(Rom) In der heutigen Ausgabe veröffentlichte die italienische Tageszeitung Il Giornale einen Vorabdruck des Buches „Zehn Kardinäle erklären die Zehn Gebote“ (Dieci cardinali spiegano i dieci comandamenti, Edizioni Ares), das vom Vatikanisten Fabio Marchese Ragona herausgegeben wurde und ab heute im Buchhandel erhältlich ist. Für die Vorschau wählte die Zeitung einen Text von Kardinal Robert Sarah, der darin die Haltung vieler Bischöfe während der angeblichen Corona-Pandemie tadelt.
Unter dem Vorwand der Gesundheit hätten sich die Bischöfe mit Eifer und Übereifer um das irdische Leben ihrer Schafe gekümmert, aber die Gesundheit ihrer Seelen vernachlässigt.
Kardinal Sarah war bis vergangenen Februar der schon im Amt von Franziskus kaltgestellte Präfekt der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Seit der Ausrufung der angeblichen Pandemie gingen in seinem Amt Briefe von Gläubigen aus aller Welt ein, die Rom um Schutz vor dem Mißbrauch der Bischöfe baten, als diese den Zugang zur Messe und zu den Sakramenten, die Mundkommunion und das Weihwasser verboten. Einige der Maßnahmen sind in manchen Gegenden ununterbrochen seit einem Jahr in Geltung. So wie die angebliche „Pandemie“ von den Staatsregierungen nie belegt wurde, so wurde von den Bischöfen nie die Sinnhaftigkeit, Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ihrer Corona-Maßnahmen belegt. Die Staatsregierungen diktierten und die Bischöfe erlegten das Diktat, weitgehend eins zu eins, den Gläubigen auf. Manche ereiferten sich sosehr, daß sie sogar radikalere Maßnahmen als die staatliche Regierung ergriffen. Dazu gehörte auch Papst Franziskus selbst, der für die Diözese Rom im März 2020 die totale Schließung aller Kirchen und Kapellen anordnete, dann aufgrund der Proteste wieder zurücknehmen ließ. Die Bischöfe können sich in ihrem Versagen auf den Papst berufen.
Kardinal Sarah klagt die Hirten an, die in der Corona-Krise versagen:
„Bestimmte Bischöfe haben restriktivere Maßnahmen ergriffen als vorgesehen.“
Wegen Covid geschlossene Kirchen? Ein Machtmißbrauch
von Robert Kardinal Sarah
Die großen Verfechter der Säkularität des Staates berufen sich auf den berühmten Ausspruch „Freie Kirche in einem freien Staat“. Nur oberflächlich betrachtet ist dieser Ausdruck eine Übersetzung des Spruchs aus dem Evangelium: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört“. In Wirklichkeit steht hinter diesem Slogan die Idee, daß die Kirche frei ist, aber innerhalb der Freiheit des Staates. Nach dieser Auffassung verfügt der Staat über eine größere Freiheit, die in der Lage ist, die Freiheit der Kirche zu garantieren, aber auch zu begrenzen, wenn dies notwendig ist. Sie sagen nicht „freie Kirche und freier Staat“, sondern „freie Kirche in einem freien Staat“. Es muß zugegeben werden, daß es den Staaten bei den jüngsten Ereignissen im Zusammenhang mit Covid-19 ein Leichtes war, Machtmißbrauch zu begehen, indem sie den Gottesdienst verboten haben, und zwar aufgrund der Glaubensschwäche, der Schwäche und der Duldsamkeit insbesondere von uns Bischöfen.
Es gab zahlreiche Situationen in der Welt, in denen die Hirten nicht dafür gekämpft haben, die Kultusfreiheit der Herde Christi zu bewahren. In bestimmten Fällen haben die Bischöfe sogar noch restriktivere Entscheidungen getroffen als die Staatsregierungen, indem sie beispielsweise beschlossen, die Kirchen zu schließen, auch wenn der Staat das gar nicht vorschrieb. Über all das werden wir vor dem höchsten Richter Rechenschaft ablegen müssen. Abgesehen davon, daß den Gläubigen die falsche Vorstellung vermittelt wird, daß die „Teilnahme“ an einer im Internet übertragenen Messe oder auch die Nichtteilnahme dasselbe ist wie der sonntägliche Kirchgang, hat diese Haltung der Hirten die Überzeugung gestärkt, daß das Gebet und der Gottesdienst letztlich weniger wichtig sind als die körperliche Gesundheit. Wie viele Pfarrer haben während der Pandemie öffentlich bekräftigt, daß die Kirche die Gesundheit der Bürger an erste Stelle setzt! Ist Christus aber am Kreuz gestorben, um die Gesundheit des Körpers zu retten oder um die Seele zu retten? Es ist klar, daß die Gesundheit ein Geschenk Gottes ist, und die Kirche hat sie immer geschätzt und sich auf vielfältige Weise um sie gekümmert. Aber noch mehr als die Gesundheit des Körpers zählt für uns Hirten die Gesundheit der Seele, die in der Kirche die „suprema lex“, das oberste Gesetz ist. Wir haben es zugelassen, daß unsere Gläubigen lange Zeit ohne Liturgie, ohne eucharistische Kommunion und ohne Beichte auskommen mußten, obwohl es – wie wir gesehen haben – ausgereicht hätte, uns so zu organisieren, daß wir die Sakramente auch unter gesundheitlichen Gesichtspunkten sicher anbieten können. Wir hätten gegen den Mißbrauch der Regierungen protestieren können und müssen, aber wir haben es kaum getan. Viele Gläubige waren empört über diese sofortige und stumme Unterwerfung der Hirten unter die staatlichen Behörden, obwohl letztere einen regelrechten Machtmißbrauch begingen und den Christen die Religionsfreiheit vorenthielten. Auf der anderen Seite ist das gegenteilige Beispiel jener Hirten zu loben, die nach dem Herzen Christi gehandelt haben, wie, um nur einen zu nennen, der Erzbischof von San Francisco, Msgr. Salvatore Joseph Cordileone. Sein Zeugnis zeigt, daß der Kampf für die gerechte Sache harte Arbeit ist und ungerechtfertigte Kritik und sogar Verleumdung oder Verfolgung verschiedener Art nach sich zieht, aber daß der Herr am Ende den Sieg schenkt.
Einleitung/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: MiL