Von einer Katholikin
Die auf zwei Jahre angelegte Weltsynode zur synodalen Kirche hat begonnen. Eine Zeit der „Begegnung, des Zuhörens und der Reflexion“ solle es sein, so der Papst bei der Eröffnung. Die Leitgedanken Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung stehen im Raum bzw. wortreich auf viel Papier, dem römischen Vorbereitungsdokument und dem Vademecum, dem Leitfaden für die ‚Zuhörsynode‘. Wer wollte da nicht zustimmen, daß Dialog und Zuhören gut sind für ein gedeihliches Miteinander auf einem gemeinsamen Weg in der Kirche?
Doch wem noch der Schock über das jüngste Motu proprio des Papstes in den Gliedern sitzt, der fragt sich schon, ob es nicht einen inneren Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen gibt. Denn Zuhören und Verstehen müßten ja auch den Katholiken der Tradition zuteilwerden. Wurden sie also rechtzeitig kollektiv unter Spaltungsverdacht gestellt und die alte Messe eingeschränkt?
Insbesondere in Deutschland sind lehramtstreue Katholiken durch die Erfahrungen mit dem sogenannten „Synodalen Weg“ geprägt. Die Rede von einer synodalen Kirche macht mißtrauisch, zumal die römischen Synodenpapiere bewußt Raum für Interpretationen lassen. Zu viel Träume und Kreativität, innovatives Denken und eine Kirche unter den Zeichen der Zeit im dritten Jahrtausend. Skepsis ist angebracht gegenüber einem solchen Mammutprojekt und seiner Offenheit. Wird es der vielbeschworene Heilige Geist, „der durch das Volk Gottes spricht“ (Vademecum, S. 12) schon richten? Wird man die eine geoffenbarte Wahrheit unverfälscht wahrhaben wollen, obwohl das unbequem ist und sich gegen die Ideologie der zeitgeistigen Weltoffenheit und politischen Vereinnahmung sperrt? Jede Erneuerung der einen katholischen Kirche und jede Evangelisierung muß von dieser Wahrheit ausgehen und in ihr bleiben. Auch und gerade synodale Prozesse. Wie sollen wir es da verstehen, wenn „niemand – ganz gleich welchen Glaubens – ausgeschlossen werden [sollte], wenn es darum geht, seine Ansichten und Erfahrungen zu äußern, soweit dies in der Absicht geschieht, die Kirche auf ihrem synodalen Weg bei der Suche nach Wahrheit zu unterstützen“ (Vademecum, S. 13)?
Da fällt es schwer, noch zu hoffen, daß diese Synode auf der Ebene der Weltkirche ein Korrektiv bietet zu deutschen Sonderwegen und diese einhegen kann, zumal die inoffiziell offizielle Seite der DBK resümiert:
„Die deutschen Bistümer haben unterschiedliche Wege gewählt, um Katholikinnen und Katholiken am synodalen Prozess zu beteiligen. Die Zeit ist dabei denkbar knapp, denn bereits bis zum Ende des Jahres sollen die Diözesen ein maximal zehnseitiges Dokument erstellen und an die Deutsche Bischofskonferenz weiterleiten, in dem die jeweiligen Erfahrungen und Ideen von Synodalität geschildert werden sollen. Viele Diözesen greifen daher auf bereits vorhandene synodale Strukturen zurück.“
Wie viel deutscher „Synodaler Weg“ wird hier seinen Niederschlag finden? Verschiedene Statements und Auftaktpredigten zur Synode lassen nichts Gutes ahnen:
„Der Papst sagt zur Eröffnung, er wünsche sich keine andere Kirche, aber eine Kirche, die anders ist“, so Bischof Bode. „Gerne gehen wir den Weg dorthin auch auf Ebene der Weltkirche mit. Seit fast zwei Jahren sind wir intensiv im Synodalen Weg auf Bundesebene und auch auf Ebene unseres Bistums engagiert. Unsere Erfahrungen aus diesen Prozessen werden wir in die nun beginnende Weltsynode einbringen.“
Eben. Wolfgang Haas, Erzbischof von Vaduz im Fürstentum Liechtenstein, verzichtet auf eine Teilnahme nicht nur ob der geringen Größe seines Bistums, sondern auch, weil er die Gefahr einer ideologischen Verzweckung sieht.
„Ich bin der Auffassung, dass in unserem kleinen Erzbistum von der Durchführung eines solch komplexen und mitunter gar komplizierten Verfahrens, das in unseren Breiten Gefahr läuft, ideologisch verzweckt zu werden, aus guten Gründen abgesehen werden kann.“
Er verweist auf die „Nahverhältnisse“ in den gerade einmal zehn Pfarreien, die eine schnelle Kommunikation und einen „geistigen und geistlichen Austausch“ zwischen Seelsorgern und Laien jederzeit möglich mache.
Der reformorientierte Verein für eine offene Kirche kritisierte sofort vehement die Nichtbeteiligung an der Synode und bezichtigt den Bischof der Lüge:
„Was eine ganz neue Qualität hat, ist, dass der Erzbischof von Vaduz auch öffentlich dem Synodalen Prozess eine Absage erteilt. Er stellt sich damit offen gegen Papst Franziskus. Dieses Schreiben richtet sich wohl nicht nur an die Kirche in Liechtenstein, sondern sucht nach Zustimmung weit darüber hinaus – in den Kreisen, die Wolfgang Haas nahestehen (Petrusbruderschaft usw.). Dass der kirchliche Dialog in unserem kleinen Land ohnehin funktioniere, ist eine bare Lüge. Die Menschen erleben die Kleriker hier als wenig gesprächsbereit.“
Und hier schließt sich der Kreis. Erzbischof Haas ist der alten Messe verbunden, die in seinem Bistum bis zu Traditionis custodes in Pfarrkirchen eine Heimat hatte. Daß er die Tradition offen pflegt und fördert und auch noch „Kreisen“ wie der Petrusbruderschaft nahesteht, für die er auch Priester und Diakone weiht, ist Dr. Günther Boss, dem theologischen Berater des Vereins für eine offene Kirche, ein Dorn im Auge, und so hatte er schon das Erscheinen von Traditionis custodes mit gehässiger Schadenfreude Richtung Erzbischof Haas begrüßt:
„Bravo Papst Franziskus! […] Das trifft das EBVaduz direkt, da man hier in mehreren Pfarrkirchen wieder der sog. tridentinischen Liturgie frönt. […] So, wie ich das deute, dürfen ab sofort in den Pfarrkirchen von Eschen, Triesenberg usw. keine Messen mehr in der alten Form gefeiert werden, weil es in Pfarrkirchen nicht mehr erlaubt ist. Ausnahmeregeln darf nur noch der Bischof geben, aber nicht für Pfarrkirchen! Jetzt bin ich aber gespannt, ob man hier nicht nur ständig von Gehorsam redet, sondern auch selbst einmal gehorsam ist.“
Doch auch ohne synodales Programm: Was Erzbischof Haas in seinem sehr zur Lektüre empfohlenen diesjährigen Fastenhirtenbrief über den Heiligen Geist und die Kirche schreibt, gibt hörenden Katholiken Halt und Sicherheit in unsicheren Zeiten:
„Der lehramtliche Mund der Kirche spricht – wenn er sich ganz der Stimme des Heiligen Geistes überlässt – stets klar und eindeutig. Wenn er dies nicht tut, also zwei- oder mehrdeutig redet und sich somit verunklärend äussert, dann hat er sich von anderen Stimmen leiten lassen, die nicht des Heiligen Geistes sind. Die christliche Heilswahrheit, ihre authentische Auslegung und ihre verantwortungsbewusste Vermittlung kennen, weil vom Heiligen Geist linear und kontinuierlich geführt, kein ‚volatiles‘ Verhalten und unterliegen keinen wie auch immer gearteten Mutationen.“
Bild: Vatican.va/Wir-sind-ohr.ch/Petrusbruderschaft (Screenshots)