Bischof Schneider: Traditionis custodes wird „gegenteiligen Effekt haben“

Bischof Athanasius Schneider über den Eindruck, "in Zeitlupe gefoltert zu werden"


Bischof Athanasius Schneider analysiert die gegen die Tradition gerichteten Responsa ad dubia, macht dennoch Mut und zeigt Möglichkeiten und Wege auf.
Bischof Athanasius Schneider analysiert die gegen die Tradition gerichteten Responsa ad dubia, macht dennoch Mut und zeigt Möglichkeiten und Wege auf.

Am 22. Dezem­ber ver­öf­fent­lich­te die US-ame­ri­ka­ni­sche Sei­te The Rem­nant das erste Inter­view mit Weih­bi­schof Atha­na­si­us Schnei­der seit der Ver­öf­fent­li­chung der Respon­sa ad dubia [Ant­wor­ten auf Zwei­fel]. Von Pro Mis­sa Triden­ti­na wur­de der Arti­kel von Dia­na Mon­tagna, die mit dem inter­na­tio­nal bekann­ten ruß­land­deut­schen Bischof sprach, ins Deut­sche über­tra­gen, um es einem deut­schen Publi­kum zugäng­lich zu machen. Wegen sei­ner Bedeu­tung in die­sem Moment einer immer stär­ker sich abzeich­nen­den Bedräng­nis wol­len wir es doku­men­tie­ren und zu sei­ner mög­lichst wei­ten Ver­brei­tung bei­tra­gen.

Dia­ne Mon­tagna: Exzel­lenz, am 18. Dezem­ber hat Erz­bi­schof Arthur Roche, Prä­fekt der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst, neue Richt­li­ni­en her­aus­ge­ge­ben, um die tra­di­tio­nel­le Mes­se und die Sakra­men­te wei­ter ein­zu­schrän­ken, und zwar in Form von Ant­wor­ten auf elf „dubia“ (Zwei­fel), von denen der Vati­kan sagt, daß es sich um „die am häu­fig­sten auf­tre­ten­den Fra­gen“ han­delt, die er zum apo­sto­li­schen Schrei­ben Tra­di­tio­nis Cus­to­des (TC) von Papst Fran­zis­kus erhal­ten hat. Was waren Ihre all­ge­mei­nen Ein­drücke von dem Dokument?

Anzei­ge

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Mein erster Ein­druck war, daß unter dem Vor­wand grö­ße­rer Ein­heit alte Wun­den im Leben der Kir­che unnö­ti­ger­wei­se wie­der auf­ge­ris­sen wer­den. Sol­che Maß­nah­men, die auf die­se Wei­se gerecht­fer­tigt wer­den, gren­zen an Hohn, denn sie wider­spre­chen ekla­tant der all­ge­mei­nen Poli­tik von Papst Fran­zis­kus, die Wun­den im Leben der Kir­che unse­rer Tage zu hei­len, wie er es zum Bei­spiel mit fol­gen­den Wor­ten zum Aus­druck gebracht hat: „Was die Kir­che heu­te am mei­sten braucht, ist die Fähig­keit, Wun­den zu hei­len und die Her­zen der Gläu­bi­gen zu erwär­men; sie braucht Nähe, Nähe. Ich sehe die Kir­che als ein Feld­la­za­rett nach einer Schlacht. Es ist sinn­los, einen Schwer­ver­letz­ten zu fra­gen, ob er einen hohen Cho­le­ste­rin­spie­gel hat und wie hoch sein Blut­zucker­spie­gel ist! Man muß sei­ne Wun­den hei­len. Dann kön­nen wir über alles ande­re reden. Hei­le die Wun­den, hei­le die Wun­den…“ (Inter­view mit Papst Fran­zis­kus von Pater Anto­nio Spa­da­ro, L’Os­ser­va­to­re Roma­no, 21. Sep­tem­ber 2013).
Die neu­en Richt­li­ni­en ver­ra­ten eine „feind­se­li­ge Erstar­rung“, um einen Aus­druck zu ver­wen­den, den Papst Fran­zis­kus manch­mal benutzt hat, um die Bischö­fe zu war­nen (sie­he z. B. Anspra­che zum Abschluss der Drit­ten Gene­ral­ver­samm­lung der Außer­or­dent­li­chen Bischofs­syn­ode, 18. Okto­ber 2014). Wir haben es mit einem Text zu tun, der in sei­ner uner­hör­ten Unfle­xi­bi­li­tät und star­ren Ein­heit­lich­keit an bestimm­te Inqui­si­ti­ons­ur­tei­le oder Dubia-Ant­wor­ten ver­gan­ge­ner Zei­ten erin­nert, die von einem auf­ge­bläh­ten lit­ur­gi­schen Lega­lis­mus geprägt waren. In einer kal­ten büro­kra­ti­schen Art und Wei­se zwin­gen die­se neu­en Richt­li­ni­en dem Leben sehr vie­ler jun­ger Katho­li­ken – sowohl Prie­stern als auch gläu­bi­gen Lai­en – der­art unbarm­her­zi­ge und dis­kri­mi­nie­ren­de Nor­men auf, daß es nicht ver­wun­der­lich wäre, wenn in ihnen das Gefühl ent­stün­de, in Zeit­lu­pe geist­lich gefol­tert zu wer­den.
Für jeden objek­ti­ven Beob­ach­ter ver­mit­teln die neu­en Leit­li­ni­en an jene Katho­li­ken, die der tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie ver­bun­den sind, fol­gen­de kla­re Bot­schaft: „Mit eurer reli­giö­sen Erfah­rung seid ihr in der Kir­che nicht will­kom­men! Eure Erfah­rung mit der tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie ist falsch und unau­then­tisch, ihr lei­det unter Selbst­be­trug! Es gibt heut­zu­ta­ge kei­ne lit­ur­gi­sche Plu­ra­li­tät in der Kir­che, denn es gibt nur einen ein­zi­gen Aus­druck der lex oran­di, und das ist die refor­mier­te Lit­ur­gie. Es gibt nur ein Gesetz, und nach die­sem Gesetz müßt ihr ster­ben – das heißt, ihr müßt euch von der Lit­ur­gie eurer Vor­vä­ter und der Hei­li­gen los­sa­gen!„
Die Ver­fas­ser die­ser neu­en Richt­li­ni­en haben offen­sicht­lich den fol­gen­den Grund­satz des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils ver­ges­sen: „In den Din­gen, die den Glau­ben oder das All­ge­mein­wohl nicht betref­fen, wünscht die Kir­che nicht eine star­re Ein­heit­lich­keit der Form zur Pflicht zu machen.“ (Sacro­sanc­tum Con­ci­li­um, 37). Die neu­en Richt­li­ni­en heben auf, was Papst Fran­zis­kus selbst gesagt hat­te: „Unter­schei­dung … ist ein Gegen­mit­tel gegen die Starr­heit, denn nicht über­all las­sen sich die­sel­ben Lösun­gen anwen­den.“ (Anspra­che an die im ver­gan­ge­nen Jahr geweih­ten Bischö­fe, 14. Sep­tem­ber 2017).

Dia­ne Mon­tagna: Vie­le katho­li­sche Bischö­fe haben Tra­di­tio­nis Cus­to­des groß­zü­gig und ent­spannt aus­ge­legt. Die neu­en Richt­li­ni­en deu­ten stark dar­auf hin, daß der Hei­li­ge Stuhl nun die Schrau­ben anzieht, um sicher­zu­stel­len, daß die Bischö­fe die von der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst vor­ge­ge­be­ne „Rich­tung“ ein­hal­ten. Was ist Ihre Bot­schaft an Ihre Mit­brü­der unter den Bischöfen?

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Ich möch­te mei­ne Mit­brü­der unter den Bischö­fen ermu­ti­gen, ech­te Hir­ten zu sein und eine „krea­ti­ve Näch­sten­lie­be“ auch auf die­je­ni­gen unter ihren Gläu­bi­gen aus­zu­deh­nen, die im alten römi­schen Ritus auf­ge­wach­sen sind oder die dank die­ser Form der kirch­li­chen Lit­ur­gie eine ent­schei­den­de, gna­den­rei­che Begeg­nung mit Gott hat­ten. In der Tat hat Papst Fran­zis­kus die Bischö­fe ja immer wie­der dazu auf­ge­for­dert, sich mit pasto­ra­ler Krea­ti­vi­tät um die Men­schen zu küm­mern, die an den Rand gedrängt, deren reli­giö­se Bestre­bun­gen ver­kannt wer­den. Vie­le Gläu­bi­ge, die der älte­ren römi­schen Form anhän­gen, vor allem jün­ge­re Men­schen, kämen nie auf den Gedan­ken, sich auf kirch­li­che und lit­ur­gi­sche Pole­mi­ken über das Zwei­te Vati­ka­num und den Novus Ordo ein­zu­las­sen. Daher soll­ten die Bischö­fe als wah­re Hir­ten krea­tiv Lösun­gen fin­den, damit die­se Gläu­bi­gen nicht in ein Ghet­to abge­scho­ben und als Katho­li­ken zwei­ter Klas­se behan­delt wer­den. Hier könn­ten die Bischö­fe das mora­li­sche Prin­zip der epi­keia [der Tugend, auch unter schwie­ri­gen Bedin­gun­gen ethisch gut zu han­deln] anwen­den, nach dem ein Gesetz um eines höhe­ren Gutes wil­len ganz oder teil­wei­se nicht ein­ge­hal­ten wird.

Dia­ne Mon­tagna: In sei­nem Begleit­schrei­ben zu Tra­di­tio­nis Cus­to­des teil­te Papst Fran­zis­kus den Bischö­fen der Welt mit, er habe den „festen Ent­schluss“ gefaßt, „sämt­li­che Nor­men, Anwei­sun­gen, Erlaub­nis­se und Gebräu­che, die sei­nem Motu pro­prio vor­aus­ge­hen“, als Ant­wort auf ihre Bit­ten auf­zu­he­ben. Dabei war jedoch, wie in einer Tri­lo­gie von gut recher­chier­ten Berich­ten (sie ent­hal­ten die Zusam­men­stel­lung von Zita­ten der Bischö­fe, die in den detail­lier­ten Bericht auf­ge­nom­men wur­den, den die Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re für Papst Fran­zis­kus vor­be­rei­tet hat) aus­führ­lich dar­ge­legt wur­de, die Bot­schaft der Bischö­fe „im Grun­de genom­men, Sum­morum Pon­ti­fi­cum nicht anzu­ta­sten und mit einer umsich­ti­gen und sorg­fäl­ti­gen Anwen­dung fort­zu­fah­ren“. Wäre es für die Bischö­fe jetzt nicht an der Zeit, den Hei­li­gen Stuhl auf­zu­for­dern, den detail­lier­ten Haupt­be­richt der Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on zu ver­öf­fent­li­chen? (Sie­he besag­te Tri­lo­gie hier.)

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Papst Fran­zis­kus hat wie­der­holt zu abso­lu­ter Trans­pa­renz im Leben der Kir­che und ins­be­son­de­re inner­halb der Römi­schen Kurie auf­ge­ru­fen, wie die fol­gen­de Erklä­rung bezeugt: „Das zu errei­chen­de Ziel ist stets die För­de­rung einer grö­ße­ren Har­mo­nie in der Arbeit der ver­schie­de­nen Dik­aste­ri­en und Büros, um eine effi­zi­en­te­re Zusam­men­ar­beit im Rah­men einer abso­lu­ten Trans­pa­renz, die ech­te Syn­oda­li­tät und Kol­le­gia­li­tät auf­baut, zu ermög­li­chen.“ (Gruß­wort an die Kar­di­nä­le zu Beginn des Kon­si­sto­ri­ums, 12. Febru­ar 2015). Die Ver­öf­fent­li­chung des detail­lier­ten Berichts, den die Glau­bens­kon­gre­ga­ti­on auf der Grund­la­ge ihrer Umfra­ge unter den Bischö­fen der Welt erstellt hat, ist daher von höch­ster Dring­lich­keit. Doch selbst wenn dies nicht in unmit­tel­ba­rer Zukunft gesche­hen soll­te, so wis­sen wir doch, daß „nichts ver­bor­gen ist, was nicht offen­bar wer­den soll, und nichts geheim, was nicht bekannt wer­den und ans Licht kom­men soll“ (Lk 8,17).

Dia­ne Mon­tagna: Der hei­li­ge Robert Bell­ar­min, ita­lie­ni­scher Jesu­it und Kir­chen­leh­rer (1542–1621), hat gesagt: „So wie es recht­mä­ßig ist, dem Papst Wider­stand zu lei­sten, wenn er die Per­son eines Men­schen angreift, so ist es recht­mä­ßig, ihm Wider­stand zu lei­sten, wenn er die See­len angreift oder den Staat bedrängt, und noch viel mehr, wenn er danach strebt, die Kir­che zu zer­stö­ren. Es ist recht­mä­ßig, sage ich, ihm zu wider­ste­hen, indem man nicht tut, was er befiehlt, und die Aus­füh­rung sei­nes Wil­lens behin­dert.“ Haben die Bischö­fe als Nach­fol­ger der Apo­stel also die Pflicht, sich die­sen Maß­nah­men zu widersetzen?

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Die Bischö­fe haben das Recht, sich die­sen Maß­nah­men ehr­fürch­tig und umsich­tig zu wider­set­zen, da sie ein­deu­tig dem Wohl der gesam­ten Kir­che scha­den, indem sie eine jahr­tau­sen­de­al­te lit­ur­gi­sche Erfah­rung, die sich als frucht­bar erwie­sen hat, fast voll­stän­dig abschaf­fen. Den gro­ßen Schatz an lit­ur­gi­schen Riten, der im Pon­ti­fi­cale Roma­num ent­hal­ten ist, ein­fach aus­zu­lö­schen, ein­schließ­lich der theo­lo­gisch und lit­ur­gisch rei­chen Riten der Priester‑, Dia­ko­nats- und Nie­de­ren Wei­hen, des Ritus der Fir­mung und der ver­schie­de­nen ande­ren Wei­hen (wie den Wei­hen von Altä­ren, Kir­chen und Jung­frau­en), die von der römi­schen Kir­che nicht nur über fünf­zig Jah­re, wie es bei den refor­mier­ten lit­ur­gi­schen Riten der Fall ist, son­dern über ein Jahr­tau­send bei­be­hal­ten wur­den, scha­det der gesam­ten Kir­che. Die­je­ni­gen, die der­zeit in Rom das Sagen haben – deren Amts­zeit im Ver­gleich zur zwei­tau­send­jäh­ri­gen Geschich­te der Kir­che rela­tiv kurz ist –, kön­nen sich nicht so ver­hal­ten, als sei­en sie die allei­ni­gen Besit­zer eines jahr­tau­sen­de­al­ten lit­ur­gi­schen Schat­zes der Kir­che. Dar­über hin­aus wird eine beträcht­li­che Mehr­heit vor­bild­li­cher Katho­li­ken, die der tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie ver­bun­den sind und denen es kei­nes­wegs an Treue zum der­zei­ti­gen Papst und zu ihren eige­nen Bischö­fen man­gelt, offen ver­leum­det und dis­kri­mi­niert. Die Bischö­fe – und in erster Linie die Mit­glie­der des Hei­li­gen Kar­di­nals­kol­le­gi­ums – soll­ten dem Papst gegen­über ihre Besorg­nis zum Aus­druck brin­gen und ihn auf den gro­ßen Scha­den und die ekla­tan­te Unge­rech­tig­keit auf­merk­sam machen, die gegen eine umfang­rei­che Grup­pe from­mer Katho­li­ken began­gen wird.

Dia­ne Mon­tagna: Wel­che kir­chen­recht­li­chen Fra­gen wer­fen die Respon­sa ad dubia auf? Ist das Doku­ment rechtsgültig?

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Aus for­ma­ler Sicht ist das Doku­ment rechts­gül­tig, da es von einer legi­ti­men Auto­ri­tät des Hei­li­gen Stuhls – der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst – mit Geneh­mi­gung des Pap­stes her­aus­ge­ge­ben wur­de. Die Respon­sa ad dubia sind ein ein­drucks­vol­les Bei­spiel für die bekann­te Maxi­me „summum ius, sum­ma ini­uria“, d. h.: Ein for­mal kor­rek­tes Gesetz kann zu einer gro­ßen Unge­rech­tig­keit wer­den. Die­ses Doku­ment wird als ein tra­gi­sches Bei­spiel dafür in die Geschich­te ein­ge­hen, daß der Hei­li­ge Stuhl ein heik­les pasto­ra­les Pro­blem mit Gewalt gelöst hat.
Die neu­en Richt­li­ni­en der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst haben nichts gelöst, son­dern statt­des­sen einen pasto­ra­len Still­stand geschaf­fen und vie­le Prie­ster und Gläu­bi­ge in gra­vie­ren­de Gewis­sens­nö­te gebracht. Wir wer­den erstaun­li­cher­wei­se Zeu­gen einer unnach­gie­bi­gen inqui­si­to­ri­schen Metho­de in einem Pon­ti­fi­kat, das sich selbst als eines der „Zärt­lich­keit“ und der pasto­ra­len Sen­si­bi­li­tät bezeich­net hat, wie die fol­gen­den Wor­te von Papst Fran­zis­kus bezeu­gen: „Wenn wir nicht mit einer Hal­tung von Mit­ge­fühl und Zärt­lich­keit dahin kom­men, eine sol­che Kir­che der Nähe zu wer­den, sind wir nicht die Kir­che des Herrn. … Ver­ges­sen wir nicht den Stil Got­tes, der uns dabei hel­fen muss: Nähe, Mit­leid und Zärt­lich­keit.“ (Anspra­che zur Eröff­nung der Syn­ode, 9. Okto­ber 2021).

Dia­ne Mon­tagna: Was bedeu­tet das neue Doku­ment für die ehe­ma­li­gen Eccle­sia-Dei-Insti­tu­te? Kön­nen sie wei­ter­hin Prie­ster nach dem tra­di­tio­nel­len Ritus weihen?

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: In dem von der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst her­aus­ge­ge­be­nen Doku­ment wer­den die ehe­ma­li­gen Eccle­sia-Dei-Insti­tu­te nicht aus­drück­lich erwähnt. Es ist jedoch unge­wiß, ob die­se Insti­tu­te und Gemein­schaf­ten wei­ter­hin das alte Pon­ti­fi­cale Roma­num für die Nie­de­ren und Höhe­ren Wei­hen sowie für die Fei­er des Sakra­ments der Fir­mung nach dem­sel­ben Pon­ti­fi­cale in ihren eige­nen Pfar­rei­en und an ande­ren Orten, an denen sie ihr Apo­sto­lat aus­üben, ver­wen­den kön­nen. Der Hei­li­ge Stuhl muß die Tat­sa­che berück­sich­ti­gen, daß eben der­sel­be Hei­li­ge Stuhl die­sen Insti­tu­ten bei ihrer Errich­tung die Garan­tie gege­ben hat, daß sie alle vor dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil gül­ti­gen lit­ur­gi­schen Bücher ver­wen­den kön­nen. Der neur­al­gi­sche Punkt in die­ser Hin­sicht ist die Fra­ge der Ordi­na­ti­ons­ri­ten. Wür­de der Hei­li­ge Stuhl die­sen Insti­tu­ten und Gemein­schaf­ten die alten Wei­he­ri­ten ver­wei­gern, wäre dies ein ent­setz­li­ches Bei­spiel für den Bruch sei­nes fei­er­li­chen Wor­tes, und es wür­de die Glaub­wür­dig­keit und Inte­gri­tät des Hei­li­gen Stuhls auch in den öku­me­ni­schen Bezie­hun­gen zu den nicht-katho­li­schen Gemein­schaf­ten beein­träch­ti­gen. Die nicht-katho­li­schen Gemein­schaf­ten beob­ach­ten das Gesche­hen und kön­nen deut­lich erken­nen, daß der Hei­li­ge Stuhl sein Wort gegen­über einer Grup­pe von Katho­li­ken bricht, mit denen er eine fried­li­che und ver­söhn­li­che Lösung gefun­den hat­te. Die gewalt­sa­me und heim­tücki­sche Behand­lung von Katho­li­ken, die an der alten lit­ur­gi­schen Tra­di­ti­on fest­hal­ten, wird die ortho­do­xen kirch­li­chen Gemein­schaf­ten sicher­lich nicht dazu inspi­rie­ren, sich mit dem Apo­sto­li­schen Stuhl zu versöhnen.

Dia­ne Mon­tagna: War­um erlaubt der Vati­kan dem “New Ways Mini­stry“, das die LGBT-Agen­da för­dert, an der Syn­ode über Syn­oda­li­tät teil­zu­neh­men, ver­säumt es jedoch ande­rer­seits, auf die tra­di­tio­nel­len Katho­li­ken zu hören oder sich mit ihnen über irgend­ei­ne die­ser neu­en Maß­nah­men zu bera­ten? Was sol­len die Gläu­bi­gen von der Syn­oda­li­tät hal­ten, wenn die Hier­ar­chie auf eine Grup­pe hört, die gegen die Leh­re der Kir­che ist, aber nicht auf Katho­li­ken, die die Tra­di­ti­on und Leh­re der Kir­che hoch­hal­ten? (Sie­he die­sen Arti­kel mit Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen.)

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Die will­kür­li­che „Aus­wahl“ des Hei­li­gen Stuhls offen­bart jedem objek­ti­ven Beob­ach­ter, daß die „Syn­oda­li­tät“ – mit ihrem „Hören auf alle“ – in Wahr­heit ein ein­sei­tig ideo­lo­gi­sches Unter­neh­men ist. Es han­delt sich nicht um ech­te Syn­oda­li­tät, son­dern um das ego­zen­tri­sche Bestre­ben into­le­ran­ter Gleich­ge­sinn­ter mit einem vor­ge­fer­tig­ten Pro­gramm, das den katho­li­schen Glau­ben und die katho­li­sche Lit­ur­gie zuneh­mend schwam­mig und nebu­lös macht. Wer die­ser Agen­da im Wege steht, wie etwa die vie­len Katho­li­ken – dar­un­ter vie­le jun­ge Men­schen –, die der tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie ver­bun­den sind, wird nicht in den Ent­schei­dungs­pro­zeß einbezogen.

Dia­ne Mon­tagna: Abbé Clau­de Bar­the, ein Histo­ri­ker, Jurist und Exper­te für die tra­di­tio­nel­le Lit­ur­gie der Diö­ze­se Fré­jus-Tou­lon in Frank­reich, sag­te dem Natio­nal Catho­lic Regi­ster nach der Ver­öf­fent­li­chung des Doku­ments, daß „wir uns im Namen des sen­sus fide­li­um gegen Tra­di­tio­nis Cus­to­des und sei­ne Aus­le­gung durch Nicht-Annah­me weh­ren müs­sen, weil es ein lehr­mä­ßig unge­rech­tes Gesetz ist“. Wie soll­ten Ihrer Mei­nung nach die Lai­en auf die neu­en Richt­li­ni­en reagieren?

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Um des geist­li­chen Wohls der gesam­ten Kir­che und der Ehre des Apo­sto­li­schen Stuhls wil­len, der das gesam­te lit­ur­gi­sche Erbe stets wach­sam bewahrt und wei­ter­ge­ge­ben hat, soll­ten die Lai­en die Auto­ri­tä­ten des Hei­li­gen Stuhls, in erster Linie den Papst selbst, wei­ter­hin bit­ten, der tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie, ein­schließ­lich des gesam­ten lit­ur­gi­schen Erbes der römi­schen Kir­che, die vol­le Frei­heit zu gewäh­ren, und zwar ohne jeg­li­che demü­ti­gen­den und dis­kri­mi­nie­ren­den Bedin­gun­gen. Sol­che Bit­ten könn­ten durch Peti­tio­nen und ins­be­son­de­re durch eine welt­wei­te Gebets­ket­te vor­ge­bracht wer­den. Sie soll­ten die von unse­rem Herrn im Evan­ge­li­um vor­ge­stell­te hart­näcki­ge Wit­we nach­ah­men, die dem unge­rech­ten Rich­ter gegen­über beharr­lich war (sie­he Lukas 18,1–8).
Sie könn­ten dem Rat fol­gen, den kein ande­rer als Papst Fran­zis­kus selbst gab: Er for­der­te die Lai­en auf, ihre Hir­ten zu „belä­sti­gen“, indem er den Hei­li­gen Cae­sa­ri­us von Arles (+542) zitier­te. Papst Fran­zis­kus sag­te:
„Ein­mal habe ich etwas sehr Schö­nes dar­über gele­sen, wie das Volk Got­tes den Bischö­fen und Prie­stern hilft, gute Hir­ten zu sein. Es ist ein Text des hei­li­gen Cae­sa­ri­us von Arles, eines Kir­chen­va­ters der ersten Jahr­hun­der­te der Kir­che. Er erklär­te, wie das Volk Got­tes dem Hir­ten hel­fen muß, und er gebrauch­te fol­gen­des Bei­spiel: Wenn das Kalb Hun­ger hat, geht es zur Kuh, zur Mut­ter, um Milch zu trin­ken. Die Kuh aber gibt sie nicht sofort: Es scheint, als hal­te sie die Milch für sich zurück. Und was tut das Kälb­chen? Es stößt mit sei­ner Nase gegen den Euter der Kuh, damit die Milch kommt. Das ist ein schö­nes Bild! ‚So müßt ihr mit den Hir­ten sein‘, sagt der Hei­li­ge, ‚immer an ihre Tür klop­fen, an ihr Herz, damit sie euch die Milch der Leh­re, die Milch der Gna­de und die Milch der Füh­rung geben.‘ Und ich bit­te euch, die Hir­ten zu belä­sti­gen, die Hir­ten zu stö­ren, uns alle, die wir Hir­ten sind, damit wir euch die Milch der Gna­de, der Leh­re und der Füh­rung geben kön­nen. Belä­sti­gen! Denkt an die­ses schö­ne Bild des Kälb­chens, wie es die Mut­ter nicht in Ruhe lässt, damit sie ihm zu trin­ken gibt.“ (Regi­na cae­li, 11. Mai 2014)

Dia­ne Mon­tagna: Aus dem Doku­ment scheint her­vor­zu­ge­hen, daß hier ein Tri­umph des lehr­amt­li­chen Posi­ti­vis­mus vor­liegt, nicht aber der Tri­umph eines emp­fan­ge­nen Glau­bens. Mit ande­ren Wor­ten: Uns wird jetzt vor­ge­schrie­ben, was wir über die Lit­ur­gie zu glau­ben haben, im Gegen­satz zu dem, was wir von unse­rer Hei­li­gen Mut­ter Kir­che dar­über gelernt haben, was wahr, gut, schön und hei­lig ist.

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Ich den­ke, wir alle, und vor allem die Ver­ant­wort­li­chen in der Kir­che, täten gut dar­an, uns an die kon­stan­te Hal­tung der römi­schen Kir­che über die Jahr­tau­sen­de hin­weg zu erin­nern, d. h. an die Ach­tung vor dem ent­schei­den­den Gewicht der Tra­di­ti­on im Glau­ben und in der Lit­ur­gie der Kir­che. Der von Papst Ste­phan I. (+257) for­mu­lier­te Grund­satz aus den ersten Jahr­hun­der­ten bleibt ein leuch­ten­des Bei­spiel: nihil innov­etur nisi quod tra­di­t­um est, d. h. „Es darf nichts Neu­es ein­ge­führt wer­den, was gegen die Tra­di­ti­on gerich­tet ist.“ Wen­det man die­sen Grund­satz auf eine Lit­ur­gie­re­form an, so soll­ten nicht nur der Inhalt, son­dern auch ande­re rele­van­te Tei­le des lit­ur­gi­schen Ritus bei­be­hal­ten wer­den. Der Novus Ordo Mis­sae ist ein Bei­spiel für eine Reform, bei der in wich­ti­gen Tei­len der Mes­se Neue­run­gen ein­ge­führt wur­den, die nicht über­lie­fert waren, wie z. B. die neu­en Offer­to­ri­ums­ge­be­te oder die Exi­stenz einer Viel­zahl von eucha­ri­sti­schen Gebe­ten. Die authen­ti­sche Mes­se des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils ist der Ordo Mis­sae von 1965 mit sei­nen vor­sich­ti­gen, nicht revo­lu­tio­nä­ren Ände­run­gen.
In Zei­ten gro­ßer und all­ge­mei­ner lehr­mä­ßi­ger und lit­ur­gi­scher Ver­wir­rung, in Zei­ten von Expe­ri­men­ten und Neue­run­gen muß ein Katho­lik dem Alt­über­lie­fer­ten fol­gen, so der hei­li­ge Vin­zenz von Lerins (+445):

Was wird also der katho­li­sche Christ tun, wenn sich irgend­ein klei­ner Teil der Kir­che von der all­ge­mei­nen Glau­bens­ge­mein­schaft abson­dert? Was anders, als dem anstecken­den, kran­ken Glie­de die Gesund­heit des gan­zen Lei­bes vor­zu­zie­hen? Wie nun, wenn eine neue Seu­che schon nicht allein einen klei­nen Teil, son­dern die gan­ze Kir­che zugleich zu ver­pe­sten sucht? Dann wird er in glei­cher Wei­se besorgt sein, sich ans seit alters Über­lie­fer­te zu hal­ten, das in kei­ner Wei­se mehr von irgend­ei­ner trü­ge­ri­schen Neue­rung ver­führt wer­den kann. Wenn nun aber auch frü­her ein Irr­tum zwei­er oder drei­er Män­ner oder sogar einer gan­zen Stadt oder Pro­vinz ange­trof­fen wür­de? Dann wird er vor allem dar­auf bedacht sein, der Ver­mes­sen­heit oder der Unkennt­nis weni­ger die Beschlüs­se eines all­ge­mei­nen Kon­zils, wenn sol­che in alter Zeit von der Gesamt­heit gefaßt wur­den, vor­zu­zie­hen. Wie aber, wenn so etwas auf­taucht in Din­gen, über die sich kein der­ar­ti­ger Beschluß fin­den läßt? Dann wird er sich Mühe geben, die Aus­sprü­che der Alten mit­ein­an­der zu ver­glei­chen, her­an­zu­zie­hen und zu befra­gen, jedoch nur der­je­ni­gen, die, wenn auch zu ver­schie­de­nen Zei­ten und an ver­schie­de­nen Orten, doch in der Gemein­schaft und im Glau­ben der katho­li­schen Kir­che ver­harr­ten und so als maß­ge­ben­de Leh­rer sich bewähr­ten; wenn er dann fin­det, daß nicht nur einer oder zwei, son­dern alle zugleich und in dem­sel­ben Sin­ne etwas klar, wie­der­holt und andau­ernd fest­ge­hal­ten, geschrie­ben und gelehrt haben, so soll er wis­sen, daß auch er die­ses ohne alles Beden­ken für wahr hal­ten muß. (Com­mo­ni­to­ri­um, 3)

In Zei­ten des Zwei­fels soll­ten wir dem Alt­her­ge­brach­ten fol­gen und an ihm fest­hal­ten, was bedeu­tet, daß wir an der Tra­di­ti­on fest­hal­ten, die gül­tig war, bis zwei­fel­haf­te Neue­run­gen ein­ge­führt wur­den. Dies war das Leit­prin­zip der römi­schen Kir­che durch die Jahr­hun­der­te hindurch.

Dia­ne Mon­tagna: Wel­che Aus­wir­kun­gen wird die­ses Doku­ment Ihrer Mei­nung nach auf die Prie­ster­se­mi­na­re haben, und was ist Ihre Bot­schaft an Prie­ster und Seminaristen?

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Prie­ster und Semi­na­ri­sten soll­ten ihr Stu­di­um der Doku­men­te über die Tra­di­ti­on des katho­li­schen Glau­bens und der katho­li­schen Lit­ur­gie inten­si­vie­ren und dadurch ihre Lie­be zu dem ver­stär­ken, was unse­re Vor­fah­ren und die Hei­li­gen glaub­ten, schätz­ten und leb­ten: die tra­di­tio­nel­le Lit­ur­gie der römi­schen Kir­che. Sie soll­ten ihre Vor­ge­setz­ten und Bischö­fe beharr­lich bit­ten, die Fei­er der tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie zuzu­las­sen und das Prin­zip der epi­keia anzu­wen­den, indem sie zumin­dest indi­vi­du­ell das Recht gewäh­ren, im Alten Ritus zu fei­ern. Wenn ihnen ein sol­ches Recht ver­wei­gert wird, kön­nen sie unter Anwen­dung des­sel­ben Prin­zips der epi­keia – und in der gegen­wär­ti­gen Not­si­tua­ti­on einer bei­spiel­lo­sen Kri­se in der Kir­che – zumin­dest pri­vat den tra­di­tio­nel­len Ritus der Hei­li­gen Mes­se zelebrieren.

Dia­ne Mon­tagna: Wenn Papst Fran­zis­kus das Ver­mächt­nis von Papst Bene­dikt XVI. (d. h. Sum­morum Pon­ti­fi­cum) rück­gän­gig machen und Bene­dikts Leh­re in einer so wich­ti­gen Ange­le­gen­heit wie der hei­li­gen Lit­ur­gie (und der Leh­re von Papst Pius V. in Quo Pri­mum) direkt wider­spre­chen kann, bedeu­tet dies, daß jede Leh­re eines Pap­stes von sei­nem Nach­fol­ger ohne wei­te­res rück­gän­gig gemacht wer­den kann, und wenn ja, wo bleibt dann die Auto­ri­tät Petri? Wel­chen Prä­ze­denz­fall schafft das für die Auto­ri­tät künf­ti­ger päpst­li­cher Leh­ren und für die Auto­ri­tät der Kir­che im Allgemeinen?

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Hier soll­ten Tra­di­ti­on und Alter immer Vor­rang haben. Je mehr ein Papst die leben­di­gen Schät­ze des Glau­bens und der Lit­ur­gie der römi­schen Kir­che treu bewahrt und wei­ter­gibt – die ja kei­nes­wegs „Muse­ums-Epi­kie- (gegen den Wort­laut einer Rege­lung dann zu ver­sto­ßen, wenn dies nötig ist, um ihrem Sinn zu gehor­chen) ‑Stücke“ sind, son­dern eine leben­di­ge Rea­li­tät, was vie­le gro­ße Hei­li­ge durch ihr Leben bezeu­gen –, desto bes­ser erfüllt er sei­ne eigent­li­che Auf­ga­be und übt sei­ne eigent­li­che Auto­ri­tät als Nach­fol­ger Petri aus. Ein Papst soll­te die Ent­schei­dun­gen sei­ner Vor­gän­ger nur dann rück­gän­gig machen, wenn es sich ein­deu­tig um Neue­run­gen und Brü­che mit dem Glau­ben und den lit­ur­gi­schen Riten han­delt. Wir haben meh­re­re Bei­spie­le aus der Geschich­te. Die Brie­fe von Papst Hono­ri­us I. (+638), die in lehr­mä­ßi­ger Hin­sicht sehr zwei­deu­tig waren, wur­den von sei­nen Nach­fol­gern rück­gän­gig gemacht, zum Bei­spiel vom hei­li­gen Leo II., der fest­stell­te: „Anstatt die­se apo­sto­li­sche Kir­che zu rei­ni­gen, hat Hono­ri­us zuge­las­sen, daß der unbe­fleck­te Glau­be durch einen pro­fa­nen Ver­rat befleckt wird.“ Ein wei­te­res Bei­spiel: Im Jahr 1535 gab Papst Paul III. ein Bre­vier her­aus, das von Kar­di­nal Qui­ño­nes zusam­men­ge­stellt wur­de und mehr als 100 Auf­la­gen erleb­te. Wegen der Miß­ach­tung der Tra­di­ti­on wur­de es jedoch 1558 von Papst Paul IV. ver­bo­ten.
Tra­di­tio­nis Cus­to­des und das aktu­el­le Doku­ment der Kon­gre­ga­ti­on für den Got­tes­dienst zer­stö­ren die gedul­di­ge Arbeit für Frie­den, Ver­söh­nung und kirch­li­che Gemein­schaft, die Papst Johan­nes Paul II. mit dem Motu Pro­prio Eccle­sia Dei und Bene­dikt XVI. mit Sum­morum Pon­ti­fi­cum gelei­stet haben. Die­se haben ech­te Brücken zur Tra­di­ti­on und zu einem beträcht­li­chen Teil des tra­di­tio­nel­len Kle­rus und der Gläu­bi­gen gebaut und damit gezeigt, was es in Wahr­heit bedeu­tet, ein „Pon­ti­fex“ zu sein. Papst Fran­zis­kus hin­ge­gen hat die Brücke, die sei­ne bei­den Vor­gän­ger gebaut haben, nun abgerissen.

Dia­ne Mon­tagna: Exzel­lenz, Sie haben häu­fig mit ortho­do­xen Geist­li­chen zu tun. Die ortho­do­xen Kir­chen­füh­rer haben sich wäh­rend des Pon­ti­fi­kats von Bene­dikt der katho­li­schen Kir­che vor allem des­halb ange­nä­hert, weil sie sei­nen Respekt für die hei­li­ge Lit­ur­gie schätz­ten. Wie, glau­ben Sie, wer­den sie die­se Maß­nah­men zur Abschaf­fung der tra­di­tio­nel­len Lit­ur­gie und der Sakra­men­te der römi­schen Kir­che auf­neh­men? Wel­che Aus­wir­kun­gen wird dies Ihrer Mei­nung nach auf die öku­me­ni­schen Bezie­hun­gen zu den Ortho­do­xen haben?

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Sol­che Maß­nah­men des Hei­li­gen Stuhls, die ein­deu­tig eine Miß­ach­tung der alten lit­ur­gi­schen Tra­di­ti­on dar­stel­len, wer­den zwei­fel­los die Kluft des bereits bestehen­den Miß­trau­ens der ortho­do­xen Kir­chen, ins­be­son­de­re der rus­sisch-ortho­do­xen, gegen­über dem Hei­li­gen Stuhl ver­tie­fen. Ich erin­ne­re mich ger­ne dar­an, daß mir meh­re­re rus­sisch-ortho­do­xe Prie­ster und Bischö­fe gra­tu­lier­ten, als Papst Bene­dikt XVI. das wahr­haft epo­cha­le und groß­her­zi­ge Motu Pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum ver­öf­fent­lich­te. Ein ortho­do­xer Bischof schlug sogar vor, sonn­tags in unse­rer Kathe­dra­le regel­mä­ßig eine tra­di­tio­nel­le latei­ni­sche Mes­se zu feiern.

Dia­ne Mon­tagna: Wie kann die Situa­ti­on gelöst wer­den? Was muß gesche­hen, damit die­se lit­ur­gi­schen Krie­ge, von denen die tra­di­tio­nel­len Katho­li­ken sagen, daß sie durch die jüng­sten Doku­men­te erneut ent­facht wur­den, aufhören?

Bischof Atha­na­si­us Schnei­der: Wir müs­sen beden­ken, daß Gewalt­ak­te nicht von lan­ger Dau­er sind. Die Gewalt und Unge­rech­tig­keit, die einer beträcht­li­chen Grup­pe von vor­bild­li­chen Söh­nen und Töch­tern der Kir­che durch das jüng­ste Doku­ment des Hei­li­gen Stuhls ange­tan wur­de, wird einen gegen­tei­li­gen Effekt haben. Die lit­ur­gi­sche Tra­di­ti­on wird noch mehr geliebt und gepflegt wer­den. Eini­ge Prie­ster und Gläu­bi­ge wer­den zu einem Leben mit „Kata­kom­ben­mes­sen“ gezwun­gen sein. Das soll­te sie jedoch nicht ent­mu­ti­gen oder ver­bit­tern. Die gött­li­che Vor­se­hung hat die­sen schmerz­li­chen Pro­zeß zuge­las­sen, in dem wir erle­ben, wie die Behör­den des Hei­li­gen Stuhls from­me Katho­li­ken ver­fol­gen, die dem jahr­tau­sen­de­al­ten lit­ur­gi­schen Schatz der römi­schen Kir­che ver­bun­den sind. Sie soll­ten den Papst und ihre Bischö­fe wei­ter­hin lie­ben und ihre Gebe­te und Taten der Wie­der­gut­ma­chung und Buße ver­stär­ken, indem sie Gott demü­tig anfle­hen, er möge dem Papst und den Bischö­fen die Augen öff­nen und in ihnen die Wert­schät­zung und Lie­be für den Schatz die­ser alten lit­ur­gi­schen Tra­di­tio­nen wecken. Möge in Papst Fran­zis­kus und vie­len ande­ren Bischö­fen die Erin­ne­rung an die Freu­de der Tage ihrer Kind­heit und Jugend wie­der erwa­chen, als sie die­se bewe­gen­den und ewig jun­gen Wor­te hör­ten oder selbst spra­chen: „Introi­bo ad alta­re Dei, ad Deum qui lae­ti­fi­cat iuven­tu­tem meam!“, d. h. „Zum Alta­re Got­tes will ich tre­ten: zu Gott, der mich erfreut von Jugend auf.“ Wir hegen die feste Hoff­nung, daß der Papst die­se Wor­te eines Tages wie­der selbst am Fuße des Altars im Peters­dom in Rom spre­chen wird.

Bild: Ste­ve Jalsevac/​LifeSite

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