
(Stockholm) Die Schwedische Kirche meldet einen neuen Primat: Die Frauen haben die Männer an Zahl überrundet. Es gibt mehr Pastorinnen als Pastoren.
Die Bezeichnung Schwedische Kirche meint die evangelisch-lutherische Kirche, die 1536 durch den Bruch mit Rom gegründet wurde. Seit 2000 ist sie nicht mehr Staatskirche.
1958 führten die schwedischen Lutheraner die Frauenordination ein. Ein sakramentales Priestertum kennen sie nicht. 1960 trat die erste Pastorin ihr Amt an. Kritikern wurde eine Übergangsfrist von 25 Jahren eingeräumt. Seither sind alle verpflichtet, ordinierte Frauen zu akzeptieren, was zu einem Schisma führte. 1997 wurde die erste lutherische Bischöfin ins Amt eingeführt.
Mit der Frauenordination ging eine generelle Liberalisierung einher, die zuletzt zu einem regulären Ritus für homosexuelle Paare führte. Emblematisch für die Entwicklung war 2009 die Wahl von Eva Brunne zur ersten lesbischen Bischöfin Schwedens, die mit einer anderen lesbischen Pastorin in einer eingetragenen Partnerschaft lebt.
Der neue Primat
2020 vermeldet die Schwedische Kirche einen neuen Primat: Erstmals zählt sie mehr Pastorinnen als Pastoren. Die entsprechenden Zahlen wurden am 23. Juli veröffentlicht und als Zeichen für den ungebrochenen „Fortschritt“ bei der Gleichstellung der Geschlechter gefeiert.
Die evangelisch-lutherische Kirche Schwedens verzeichnet aktuell 1.533 Pastorinnen und 1.527 Pastoren. Ihr geistliches Oberhaupt, der Erzbischof von Uppsala, und zwei der dreizehn Bischöfe des Landes sind ebenfalls weiblich.
Nun sei es, „wie es sein sollte“, findet Elisabeth Oberg Hansen, Pastorin in Stockholm, denn der leichte Frauenüberhang spiegle „die Gesellschaft wider“.
Oberg Hansen wurde vor 30 Jahren zur Pastorin ordiniert. Sie habe die „Diskriminierung“ miterlebt. In der ersten Gemeinde, sei sie „abgelehnt“ worden, weil, die Gläubigen keine Frau als Pastor haben wollten. Aber „die Zeiten“ hätten sich „Gott sei Dank“ geändert.
Schweden liegt in der EU an der Spitze eines Gleichstellungsindex. Das gelte grundsätzlich für Skandinavien. Eine vergleichbare Entwicklung finde in Dänemark statt und auch in Norwegen gebe es bereits „viele Frauen“ als Pastorinnen.
Kehrseite: Der Exodus der Männer
Eva Brunne, bis zum vergangenen Jahr Bischöfin von Stockholm, förderte die Anerkennung von Frauen in der Kirche, meint heute aber, das Pastorenamt solle keine Domäne der Frauen werden. Es gibt eine Kehrseite der „Gleichstellung“: den Exodus der Männer aus der Kirche. Das gelte nicht nur für das Fehlen eines männlichen Nachwuchses für das Pastorenamt, sondern das Ausbleiben der Männer unter den Gläubigen.
Brunne meinte gegenüber AP:
„Ich wurde während meiner zehn Jahre als Bischöfin wiederholt gefragt: ‚Wo sind all die Männer?‘, und alles, was ich sagen kann, ist: Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht.“
Die Entwicklung, so die ehemalige Bischöfin, entspreche jener an den schwedischen Universitäten. Auch dort seien die Frauen im Übergewicht.
„Überall dasselbe Bild: mehr Frauen als Männer. Das bedeutet: mehr Anwältinnen, mehr Ärztinnen usw.“
Persönlich ordinierte auch sie als Bischöfin bevorzugt Frauen.

Für 2024 erwartet: Weniger als die Hälfte der Schweden Lutheraner
1972 bekannten sich 95,4 Prozent der Schweden als Lutheraner, heute sind es nur mehr 55 Prozent. Zweitstärkste Religionsgemeinschaft sind heute mit neun Prozent die Muslime: Tendenz schnell steigend. 3,5 Prozent der Schweden gehören protestantischen Freikirchen an, 1,5 Prozent sind orthodoxe Christen, 1,2 Prozent Katholiken. Rund 30 Prozent der Schweden sind religionslos.
Die lutherischen Kirchenbänke sind meist leer. Wenn sie besetzt sind, dann von Frauen. Nur knapp zwei Prozent der Lutheraner gehen am Sonntag in die Kirche.
Das Ungleichgewicht ist in das Gegenteil umgeschlagen. „Ich denke, es ist etwas, das wir immer als Warnung nehmen sollten, wenn wir sehen, daß es ein Ungleichgewicht gibt“, wird Pastorin Cristina Grenholm, Leiterin der theologischen Abteilung der Schwedischen Kirche, von AP zitiert.
Doch ein wirkliches Problembewußtsein gibt es nicht. Zu feministisch ist das Denken geprägt:
„Jesus hat sich zu seiner Zeit für Gerechtigkeit für Menschen aller Klassen und Geschlechter eingesetzt. Ich denke, es ist Zeit für die Frauen, noch mehr einen Schritt nach vorne zu machen“, so Anna Inghammer, die demnächst zur Pastorin ordiniert werden soll.
Sie sieht nächste Gleichstellungsziele in den Bereichen „Klasse“ und „Ethnizität“, womit die große Zahl der Migranten in Schweden gemeint ist, die zu einer starken Verschiebung der Religionszusammensetzung führen „Da müssen wir arbeiten“, was nicht so sehr im Sinne der Evangelisierung gemeint ist, sondern der sterilen prozentualen „Gleichstellung“, denn „die Kirche ist für alle da“.
In Schweden feierte Papst Franziskus 2018 ein gemeinsames lutherisch-katholisches Gedenken an die Reformation Martin Luthers vor 500 Jahren.

Text: Giuseppe Nardi
Bild: Youtube/Evangelic Sweden/vatican.va (Screenshots)
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