(Rom) Gestern fand eine Sitzung des Kardinalsrats statt. War es zugleich die letzte Sitzung, die virtuell erfolgte? Das Gremium war von Papst Franziskus am 13. April 2013 errichtet worden, um ihn bei der Kurienreform und der Leitung der Weltkirche zu beraten. In der Pressemitteilung fällt eine Lücke auf, die durch drei Lieblingsvokabeln des Papstes gefüllt wurde.
Zunächst bestand der Kardinalsrat aus acht, dann aus neun, schließlich nur mehr aus sechs und zuletzt wieder aus sieben Mitgliedern. Die Ursprungsidee, daß jeder Erdteil durch einen Kardinal darin vertreten sein sollte, wurde seit 2017 nicht mehr eingehalten. Die südliche Hemisphäre war zwei Jahre lang überhaupt nicht mehr vertreten. Nur Afrika erhielt im Oktober 2020 wieder einen Repräsentanten.
Der 22. September dürfte das letzte virtuelle Zusammentreten dieses Gremiums gewesen sein. Wegen der Corona-Panik fanden längere Zeit gar keine Zusammenkünfte mehr statt. Erst im Herbst 2020 zwang der Finanzskandal rund um Kardinal Angelo Becciu zu einer Dringlichkeitssitzung. Seither fanden die Sitzungen virtuell stand. Das soll sich nun wieder ändern. Das nächste Treffen im Dezember soll wieder von Angesicht zu Angesicht erfolgen, wie das vatikanische Presseamt mitteilte.
Keine Rede ist hingegen mehr von der Apostolischen Konstitution Prædicate Evangelium, die der Römischen Kurie eine neue Verfassung geben soll. Obwohl sogar ihr Name seit mehr als drei Jahren bekannt ist und der Text längst fertiggestellt sein soll, deutet nichts mehr darauf hin, daß die Konstitution noch 2021 veröffentlicht wird. Bis Mai 2021 stand sie in jedem offiziellen Kommuniqué ‚seit Juni sucht man sie vergebens. Auch in jenem von gestern fehlt sie.
Die Lücke wird mit einem Steckenpferd von Papst Franziskus, der „Starrheit“, gefüllt. Auch das Thema „Klerikalismus“, ein weiteres Lieblingswort von Franziskus, ist zurück. Diesen Vorwurf erhebt er bevorzugt im Zusammenhang mit dem sexuellen Mißbrauch durch Kleriker, den er, allerdings nicht ganz nachvollziehbar, dem „Klerikalismus“ anlastet. Daß es sich in über 80 Prozent der Fälle um homosexuellen Mißbrauch handelt, kam Franziskus bisher nicht über die Lippen. Das dritte Stichwort der Pressemitteilung über die Sitzung lautet „Synodalität“, in dem Kritiker eine euphemistische Bezeichnung für eine angestrebte Protestantisierung der Kirche sehen.
An der virtuellen Sitzung nahmen die Kardinäle Oscar Rodríguez Maradiaga SDB (Koordinator, Zentralamerika), Reinhard Marx (Europa), Sean Patrick O’Malley OFM Cap (Nordamerika), Oswald Gracias (Asien) und Fridolin Ambongo Besungu OFM Cap (Afrika) teil, die aus ihren Bistümern zugeschaltet waren. Auch die in Rom anwesenden Mitglieder wurden aus dem jeweiligen Amtssitz zugeschaltet: Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, Kardinal Giuseppe Bertello (Römische Kurie) sowie Papst Franziskus aus Santa Marta.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons/Montage
Der Papst selber ist doch der oberste Klerikalist. Immer, wenn er anderen Vorwürfe macht, ist er selber derjenige, denn diese auch treffen, denn er selber verhält sich genau so, wie er das bei anderen kritisiert.