Priester, die mit einem Mann zusammenleben dürfen? Visionen eines Ex-Generalvikars

Andreas Sturm gesteht Zölibatsbruch und kündigt Buch an


Wer Sturm sät, erntet was? Der "Klartext" eines gewesenen Generalvikars.
Wer Sturm sät, erntet was? Der "Klartext" eines gewesenen Generalvikars.

Von einer Katholikin

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„Kön­nen nicht auch ver­hei­ra­te­te Män­ner und Män­ner, die mit einem Mann zusam­men­le­ben, zuge­las­sen wer­den?“, frag­te Andre­as Sturm, bis vor kur­zem Gene­ral­vi­kar des Bis­tums Spey­er, in einem Gespräch mit dem „Mann­hei­mer Mor­gen“ vom 16. Mai. Auch er selbst habe schon Bezie­hun­gen gehabt und den Zöli­bat ver­letzt. Unter ande­rem davon schrei­be auch er in sei­nem noch unver­öf­fent­lich­ten Buch „Ich muss raus aus die­ser Kir­che. Weil ich Mensch blei­ben will“.

Miß­brauch, Frau­en­prie­ster­tum, Zöli­bat und Seg­nungs­fei­ern für Homo­se­xu­el­le nennt er als Haupt­the­men bei sei­ner Ent­schei­dung für den Kir­chen­aus­tritt. War­um er dann zu den Alt­ka­tho­li­ken gehen wol­le und nicht zu den Pro­te­stan­ten, wird er gefragt. Für ihn ist das klar. Er schät­ze die Pro­te­stan­ten sehr, ver­mis­se aber dort die lit­ur­gi­sche Gestal­tung: „Ich brau­che gar nicht viel Weih­rauch, aber hin und wie­der habe ich das schon ganz ger­ne. Da bin ich sehr katho­lisch.“ Sehr katho­lisch, nota bene.

Andre­as Sturm woll­te raus aus der Kirche

Eini­ge Tage zuvor, am 13. Mai, hat­te Bischof Wie­se­mann bekannt­ge­ge­ben, sei­nen Gene­ral­vi­kar auf des­sen Gesuch umge­hend, „wenn auch mit gro­ßem Bedau­ern“, von sei­nem Amt ent­pflich­tet zu haben. Eben­so habe Andre­as Sturm, seit 2018 Gene­ral­vi­kar der Diö­ze­se Spey­er, ihm mit­ge­teilt, daß er aus per­sön­li­chen Grün­den aus dem Dienst unse­rer Diö­ze­se aus­schei­den wer­de. Er „habe im Lauf der Jah­re Hoff­nung und Zuver­sicht ver­lo­ren, dass die römisch-katho­li­sche Kir­che sich wirk­lich wan­deln kann.“ Er besit­ze kei­ne Kraft mehr, die Hoff­nung, die in den Syn­oda­len Weg gesetzt wer­de, mit­zu­tra­gen, weil er sie ver­lo­ren habe.

Andre­as Sturm ist sicher kein „Rie­sen­ver­lust“ für die römisch-katho­li­sche Kir­che und sein „spek­ta­ku­lä­rer Schritt“ und sein Buch wer­den die­se nicht ver­än­dern, auch wenn das der Her­der-Ver­lag in der Buch­an­kün­di­gung schreibt.

Bischof Bät­zing und Kol­le­gen mögen sich bei der Lek­tü­re des Buches in den ange­kün­dig­ten Vor­schlä­gen für eine „zukunfts­fä­hi­ge Kir­che“ wie­der­fin­den und müs­sen gleich­zei­tig froh sein, daß Bischof Wie­se­mann den Pes­si­mis­mus sei­nes vor­ma­li­gen Gene­ral­vi­kars nicht teilt und sich wei­ter für das „Gelin­gen des Syn­oda­len Weges“ und eine „men­schen­freund­li­che, geschlech­ter­ge­rech­te und angst­freie Kir­che“ starkmacht.

Andre­as Sturm hin­ge­gen ver­läßt die reform­un­fä­hi­ge, men­schen­feind­li­che Kir­che, die ihm alle Kraft geraubt hat und in der er nicht Mensch blei­ben konn­te. Er bricht zu neu­en Ufern auf. „Aber mei­ne Träu­me von Ver­än­de­rung müs­sen ja auch nicht die Ver­än­de­rung der römisch-katho­li­schen Kir­che sein“, ora­kelt er in sei­nem Rücktrittsgesuch.

„Ich ken­ne kein Gerücht, daß Andre­as Sturm irgend­et­was mit einer Frau hat“, beeil­te sich SWR-Kir­chen­ex­per­te Ulrich Pick einer mög­li­chen Jour­na­li­sten­fra­ge zuvor­zu­kom­men. Den Inter­pre­ta­ti­ons­spiel­raum hat er dabei ver­mut­lich nicht inten­diert. Nun denn.

In einer Bezie­hung zu leben, kön­ne er sich vor­stel­len, aber das sei „zum jet­zi­gen Zeit­punkt nicht aus­schlag­ge­bend“, ver­kün­det Sturm ein paar Tage spä­ter. Nicht „aus­schlag­ge­bend“. Nun denn.

Zum jet­zi­gen Zeit­punkt ist ihm offen­sicht­lich tat­säch­lich erst ein­mal sein Buch wich­tig, das nun ja auch in aller Mun­de ist. Die­ser Befrei­ungs­schlag nach jah­re­lan­gem per­sön­li­chem Rin­gen um die Kir­che hat aber auch wirk­lich ein ver­flixt gutes Timing. Zuerst der Rück­tritt und media­le Auf­merk­sam­keit, dann ein paar Tage spä­ter als Nach­schlag das Zöli­bats­bruch­ge­ständ­nis und die Buch­an­kün­di­gung für Mit­te Juni, und das auch noch am 17. Mai, dem Inter­na­tio­na­len Tag gegen Homo‑, Bi‑, Inter- und Trans­feind­lich­keit (IDAHOBIT). Das als Zufall zu sehen mag nicht recht gelin­gen. Mit der Seg­nung homo­se­xu­el­ler Paa­re hat­te sich Andre­as Sturm im ver­gan­ge­nen Jahr aus­drück­lich gegen Rom posi­tio­niert, was auch sein Ver­lag beson­ders hervorhebt.

Bei Ama­zon hat es der Titel jeden­falls schon vor Erschei­nen auf Platz 1 im Best­sel­ler-Rang bei „LGBTQ+ und homo­se­xu­el­le Part­ner­schaf­ten“ geschafft.

Wie das geht? Auf Platz 1 im Homo-Seg­ment, obwohl das Buch noch gar nicht erschie­nen ist. 

Bild: Her­der.de/​Ama­zon.de (Screen­shots vom 18. Mai)

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