(Paris) Der ernannte neue Erzbischof von Paris spendete in seinem bisherigen Bistum die Firmung im überlieferten Ritus. Der Wechsel auf dem Bischofsstuhl an der Seine könnte ein Glücksfall sein.
Der aus Burgund stammende Msgr. Laurent Bernard Marie Ulrich wurde am 26. April von Papst Franziskus zum neuen Erzbischof von Paris ernannt. Die Amtseinführung findet am kommenden Montag statt.
Am vergangenen Samstag, dem 14. Mai, spendete er in Lille, seinem bisherigen Bischofsstuhl, einer Gruppe von 55 Gläubigen das Sakrament der Firmung. Ein echter Paukenschlag im Klima von Traditionis custodes.
Msgr. Ulrich tritt am 23. Mai die Nachfolge von Erzbischof Michel Aupetit an, der am 2. Dezember 2021 von Papst Franziskus auf eigenen Wunsch hin emeritiert wurde. Aupetit dürfte einer orchestrierten Intrige zum Opfer gefallen sein, dennoch könnte sich seine Emeritierung unerwartet als Glücksfall erweisen.
Laurent Ulrich wurde 1951 im burgundischen Dijon geboren. Er studierte an den Universitäten Burgund und Lyon und wurde 1979 für seine Heimatdiözese zum Priester geweiht. Er wirkte in der Pfarrseelsorge, ab 1985 auch als Bischofsvikar und ab 1990 als Generalvikar. Im Jahr 2000 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Erzbischof von Chambéry in Savoyen. Papst Benedikt XVI. beförderte ihn dann 2008 zum Erzbischof von Lille in Französisch-Flandern, dem niederländischsprachigen Teil Frankreichs. Als solcher spendete er vor wenigen Tagen in seiner Kathedrale die Firmung im überlieferten Ritus.
Die Entscheidung von Erzbischof Ulrich, persönlich Gläubige im überlieferten Ritus zu firmen, hebt sich überraschend wohltuend vom repressiven Klima ab, das von Papst Franziskus mit dem Motu proprio Traditionis custodes am 16. Juli 2021 geschaffen und durch die Gottesdienstkongregation mit ihren Antworten auf Dubia zu Traditionis custodes noch verschärft wurde.
Diese Verschärfungen haben es nämlich in sich. Der neue Präfekt der Gottesdienstkongregation, Erzbischof Arthur Roche, gab am 4. Dezember 2021 in den Antworten auf die Dubia bekannt, daß nur mehr das Meßopfer in der überlieferten Form zelebriert werden dürfe, während alle anderen Sakramente verpflichtend im neuen Ritus zu spenden seien.
Erzbischof Lille setzte sich über diese römische Repression jedoch hinweg und spendete – vielleicht gerade deshalb persönlich – 55 Gläubigen in der Kirche Saint-Étienne in Lille die Firmung im überlieferten Ritus. Assistiert wurde ihm dabei von Priestern des altrituellen Instituts Christus König und Hohepriester.
Es ist unwahrscheinlich, daß sich der neue Erzbischof von Paris damit in Santa Marta beliebt machte, wo jede Regung der überlieferten Liturgie, die außerhalb eines eng gefaßten Geheges erfolgt, mit großem Argwohn gesehen wird. Seine Ernennung ist jedoch bereits erfolgt und die Amtseinführung steht unmittelbar bevor. Die Kardinalswürde koppelt Papst Franziskus ohnehin nicht mehr an bestimmte Bischofssitze. Der letzte Erzbischof von Paris, der Purpur erhielt, war André Vingt-Trois, den noch Papst Benedikt XVI. in das Kardinalskollegium aufgenommen hatte.
Selbst Bischöfe, die im Ruf stehen, Papst Franziskus sehr nahezustehen, fallen in Ungnade, wenn sie eine wohlwollende Geste gegenüber dem überlieferten Ritus zeigen. Ein Beispiel dafür ist Kardinal Matteo Zuppi, Erzbischof von Bologna und ranghöchster Kirchenmann aus den Reihen der Gemeinschaft von Sant’Egidio. Er setzte das Motu proprio Traditionis custodes in seinem Erzbischof buchstabengetreu um, indem er zwar nicht großzügiger war, als es der Papst erlaubt, aber alle darin enthaltenden Möglichkeiten zugunsten des überlieferten Ritus nützte. Kardinal Zuppi galt bis dahin als möglicher Kronprinz von Papst Franziskus, was sich dadurch schlagartig änderte. In Santa Marta wurde Zuppis Entgegenkommen gegenüber traditionellen Kreisen als „Schachzug“ interpretiert, sich in einem künftigen Konklave beliebt zu machen.
Was sich Papst Franziskus wünscht, demonstrierte sein Protegé und Ghostwriter, Erzbischof Victor Manuel Fernández, Erzbischof von La Plata und vielleicht schon bald Erzbischof von Buenos Aires und Kardinal. Msgr. Fernández eliminierte das Motu proprio Summorum Pontificum im Erzbistum La Plata bereits zu Weihnachten 2018. Er nahm damit um zweieinhalb Jahre vorweg, was Papst Franziskus mit seinem Motu proprio Traditionis custodes verwirklichen sollte.
Man wird sehen, wie sich das Verhältnis zwischen Msgr. Ulrich und Santa Marta gestalten wird. Zunächst ist zu hoffen, daß der neue Erzbischof von Paris seine wohlwollende Haltung gegenüber dem überlieferten Ritus an die Seine mitnimmt, wo sein Vorgänger Aupetit Restriktionen verhängte, und insgesamt auf den französischen Episkopat einwirkt.
Text: Giuseppe Nardi
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