Ein Kommentar von einer Katholikin.
„Nun bleibt abzuwarten, welche Schlüsse der Papst letztlich aus den Antworten der Bischöfe aus aller Welt ziehen kann, will und wird.“ Bisweilen weiß man schon beim Schreiben, daß man sich über kurz oder lang selbst zitieren wird. Die für Rom bestimmte „Sammelantwort“ der französischen Bischofskonferenz zu Summorum Pontificum zielte auf die Eingrenzung der überlieferten Form des Römischen Ritus. Eine Steilvorlage für römische Schritte gegen die Tradition? Ein im Vatikan kursierendes Schreiben aus dem vatikanischen Staatssekretariat läßt es befürchten.
Man muß demnach gewärtigen, daß ab dem 22. März im Petersdom die individuelle Zelebration der Messe an den vielen Seitenaltären untersagt und gleichzeitig die Zelebration des überlieferten Ritus in die Krypta verbannt werden soll. Keine Angabe von Gründen, nur diffuse Hinweise auf die Bedeutung des Wortes Gottes und der Eucharistie während der Fastenzeit (dumm nur, daß wir diese schon zur Hälfte durchschritten haben). Andacht und liturgische Angemessenheit sollen gefördert werden. „Aha“, denkt man sich stirnrunzelnd. „Sie haben es wieder getan.“ Die vatikanische Kommunikationsstrategie der gezielten Nichtkommunikation zweifelhafter Inhalte, der diffusen Zuständigkeiten und rechtlichen Widersprüche hat wieder etwas kreiert, das Besorgnis erregt.
Auf den Punkt gebracht: Es sollen die stillen Individualmessen im Petersdom gestrichen werden, Konzelebration und Gläubige werden Pflicht und die überlieferte Liturgie soll von der Bildfläche verschwinden.
„Privatmessen passen nicht zum heutigen Verständnis der Eucharistie.“ Genau das steckt dahinter. Nein, so steht es nicht in dem offiziellen römischen Papier, sondern in diversen Kommentaren während der letztjährigen Kirchenschließungen. Liturgiewissenschaftler warnten hierzulande vor liturgischen Rückfällen, das Gespenst der „Geistermesse“ wurde beschworen und Luthers Verdammung der „Winkelmesse“ geisterte sicher auch durch liturgiereformierte Gemüter, in deren Ideologie es nicht paßt, daß jede heilige Messe immer ein Akt Christi und der gesamten heiligen, katholischen und apostolischen Kirche ist, auch wenn keine Gläubigen physisch anwesend sind.
Ganz gezielt hat die Liturgiereform mit der Fixierung auf die Gemeindemesse und das „Gemeinschaftserlebnis“ die Schwerpunkte verändert. Von Opfermesse spricht man kaum noch. Und wer weiß, wie viele Priester überhaupt noch das tägliche Meßopfer als Höhepunkt ihres Tages auch ohne anwesende Gläubige zu deren Heil feiern, wenn sie gerade keine Gemeindemesse zelebrieren. Und die, die es wollen, sollen jetzt im Petersdom, im Zentrum der Christenheit, nicht mehr allein zelebrieren dürfen?
Was ist los in Rom? Sind Priester beim heiligen Meßopfer und die Sakralität und Schönheit der überlieferten Liturgie zu katholisch, zu fromm? Soll man Priester nicht mehr in der Öffentlichkeit alleine zelebrieren sehen? Versteckt man die alte Messe unten in den „Katakomben“, weil man fürchtet, daß Menschen sie kennen und lieben lernen könnten? Die Einteilung in oben und unten ist jedenfalls wirklich eine klare Ansage an die Tradition und von symbolischer Kraft. Nur noch unten soll die alte Messe zu vier festen Zeiten gefeiert werden dürfen.
Aber auch „Katakomben“ haben hohe Symbolkraft. Verfolgung und Martyrium sind Teile des kollektiven Gedächtnisses der Kirche. Und in der der alten Messe zugewiesenen Cappella Clementina ist man auf der Ebene der Basilika Konstantins dem Märtyrergrab Petri ganz nah, näher als im Dom oben. Eine gewiß nicht intendierte Zeichenhaftigkeit. Nur leider ist sie halt nicht so groß, die schöne Kapelle. Und vier Meßzeiten von beschränkter Dauer sollen der alten Messe durch organisatorische Zwänge letztlich wohl den Garaus machen.
Raymond Leo Kardinal Burke hat in einer Stellungnahme reagiert und die neuen Reglementierungen in ihrer inhaltlichen und kirchenrechtlichen Haltlosigkeit analysiert. Er fordert dezidiert Gläubige und Priester dazu auf, ihre Stimme gegen die Neuregelungen zu erheben:
„Schließlich erkennt die kirchliche Disziplin das Recht, ja die Pflicht der Christgläubigen an, ihren Hirten ihre Besorgnis über Angelegenheiten, die das Wohl der Kirche betreffen, mitzuteilen, und ebenso, diese Besorgnis allen Christgläubigen mitzuteilen (Can. 212 § 3). In Anbetracht des Ernstes der Situation, die das fragliche Dokument darstellt, hoffe ich, daß viele der Christgläubigen, für die der Petersdom in einem besonderen Sinn ihre Mutterkirche ist, und v. a. viele Priester aus der ganzen Welt Papst Franziskus und seinem Staatssekretariat ihren starken Einspruch gegen das fragliche Dokument kundtun werden.“
Bild: Pontificia Parrocchia Sant’Anna in Vaticano (Screenshot)