Anfang Juni wurde auf Initiative der Vereinigung Voice of the Family der neue Verlag Calx Mariae im Brompton Oratory des Oratorianerordens in London vorgestellt. Der Verlag trat dabei mit zwei Büchern an die Öffentlichkeit, die zum ersten Mal in englischer Sprache veröffentlicht wurden. Dabei handelt es sich um zwei Klassiker der katholischen Literatur: „Le Sens Chrétien de l’Histoire“ („Der christliche Sinn der Geschichte“) von Dom Prosper Guéranger und eine Schrift über das christliche Leben von Dom François de Sales Pollien. Hinzu kommen zwei kürzlich erschienene Titel: „La moda cristiana nell’insegnamento della Chiesa“ („Die christliche Mode in der Lehre der Kirche“) von Virginia Coda Nunziante, der Sprecherin des italienischen Marsches für das Leben, und „La Chiesa fra le tempeste. Il primo millennio di storia della Chiesa“ („Die Kirche inmitten der Stürme. Das erste Jahrtausend der Kirchengeschichte.“) einer führenden Stimme der Tradition, des Historikers Roberto de Mattei.
Die beiden letztgenannten Autoren wurden bei einer Veranstaltung, „die alle Erwartungen übertraf“, so Veronica Rasponi für Corrispondenza Romana, in der Londoner Niederlassung der Oratorianer des heiligen Philipp Neri herzlich empfangen. Zu den zahlreichen qualifizierten Teilnehmern gehörten Joseph Shaw, Vorsitzender von Una Voce International, Thomas Pink, Professor am King’s College in London, sowie Priester und führende Vertreter der Lebensrechtsbewegung.
John Smeaton, ehemaliger Generaldirektor der Society for the Protection of Unborn Children, kurz SPUC (Gesellschaft zum Schutz des ungeborenen Lebens), der heute zusammen mit Maria Madise Voice of the Family leitet, stellte die Initiative vor. Voice of the Family gab bereits ein mehrmals jährlich erscheinendes Magazin Calx Mariae heraus, dem nun der neue Verlag hinzugefügt wurde.
„Wir sind eine Organisation von Laien und versuchen der Kirche zu dienen, indem wir die überlieferte und unveränderliche Lehre insbesondere über die Familie und die Heiligkeit des Lebens unterstützen. Calx Mariae bedeutet auf lateinisch ‚die Ferse Mariens‘, die den Kopf des Satans zermalmt. Als Kinder Mariens erwarten wir den Triumph Ihres Unbefleckten Herzens, dem wir dank der Weihe Russlands an das Unbefleckte Herz Mariens durch Papst Franziskus in Verbindung mit den Bischöfen der Welt hoffnungsvoll nähergekommen sind.“
Und weiter:
„Das Angebot an guten katholischen Büchern scheint heute besonders wichtig zu sein, wo ein Übermaß an Informationen die christliche Erziehung erstickt und Emotionalität die Oberhand über Prinzipien gewinnt. Nach der Heiligen Schrift und der überlieferten, vom Lehramt der katholischen Kirche verkündeten Lehre gibt es keinen größeren Schatz für die Unterweisung und Erbauung der Katholiken als die Werke der großen Heiligen und Gestalten der Kirche.“
Nach John Smeaton sprach John Deighan, der heutige Generaldirektor der SPUC. Dieser lobte die Arbeit von Voice of the Family, den Gläubigen die authentische katholische Lehre wiederzugeben und eine Kultur zu pflegen, in der das menschliche Leben wirklich geachtet wird.
Pater Serafino Lanzetta, Oberer einer neuen Gemeinschaft in der Diözese Portsmouth, die aus den Franziskanern der Immakulata hervorgegangen ist, sowie Theologe und Autor zahlreicher Bücher, führte zunächst in das Werk des Kartäusers Dom Pollien ein, indem er den Akzent auf die katholischen Grundsätze legte, die gegenüber den Notbehelfen der seelsorglichen Praxis Vorrang haben. Er sprach von der Hierarchie der Werte, die die Fruchtbarkeit des Apostolats der Franziskaner der Immakulata ausmacht.
„Gelebtes Christentum besteht in der Tat darin, die wesentlichen Grundsätze zu lernen, die uns von dieser Welt zum ewigen Leben führen. Der Vorrang Gottes vor allem anderen ist auch der Vorrang der Prinzipien – der geistlichen und mystischen Lehre – vor dem Apostolat und der Seelsorge. Ist es nicht genau das, was wir heute brauchen, wo die Praxis, das Handeln, die einzige Regel des Lebens zu sein scheint?
Dieses Buch, das die Grundprinzipien des christlichen Lebens lehrt, ist in einer Zeit, in der eine von der Lehre und dem Glauben losgelöste Seelsorge das eigentliche Ziel von Mutter Kirche zu sein scheint, eine wahre Wohltat. Zu tun, ohne zu sein, und ohne zuerst heilig zu sein, ist nichts, reine Zeitverschwendung.“
Virginia Coda Nunziante, Vorsitzende der Vereinigung Famiglia Domani und Sprecherin des Marsches für das Leben in Rom von 2011 bis 2021, sprach über ihr Buch „Die christliche Mode in der Lehre der Kirche“. Bevor sie auf das besonders reichhaltige Thema ihrer Arbeit einging, brachte sie ihre Bewunderung für Dom Polliens „Gelebtes Christentum“ zum Ausdruck:
„Dieses Buch enthält einen der besten Texte über Spiritualität, der besonders für uns Laien von grundlegender Bedeutung ist, um zu verstehen, was es bedeutet, Christ zu sein und Christ sein zu wollen in der völlig entchristlichten Gesellschaft, in der wir leben.“
Der gleiche soziohistorische Kontext, den der Kartäusermönch hervorhebt, sei auch für die Diskussion über die Bedeutung der christlichen Mode wesentlich, so die Autorin:
„In diesen Sommertagen werden nicht nur die Ferienorte, sondern auch Großstädte wie Rom oder London von Menschen, Männern und Frauen, überfallen, die auf die unanständigste Weise gekleidet sind. Dieses Phänomen stellt meiner Meinung nach eine brutale Gewalt gegen Christen dar, weil es eine der wichtigsten, aber auch zerbrechlichsten Tugenden unseres Glaubens gefährdet: die Keuschheit, die Reinheit. Auf den Straßen und Plätzen der Großstädte werden den Passanten Szenen aufgezwungen, die den Blick stören, die Neugierde wecken, ungeordnete Begierden hervorrufen und in diesem Sinne eine echte Aggression darstellen. Dennoch kann man nicht leugnen, daß in dieser unanständigen Kleidung eine gewisse Konsequenz steckt: Sie entspricht der vorherrschenden Lebensphilosophie, nämlich der des Materialismus, des Hedonismus und der Zerstreuung aller Werte. Alles ist erlaubt, und das Streben nach Vergnügen ist das höchste Ziel des Menschen. Es gibt eine Konsistenz in diesen Bildern.“
Virginia Coda Nunziante betonte den Kontrast zwischen dem Kirchengebäude und den Pflichten eines Priesters zu betrachten, dessen Erscheinungsbild immer mit seiner Identität übereinstimmen muß, und fragte:
„Aber warum sollte der Priester die Pflicht haben, immer seine Identität zu zeigen, und der Laie, der einfache Christ, nicht auch die Pflicht haben, als Christ zu sprechen, sich zu bewegen und zu kleiden? Dies gilt sowohl für Männer als auch für Frauen, die in ihrer äußeren Ordnung stets die innere Ordnung zum Ausdruck bringen müssen, der sie zustreben und die ein Abglanz der unendlichen Schönheit Gottes ist. Das ist der Sinn des gelebten Christentums und deshalb gibt es eine christliche Mode.“
Der letzte Redner der Präsentation war Professor Roberto de Mattei. Vorsitzender der Fondazione Lepanto und Autor des Buches „Die Kirche inmitten der Stürme. Das erste Jahrtausend der Kirchengeschichte“, das einen kompakten Überblick über die Geschichte der Kirche von ihrer Stiftung bis zum ersten Kreuzzug Ende des 11. Jahrhunderts bietet. Professor de Mattei folgte dem Faden seines Buches und betrachtete die Ausbreitung des Christentums im Osten im Lichte der aktuellen globalen Ereignisse.
„Während der Westen sich selbst, die eigenen Wurzeln und die eigene Tradition verleugnet, proklamiert Putins Rußland eine Identität, die jener des Westens entgegengesetzt ist. Auch sie löscht die eigene Geschichte aus und schreibt sie um.“
Der Vorsitzende der Lepanto-Stiftung zeigte den Zusammenhalt und die Kontinuität der christlichen Tradition in Ost und West von der Christianisierung bis zur anschließenden Blütezeit der mittelalterlichen Rus auf. Professor de Mattei betonte dabei nachdrücklich, daß „ein Irrtum nicht mit einem anderen Irrtum bekämpft wird, sondern mit der vollständigen und unversehrten Wahrheit, die von der katholischen Kirche im Laufe der Jahrhunderte treu überliefert worden ist“.
In seiner Rede wie auch in seinem Buch bekräftigte der Autor, daß er den Grundsätzen von Dom Guéranger voll und ganz folgt, der in seiner noch nicht in deutscher Übersetzung vorliegenden Kleinschrift „Der christliche Sinn der Geschichte“ schreibt, daß der katholische Historiker jener ist, der: „Tatsachen, Menschen und Institutionen vom Standpunkt der Kirche aus beurteilt; es steht ihm nicht frei, anders zu urteilen, und das ist seine Stärke“.
„Ich freue mich, daß Calx Mariae auch diesen wichtigen Essay übersetzt und veröffentlicht hat, der die Bedeutung der Geschichte im Kampf der Ideen bestätigt. Heute erleben wir den Versuch, die historische Erinnerung auszulöschen, den Versuch, die Geschichte in einem antikatholischen und antiwestlichen Sinne umzuschreiben. Die Geschichte der Kirche hilft uns, diese Irrtümer zu bekämpfen.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana