
(Rom) Die Kooperation von Papst Franziskus mit der Tageszeitung La Repubblica betrifft nicht nur deren Gründer, ehemaligen Chefredakteur, Herausgeber und Kolumnisten Eugenio Scalfari, sondern die Zeitung selbst. Am 1. Dezember wird zusammen mit der Ausgabe der Repubblica auch das neueste Buch von Papst Franziskus erscheinen. Das Kirchenoberhaupt veröffentlichte es zusammen mit seinem britischen Biographen Austen Ivereigh.
Ivereigh war Pressesprecher von Kardinal Cormac Murphy‑O’Connor (1932–2017), dem einstigen Erzbischof von Westminster. Am 25. November 2014 veröffentlichte der britische Journalist die Papstbiographie „The Great Reformer“ (Der große Reformer). In seiner Begeisterung machte er Enthüllungen, mit denen er, ausgerechnet ein überzeugter Bergoglianer, Zweifeln Vorschub leistete, ob die Papstwahl im März 2013 gültig war. Ivereigh enthüllte die Existenz einer organisierten Gruppe, die Kardinal Jorge Mario Bergoglio zu ihrem Kandidaten gemacht und dessen Wahl gezielt betrieben hatte. Was Ivereigh „Team Bergoglio“ nannte, sollte sich ein Jahr später als aktiver Arm der Geheimgruppe von Sankt Gallen herausstellen. Dem Team Bergoglio gehörten Kardinal Kasper, Kardinal Lehmann, Kardinal Danneels und Kardinal Murphy‑O’Connor an. Alle vier waren auch Angehörige der „Mafia von Sankt Gallen“ (Danneels).
Auch seither schlüpfte Ivereigh wiederholt in die Rolle des aktiven Franziskus-Verteidigers. So attackierte der Brite im Juni 2017 die Kardinäle, die Dubia (Zweifel) zum umstrittenen nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia vorgebracht hatten, aber von Franziskus keine Antwort darauf erhielten. Ivereigh rechtfertigte das päpstliche Schweigen pathetisch: Die Kardinäle Brandmüller, Burke, Caffarra und Meisner würden keine Antwort verdienen, weil sie „die Früchte des Heiligen Geistes stürzen wollen“.

Im August 2019 lautete mit Blick auf die bevorstehende Amazonassynode und die Enthüllungen homosexueller Netzwerke in der Kirche Ivereighs Mahnung an Papst Franziskus und die Bergoglianer ernsthaft:
„Wir müssen das Umfeld von Benedikt XVI. unter Kontrolle bringen.“
Wenige Monate später kam es durch das Plädoyer-Buch von Kardinal Robert Sarah und Papst Benedikt XVI. für den priesterlichen Zölibat tatsächlich zum Eklat. Vor allem Kurienerzbischof Georg Gänswein bekam den päpstlichen Furor zu spüren.
Das neue Buch von Franziskus (und Ivereigh) trägt den Titel: „Beginnen wir wieder zu träumen“ (Ritorniamo a sognare). La Repubblica veröffentlichte heute einen ersten Vorabdruck. Das Buch schildert ein schweres Leiden, das den 21jährigen Bergoglio befallen hatte, der sich damals im zweiten Ausbildungsjahr am Priesterseminar von Buenos Aires befand.
„Es war meine erste Erfahrung von Grenzen, des Schmerzes und der Einsamkeit. Es veränderte meine Koordinaten.“
Von dieser Erfahrung ausgehend schildert das Buch verschiedene Phasen „der Einsamkeit“, die Franziskus in seinem Leben durchmachte. Der Bogen wird von dort zur „Corona-Einsamkeit“ gespannt, die derzeit viele Menschen bedrückt. Das Buch von Franziskus, so La Repubblica, sei eine Aufforderung „nicht aufzugeben“.
Das Buch kommt am 1. Dezember in den Buchhandel und wird in ganz Italien zusammen mit La Repubblica auch an den Zeitungskiosken erhältlich sein. La Repubblica erscheint in einer Auflage von aktuell 510.000 Exemplaren (verkaufte Auflage: 360.000) und ist nach dem Corriere della Sera die zweitgrößte Tageszeitung des Landes.
Eine erste Kooperation mit einer Tageszeitung zur Verbreitung eines Papstbuches hatte es bereits im Oktober 2017 gegeben. Damals wurde das Franziskus-Buch „Land, Haus und Arbeit“ (Terra, casa e lavoro) zusammen mit der kommunistischen Tageszeitung Il Manifesto verbreitet. Das war die Zeitung, die 2005 über die Wahl von Papst Benedikt XVI. mit einem unfreundlichen Wortspiel „Der deutsche Hirte/Der deutsche Schäferhund“ berichtet hatte.
Wurde die erste Kooperation von der radikalen Linken unterstützt, kommt die neue Kooperation mit den Salonlinken des Mainstream zustande. Papst Franziskus sucht jedenfalls einen ganz bestimmten Kontakt.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Cronaca di Bergoglio (Screenshot)