Einige Überlegungen zum Zweiten Vatikanischen Konzil – und zur aktuellen Krise in der Kirche

„Nach der Krise werden die Klarheit und Genauigkeit der Lehre und die Heiligkeit der Liturgie heller leuchten“


Notwendige Anmerkungen zum Zweiten Vatikanischen Konzil
Notwendige Anmerkungen zum Zweiten Vatikanischen Konzil.

von S. Ex. Bischof Atha­na­si­us Schneider*

Anzei­ge

In den letz­ten Jahr­zehn­ten haben nicht nur erklär­te Moder­ni­sten, son­dern auch Theo­lo­gen und Gläu­bi­ge, die die Kir­che lie­ben, eine Hal­tung gezeigt, die ähn­lich ist einer blin­den Ver­tei­di­gung von allem, was vom Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil gesagt wur­de. Eine sol­che Ein­stel­lung schien manch­mal ech­te men­ta­le Akro­ba­tik und eine „Qua­dra­tur des Krei­ses“ zu erfor­dern. Auch jetzt ent­spricht die all­ge­mei­ne Men­ta­li­tät guter Katho­li­ken einer Hal­tung, die de fac­to besagt, dass alles, was das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil gesagt hat oder was der der­zei­ti­ge Papst sagt oder tut, unfehl­bar sei. Die­se Art von unge­sun­dem Papst­zen­tris­mus war in den letz­ten zwei Jahr­hun­der­ten bereits seit meh­re­ren Gene­ra­tio­nen bei Katho­li­ken vor­han­den. Und doch waren respekt­vol­le Kri­tik und sach­li­che theo­lo­gi­sche Debat­ten in der gro­ßen Tra­di­ti­on der Kir­che immer prä­sent und erlaubt, da wir nach der Wahr­heit und Treue zur gött­li­chen Offen­ba­rung und zur stän­di­gen Tra­di­ti­on der Kir­che suchen soll­ten, was an sich den Gebrauch der Ver­nunft und Ratio­na­li­tät impli­ziert und gei­sti­ge Akro­ba­tik ver­mei­det. Eini­ge Erklä­run­gen bestimm­ter offen­sicht­lich mehr­deu­ti­ger und irre­füh­ren­der Aus­drücke in den Kon­zils­tex­ten schei­nen künst­lich und nicht über­zeu­gend, ins­be­son­de­re wenn man über sie im Lich­te der unge­bro­che­nen und bestän­di­gen Leh­re der Kir­che auf intel­lek­tu­ell ehr­li­che­re Wei­se reflektiert.

Instink­tiv wur­de jedes ver­nünf­ti­ge Argu­ment unter­drückt, das selbst im Gering­sten einen Aus­druck oder ein Wort in den Kon­zils­tex­ten in Fra­ge stel­len könn­te. Eine sol­che Hal­tung ist jedoch nicht gesund und wider­spricht der gro­ßen Tra­di­ti­on der Kir­che, wie wir bei den Kir­chen­vä­tern, Kir­chen­leh­rern und gro­ßen Theo­lo­gen der Kir­che im Lau­fe von zwei­tau­send Jah­ren beob­ach­ten. Eine ande­re Mei­nung als die, die das Kon­zil von Flo­renz in Bezug auf das Wei­he­sa­kra­ment, d. h. die tra­di­tio instru­men­torum, lehr­te, wur­de in den Jahr­hun­der­ten nach die­sem Kon­zil zuge­las­sen und führ­te zu der Erklä­rung von Papst Pius XII. in der Apo­sto­li­schen Kon­sti­tu­ti­on Sacra­men­tum Ordi­nis von 1947, wonach er die nicht unfehl­ba­re Leh­re des Kon­zils von Flo­renz kor­ri­gier­te, indem er fest­stell­te, dass die ein­zi­ge Mate­rie, die für die Gül­tig­keit des Wei­he­sa­kra­ments unbe­dingt erfor­der­lich ist, die Hand­auf­le­gung durch den Bischof ist. Mit die­sem Akt setz­te Pius XII. kei­ne Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät um, son­dern eine Kor­rek­tur, da die Leh­re des Kon­zils von Flo­renz in die­ser Ange­le­gen­heit nicht die stän­di­ge Leh­re und lit­ur­gi­sche Pra­xis der Uni­ver­sal­kir­che wider­spie­gel­te. Bereits im Jahr 1914 schrieb Kar­di­nal W. M. van Ros­sum über die Aus­sa­ge des Kon­zils von Flo­renz in Bezug auf das Wei­he­sa­kra­ment, dass die­se Leh­re des Kon­zils refor­mier­bar sei und sogar auf­ge­ge­ben wer­den müs­se (vgl. De essen­tia sacra­men­ti ordi­nis, Frei­burg 1914, S. 186). In die­sem kon­kre­ten Fall war also kein Platz für eine Her­me­neu­tik der Kontinuität.

Bischof Athanasius Schneider
Bischof Atha­na­si­us Schneider

Wenn das päpst­li­che Lehr­amt oder ein Öku­me­ni­sches Kon­zil nicht unfehl­ba­re Leh­ren frü­he­rer Öku­me­ni­scher Kon­zi­le kor­ri­giert haben (was sel­ten gesche­hen war), haben sie durch die­se Akte weder die Grund­la­gen des katho­li­schen Glau­bens unter­gra­ben noch das Lehr­amt von mor­gen gegen das von heu­te auf­ge­stellt, wie es die Geschich­te bewie­sen hat. Mit einer Bul­le vom Jahr 1425 bestä­tig­te Mar­tin V. die Dekre­te des Kon­stan­zer Kon­zils und sogar das Dekret „Fre­quens“ der 39. Sit­zung (1417). Die­ses Dekret bestä­tigt den Irr­tum des Kon­zi­lia­ris­mus, d. h. den Irr­tum, dass das Kon­zil über dem Papst steht. Im Jah­re 1446 erklär­te sein Nach­fol­ger, Papst Eugen IV., jedoch, dass er die Dekre­te des Öku­me­ni­schen Kon­zils von Kon­stanz akzep­tier­te, mit Aus­nah­me der­je­ni­gen (Sit­zun­gen 3–5 und 39), die „die Rech­te und den Vor­rang des Apo­sto­li­schen Stuhls beein­träch­ti­gen“ (absque tamen praei­udi­cio iuris, dignita­tis et prae­e­mi­nen­tiae Sedis Apo­sto­li­cae). Das Dog­ma des Ersten Vati­ka­nums über den päpst­li­chen Pri­mat ver­warf dann end­gül­tig den kon­zi­lia­ri­sti­schen Irr­tum des Öku­me­ni­schen Kon­zils von Kon­stanz. Wie bereits erwähnt, kor­ri­gier­te Papst Pius XII. den Irr­tum des Öku­me­ni­schen Kon­zils von Flo­renz in Bezug auf das Wei­he­sa­kra­ment. Die Grund­la­gen des Glau­bens wur­den durch die­se sel­te­nen Akte der Kor­rek­tur frü­he­rer Aus­sa­gen des nicht unfehl­ba­ren Lehr­am­tes nicht unter­gra­ben, gera­de weil die­se kon­kre­ten Aus­sa­gen (z. B. der Kon­zi­le von Kon­stanz und Flo­renz) nicht unfehl­bar waren.

Eini­ge Aus­drücke in den Tex­ten des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils las­sen sich nicht so leicht mit der stän­di­gen Lehr­tra­di­ti­on der Kir­che ver­ein­ba­ren. Bei­spie­le hier­für sind bestimm­te Äuße­run­gen des Konzils:

  • zum The­ma Reli­gi­ons­frei­heit (ver­stan­den als natür­li­ches Recht und daher von Gott posi­tiv gewollt, eine fal­sche Reli­gi­on zu prak­ti­zie­ren und zu ver­brei­ten, zu der auch Göt­zen­dienst oder noch Schlim­me­res gehö­ren kann); 
  • die Unter­schei­dung zwi­schen der Kir­che Chri­sti und der katho­li­schen Kir­che (das Pro­blem des „sub­si­stit in“ erweckt den Ein­druck, dass zwei Rea­li­tä­ten exi­stie­ren: einer­seits die Kir­che Chri­sti und ande­rer­seits die katho­li­sche Kirche); 
  • und die Hal­tung gegen­über nicht­christ­li­chen Reli­gio­nen und der moder­nen Welt. 

Obwohl die Kon­gre­ga­ti­on für die Glau­bens­leh­re in ihren Ant­wor­ten auf eini­ge Fra­gen zu bestimm­ten Aspek­ten der Leh­re über die Kir­che (29. Juni 2007) eine Erklä­rung des Aus­drucks „sub­si­stit in“ gab, ver­mied sie es lei­der, klar zu sagen, dass die Kir­che Chri­sti wirk­lich die katho­li­sche Kir­che ist. Das heißt, es wur­de ver­mie­den, die Iden­ti­tät zwi­schen der Kir­che Chri­sti und der katho­li­schen Kir­che expli­zit aus­zu­sa­gen. In der Tat bleibt damit eine Nuan­ce der Unbestimmtheit.

Es gibt auch eine Hal­tung, die a prio­ri alle mög­li­chen Ein­wän­de gegen die oben genann­ten strit­ti­gen Aus­sa­gen in den Kon­zils­tex­ten zurück­weist. Statt­des­sen wird als ein­zi­ge denk­ba­re Lösung die Metho­de der „Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät“ vor­ge­stellt. Lei­der wer­den Zwei­fel über theo­lo­gi­sche Pro­ble­me, die mit die­sen Kon­zils­er­klä­run­gen ver­bun­den sind, nicht ernst genom­men. Wir müs­sen immer dar­an den­ken, dass das ober­ste Ziel des Kon­zils pasto­ra­len Cha­rak­ter hat­te und dass das Kon­zil nicht beab­sich­tig­te, sei­ne eige­nen end­gül­ti­gen Leh­ren vorzulegen.

Die Äuße­run­gen der Päp­ste vor dem Kon­zil, auch im 19. und 20. Jahr­hun­dert, spie­geln ihre Vor­gän­ger und die stän­di­ge Tra­di­ti­on der Kir­che unge­bro­chen wider. Die Päp­ste des 19. und 20. Jahr­hun­derts, also nach der Fran­zö­si­schen Revo­lu­ti­on, stel­len im Ver­gleich zur zwei­tau­send­jäh­ri­gen Tra­di­ti­on der Kir­che kei­ne „exo­ti­sche“ Peri­ode dar. Man konn­te kei­nen Bruch in den Leh­ren die­ser Päp­ste in Bezug auf das vor­he­ri­ge Lehr­amt fest­stel­len. Zum Bei­spiel kann man in Bezug auf das The­ma des sozia­len König­tums Chri­sti und der objek­ti­ven Falsch­heit nicht­christ­li­cher Reli­gio­nen kei­nen wahr­nehm­ba­ren Bruch fest­stel­len zwi­schen den Leh­ren der Päp­ste Gre­gor XVI. bis Pius XII. einer­seits und der Leh­re von Papst Gre­gor dem Gro­ßen (6. Jahr­hun­dert) und sei­nen Vor­gän­gern und Nach­fol­gern ande­rer­seits. Man kann wirk­lich eine durch­ge­hen­de Linie ohne Bruch von der Zeit der Kir­chen­vä­ter bis zu Pius XII. sehen, ins­be­son­de­re zu The­men wie dem sozia­len König­tum Chri­sti, der Reli­gi­ons­frei­heit und der Öku­me­ne in dem Sin­ne, dass es ein natür­li­ches Recht gibt, das von Gott posi­tiv gewollt ist, nur die eine wah­re Reli­gi­on zu prak­ti­zie­ren, die der katho­li­sche Glau­be ist.

Vor dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil bestand kei­ne Not­wen­dig­keit, kolos­sa­le Anstren­gun­gen zu unter­neh­men und umfang­rei­che Stu­di­en vor­zu­le­gen, um die per­fek­te Kon­ti­nui­tät der Leh­re zwi­schen einem Kon­zil und einem ande­ren, zwi­schen einem Papst und sei­nen Vor­gän­gern zu bele­gen, da die Kon­ti­nui­tät offen­sicht­lich war. Die Tat­sa­che z. B., dass eine „Nota expli­ca­ti­va praevia“ für das Doku­ment Lumen Gen­ti­um erfor­der­lich war, zeigt, dass der Text von Lumen Gen­ti­um in Nr. 22 in Bezug auf das The­ma der Bezie­hung zwi­schen dem päpst­li­chem Pri­mat und der bischöf­li­cher Kol­le­gia­li­tät nicht ein­deu­tig ist. Doku­men­te des nach­kon­zi­lia­ren Lehr­amts, die die Glau­bens­leh­re klär­ten, wie die Enzy­kli­ken Myste­ri­um Fidei, Hum­a­nae Vitae und das “Cre­do des Got­tes­vol­kes” von Papst Paul VI., waren von gro­ßem Wert und hilf­reich, aber sie klär­ten die oben genann­ten zwei­deu­ti­gen Aus­sa­gen des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils nicht.

Viel­leicht zwingt uns die heu­ti­ge Kri­se mit Amo­ris Lae­ti­tia und dem Doku­ment von Abu Dha­bi, die­se Über­le­gun­gen zu ver­tie­fen, um eini­ge der oben genann­ten Kon­zils­er­klä­run­gen zu klä­ren oder zu kor­ri­gie­ren. In der Sum­ma Theo­lo­giae prä­sen­tier­te der hei­li­ge Tho­mas von Aquin immer Ein­wän­de („vide­tur quod“) und Gegen­ar­gu­men­te („sed con­tra“). Der hl. Tho­mas war intel­lek­tu­ell sehr ehr­lich. Man muss Ein­wän­de zulas­sen und sie ernst neh­men. Wir soll­ten sei­ne Metho­de auf eini­ge der kon­tro­ver­sen Punk­te der Kon­zils­tex­te anwen­den, die seit fast sech­zig Jah­ren dis­ku­tiert wer­den. Die mei­sten Kon­zils­tex­te ste­hen in orga­ni­scher Kon­ti­nui­tät mit dem vor­he­ri­gen Lehr­amt. Letzt­end­lich muss das päpst­li­che Lehr­amt die kon­tro­ver­sen Punk­te eini­ger Aus­drücke in den Kon­zils­tex­ten auf über­zeu­gen­de Wei­se klar­stel­len. Bis­her wur­de dies nicht immer auf intel­lek­tu­ell ehr­li­che und über­zeu­gen­de Wei­se getan. Wäre es not­wen­dig, müss­te ein Papst oder ein künf­ti­ges Öku­me­ni­sches Kon­zil Erklä­run­gen (eine Art „notae expli­ca­tiv­ae posterae“) oder sogar Ände­run­gen und Kor­rek­tu­ren der erwähn­ten kon­tro­ver­sen Aus­sa­gen machen, da sie vom Kon­zil nicht als unfehl­ba­re und end­gül­ti­ge Leh­re vor­ge­legt wur­den, wie es Papst Paul VI. auch feststellte: 

„Das Kon­zil ver­mied es, fei­er­li­che dog­ma­ti­sche Defi­ni­tio­nen zu geben und die Unfehl­bar­keit des kirch­li­chen Lehr­am­tes in Anspruch zu neh­men“ (Gene­ral­au­di­enz, 12. Janu­ar 1966).

Die Geschich­te wird uns dies dann aus einem Abstand noch sagen. Wir sind nur fünf­zig Jah­re vom Kon­zil ent­fernt. Viel­leicht wer­den wir es in wei­te­ren fünf­zig Jah­ren deut­li­cher sehen. Unter dem Gesichts­punkt der Tat­sa­chen, der Bewei­se und aufs Gan­ze gese­hen, brach­te das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil jedoch kei­ne wirk­li­che geist­li­che Blü­te­zeit in das Leben der Kir­che. Und selbst wenn es vor dem Kon­zil bereits Pro­ble­me im Kle­rus gab, müs­sen wir aus Grün­den der Ehr­lich­keit und Gerech­tig­keit aner­ken­nen, dass die mora­li­schen, spi­ri­tu­el­len und dok­tri­nä­ren Pro­ble­me des Kle­rus vor dem Kon­zil nicht in solch einem Aus­maß und nicht so inten­siv vor­han­den waren, wie sie es in der nach­kon­zi­lia­ren Zeit bis heu­te waren. In Anbe­tracht der Tat­sa­che, dass es bereits vor dem Kon­zil Pro­ble­me gab, hät­te das erste Ziel des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils genau dar­in bestehen müs­sen, mög­lichst kla­re, sogar anspruchs­vol­le Nor­men und Leh­ren zu erlas­sen, frei von jeg­li­chen Zwei­deu­tig­kei­ten, wie dies bei allen Reform­kon­zi­li­en der Ver­gan­gen­heit der Fall war. Der Plan und die Absich­ten des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils waren in erster Linie pasto­ral, doch trotz sei­nes pasto­ra­len Ziels folg­ten kata­stro­pha­le Fol­gen, die wir heu­te noch sehen. Natür­lich hat das Kon­zil vie­le schö­ne und wert­vol­le Tex­te her­vor­ge­bracht. Die nega­ti­ven Fol­gen und die im Namen des Kon­zils began­ge­nen Miss­bräu­che waren jedoch so stark, dass sie die posi­ti­ven Ele­men­te, die es gibt, überschatteten.

Das sind die posi­ti­ven Ele­men­te im Zwei­ten Vati­ka­num: Es war das erste Mal, dass ein Öku­me­ni­sches Kon­zil die Lai­en fei­er­lich auf­for­der­te, ihre Tauf­ge­lüb­de ernst zu neh­men, um nach Hei­lig­keit zu stre­ben. Das Kapi­tel in Lumen Gen­ti­um über die Lai­en ist schön und tief­grei­fend. Die Gläu­bi­gen sind auf­ge­ru­fen, ihre Tau­fe und Fir­mung als muti­ge Zeu­gen des Glau­bens in der säku­la­ri­sier­ten Gesell­schaft zu leben. Die­ser Auf­ruf war pro­phe­tisch. Seit dem Kon­zil wur­de die­ser Auf­ruf an die Lai­en jedoch häu­fig vom pro­gres­si­sti­schen Estab­lish­ment in der Kir­che sowie von vie­len Funk­tio­nä­ren und Büro­kra­ten miss­braucht, die in kirch­li­chen Büros und Kanz­lei­en arbei­te­ten. Oft waren die neu­en Lai­en­bü­ro­kra­ten (in bestimm­ten euro­päi­schen Län­dern) selbst kei­ne Zeu­gen, son­dern tru­gen zur Zer­stö­rung des Glau­bens in den Pfarr- und Diö­ze­san­rä­ten sowie in ande­ren offi­zi­el­len Komi­tees bei. Lei­der wur­den die­se Lai­en­bü­ro­kra­ten oft von Geist­li­chen und Bischö­fen in die Irre geführt.

Die nach­kon­zi­lia­re Zeit hat den Ein­druck hin­ter­las­sen, dass eine der Haupt­früch­te des Kon­zils die Büro­kra­ti­sie­rung war. Die­se welt­li­che Büro­kra­ti­sie­rung in den Jahr­zehn­ten seit dem Kon­zil hat den gei­sti­gen und über­na­tür­li­chen Eifer in erheb­li­chem Maße gelähmt, und anstel­le des ange­kün­dig­ten Früh­lings kam ein gei­sti­ger Win­ter. Bekannt und unver­gess­lich blei­ben die Wor­te, mit denen Paul VI. den Zustand der geist­li­chen Gesund­heit der Kir­che nach dem Kon­zil ehr­lich diagnostizierte: 

„Wir dach­ten, dass nach dem Kon­zil ein Tag des Son­nen­scheins für die Geschich­te der Kir­che kom­men wür­de. Statt­des­sen ist ein Tag der Wol­ken, der Stür­me, der Dun­kel­heit, der Suche und der Unsi­cher­heit gekom­men. Wir pre­di­gen Öku­me­ne und ent­fer­nen uns immer mehr von den ande­ren. Wir ver­su­chen, Abgrün­de zu gra­ben, anstatt sie zu fül­len“ (Pre­digt am 29. Juni 1972).

In die­sem Zusam­men­hang war es ins­be­son­de­re Erz­bi­schof Mar­cel Lefeb­v­re (obwohl er nicht der ein­zi­ge war, der dies tat), der in gro­ßem Umfang und mit einem Frei­mut ähn­lich dem eini­ger der gro­ßen Kir­chen­vä­ter damit begann, gegen die in der Kir­che statt­fin­den­de Ver­wäs­se­rung des katho­li­schen Glau­bens zu pro­te­stie­ren, ins­be­son­de­re auch gegen die Ver­wäs­se­rung des Opfer­cha­rak­ters und der Erha­ben­heit des Ritus der Hei­li­gen Mes­se, die selbst von hoch­ran­gi­gen Auto­ri­tä­ten des Hei­li­gen Stuhls unter­stützt oder zumin­dest tole­riert wur­de. In einem Brief an Papst Johan­nes Paul II. zu Beginn sei­nes Pon­ti­fi­kats beschrieb Erz­bi­schof Lefeb­v­re rea­li­stisch und tref­fend in einer kur­zen Zusam­men­fas­sung das wah­re Aus­maß der Kri­se in der Kir­che. Man ist immer wie­der beein­druckt von der Klar­heit und dem pro­phe­ti­schen Cha­rak­ter der fol­gen­den Aussagen: 

„Die Flut von Neu­hei­ten in der Kir­che, die vom Epi­sko­pat akzep­tiert und geför­dert wird, eine Flut, die alles auf ihrem Weg ver­wü­stet – Glau­be, Moral, die Insti­tu­tio­nen der Kir­che – konn­te das Vor­han­den­sein eines Wider­stan­des nicht tole­rie­ren. Wir hat­ten dann die Wahl, uns von der ver­hee­ren­den Strö­mung mit­rei­ßen zu las­sen und die Kata­stro­phe zu ver­stär­ken oder Wind und Wel­len zu wider­ste­hen, um unse­ren katho­li­schen Glau­ben und das katho­li­sche Prie­ster­tum zu schüt­zen. Wir konn­ten nicht zögern. Die Rui­nen der Kir­che neh­men zu: Athe­is­mus, Unmo­ral, Ver­las­sen­heit der Kir­chen, Ver­schwin­den der Prie­ster- und Ordens­be­ru­fun­gen füh­ren dazu, dass die Bischö­fe all­mäh­lich auf­ge­weckt wer­den“ (Brief vom 24. Dezem­ber 1978). 

Wir erle­ben jetzt den Höhe­punkt der gei­sti­gen Kata­stro­phe im Leben der Kir­che, auf die Erz­bi­schof Lefeb­v­re bereits vor vier­zig Jah­ren so ener­gisch hin­ge­wie­sen hat.

Bei der Annä­he­rung an Ange­le­gen­hei­ten im Zusam­men­hang mit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil und sei­nen Doku­men­ten muss man gekün­stel­te Inter­pre­ta­tio­nen und die Metho­de der „Qua­dra­tur des Krei­ses“ ver­mei­den, wobei natür­lich der gebüh­ren­de Respekt und der kirch­li­che Sinn (sen­ti­re cum eccle­sia) gewahrt blei­ben müs­sen. Das Prin­zip der „Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät“ kann nicht blind ange­wen­det wer­den, um offen­sicht­lich bestehen­de Pro­ble­me zwei­fels­frei zu besei­ti­gen oder ein Bild der Har­mo­nie zu schaf­fen, wäh­rend aber gleich­zei­tig in der Her­me­neu­tik der Kon­ti­nui­tät Schat­ten der Unbe­stimmt­heit den­noch ver­blei­ben. In der Tat wür­de ein sol­cher Ansatz künst­lich und nicht über­zeu­gend die Bot­schaft ver­mit­teln, dass jedes Wort des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils von Gott inspi­riert, unfehl­bar und in per­fek­ter Lehr­kon­ti­nui­tät mit dem vor­he­ri­gen Lehr­amt ist. Eine sol­che Metho­de wür­de gegen die Ver­nunft, die Bewei­se und die Ehr­lich­keit ver­sto­ßen und der Kir­che nicht zur Ehre gerei­chen, denn frü­her oder spä­ter (viel­leicht nach hun­dert Jah­ren) wird die Wahr­heit so gesagt, wie sie wirk­lich ist. Es gibt Bücher mit doku­men­tier­ten und über­prüf­ba­ren Quel­len, die histo­risch rea­li­sti­sche­re und wahr­haf­ti­ge­re Ein­blicke in die Fak­ten und Kon­se­quen­zen des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils selbst, der Erar­bei­tung sei­ner Doku­men­te und des Pro­zes­ses der Inter­pre­ta­ti­on und Anwen­dung sei­ner Refor­men in den letz­ten fünf Jahr­zehn­ten bie­ten. Man kann zum Bei­spiel die fol­gen­den Bücher emp­feh­len, die mit Gewinn gele­sen wer­den könnten: 

  • Roma­no Ame­rio, Iota Unum: Eine Stu­die über Ver­än­de­run­gen in der katho­li­schen Kir­che im 20. Jahr­hun­dert (1996);
  • Rober­to de Mat­tei, Das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil: Eine bis­lang unge­schrie­be­ne Geschich­te (2010);
  • Alfon­so Gál­vez, Eccle­sia­sti­cal Win­ter (Der kirch­li­che Win­ter) (2011).

Die­se Punk­te – die all­ge­mei­ne Beru­fung zur Hei­lig­keit, die Rol­le der Lai­en bei der Ver­tei­di­gung und dem Zeug­nis des Glau­bens, die Fami­lie als Haus­kir­che und die Leh­re über die Mut­ter­got­tes – kön­nen als die wirk­lich posi­ti­ven und dau­er­haf­ten Bei­trä­ge des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils ange­se­hen werden.

Das Lehr­amt war in den letz­ten 150 Jah­ren mit einer unge­sun­den Papo­la­trie so über­la­den, dass eine Atmo­sphä­re ent­stand, in der, statt Chri­stus und sei­nem Mysti­schen Leib, den Män­nern der Kir­che eine zen­tra­le Rol­le zuge­schrie­ben wur­de, was wie­der­um ver­steck­ter Anthro­po­zen­tris­mus ist. Nach der Sicht der Kir­chen­vä­ter ist die Kir­che nur der Mond (myste­ri­um lunae) und Chri­stus die Son­ne. Das Kon­zil war lei­der eine Dar­stel­lung eines sehr sel­te­nen „Magi­sterio­zen­tris­mus“, da er durch das enor­me Volu­men sei­ner lang­at­mi­gen Doku­men­te alle ande­ren Kon­zi­li­en weit über­traf. Das Kon­zil gab jedoch eine schö­ne Beschrei­bung des­sen, was das Lehr­amt ist, eine Beschrei­bung, die in der Geschich­te der Kir­che noch nie zuvor gege­ben wor­den war. Sie fin­det sich in Dei Ver­bum, Nr. 10, wo geschrie­ben steht: 

„Das Lehr­amt steht nicht über dem Wort Got­tes, son­dern dient ihm.“

Mit „Magi­sterio­zen­tris­mus“ soll hier gemeint sein, dass die mensch­li­chen und admi­ni­stra­ti­ven Ele­men­te – ins­be­son­de­re die exzes­si­ve und kon­ti­nu­ier­li­che Pro­duk­ti­on von Doku­men­ten und häu­fi­ge Dis­kus­si­ons­fo­ren (unter dem Mot­to „Syn­oda­li­tät“) – in den Mit­tel­punkt des kirch­li­chen Lebens gestellt wur­den. Obwohl die Hir­ten der Kir­che das munus docen­di immer eif­rig aus­üben müs­sen, hat sich die Infla­ti­on von Doku­men­ten und oft von lang­wie­ri­gen Doku­men­ten als erstickend erwie­sen. Weni­ger zahl­rei­che, kür­ze­re und prä­zi­se­re Doku­men­te hät­ten eine bes­se­re Wir­kung gehabt.

Ein ein­drucks­vol­les Bei­spiel für den unge­sun­den „Magi­sterio­zen­tris­mus“, bei dem sich Ver­tre­ter des Lehr­am­tes nicht als Die­ner, son­dern als Her­ren der Tra­di­ti­on ver­hal­ten, ist die lit­ur­gi­sche Reform von Papst Paul VI. In gewis­ser Wei­se stell­te sich Paul VI. über die Tra­di­ti­on – nicht die dog­ma­ti­sche Tra­di­ti­on (lex cre­den­di), son­dern die gro­ße lit­ur­gi­sche Tra­di­ti­on (lex oran­di). Paul VI. wag­te es, eine wah­re Revo­lu­ti­on in der lex oran­di zu begin­nen. Und bis zu einem gewis­sen Grad han­del­te er gegen die Aus­sa­gen des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils in Dei Ver­bum, Nr. 10, die besagt, dass das Lehr­amt nur der Die­ner der Tra­di­ti­on ist. Wir müs­sen Chri­stus in den Mit­tel­punkt stel­len. Er ist die Son­ne: das Über­na­tür­li­che, die Bestän­dig­keit der Leh­re und der Lit­ur­gie und alle Wahr­hei­ten des Evan­ge­li­ums, die Chri­stus uns gelehrt hat.

Durch das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil und bereits mit Papst Johan­nes XXIII. begann die Kir­che, sich der Welt zu prä­sen­tie­ren, mit der Welt zu flir­ten und einen Min­der­wer­tig­keits­kom­plex gegen­über der Welt zu zei­gen. Doch die Geist­li­chen, ins­be­son­de­re die Bischö­fe und der Hei­li­ge Stuhl, haben die Auf­ga­be, Chri­stus der Welt zu zei­gen – nicht sich selbst. Das Zwei­te Vati­ca­num gab den Ein­druck, dass die katho­li­sche Kir­che begon­nen hat, die Welt um Sym­pa­thie zu bet­teln. Dies setz­te sich in den nach­kon­zi­lia­ren Pon­ti­fi­ka­ten fort. Die Kir­che bet­telt um Sym­pa­thie und Aner­ken­nung der Welt. Dies ist ihrer unwür­dig und wird nicht die Ach­tung derer ver­die­nen, die wirk­lich Gott suchen. Wir müs­sen Chri­stus, Gott, den Him­mel um Sym­pa­thie bitten.

Eini­ge, die das Zwei­te Vati­ka­ni­sche Kon­zil kri­ti­sie­ren, sagen, dass es, obwohl es gute Aspek­te hat, wie ein Kuchen mit etwas Gift ist, und des­halb muss der gan­ze Kuchen weg­ge­wor­fen wer­den. Ich glau­be nicht, dass wir die­ser Metho­de fol­gen kön­nen, noch der Metho­de, „das Kind mit dem Bad aus­zu­schüt­ten“. In Bezug auf ein recht­mä­ßi­ges Öku­me­ni­sches Kon­zil müs­sen wir, auch wenn es nega­ti­ve Punk­te gab, die all­ge­mei­ne Hal­tung des Respekts bei­be­hal­ten. Wir müs­sen alles bewer­ten und wert­schät­zen, was in den Kon­zils­tex­ten wahr und wirk­lich gut ist, ohne die Augen der Ver­nunft irra­tio­nal und unehr­lich vor dem zu ver­schlie­ßen, was in eini­gen Tex­ten objek­tiv und offen­sicht­lich mehr­deu­tig und sogar irre­füh­rend ist. Man muss immer dar­an den­ken, dass die Tex­te des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils weder das inspi­rier­te Wort Got­tes sind noch end­gül­ti­ge dog­ma­ti­sche Urtei­le oder unfehl­ba­re Ver­laut­ba­run­gen des Lehr­am­tes, weil das Kon­zil selbst die­se Absicht nicht hatte.

Ein wei­te­res Bei­spiel ist Amo­ris Lae­ti­tia. Es gibt sicher­lich vie­le Punk­te, die wir objek­tiv und dok­tri­när kri­ti­sie­ren müs­sen. Es gibt jedoch eini­ge Abschnit­te, die sehr hilf­reich und für das Fami­li­en­le­ben sehr gut sind, z. B. über älte­re Men­schen in der Fami­lie. An sich sind sie sehr gut. Man soll­te nicht das gesam­te Doku­ment ableh­nen, son­dern dar­aus neh­men, was gut ist. Glei­ches gilt für die Tex­te des Konzils.

Obwohl alle vor dem Kon­zil den von Papst Pius X. vor­ge­schrie­be­nen anti­mo­der­ni­sti­schen Eid able­gen muss­ten, taten dies eini­ge Theo­lo­gen, Prie­ster, Bischö­fe und sogar Kar­di­nä­le mit gei­sti­gen Vor­be­hal­ten, wie spä­te­re histo­ri­sche Fak­ten es gezeigt haben.

Mit dem Pon­ti­fi­kat von Bene­dikt XV. begann eine lang­sa­me und vor­sich­ti­ge Infil­tra­ti­on der Geist­li­chen mit einem welt­li­chen und teil­wei­se moder­ni­sti­schen Geist in hohe Posi­tio­nen in der Kir­che. Die­se Infil­tra­ti­on nahm ins­be­son­de­re unter Theo­lo­gen zu, so dass Papst Pius XII. spä­ter ein­grei­fen muss­te, indem er bekann­te Theo­lo­gen der soge­nann­ten „Nou­vel­le Théo­lo­gie“ (Chenu, Con­gar, De Lubac usw.) ver­ur­teil­te und 1950 die Enzy­kli­ka Huma­ni gene­ris ver­öf­fent­lich­te. Den­noch war die moder­ni­sti­sche Bewe­gung ab dem Pon­ti­fi­kat von Bene­dikt XV. latent und wuchs ste­tig. Und so war am Vor­abend des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils ein beträcht­li­cher Teil des Epi­sko­pats und der Pro­fes­so­ren der Theo­lo­gi­schen Fakul­tä­ten und Semi­na­re von einer moder­ni­sti­schen Men­ta­li­tät durch­drun­gen, die im Wesent­li­chen in dok­tri­nä­rem und mora­li­schem Rela­ti­vis­mus und in der Welt­lich­keit, in der Lie­be zur Welt, besteht. Am Vor­abend des Kon­zils lieb­ten die­se Kar­di­nä­le, Bischö­fe und Theo­lo­gen die „Form“ – das Gedan­ken­mu­ster – der Welt (vgl. Röm 12,2), sie woll­ten der Welt gefal­len (vgl. Gal 1,10). Sie zeig­ten einen kla­ren Min­der­wer­tig­keits­kom­plex gegen­über der Welt.

Papst Johan­nes XXIII. zeig­te auch eine Art Min­der­wer­tig­keits­kom­plex gegen­über der Welt. In sei­nem Den­ken war er kein Moder­nist, aber er hat­te eine eige­ne poli­ti­sche Sicht auf die Welt und bat die Welt selt­sa­mer­wei­se um Sym­pa­thie. Er hat­te sicher­lich gute Absich­ten. Er berief das Kon­zil ein, das dann das Schleu­sen­tor für die moder­ni­sti­sche, pro­te­stan­ti­sie­ren­de und welt­lich gesinn­te Bewe­gung inner­halb der Kir­che öff­ne­te. Sehr bedeut­sam ist die fol­gen­de tref­fen­de Beob­ach­tung, die Charles de Gaul­le, Prä­si­dent von Frank­reich von 1959 bis 1969, in Bezug auf Papst Johan­nes XXIII. und den mit dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil begon­ne­nen Reform­pro­zess gemacht hat: 

„Johan­nes XXIII. öff­ne­te die Schleu­sen und konn­te sie nicht wie­der schlie­ßen. Es war, als wäre ein Damm gebro­chen. Johan­nes XXIII. wur­de von dem, was er aus­lö­ste, über­wäl­tigt“ (sie­he Alain Pey­re­fit­te, C’é­tait de Gaul­le, Paris 1997, Bd. 2, S. 19).

Die Rede vom „Öff­nen der Fen­ster“ vor und wäh­rend des Kon­zils war eine irre­füh­ren­de Illu­si­on und ein Grund zur Ver­wir­rung. Durch die­se Wor­te beka­men die Men­schen den Ein­druck, dass der Geist einer ungläu­bi­gen und mate­ria­li­sti­schen Welt, der zu die­ser Zeit deut­lich zu erken­nen war, eini­ge posi­ti­ve Wer­te für das christ­li­che Leben ver­mit­teln könn­te. Statt­des­sen hät­ten die Auto­ri­tä­ten der Kir­che in jenen Zei­ten aus­drück­lich die wah­re Bedeu­tung der Wor­te „Öff­nen der Fen­ster“ erklä­ren müs­sen, die dar­in besteht, das Leben der Kir­che zu öff­nen für die fri­sche Luft der Schön­heit der gött­li­chen Wahr­heit, für die Schät­ze der immer­fri­schen Hei­lig­keit, für das über­na­tür­li­che Licht des Hei­li­gen Gei­stes und der Hei­li­gen, für eine Lit­ur­gie, die mit einem immer über­na­tür­li­che­ren, hei­li­ge­ren und ehr­fürch­ti­ge­ren Sinn gefei­ert und gelebt wird. Im Lau­fe der Zeit, wäh­rend der nach­kon­zi­lia­ren Ära, gab das teil­wei­se geöff­ne­te Schleu­sen­tor einer kata­stro­pha­len Flut Platz, die enor­me Schä­den in Leh­re, Moral und Lit­ur­gie ver­ur­sach­te. Heu­te erreicht das ein­ge­drun­ge­ne Hoch­was­ser gefähr­li­che Wer­te. Wir erle­ben jetzt den Höhe­punkt der Flutkatastrophe.

Heut­zu­ta­ge wur­de der Schlei­er gelüf­tet und der Moder­nis­mus hat sein wah­res Gesicht offen­bart, das dar­in besteht, Chri­stus zu ver­ra­ten und ein Freund der Welt zu wer­den, indem man sich ihre Denk­wei­se aneig­net. Sobald die Kri­se in der Kir­che vor­bei ist, wird das Lehr­amt der Kir­che die Auf­ga­be haben, alle nega­ti­ven Phä­no­me­ne zurück­zu­wei­sen, die in den letz­ten Jahr­zehn­ten im Leben der Kir­che auf­ge­tre­ten sind. Und die Kir­che wird dies tun, weil sie gött­lich ist. Sie wird es genau tun und alle Irr­tü­mer kor­ri­gie­ren, die sich ange­sam­melt haben, begin­nend mit eini­gen mehr­deu­ti­gen Aus­drücken in den Konzilstexten.

Der Moder­nis­mus ist wie ein ver­bor­ge­nes Virus, das teil­wei­se in eini­gen Aus­sa­gen des Kon­zils ver­bor­gen ist und das sich jetzt mani­fe­stiert hat. Nach der Kri­se, nach der schwe­ren gei­sti­gen Virus­in­fek­ti­on, wer­den die Klar­heit und Genau­ig­keit der Leh­re, die Hei­lig­keit der Lit­ur­gie und die Hei­lig­keit des Prie­ster­le­bens hel­ler leuchten.

*Msgr. Atha­na­si­us Schnei­der, Weih­bi­schof im Erz­bis­tum der Aller­hei­lig­sten Jung­frau Maria zu Astana.

Bild: MiL/veritasliberabitvos.info

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6 Kommentare

  1. Es ist mir ein Anlie­gen S.Ex. Atha­na­si­us Schnei­der für die­sen Arti­kel zu dan­ken. Als Pri­ma­ner hebe ich von der Ein­be­ru­fung des Kon­zils gehört. Ich konn­te nicht ver­ste­hen, dass ein Papst drei Mona­te nach sei­ner Wahl, also voll­kom­men unvor­be­rei­tet, eine solch wich­ti­ge Kir­chen­ver­samm­lung mit Lehr­kom­pe­tens für die Kir­che ein­be­ruft. Die­se Fra­ge ist bis heu­te für mich unbe­ant­wor­tet geblie­ben. Eine wei­te­re ist dazu­ge­kom­men, was beweg­te einen Papst, der ob sei­ner vor­aus­ge­hen­den Tätig­keit kein aus­ge­wie­se­ner Theo­lo­ge, son­dern Diplo­mat war, in so kur­zer Zeit eine Kir­chen­ver­samm­lung mit gro­ßen Fol­gen für die Kir­che und den Glau­ben ein­zu­be­ru­fen. Welch Fra­gen hat­te Johan­nes XXIII., die er bei der Ankün­di­gung des Kon­zils nicht aus­spre­chen konn­te oder woll­te. Die­se Fra­gen hat­te ich mit knapp 19 Jah­ren und die habe ich auch mit 80 Jah­ren. In einem Gespräch mit sei­nem Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Tar­di­ni sag­te er, er beru­fe ein Kon­zil ein, um der Welt ein Bei­spiel zu geben für Frie­den und Ein­tracht unter den Men­schen und einen Anlass zu neu­er Hoff­nung. Ach die­ser Satz ist schwer ver­ständ­lich, da die Kir­che selbst in ihrer Bot­schaft sich schon immer als Anlass der per­ma­nenn­ten Hoff­nung für die Men­schen gese­hen hat. Eines war aber nach die­sen Wor­ten klar, das Kon­zil galt nicht der Erwei­te­rung des Blickes auf Gott, dem Kul­tus Dei, son­dern dem Men­schen. Sein Anlie­gen beschrieb Johan­nes XXIII. als „Aggior­na­men­to“ (oder „Ver­heu­ti­gung“ der kirch­li­chen Bot­schaft). Unbe­ant­wor­tet ließ er die offen geblie­be­nen Fra­gen des 1.vatikanischen Kon­zils, das auf­grund des Krie­ges nie abge­schlos­sen wurde.

    • Es gibt eine Aus­sa­ge von Johan­nes XXIII selbst zu die­ser Fra­ge. Er war im Gespräch mit sei­nem Kar­di­nal­staat­s­e­kre­tär Tardini:„Plötzlich war unse­re See­le von einer gro­ßen Idee erleuch­tet […] Unse­re Stim­me sprach es zum ersten­mal aus: Ein Konzil“
      Ich den­ke hier spricht der Papst, wie damals üblich im Plu­ral von der eige­nen Person.

      • „Ich den­ke hier spricht der Papst, wie damals üblich im Plu­ral von der eige­nen Person.“
        Genau so ist es. Und wenn man sei­ne Kon­zils­er­öff­nungs­re­de sich zu Gemü­te führt wo er die Katho­li­ken die sich Sor­gen um die Kir­che machen als Eife­rer bezeich­net denen das rech­te Ver­ständ­nis fehlt, dann weiss man das sie irgend­et­was von Anfang an vor­hat­ten. Und die­ses Kon­zil kann man als Blin­der an sei­nen Früch­ten erkennen.
        Per Mari­am ad Christum,

  2. Emp­feh­lung der Vor­trag von Dr gre­go­ri­us Hes­se /​ Die Zer­stö­rung der Kir­che von innen /​ der kri­mi um das 2 vati­ka­ni­sche Kon­zil auf Youtube.
    Es war kein Kon­zil, hat­te die Hand­schrift des Teu­fels und wur­de sehr lan­ge im vor­aus von den moder­ni­sten geplant.
    als Resul­tat kam die größ­te glau­bens­ver­nich­tung der Mensch­heit heraus.
    fabelhaft

  3. Sehr geehr­ter Herr Weihbischof,

    für Ihren kla­ren Blick und Ihre war­nen­den Wor­te herz­lich­sten Dank. Sie sind einer der weni­gen Hir­ten, die ich noch ernst neh­men kann.

    „Wir erle­ben jetzt den Höhe­punkt der gei­sti­gen Kata­stro­phe im Leben der Kirche.“ 

    Der Kor­rek­tu­ren bedarf es vie­ler und es kom­men „täg­lich“ neue hin­zu. Nur wer korrigiert?

  4. Vati­can II soll­te wohl auch die Arbeit und das Wir­ken der Kir­che in der Welt von Heu­te erleichtern.
    Im Kon­text gese­hen geriet die Kir­che in der öffent­li­chen Wahr­neh­mung schon seit der Zeit der sog. Aufklärung
    immer mehr unter Druck. Es war lang­fri­stig abseh­bar, dass das Bekennt­nis zum tra­dier­ten katho­li­schen Glau­ben einen
    Men­schen gesell­schaft­lich ins Abseits gera­ten las­sen wür­de, wenn es nicht gelän­ge mit allen Nichtkatholiken
    die­ser Welt so etwas wie die Grund­la­ge für einen ethisch-mora­li­schen, und auch wissenschaftlich/​philosophisch akzep­ta­blen Gesell­schafts­ver­trag zu eta­blie­ren, der von allen Men­schen als ein Dia­log auf Augen­hö­he emp­fun­den würde,
    und damit die gesell­schaft­li­che Akzep­tanz des katho­li­schen Glau­bens ins neue Jahr­tau­send vor­be­rei­ten sollte.
    Man darf nicht ver­ges­sen, dass gera­de ein­mal zwan­zig Jah­re ver­gan­gen waren, nach Been­di­gung des WKII.und auch
    die katho­li­sche Kir­che mit ihrem Anspruch in die Kri­tik und nach Mei­nung eini­ger sogar in Mit­ver­ant­wor­tung gera­ten war. Sei es nun berech­tigt oder unbe­rech­tigt. Man ver­such­te auf allen Ebe­nen das Kon­flikt­po­ten­zi­al unter den Men­schen, ins­be­son­de­re im bezug auf „Reli­gi­on“ für die Zukunft zu ent­schär­fen, ohne den eige­nen Glau­ben auf­zu­ge­ben. Lei­der führte
    die damit gewon­ne­ne Akzep­tanz z.B. an den Uni­ver­si­tä­ten schliess­lich gera­de­wegs in den Glau­bens­re­la­ti­vis­mus, bis hin
    zur Glau­bens­ver­un­si­che­rung, ja sogar tota­len Glau­bens­ver­lust. In respekt­vol­len Dia­log mit der Welt zu sein, und den­noch kein Jota des gei­ge­nen Glau­bens rela­ti­vie­ren zu müs­sen, wäre die Auf­ga­be der Stunde.

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