„Nächsten Sonntag werde ich, so Gott will, nach Kanada aufbrechen: Deshalb möchte ich mich nun an alle Einwohner dieses Landes wenden. Liebe Brüder und Schwestern in Kanada, wie ihr wißt, werde ich im Namen Jesu unter euch kommen, um vor allem die indigenen Völker zu treffen und zu umarmen. Leider haben in Kanada viele Christen, darunter auch einige Mitglieder religiöser Einrichtungen, zu einer Politik der kulturellen Assimilierung beigetragen, die in der Vergangenheit den einheimischen Gemeinschaften auf unterschiedliche Weise schweren Schaden zugefügt hat. Aus diesem Grund habe ich vor kurzem im Vatikan einige Gruppen, Vertreter der indigenen Völker, empfangen, denen ich mein Bedauern und meine Solidarität angesichts des Übels, das sie erlitten haben, zum Ausdruck gebracht habe. Und nun bin ich im Begriff, eine Bußwallfahrt zu unternehmen, von der ich hoffe, daß sie mit Gottes Gnade zu dem bereits eingeschlagenen Weg der Heilung und Versöhnung beitragen kann. Ich danke Ihnen jetzt schon für all die Vorbereitungen und den Empfang, den Sie für mich reservieren werden. Danke an alle! Und ich bitte Sie, mich im Gebet zu begleiten.“
Anlaß für die Vergebungsbitte von Franziskus sind ehemalige katholische Internatsschulen, sogenannte Residentials Schools, für Kinder von Indianern und Métis. Letztere sind Nachkommen aus Verbindungen von Europäern und Indianern, das französische Métis steht für Mestizen, die nicht europäische, sondern indianische Lebensweisen annahmen und in Kanada als eigene Volksgruppe anerkannt sind.
Diese Schulen erfüllten vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 1970er Jahre hinein (von 1894 bis 1947 obligatorisch) im Auftrag des kanadischen Staates einen Erziehungs- und Integrationsauftrag. Die Kinder der Indianer sollten in die europäische Kultur der Mehrheitsbevölkerung integriert und dafür ihrem Lebensumfeld entwöhnt werden. Von solchen Formen der „Inklusion“, die nach damaligem Verständnis durchaus wohlwollend gemeint waren, will man inzwischen nichts mehr wissen. Bereits Anfang der 90er Jahre arbeitete eine Versöhnungs- und Wahrheitsfindungskommission des Staates die Sache auf. Seither fanden mehrere staatliche Versöhnungsveranstaltungen statt.
Um sich selbst reinzuwaschen, putzt sich heute der kanadische Staat bei der katholischen Kirche ab, die zum Sündenbock gestempelt wird. Dies geschieht vor allem durch Premierminister Justin Trudeau, der vor kurzem eines der skrupellosesten und grausamsten Abtreibungsgesetze durchsetzte, sich aber gegenüber der katholischen Kirche über deren Erziehungsarbeit empört, die sie im Auftrag des Staates, also der damaligen Staatsführung und deren Zielsetzungen, leistete. Siehe zu den Hintergründen: Trudeaus Pranger.
Über die damaligen Ansichten und Methoden mag man geteilter Meinung sein. Die Frage ist kultureller Natur, vor allem die der politischen Kultur. Die Rede ist allerdings von Dingen, die seit mehreren Jahrzehnten Vergangenheit sind, also Teil einer Form von Vergangenheitsbewältigung sind. Allerdings leben noch Betroffene, die als Kinder in diesen Schulen untergebracht waren und die Adressaten der päpstlichen Vergebungsbitten sind, um Versöhnung zu schaffen.
Einige Beobachter sehen an dem öffentlichen Aufsehen aber vor allem einen Ablenkungsversuch, mit dem Trudeau die Kirche unter Druck setzen will, um ihre Kritik am Abtreibungsgesetz zu neutralisieren und insgesamt ihren Einfluß auf die Gesellschaft zu minimieren. Die Kirchenferne des „Katholiken“ Trudeau ist notorisch.
Im Zuge der Aufarbeitung wurden horrende Falschbehauptungen in Umlauf gesetzt, was in den katholischen Internatsschulen des staatlichen Residential School System in kirchlicher Trägerschaft geschehen sein soll. Kinder seien unterdrückt, mißhandelt und sogar massenweise getötet worden. Horrorgeschichten überboten sich gegenseitig mit immer neuen Grausamkeiten. Jahrelang wurden sie von Medien ungeprüft verbreitet, stellten sich aber als unwahr heraus. Der Schaden durch ein offen kirchenfeindliches Umfeld in Politik und Medien war aber bereits angerichtet.
Die First Nations und Métis sehen sich als Opfer und eine Chance, gegenüber der Hauptbevölkerung Aufmerksamkeit zu erhalten. Die Anprangerung der Kirche scheint der Weg dazu zu sein. Dafür sind auch sie aus Eigeninteresse bereit, nicht immer eine angemessene Unterscheidung vorzunehmen.
Die Kirche selbst trifft auch Schuld, daß die Sache eskalieren konnte. Damit sind nicht längst überwundene Erziehungsmethoden gemeint, die damals auch von weltlicher Seite als richtig und angemessen betrachtet und ebenso gegenüber der Mehrheitsbevölkerung (auch in Europa) angewandt wurden. Die kirchliche Hierarchie reagierte nicht auf die Anklage, sondern ging in die Defensive. Damit akzeptierte sie die Rolle des Angeklagten, gegen den immer neue, nicht selten ungeprüfte, ja frei erfundene Vorwürfe erhoben werden konnten.
Seither ist sie gezwungen, am Pranger zu stehen und eine Entschuldigung nach der anderen abzugeben, was von interessierten Kreisen wie dem unsäglichen Premierminister weidlich ausgenützt wird. Im Wettlauf zweier unterschiedlicher Opfer, der Indianer damals und der Kirche heute, lachen sich bestimmte Kreise ins Fäustchen. Nicht nur das: Sie lähmen die Handlungsfähigkeit der Kirche.
Folgt auf Bußgang eines Kaisers die Bußwallfahrt eines Papstes?
Wird also in wenigen Tagen neben dem berühmten Bußgang eines Kaisers der Bußgang eines Papstes in die Kirchen- und Weltgeschichte eingehen? Die Bezeichnung der Pastoralreise eines Papstes als „Bußwallfahrt“ stellt ein Novum dar. Was genau ist damit gemeint? Eine „profane“ Bußwallfahrt zu den Indianern Kanadas? Viele weltliche Medien sprechen von einer „Bußreise“, was eine Akzentverschiebung wäre. Von vatikanischer Seite war gestern allerdings auch von einer „Bußwallfahrt“ die Rede.
Welche Änderungen im Programm den Unterschied zwischen einer päpstlichen Pastoralreise und einer „Bußwallfahrt“ oder „Bußreise“ ausmachen, läßt sich noch nicht sagen. Der Schwerpunkt der Papstreise liegt, soviel steht laut Programm fest, auf der Begegnung mit den Indianern und Métis Kanadas. Es ist keine Pastoralreise, die Kanada und der kanadischen Bevölkerung gilt. Solche exklusiven Elemente in Reisen von Franziskus gab es bereits in der Vergangenheit. Meist waren dabei die Katholiken die Ausgeschlossenen.
Das ungewöhnliche Logo der Pastoralreise nach Kanada läßt keinen christlichen Bezug erkennen. Es zeigt Vögel, Fische und Pflanzen und will, so die Erklärung, der (vorchristlichen?) Vorstellungswelt der Indianer entsprechen – mehr noch scheint es, praktischerweise, zum religionsersatzähnlichen Klimakult zu passen, dem der politisch-mediale Mainstream huldigt.
Während des sechstägigen Aufenthalts sind drei päpstliche Gottesdienste vorgesehen: eine heilige Messe in einem Sportstadium im Staat Alberta; am selben Tag ein Wortgottesdienst im Rahmen der Lac Ste Anne Pilgrimage, einer seit 1889 stattfindenden Wallfahrt zu Ehren der heiligen Mutter Anna am gleichnamigen See in Alberta, einem frühen Zentrum der Métis; schließlich eine heilige Messe im kanadischen Nationalheiligtum Sainte Anne de Beaupré im Staat Québec. Eine erste Kapelle war dort bereits 1658 errichtet worden. Der Bau der heutigen Kirche erfolgte allerdings erst nach einem Brand 1922. Wie der See, der zunächst Teufelssee hieß, ist auch diese Kirche der Mutter Anna geweiht. Ihr Bau wurde von Anna von Österreich (1601–1666) gefördert, einer Urenkelin von Kaiser Karl V. und Enkelin König Philipps II. Die Erzherzogin von Österreich und Infantin von Spanien war als Frau von König Ludwig XIII. von 1615 bis 1643 Königin von Frankreich und anschließend bis 1651 Regentin Frankreichs für ihren Sohn Ludwig XIV.
Die Nähe, die Papst Franziskus zu den Indianern, Métis und Inuit sucht, ehrt ihn und entspricht seinem pastoralen Auftrag. Daneben ist allerdings auch der Wahrheit Genüge zu tun und unangemessener Kritik von unberufener Seite entgegenzutreten. Differenzierung ist notwendig. Das verlangt die Wahrheit. Vor allem wäre Trudeau daran zu erinnern, daß nicht mit Steinen werfen soll, wer im Glashaus sitzt. Papst Franziskus tat in seinem bisherigen Pontifikat genau das nicht, jedenfalls nicht gegenüber linken Politikern (und anderen verweigert er sich grundsätzlich). Wird er es in Kanada tun? Am 27. Juli ist um 16:20 Uhr eine Begegnung mit Premierminister Trudeau vorgesehen – in der Zitadelle von Québec.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/Vatican Media/Vatican.va (Screenshots)
Eine Befürchtung:
Ist denn die Tendenz dieser „Bußwallfahrt“ nicht die, die christliche Mission in Gänze zu vrurteilen, daß es eben falsch
war, den Indianern ihre Religion zu nehmen, in der sie doch so wunderbar im Einklang mit der Natur ökologisch gelebt
hatten, bis das naturzerstörrerische Christentum kam? Zudem, es könne ja jeder in seiner eigenen nichtchristlichen Religion
selig werden- lehrt das denn nicht auch das 2.Vaticanum? Darum hat doch jetzt die Kirche die Mission gänzlich eingestellt und betreibt
stattdessen nur noch die Diakonie.
Bin gespannt, ob Bergoglio auch das Arrive Canada App runterladen und erst 2 Wochen in Quarantäne bleiben muss – ohne Kontakt zu Familienmitgliedern und Freunden und kontrolliert durch die Polizei – bevor er Trudeau begegnen darf. Die Volksrepublik Kanada hat das ihre Regeln und vor dem Gesetz sind alle gleich! Nicht war?!?
Viva Cristo Rey!
Diese Kinder wurden durch den Staat zwangsweise den Eltern genommen – Herr Trudeau, das ist Ihr Part. Sie wurden in Schulen katholischer Trägerschaft christlich gebildet nach den damaligen geübten Erziehungspraktiken erzogen, was soll hier eine päpstliche Entschuldigung? Will der Papst sich auch bei mir entschuldigen für die sehr berechtigten Ohrfeigen, die ich von meinem sehr wohlwollenden und mich liebenden und guten Vater erhalten habe? Steht nicht in der Bibel sinngemäß „wer seine Söhne nicht züchtigt, liebt sie nicht“? Hat nicht Papst Franziskus vor einiger Zeit selbst bejahend von leichten Züchtigugsmaßnahmen zur wohlwollenden Erziehung gesprochen und damit den Aufschrei derjenigen herausgefordert, die leichte Ohrfeigen verurteilen aber tötende Abtreibungen befürworten? Und was die Kindersterblichkeit betrifft, liegt das früher wie heute an dem fehlenden Geld für Kinder und ihre Gesundheitsfürsorge. Dass viele Kinder an den Schulen der katholischen Trägerschaft starben, ist genauso ein falsches Narrativ, wie so viele heute. Leider macht sich Papst Franziskus einige Narrative zur Freude antichristlicher Machthaber zu eigen, zum Schaden für die Menschen. Gespräch mit wem? Kardinal Zen – Präsident Trudeau? In einer Zitadelle? Ja, das passt. Das deutsche Parlament umgibt sich ja auch mit einem Schutzgraben, eben wie im Mittelalter. Wovor haben die Machthaber Angst? Sie sollten vor dem Urteil des dreieinen Gottes Angst haben, vor dem keine Gräben und Zitadellen schützen.