Der Papst, die Mafia und der Erzbischof von Hamburg

Die kirchliche Autorität, welche die Autorität der Kirche untergräbt


Während sich für Papst Franziskus Mariologie auf Kriminologie reimt, fordert Hamburgs Erzbischof das Frauenpriestertum.
Während sich für Papst Franziskus Mariologie auf Kriminologie reimt, fordert Hamburgs Erzbischof das Frauenpriestertum.

(Rom) Wäh­rend Papst Fran­zis­kus sei­ne Stim­me gegen die Mafia erhebt, was in der Sache nie­man­dem weh­tut, aber den siche­ren Applaus aller ver­spricht, beson­ders der wirk­lich mit dem orga­ni­sier­ten Ver­bre­chen liier­ten Poli­ti­ker (wer ist schon für die Mafia!?), geht Ham­burgs Erz­bi­schof an die Sub­stanz mit sei­nem veri­ta­blen Angriff auf die Kon­sti­tu­ti­on der Kir­che. Zwei Sei­ten des­sel­ben Denkens?

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Papst Fran­zis­kus beauf­trag­te die Inter­na­tio­na­le Maria­ni­sche Päpst­li­che Aka­de­mie, eine wis­sen­schaft­li­che Insti­tu­ti­on, die sich mit Mario­lo­gie befaßt, eine Abtei­lung für die Ana­ly­se und Erfor­schung kri­mi­nel­ler und mafiö­ser Phä­no­me­ne zu errich­ten, „um die Gestalt der Jung­frau Maria vom Ein­fluß der orga­ni­sier­ten Kri­mi­na­li­tät zu befreien“. 

Anlaß dafür ist ein in Aus­maß und Bedeu­tung eben­so neben­säch­li­ches wie mar­gi­na­les Pro­blem: die „Ver­nei­gung“ mit einer Mari­en­sta­tue im Rah­men einer Patro­nats­pro­zes­si­on in einer ‚Ndran­ghe­ta-Hoch­burg Kala­bri­ens. Die Pro­zes­si­on, so der Vor­wurf, wer­de miß­braucht, um dem ört­li­chen „Boß“ eine Reve­renz zu erweisen.

Die in Clans orga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät Süd­ita­li­ens und Sizi­li­ens (Mafia, im deut­schen Sprach­raum für das Gesamt­phä­no­men gebraucht, nennt sich nur jene Sizi­li­ens) ist ein viel­schich­ti­ges Pro­blem, aller­dings mit Sicher­heit kei­nes der Mario­lo­gie. Sie ver­schafft Sen­sa­ti­ons­jour­na­li­sten Ver­kaufs­best­sel­ler und Kar­rie­ren und dient auch als „Phan­tom“, mit dem bei Bedarf alles (und nichts) erklärt wer­den kann. 

Patro­nats­pro­zes­si­on in Süd­ita­li­en: Das Fest des Kir­chen­pa­trons ist noch heu­te ein gro­ßes Volksfest

Mariologie reimt sich auf Kriminologie?

Fran­zis­kus schafft es, mit bemer­kens­wer­ter Phan­ta­sie immer mehr kirch­li­che Insti­tu­tio­nen „neu aus­zu­rich­ten“. Man­che wür­den sagen, sie ihrem eigent­li­chen Zweck zu entfremden.

Der ent­spre­chen­de Auf­trag an die Inter­na­tio­na­le Maria­ni­sche Päpst­li­che Aka­de­mie erging am 15. August, dem Fest Mariä Him­mel­fahrt. Der Papst über­mit­tel­te ihn in einem Schrei­ben an P. Ste­fa­no Cec­chin OFM, den er 2017 zum Vor­sit­zen­den der Aka­de­mie ernannt hat­te. Der Fran­zis­ka­ner ist Grün­der der 2018 errich­te­ten Inter­na­tio­na­len Beob­ach­tungs­stel­le über Erschei­nun­gen und mysti­sche Phä­no­me­ne (OISA) sowie Mit­be­grün­der und Vor­sit­zen­der der 2019 errich­te­ten Christ­lich-Mus­li­mi­schen Maria­ni­schen Kom­mis­si­on.

P. Cec­chin begei­ster­te sich für den päpst­li­chen Auf­trag und kün­dig­te an, daß „eine gro­ße Anzahl von Rich­tern, Kri­mi­no­lo­gen, Mili­tärs, von Staat und Kir­che“ in die neue Abtei­lung ein­ge­bun­den wer­den, um „gemein­sam für das Wohl der mensch­li­chen Per­son, der Gesell­schaft und das ‚gemein­sa­me Haus‘ zu arbei­ten, wie Fran­zis­kus sagt“.

Am kom­men­den 18. Sep­tem­ber wer­de das Pro­jekt näher vor­ge­stellt wer­den. „Die Idee ist“, so P. Cec­chin, „jedes Jahr, jeweils am 13. Mai, eine Kon­fe­renz abzu­hal­ten, auf der die Ergeb­nis­se der Arbeit vor­ge­stellt wer­den“. Der 13. Mai ist der Tag, an dem die Kir­che das Fest Unse­rer Lie­ben Frau von Fati­ma begeht. Neben der Neu­aus­rich­tung der Maria­ni­schen Aka­de­mie von einer mario­lo­gi­schen zu einer kri­mi­no­lo­gi­schen Ein­rich­tung wird es somit eine wei­te­re Umdeu­tung geben: die des Fati­ma­ta­ges.

Nach dem 2016/​2017 erfolg­ten Umbau der Päpst­li­chen Aka­de­mie für das Leben vom Lebens­recht zur „Human­öko­lo­gie“ sowie der Ver­wen­dung der Päpst­li­chen Aka­de­mie der Wis­sen­schaf­ten und der Päpst­li­chen Aka­de­mie der Sozi­al­wis­sen­schaf­ten seit 2015 für den insti­tu­tio­na­li­sier­ten Brücken­schlag zur UNO und den Glo­ba­li­sten (und ihrer Agen­da) durch die Ernen­nung ent­spre­chen­der Aka­de­mie­mit­glie­der wie Jef­frey Sachs, Hans Joa­chim „John“ Schellnhu­ber oder jüngst von Mario Draghi, wird mit der jüng­sten Ach­sen­ver­schie­bung bei der Maria­ni­schen Aka­de­mie bereits die vier­te päpst­li­che Aka­de­mie einer Neu­aus­rich­tung unterworfen.

Ankün­di­gung: Errich­tung der Abtei­lung für Ana­ly­se, Erfor­schung und Beob­ach­tung kri­mi­nel­ler und mafiö­ser Phänomene

Deutsche Bischöfe wie unreife Jugendliche?

Was in Rom von bis­si­gen Zeit­ge­nos­sen als „päpst­li­che Demon­ta­ge-Show“ bezeich­net wird, steht stän­di­gen Fron­tal­an­grif­fen aus dem deut­schen Sprach­raum gegen­über. Als beson­ders unduld­sam erwei­sen sich dabei eini­ge bun­des­deut­sche Bischö­fe, die sich durch hete­ro­do­xe Vor­schlä­ge gegen­sei­tig über­trump­fen wol­len. Das Phä­no­men ist bereits ein hal­bes Jahr­hun­dert alt, wobei Art und Wei­se immer drei­ster wer­den. Jüng­stes Bei­spiel ist Ham­burgs Erz­bi­schof Ste­fan Heße.

Msgr. Heße for­dert die Dis­kus­si­on über das Frau­en­prie­ster­tum wie­der­auf­zu­neh­men. Die Dis­kus­si­on, schon damals vor allem von deut­scher Sei­te stän­dig am Köcheln gehal­ten, wur­de 1994 von Papst Johan­nes Paul II. „defi­ni­tiv“ für been­det erklärt, weil die Fra­ge selbst erschöp­fend geklärt ist. Johan­nes Paul II. stell­te mit sei­nem Apo­sto­li­schen Schrei­ben Ordi­na­tio sacer­do­ta­lis ein für alle­mal fest, daß Frau­en aus theo­lo­gi­schen Grün­den nicht zum Wei­he­sa­kra­ment zuge­las­sen sind. Erz­bi­schof Heße, den Fran­zis­kus 2015 auf den Bischofs­stuhl des hei­li­gen Ans­gar nach Ham­burg berief, will das mit anti­au­to­ri­tä­rem Impe­tus nicht akzep­tie­ren. Im Rück­blick ver­wun­dert es, daß Heße unter Joa­chim Kar­di­nal Meis­ner einst Gene­ral­vi­kar des Erz­bis­tums Köln und sogar des­sen Apo­sto­li­scher Admi­ni­stra­tor war. Spä­te­stens seit dem kome­ten­haf­ten Auf­stieg von Rein­hard Kar­di­nal Marx sind die Gläu­bi­gen über die cha­mä­le­on­haf­te Anpas­sungs­fä­hig­keit man­cher deut­scher Prä­la­ten im Bilde.

Heße for­der­te in der US-ame­ri­ka­ni­schen Jesui­ten­zeit­schrift Ame­ri­ca, daß „über die Fra­ge soll nach­ge­dacht und dis­ku­tiert wer­den dürfen“.

Selbst Papst Fran­zis­kus hat­te im Mai 2019 gegen­über den Ordens­obe­rin­nen der katho­li­schen Frau­en­or­den in Beant­wor­tung der Fra­ge einer deut­schen Ordens­frau gesagt: „Wer eine ande­re Kir­che will, ist frei, sie sich zu machen“. Aller­dings wäre Fran­zis­kus nicht Fran­zis­kus, wenn es nicht doch ein „aber“ gäbe.

Die Bereit­schaft zur fort­schrei­ten­den Dele­gi­ti­mie­rung der Auto­ri­tät läßt sich auch ohne das „aber“ davon nicht beein­drucken, fin­det aller­dings im „aber“ ein Zuzwin­kern. Die Auto­ri­tät der Kir­che wird in erster Linie nicht von den Bei­nen, son­dern vom Kopf her unter­gra­ben. Der Vor­stoß von Erz­bi­schof Heße ist ein bezeich­nen­des Bei­spiel dafür. Und er ist damit kei­nes­wegs allei­ne. Still und lei­se, aber unüber­seh­bar, hat sich in deut­schen Lan­den ein Epi­sko­pat eta­bliert, wohl­ge­merkt durch päpst­li­che Ernen­nung, für den in zen­tra­len Fra­gen von Leh­re und Ord­nung abwei­chen­de Posi­tio­nen nicht mehr anstö­ßig sind. Damit ist in Deutsch­land die kirch­li­che Auto­ri­tät, die unein­ge­schränkt lehrt und ver­tei­digt, was die Kir­che lehrt und kon­sti­tu­tiv aus­macht, in der Sub­stanz in Fra­ge gestellt.

Erz­bi­schof Ste­fan Heße von Hamburg

Dialektik der Beliebigkeit

Pro­gres­si­ve Dia­lek­tik fin­det immer Wege: Msgr. Heße lob­te Ordi­na­tio sacer­do­ta­lis. Eine sol­che Vor­ge­hens­wei­se ist deut­schen Katho­li­ken leid­lich bekannt. Ent­schei­dend ist an Aus­sa­gen erst, was nach einem unschwer vor­her­seh­ba­ren „aber“ folgt. „Aber“, sagt Erz­bi­schof Heße, seit 1994 sei­en „neue Argu­men­te“ hin­zu­ge­kom­men, die Johan­nes Paul II. nicht berück­sich­tigt habe. Mit den Wor­ten Heßes gesprochen: 

„Die histo­ri­sche Per­spek­ti­ve habe ihr Gewicht, ist aber nicht alles“.

Und was hät­te Johan­nes Paul II. „nicht berück­sich­tigt“? Die „Not­wen­dig­kei­ten der Zeit“, sagt der Erzbischof.

Es ist aller­dings Fran­zis­kus selbst, der Gewiß­heit und Klar­heit unter­gräbt. Das geschieht durch die per­ma­nen­te Beru­fung auf den „Dia­log“, als sei die­ser bereits eine Ant­wort. Das geschieht eben­so durch die Wei­ge­rung, kla­re Ant­wor­ten zu geben, selbst dann, wenn er aus­drück­lich dar­um gebe­ten wird, wie durch die Dubia (Zwei­fel) der Kar­di­nä­le Brand­mül­ler, Bur­ke, Caf­farra und Meis­ner im Jahr 2016. Doch zu jenem Zeit­punkt hat­te Msgr. Heße, dank Fran­zis­kus, Köln bereits hin­ter sich gelas­sen und war Erz­bi­schof von Ham­burg geworden.

Heße for­dert natür­lich auch „nur“ Dia­log, zumin­dest vor­erst. Nicht alle reden gleich vom Frau­en­prie­ster­tum, vom Frau­en­dia­ko­nat schon mehr. Papst Fran­zis­kus ernann­te im ver­gan­ge­nen April bereits die drit­te Kom­mis­si­on im 21. Jahr­hun­dert, um die Fra­ge „zu stu­die­ren“ und weckt damit neue Begehr­lich­kei­ten. Das Haupt­an­lie­gen ist der­zeit aber die Zöli­bats­be­sei­ti­gung (sie­he Ver­hei­ra­te­te Prie­ster? Was Bischö­fe des deut­schen Sprach­raums dazu sagen).

Eine Rei­he von Bischö­fen, vor­dring­lich des deut­schen Sprach­raums, erwei­sen sich statt als Ver­tei­di­ger der immer­wäh­ren­den Glau­bens­leh­re mehr als Kin­der ihrer Zeit, indem die­se Bischö­fe selbst in Fra­ge stel­len, was sie ver­tei­di­gen und das Volk leh­ren soll­ten. Sie ori­en­tie­ren sich dabei mehr am vor­herr­schen­den Den­ken der Welt, in der Leh­rer nicht mehr aner­kannt und Gewiß­hei­ten nicht mehr akzep­tiert werden.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: InfoVaticana/​InfoCatolica

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