Der Christbaum für den Petersplatz konnte nicht gefällt werden – im Namen der Ökoreligion?

Eine schräg-skurrile Geschichte aus den italienischen Bergen


Die Weißtanne links im Bild sollte am Montag gefällt werden und im Weihnachtsfestkreis den Petersplatz in Rom verschönern. Die Eingabe eines Richters und Hobbyphotographen machte das Vorhaben jedoch zunichte – im Namen des Naturschutzes.
Die Weißtanne links im Bild sollte am Montag gefällt werden und im Weihnachtsfestkreis den Petersplatz in Rom verschönern. Die Eingabe eines Richters und Hobbyphotographen machte das Vorhaben jedoch zunichte – im Namen des Naturschutzes.

(Rom) Der in die­sem Jahr für den Peters­platz vor­ge­se­he­ne Weih­nachts­baum wird nicht nach Rom gelie­fert, son­dern durch einen ande­ren Baum ersetzt wer­den. Eine kurio­se Pro­gramm­än­de­rung in einer schrä­gen Zeit.

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Die Geschich­te des Man­nes, der die Weiß­tan­ne ret­ten woll­te, die an den Vati­kan geschickt wer­den soll­te, um den Peters­platz weih­nacht­lich zu schmücken, ging um die Welt. Und tat­säch­lich wird „sein“ Baum nicht gefällt, son­dern ein anderer.

Dario Rapi­no ist ein Natur­pho­to­graph, Buch­au­tor und als Zivil­rich­ter ein ver­sier­ter Jurist. Seit zwei Jah­ren setz­te er sich in den Kopf, die Fäl­lung eines bestimm­ten Bau­mes in der Gemein­de Rosel­lo zu ver­hin­dern, der für den Peters­platz bestimmt war. Dafür hol­te er sich die Rücken­deckung durch den WWF, mit dem er schon frü­her zusam­men­ge­ar­bei­tet hat­te. Der Natur­pho­to­graph pran­ger­te die Absicht, den Baum zu schlä­gern, als „Arbo­ri­zid“ an. Rapi­no selbst gab nun die Nach­richt bekannt, „aus zuver­läs­si­ger Quel­le“ erfah­ren zu haben, daß die Gemein­de Rosel­lo den ihm wich­ti­gen Baum nicht fäl­len wird.

„Die Regi­on Abruz­zen hat einen ande­ren Baum, kei­ne Weiß­tan­ne, zur Ver­fü­gung gestellt“, so Rapi­no gegen­über einer Lokal­zei­tung. Der neue Baum stam­me aus der Baum­schu­le von Pale­na, einem Stand­ort zu fäl­len­der Bäu­me. Rapi­no freut sich, daß ihm die „Ret­tung der jahr­hun­der­te­al­ten Pflan­ze gelun­gen ist“ Das sei „ein Grund zu gro­ßer Freu­de“. Wor­um es geht, läßt der Rich­ter in einem Neben­satz erken­nen. Sein „Sieg“ sei dadurch „über­schat­tet“, daß ein ande­rer Baum für den Peters­platz gefällt wird. Den Brauch des Christ­baums bezeich­net er als „tri­ba­le Tra­di­ti­on, die frü­her oder spä­ter enden“ müsse.

Zur Geschich­te des Weih­nachts­baum sie­he: Der Weih­nachts­baum stammt aus Geismar – Heid­nisch oder christlich?

Sei­nen Kampf um die Weiß­tan­ne nahm Rapi­no vor zwei Jah­ren mit einem Brief an Papst Fran­zis­kus auf. Er will durch genaue Loka­li­sie­rung nach­ge­wie­sen haben, daß die Tan­ne nicht in den Abruz­zen, son­dern auf dem Gebiet der Nach­bar­re­gi­on Moli­se steht, wes­halb die Geneh­mi­gung zu ihrer Schlä­ge­rung nich­tig sei. Am 15. Sep­tem­ber 2020 erhielt er die Emp­fangs­be­stä­ti­gung aus dem Vati­kan. Sein Kampf­geist sei damals erwacht, als der Vize­bür­ger­mei­ster von Rosel­lo bekannt­gab, daß die Gemein­de der Abruz­zen dem Papst für 2022 den Weih­nachts­baum auf dem Peters­platz schen­ken und dafür eine Weiß­tan­ne aus­su­chen wird. Die Weiß­tan­nen der Gegend ste­hen, so Rapi­no, alle in einem Natur­schutz­ge­biet und dür­fen nicht gefällt werden.

Im Schrei­ben an Papst Fran­zis­kus erin­ner­te er an des­sen Enzy­li­ka Lau­da­to si’ über das Ver­hält­nis von Mensch und Natur, und daß der Mensch nicht mehr sei­ner Umwelt ent­neh­men dür­fe, als er selbst braucht. Er ersuch­te den Papst, die Schlä­ge­rung des Bau­mes zu ver­hin­dern, da er „mit all sei­nen Funk­tio­nen für das Öko­sy­stem“ wich­tig sei. Ant­wort erhielt er aller­dings keine.

Am Mon­tag­mor­gen haben die Cara­bi­nie­ri vom zustän­di­gen Forst­amt Moli­se, auf Rapi­nos Anzei­gen hin, die Schlä­ge­rung der Weiß­tan­ne ver­hin­dert. Gesiegt hat er, denn die Zeit läuft. Wenn ein Baum auf dem Peters­platz recht­zei­tig auf­ge­stellt wer­den soll, muß er jetzt gefällt und nach Rom trans­por­tiert wer­den. Eine Klä­rung der strit­ti­gen Fra­ge kann nicht abge­war­tet werden.

Was Rapi­no und zahl­rei­che Medi­en, die ihm viel Raum boten, nicht berich­tet haben: Es stimmt, daß die Weiß­tan­ne, die kein Baum des medi­ter­ra­nen Südens ist, auf dem Apen­nin einst wei­ter ver­brei­tet war als heu­te, dann durch Schlä­ge­rung und Auf­for­stung von der Buche ver­drängt wur­de. Aller­dings ist die Weiß­tan­ne kein so sel­te­ner Baum, wie man rund um die kurio­se Geschich­te mei­nen könn­te. Allein in dem klei­nen Moli­se gibt es einen Bestand von fast 1000 Hekt­ar. In Rosel­lo in den Abruz­zen, wo sich eben­falls ein aus­ge­dehn­ter Weiß­tan­nen­hain befin­det, steht auch die mit 45 Metern höch­ste Weiß­tan­ne Ita­li­ens. Da die­se Baum­art die som­mer­li­che Trocken­heit bes­ser ver­trägt als die Buche, die ihr lan­ge vor­ge­zo­gen wur­de, könn­te sie bald wie­der grö­ße­re Ver­brei­tung finden.

Nach­denk­li­cher stimmt, ohne dies auf den umtrie­bi­gen Natur­pho­to­gra­phen zu bezie­hen, zu des­sen genau­en Beweg­grün­den kei­ne Kennt­nis­se vor­lie­gen, daß all­ge­mein fest­ge­stellt wer­den kann, daß beim Ver­blas­sen der wah­ren Reli­gi­on kein Vaku­um ent­steht, son­dern Ersatz­re­li­gio­nen an ihre Stel­le tre­ten. Eine davon nennt sich Ökor­e­li­gi­on. Sie treibt, von Medi­en und rei­chen Mil­li­ar­därs­stif­tun­gen befeu­ert, der­zeit beson­ders schrä­ge und skur­ri­le Blü­ten, ein­schließ­lich der Her­aus­bil­dung eines Öko­ter­ro­ris­mus. Dabei wird die Gra­dua­li­tät im Schöp­fungs­werk miß­ach­tet und viel­fach Gott selbst nicht mehr aner­kannt. An Sei­ne Stel­le tritt eine göt­zen­haf­te Gaia, die als „Mut­ter Erde“ betrach­tet wird und – ab da wird es wirk­lich gefähr­lich – das Leben eines Men­schen gerin­ger ach­tet als einen über­stei­ger­ten „Natur­schutz“, der den Men­schen absur­der­wei­se ausklammert.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Pri­mo Nume­ro (Screen­shot)

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