Der Malteserorden und das „barmherzige“ Verbot des überlieferten Ritus

Der Großmeister, der Santa Marta nicht mißfallen will


Großmeister Fra Giacomo Dalla Torre, im Bild in der römischen Prioratskirche des Souveränen Malteserordens, verhängte „barmherzig“ ein Verbot des überlieferten Ritus.
Großmeister Fra Giacomo Dalla Torre, im Bild in der römischen Prioratskirche des Souveränen Malteserordens, verhängte „barmherzig“ ein Verbot des überlieferten Ritus.

(Rom) Vor der Ver­öf­fent­li­chung des Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum durch Papst Bene­dikt XVI. herrsch­te in ver­schie­de­nen Län­dern weit­ge­hen­de Eis­zeit, was die über­lie­fer­te Form des Römi­schen Ritus betraf. Wenn­gleich es seit dem Motu pro­prio Eccle­sia Dei von 1988 kaum mehr zu expli­zi­ten Ver­bo­ten kam, wur­den Prie­ster und Gläu­bi­ge durch zahl­rei­che Schi­ka­nen wei­ter­hin de fac­to dar­an gehin­dert, Gewinn aus dem hei­li­gen Meß­op­fer des Vetus Ordo zu zie­hen – um nur einen Aspekt zu nen­nen. Eines der weni­gen expli­zi­ten Ver­bo­te, das sogar noch unter Bene­dikt XVI. nach dem Sep­tem­ber 2007 erlas­sen wur­de, ver­häng­te 2009 der dama­li­ge Erz­bi­schof von Bue­nos Aires, Jor­ge Mario Berg­o­glio, der heu­ti­ge Papst Fran­zis­kus. Betrof­fen war Sant­ia­go Ramos, ein jun­ger Prie­ster des Erz­bis­tums Bue­nos Aires. 

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Die Ent­span­nung und Wie­der­gut­ma­chung, die Bene­dikt XVI. mit Sum­morum Pon­ti­fi­cum ein­lei­te­te, erleb­te mit sei­nem über­ra­schen­den Amts­ver­zicht eine Zäsur. Seit­her erhebt die unver­ständ­li­che Abnei­gung gegen die über­lie­fer­te Form des Römi­schen Ritus wie­der ver­stärkt ihr Haupt. Dazu gehört die jüng­ste Anord­nung des 80. Für­sten und Groß­mei­sters des Sou­ve­rä­nen Mal­te­ser­or­dens, Fra Gia­co­mo Dall Tor­re del Tem­pio di San­gui­net­to. Er unter­sag­te mit Schrei­ben vom 10. Juni jeg­li­che lit­ur­gi­sche Zele­bra­ti­on des Ordens in der außer­or­dent­li­chen Form des Römi­schen Ritus. Die Anord­nung ent­spricht einem bedin­gungs­lo­sen Ver­bot des über­lie­fer­ten Ritus auf allen Ordensebenen. 

Der Groß­mei­ster betont zwar, daß gemäß Sum­morum Pon­ti­fi­cum jedem Prie­ster erlaubt ist, in der über­lie­fer­ten Form zu zele­brie­ren, aber – so Fra Gia­co­mo Dal­la Tor­re – nur „pri­vat“. Über die lit­ur­gi­schen Zele­bra­tio­nen inner­halb einer Ordens­ge­mein­schaft ent­schei­de hin­ge­gen der Gene­ral­obe­re. Dar­aus fol­gert er sein:

„Ich habe entschieden…“

Ent­schie­den hat der Groß­mei­ster des älte­sten der kirch­li­chen Rit­ter­or­den, daß „alle lit­ur­gi­schen Zele­bra­tio­nen“ des Mal­te­ser­or­dens „im ordent­li­chen Ritus der Kir­che (Ritus des hei­li­gen Paul VI.) und nicht im außer­or­dent­li­chen Ritus (Triden­ti­ni­scher Ritus)“ statt­zu­fin­den haben“

Eine Begrün­dung für sei­ne Ent­schei­dung nennt der Groß­mei­ster nicht: „Ich habe ent­schie­den…“ und Punkt.

Um sicher­zu­stel­len, daß die Aus­schließ­lich­keit des Novus Ordo und damit das Ver­bot des Vetus Ordo auch wirk­lich von allen Ordens­tei­len ver­stan­den wird, fügt der Groß­mei­ster aus­drück­lich hin­zu, daß sei­ne Anord­nung von jetzt an gilt für:

„alle offi­zi­el­len lit­ur­gi­schen Zere­mo­nien wie Inve­sti­tu­ren, Mes­sen bei Wall­fahr­ten, Gedenk­mes­sen sowie bei Festen und Fei­er­lich­kei­ten des Ordens“.

Die vom Groß­mei­ster in sei­nem Schrei­ben ver­wen­de­te Spra­che folgt nicht – auch dar­in zeigt sich die Distan­zie­rung – dem Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum, obwohl es die­ses betrifft. 

Die Anordnung des Großmeisters
Die Anord­nung des Großmeisters

Die Restrik­ti­vi­tät die­ser Anord­nung erin­nert an Kle­ri­ka­lis­mus und Hart­her­zig­keit, Hal­tun­gen, die von Papst Fran­zis­kus wie­der­holt und scharf kri­ti­siert wur­den. Es darf aber bezwei­felt wer­den, daß der regie­ren­de Papst dage­gen ein­schrei­ten oder gar einen Kom­mis­sar schicken wird. Das hat der Mal­te­ser­or­den bereits hin­ter sich.

Papst Fran­zis­kus setz­te in einem bei­spiel­lo­sen Will­kür­akt im Janu­ar 2017 den amtie­ren­den 79. Groß­mei­ster, Fra Matthew Fest­ing, ab. Mit Zutun des vati­ka­ni­schen Staats­se­kre­ta­ri­ats wur­de dar­auf Fra Gia­co­mo Dal­la Tor­re im füh­rungs­lo­sen Orden als Statt­hal­ter instal­liert und schließ­lich im Mai 2018 zum neu­en Für­sten und Groß­mei­ster gewählt.

Der bedin­gungs­lo­se Ton­fall sei­ner Anord­nung läßt erah­nen, mit wel­cher „Barm­her­zig­keit“ und „Zärt­lich­keit“ gegen eine even­tu­el­le Nicht­ein­hal­tung vor­ge­gan­gen wer­den könnte. 

Es ist unschwer abzu­se­hen, daß die Ent­schei­dung, die einen expli­zi­ten Rück­schritt dar­stellt, die wegen der Abset­zung von Groß­mei­ster Fra Fest­ing ohne­hin bereits vor­han­de­nen Span­nun­gen im Mal­te­ser­or­den noch ver­stär­ken wird. Der Affront gegen­über Bene­dikt XVI. scheint für den Groß­mei­ster kein Hin­de­rungs­grund gewe­sen. Schon gar nicht, daß Kar­di­nal Ray­mond Bur­ke, einem aus­ge­spro­che­nen Freund des über­lie­fer­ten Ritus, der seit sei­ner unsanf­ten Ent­fer­nung aus dem Vati­kan Kar­di­nal­pa­tron des Mal­te­ser­or­dens ist, fak­tisch in die­ser Funk­ti­on die Zele­bra­ti­on im Vetus Ordo ver­bo­ten wur­de. Die Prio­ri­tät des Groß­mei­sters und der Ordens­re­gie­rung lau­tet, Wohl­ge­fal­len in San­ta Mar­ta zu finden.

Nicht aus­ge­schlos­sen ist, daß die Anord­nung unter ande­rem eine „Ant­wort“ auf die Erklä­rung von Kar­di­nal Bur­ke ist, mit der er zusam­men mit drei Bischö­fen jüngst eini­ge Wahr­hei­ten, auch zur Lit­ur­gie, bekräf­tig­te und „den häu­fig­sten Irr­tü­mern im Leben der Kir­che unse­rer Tage“ wider­sprach. Der vier­te Teil die­ser Erklä­rung ist den Sakra­men­ten gewid­met. Der Kar­di­nal und die Bischö­fe bekräf­ti­gen dar­in die Leh­re der Kir­che über die Trans­sub­stan­tia­ti­on; über die Natur der Hei­li­gen Mes­se als wah­res „Opfer“, das der Hei­li­gen Drei­fal­tig­keit dar­ge­bracht wird und den Men­schen auf Erden und den See­len im Fege­feu­er Gna­den erwirkt; über die Real­prä­senz Jesu Chri­sti in der Hei­li­gen Eucha­ri­stie und über eini­ge wesent­li­che Unter­schie­de zwi­schen dem sakra­men­ta­len Prie­ster­tum und dem all­ge­mei­nen Prie­ster­tum der Gläubigen. 

Die Theo­lo­gin Maria Gua­ri­ni, Gene­ral­di­rek­to­rin der Biblio­thek des Ita­lie­ni­schen Komu­ni­ka­ti­ons­mi­ni­ste­ri­ums und Betrei­be­rin des Blogs Chie­sa e Post­con­ci­lio, schrieb zur Anord­nung des Malteser-Großmeisters:

„Es han­delt sich jeden­falls um eine Ent­schei­dung, die eine immer ver­brei­te­te­re, neue Abnei­gung gegen­über dem über­lie­fer­ten Römi­schen Ritus in den [ita­lie­ni­schen] Diö­ze­sen zeigt, und deren lapi­da­re Moti­va­ti­on es ist, ‚dem Papst nicht zu miß­fal­len‘. Scha­de, daß einem Papst ein Ritus miß­fällt, über den sein Vor­gän­ger sag­te: ‚Es gibt kei­nen Wider­spruch zwi­schen der einen und der ande­ren Aus­ga­be des Mis­sa­le Roma­num. In  der  Lit­ur­gie­ge­schich­te  gibt  es  Wachs­tum  und  Fort­schritt,  aber  kei­nen  Bruch. Was  frü­he­ren  Gene­ra­tio­nen  hei­lig  war,  bleibt  auch  uns  hei­lig  und  groß;  es kann nicht plötz­lich rund­um ver­bo­ten oder gar schäd­lich sein. Es tut uns allen gut, die Reich­tü­mer zu wah­ren, die im Glau­ben und  Beten  der  Kir­che  gewach­sen  sind  und  ihnen  ihren  rech­ten  Ort zu geben.“[1]

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana


[1] Begleit­schrei­ben Bene­dikts XVI. zum Motu pro­prio Sum­morum Pon­ti­fi­cum vom 7. Juli 2007.

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2 Kommentare

  1. Bei der Lek­tü­re obi­gen Tex­tes und auch des vor­he­ri­gen Bei­trags über das radi­ka­le Vor­ge­hen sog. (geweih­ter) kirch­li­cher Amts- und Wür­den­trä­ger gegen­über „beten­den“ Orden fiel mir zuerst ein Spruch des dt. Theo­lo­gen, Medi­zi­ners und Phi­lo­so­phen Albert Schweit­zer ein: „Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kir­che besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Gara­ge geht.“
    Ana­log der Wor­te die­ses groß­ar­ti­gen Men­schen möch­te ich sagen:
    Wer glaubt, ein guter (geweih­ter) Die­ner Got­tes zu sein, weil er ein kirch­li­ches Amt inne hat, irrt sich;
    man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Gara­ge geht,
    selbst dann nicht, wenn man dort ‑bei frei­er Zustim­mung- mit Motor­öl über­gos­sen wird.
    Das über­heb­li­che, ja dik­ta­to­ri­sche Tun „sol­cher“ christ­li­cher Amts­trä­ger macht mich zutiefst betrof­fen und traurig.
    Anstatt ihre Mit­men­schen im Glau­ben zu stär­ken, ver­wir­ren und krän­ken „sol­che“ Amts­trä­ger die Gläubigen.
    Wo bleibt da die viel gerühm­te Barmherzigkeit???
    Möge der Para­klet selbst jedem Gläu­bi­gen, der unter der gege­be­nen Situa­ti­on lei­det, bei­ste­hen, damit der Gläu­bi­ge den Glau­ben an die Macht des Guten, den all­mäch­ti­gen Herr­gott nicht verliere.

  2. Der Spruch des Groß­mei­sters ist erschreckend, gibt er doch ein Bild vom Zustand der Kir­che im all­ge­mei­nen und vom Zustand der Mal­te­ser­rit­ter ins­be­son­de­ren ab. Zunächst ein­mal muss die Fra­ge gestellt wer­den, kann ein Nicht­ge­weih­ter so kraft sei­nes Amtes
    eine solch weit­rei­chen­de lit­ur­gi­sche Ent­schei­dung tref­fen? Hat er die Befug­nis und die nöti­ge lit­ur­gi­sche Kennt­nis? Nach mei­ner Kennt­nis hat der Groß­mei­ster zwar die Ordens­ge­l­üb­te abge­legt, er ist aber kein Prie­ster. Er hät­te des­we­gen dem Kar­di­nal­pa­tron des
    Mal­te­ser­or­dens die Ent­schei­dung mit Begrün­dung zur Letzt­ent­schei­dung über­ge­ben müs­sen. Hier­an lässt sich erken­nen, dass der frü­her so geach­te­te Orden durch poli­ti­sche Mani­pu­la­ti­on sei­ne Unab­hän­gig­keit ver­lo­ren hat.

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