„Die Mundkommunion steht im Evangelium. Dagegen kommt kein Bischof an“

Das Coronavirus, falsche Vorstellungen und der Fall Manfredonia


Die drei Kirchen beim Kapuzinerkloster von San Giovanni Rotondo. In der mittleren Kirche sprach der Erzbischof von Manfredonia seine "gefährlichen Überlegungen" aus.
Die drei Kirchen beim Kapuzinerkloster von San Giovanni Rotondo. In der mittleren Kirche sprach der Erzbischof von Manfredonia seine "gefährlichen Überlegungen" aus.

Wie­der­holt ver­su­chen Bischö­fe unter dem Vor­wand der Coro­na-Bekämp­fung die Mund­kom­mu­ni­on zu ver­bie­ten und aus­schließ­lich die Hand­kom­mu­ni­on zu erlau­ben. Dem ste­hen aller­dings ein­deu­ti­ge recht­li­che, lit­ur­gi­sche und theo­lo­gi­sche Hür­den ent­ge­gen, die jeden Ver­such die­ser Art zum Schei­tern verurteilen.

Anzei­ge

Recht­lich ist die Sach­la­ge klar: Die Mund­kom­mu­ni­on ist die ein­zi­ge voll­gül­ti­ge Form des Kom­mu­nion­emp­fangs, und das in der gesam­ten Welt­kir­che. Nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil wur­de auf Drän­gen der Bischö­fe des deut­schen Sprach­raums den Bischofs­kon­fe­ren­zen die Mög­lich­keit ein­ge­räumt, wenn sie es für „oppor­tun“ hal­ten, zusätz­lich zur ordent­li­chen Form des Kom­mu­nion­emp­fangs noch eine außer­or­dent­li­che Form zuzu­las­sen, näm­lich die Hand­kom­mu­ni­on. Bei­de For­men sind, wo erlaubt, zwar glei­cher­ma­ßen zuge­las­sen, aber nicht gleich­wer­tig. Die ordent­li­che und eigent­li­che Form des Kom­mu­nion­emp­fangs ist und bleibt die Mund­kom­mu­ni­on. Dar­an ändert auch nichts, daß in man­chen Län­dern und Diö­ze­sen die­se Tat­sa­che syste­ma­tisch ver­schwie­gen und der Ein­druck erweckt wird, als sei die Hand­kom­mu­ni­on die heu­ti­ge Form des Kom­mu­nion­emp­fangs, die Mund­kom­mu­ni­on hin­ge­gen eine ver­al­te­te Form, die heu­te nicht mehr wirk­lich gel­te. Vor allem aber, so der erzeug­te Gesamt­ein­druck, müs­se man auf die­se „alte“ Form kei­ne Rück­sicht mehr neh­men. Dem ist aber nicht so. 

Ein Ver­bot der Mund­kom­mu­ni­on ist kir­chen­recht­lich undenk­bar, das der Hand­kom­mu­ni­on hin­ge­gen jeder­zeit, womit die Hier­ar­chie die­ser bei­den For­men ein­deu­tig defi­niert ist.

In Coro­na-Zei­ten wird auf den Schutz der Gesund­heit ver­wie­sen, um die Mund­kom­mu­ni­on zu unter­sa­gen. Das riecht nach einem Vor­wand und ist auch einer. Es ent­behrt jeder hygie­ni­schen oder medi­zi­ni­schen Logik. Ärz­te haben dar­auf ver­wie­sen, daß die Mund­kom­mu­ni­on im Zwei­fels­fall siche­re­rer ist als die Hand­kom­mu­ni­on (sie­he auch „Mund­kom­mu­ni­on garan­tiert am besten Gesund­heit und Hygie­ne“). Des­in­fi­ziert der Prie­ster vor der Kom­mu­ni­ons­pen­dung sei­ne Hän­de, ist jede Kon­ta­mi­na­ti­on aus­ge­schlos­sen, da die kon­se­krier­te Hostie nur durch sei­ne Hand geht. Bei der Hand­kom­mu­ni­on sind es hin­ge­gen vie­le Hände.

Zudem wur­de in den 14 Mona­ten der angeb­li­chen Coro­na-Pan­de­mie kein Fall einer Infek­ti­ons­über­tra­gung durch den Kom­mu­nion­emp­fang bekannt. In Öster­reich wur­de zwar vor kur­zem durch die Kro­nen­zei­tung ver­sucht, einen Zusam­men­hang zwi­schen Meß­be­such und Infek­ti­on zu kon­stru­ie­ren, doch erwie­sen sich bei­de Fäl­le bei nähe­rer Betrach­tung als unse­riö­ser Jour­na­lis­mus. In der Tat ist die Vor­stel­lung gro­tesk, daß der heil­brin­gen­de Leib Chri­sti Krank­heits­über­trä­ger sein könn­te. Die Bischö­fe im deut­schen Sprach­raum geben durch ihre Coro­na-Maß­nah­men, was die Real­prä­senz betrifft, kein gutes Vorbild.

Der Fall Manfredonia

Auch der Erz­bi­schof von Man­fre­do­nia-Vie­ste-San Gio­van­ni Roton­do, Msgr. Fran­co Mos­co­ne, Ordens­prie­ster des Somas­ker­or­dens, stell­te „gefähr­li­che Über­le­gun­gen“ an, so der Vati­ka­nist Mar­co Tosat­ti. Die Erz­diö­ze­se umfaßt zwei histo­ri­sche Bis­tü­mer und gehört seit 1979 zur Kir­chen­pro­vinz Fog­gia. Sie behielt jedoch den Rang und die Wür­de eines Erz­bis­tums. Zu ihr gehö­ren das berühm­te Erz­engel-Micha­el-Hei­lig­tum Mon­te San­t’An­ge­lo und die Stadt San Gio­van­ni Roton­do, in wel­cher der stig­ma­ti­sier­te hei­li­ge Pater Pio von Piet­rel­ci­na 50 Jah­re sei­nes Lebens ver­brach­te und auch bestat­tet ist. Der Hei­li­ge ist seit 2002 einer der Patro­ne des Erzbistums. 

Msgr. Mos­co­ne wur­de 2018 von Papst Fran­zis­kus auf den Erz­bi­schofs­stuhl beru­fen. Er ist Jahr­gang 1957 und stammt aus der Stadt Alba in Pie­mont. Am ver­gan­ge­nen 3. Janu­ar äußer­te er wäh­rend einer Meß­ze­le­bra­ti­on eine grund­sätz­li­che Ableh­nung der Mund­kom­mu­ni­on, die er in die dra­sti­schen und vie­le Gläu­bi­ge ver­stö­ren­de Wor­te kleidete:

„Die Mund­kom­mu­ni­on ist ein Mißbrauch.“

Seit­her kommt die Dis­kus­si­on dar­über im Bis­tum nicht zur Ruhe. Die Aus­sa­ge zu ein­deu­tig, um miß­ver­stan­den zu wer­den oder dem Erz­bi­schof fälsch­lich Absich­ten zu unter­stel­len, die ihm fern­lie­gen. Laut Msgr. Mos­co­ne ist die Mund­kom­mu­ni­on grund­sätz­lich falsch, wes­halb sich sein Wider­spruch, wie er selbst gegen­über der Pres­se beton­te, nicht nur wegen des Coro­na­vi­rus ergibt.

Für sei­ne irri­tie­ren­de Aus­sa­ge wähl­te der Erz­bi­schof, was nicht min­der irri­tie­rend ist, die Kir­che San­ta Maria del­le Gra­zie in San Gio­van­ni Roton­do. Das ist die „mitt­le­re Kir­che“ des gro­ßen Kapu­zi­ner­kom­ple­xes, die in den spä­ten 50er Jah­ren an die klei­ne Klo­ster­kir­che des Kapu­zi­ner­kon­vents ange­baut und 1959 geweiht wur­de. Den vie­len Pil­gern, die zum Grab des hei­li­gen Pater Pio kom­men, wird eini­ges zuge­mu­tet. In der neu­en Kir­che, die 2004 geweiht wur­de und in deren Unter­kir­che sich das Grab befin­det, wird den Gläu­bi­gen das Knien aus­ge­trie­ben. Geht es nach dem Erz­bi­schof, soll ihnen nun auch die Mund­kom­mu­ni­on genom­men wer­den. Es läßt stau­nen, wie ein Bischof zur Ansicht gelan­gen kann, daß eine von der Kir­che stets geüb­te und nie auf­ge­ge­be­ne Pra­xis grund­sätz­lich falsch sein könnte.

Don Bux: „Die Mundkommunion ist im Evangelium belegt. Dagegen kommt kein Bischof an“

Don Nico­la Bux, inter­na­tio­nal renom­mier­ter Lit­ur­gi­ker, Freund von Bene­dikt XVI. und selbst gebür­ti­ger Apu­lier, nahm zur Aus­sa­ge des Erz­bi­schofs Stel­lung. Sei­ne Ant­wort rich­tet sich auch an die ande­ren Bischö­fe, die mit oder ohne Coro­na die Mund­kom­mu­ni­on ein­schrän­ken wol­len. In sei­ner Reak­ti­on ist der Lit­ur­gie­wis­sen­schaft­ler nicht min­der ein­deu­tig als Msgr. Moscone:

„Der Bischof hat einen Feh­ler gemacht. Aus der Prü­fung des grie­chi­schen Evan­ge­li­en­tex­tes läßt sich über­haupt nicht ablei­ten, daß der Leib Chri­sti in die Hand gelegt wurde.“

Der Gebrauch einer Pate­ne ergä­be kei­nen Sinn, wenn die Hand­kom­mu­ni­on prak­ti­ziert wor­den wäre. „Allen­falls“, so Don Bux, könn­te anhand des Pur­pur­ko­dex von Ross­a­no aus dem fünf­ten Jahr­hun­dert behaup­tet wer­den, Gläu­bi­ge der Anti­ke hät­ten die Hostie mit dem Mund von ihrer Hand­flä­che auf­ge­nom­men, „jedoch nie mit den Fin­gern der ande­ren Hand.“ Wahr­schein­li­cher ist, daß der Codex Pur­pu­reus Ros­sa­nen­sis nur die weni­ge Jahr­zehn­te zuvor ergan­ge­ne Ein­la­dung des hei­li­gen Cyril­lus, Bischof von Jeru­sa­lem (348–386), wiedergibt. 

Die­ser for­der­te dazu auf, „die Hän­de zu einem Thron zu for­men, nicht, um die Kom­mu­ni­on auf die Hand zu emp­fan­gen, wie heu­te fälsch­lich behaup­tet wird, son­dern um die so geform­te Hand direkt unter den Mund zu hal­ten und damit beim Emp­fang des eucha­ri­sti­schen ‚Bis­sen‘ zu ver­hin­dern, daß die klein­ste Par­ti­kel verlorengeht.“

Die Auf­for­de­rung des hei­li­gen Cyril­lus war eine Vor­weg­nah­me der Pate­ne, aber kei­ne Handkommunion.

Erz­bi­schof Mos­co­ne ver­wies in sei­ner Pre­digt hin­ge­gen auf das „nehmt und eßt“, das er als Beleg für die Hand­kom­mu­ni­on aus­leg­te. Dazu Don Bux:

„Das Johan­nes­evan­ge­li­um besagt ein­deu­tig, daß Jesus beim Abend­mahl dem Judas einen ‚Bis­sen‘ gab und ein Bis­sen ist etwas, was man in den Mund gibt.“

Bereits im Mai 2020, als in ande­ren Diö­ze­sen unter Ver­weis auf das Coro­na­vi­rus gegen die Mund­kom­mu­ni­on vor­ge­gan­gen wur­de, sag­te Don Bux, daß im Johan­nes­evan­ge­li­um von einem ein­ge­tauch­ten Bis­sen die Rede ist (vgl. Joh 13, 26–27). In der deut­schen Ein­heits­über­set­zung heißt es:

„Jesus ant­wor­te­te: Der ist es, dem ich den Bis­sen Brot, den ich ein­tau­che, geben wer­de. Dann tauch­te er das Brot ein, nahm es und gab es Judas, dem Sohn des Simon Iskariot.“

Don Bux dazu:

„Die­se Form ist unter den Ori­en­ta­len und in der Ost­kir­che noch heu­te bei der Kom­mu­ni­ons­pen­dung üblich. Ein Bis­sen ein­ge­tauch­tes Brot kann nicht auf die Hand gege­ben wer­den, son­dern nur in den Mund.“

Das heu­te in den volks­sprach­li­chen Über­set­zun­gen des Mis­sa­le Roma­num für die Wand­lungs­wor­te gebrauch­te „nehmt“, gibt im Grie­chi­schen und im Latei­ni­schen das Wort λάβετε/​acci­pi­te wie­der, das aber nicht refle­xiv im Sin­ne von „sich neh­men“, son­dern „emp­fan­gen“ im Sin­ne von „auf­neh­men“ und „ein­neh­men“ bedeutet.

„Der Bischof macht einen kla­ren Feh­ler, wenn er glaubt, daß ’neh­men‘ mit den Hän­den neh­men bedeu­tet. Nein, die Hostie wird ‚emp­fan­gen‘, im kon­kre­ten Fall mit dem Mund. Ich den­ke an die Reak­ti­on des hei­li­gen Pater Pio, wenn er einen Bischof so spre­chen gehört hätte!“

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Wiki­com­mons


Lese­emp­feh­lung zum The­ma:
P. Mar­tin Lug­mayr FSSP: Hand­kom­mu­ni­on: Eine histo­risch-dog­ma­ti­sche Unter­su­chung, mit einem Vor­wort von Prof. Robert Spae­mann, 2. Aufl., Domi­nus-Ver­lag, Augs­burg 2020.

Weih­bi­schof Atha­na­si­us Schnei­der OCR: Cor­pus Chri­sti. Gedan­ken über die hei­li­ge Kom­mu­ni­on und die Erneue­rung der Kir­che, mit einem Vor­wort von Ray­mond Leo Kar­di­nal Bur­ke, 2. Aufl., Domi­nus-Ver­lag, Augs­burg 2014.

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