„Keine Messe wegen Coronavirus“ – Was ist wichtig?

Das gläubige Verständnis von Messe und Kommunionempfang


Erzbischof Delpini sagte für zwei Wochen alle Messen im größten Bistum der Welt ab.
Erzbischof Delpini sagte für zwei Wochen alle Messen im größten Bistum der Welt ab.

(Rom) Das Coro­na­vi­rus hat die Lücke zwi­schen Ita­li­en und der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land geschlos­sen. Auch in Öster­reich wur­den inzwi­schen Ver­dachts­fäl­le bekannt. Maß­nah­men der Gesund­heits­be­hör­den und des Zivil­schut­zes zur Ein­däm­mung der Aus­brei­tung sind drin­gend gebo­ten, da das Virus für älte­re und immun­schwa­che Men­schen töd­lich sein kann. Die Qua­ran­tä­ne ist ein altes, aber pro­ba­tes Mit­tel, wie die Pest zeig­te, die bis ins 18. Jahr­hun­dert auch bei uns wüte­te. Wobei der­zeit ein­mal mehr viel Sen­sa­ti­ons­ma­che­rei der Medi­en mit­zu­schwin­gen scheint.

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Weni­ger ver­ständ­lich sind kirch­li­che Maß­nah­men, die tief in das Ver­hält­nis der Gläu­bi­gen zur hei­li­gen Lit­ur­gie eingreifen. 

„Ich will nicht drum her­um reden: Ich bin am Sonn­tag ohne Mes­se geblie­ben. Ich kam erst im Lau­fe des Tages mit dem Zug und gro­ßer Ver­spä­tung nach Mai­land zurück, wo ich um 18 Uhr die Mes­se besu­chen woll­te. Statt­des­sen hör­te ich im Radio, daß der Erz­bi­schof alle abge­sagt hat­te, und ich stand vor ver­schlos­se­ner Tür.“

So ver­zeich­ne­te es der bekann­te ita­lie­ni­sche Jour­na­list Mau­ri­zio Blon­det am Sonn­tag­abend auf sei­nem Blog. Der Erz­bi­schof von Mai­land, Mario Del­pi­ni, hat­te „mit Ver­weis auf das Coro­na­vi­rus“ über Nacht alle Mes­sen abgesagt.

„So, als wäre nichts dabei, wur­de im gan­zen Erz­bis­tum die Mes­se gestri­chen und nicht nur in Codo­g­no, das unter Qua­ran­tä­ne gestellt wur­de, und das in der größ­ten Diö­ze­se der Welt, wo der Ritus nicht ein­mal wäh­rend der Pest zur Zeit des hei­li­gen Karl Bor­ro­mä­us oder 1630 ein­ge­stellt wur­de, wie es der Schrift­stel­ler Ales­san­dro Man­zo­ni nach ein­ge­hen­den Stu­di­en in sei­nem Roman ‚Die Ver­lob­ten‘ doku­men­tier­te. Ganz im Gegen­teil: Auch wäh­rend der letz­ten gro­ßen Pest blie­ben alle Tore der Kir­che im Zen­trum des Laza­retts offen, damit die Kran­ken unter den Bogen­gän­gen die Real­prä­senz sehen konn­ten. Nun aber läßt man das Volk für min­de­stens zwei Wochen ohne eine Messe.“

Blon­det ver­such­te einen Prie­ster zu über­zeu­gen, der von ihm zele­brier­ten Mes­se bei­woh­nen zu dür­fen. Natür­lich wür­de er sich in gebüh­ren­dem Abstand hal­ten. Ohne Erfolg. Man müs­se gehor­chen, mein­te der Prie­ster, „sonst kom­men wir [Prie­ster] unter die Räder“. Der neue Erz­bi­schof von Mai­land läßt sich offen­sicht­lich fürch­ten, wie der Jour­na­list anmerkt. 

Beson­ders bedenk­lich: Der Erz­bi­schof hält es nicht ein­mal für not­wen­dig, die „geist­lich äußerst schwer­wie­gen­de Ent­schei­dung zu recht­fer­ti­gen“. Man müs­se Men­schen­an­samm­lung ver­mei­den, ließ er über den Rund­funk wis­sen, „als wäre er ein Regie­rungs­be­am­ter oder ein Ver­tre­ter der Gesund­heits­be­hör­de“. Erz­bi­schof Del­pi­ni bemü­ßig­te sich auch nicht, den Gläu­bi­gen Emp­feh­lun­gen zu geben, wie sie mit der unge­wöhn­li­chen Situa­ti­on umge­hen oder den­noch ihre Sonn­tags­pflicht erfül­len könnten. 

Del­pi­ni, der Nach­fol­ger des hei­li­gen Ambro­si­us, fand statt­des­sen viel Lob für die staat­li­chen Behör­den und die Wis­sen­schaft­ler, die nach einem Impf­stoff suchen. Mit kei­nem Wort erwähn­te er bei­spiels­wei­se die Not­wen­dig­keit, den Segen Got­tes zu erbit­ten. Ganz im Gegen­teil: Der Erz­bi­schof warn­te davor, daß Got­tes Segen „kei­ne Lebens­ver­si­che­rung ist, kein Zau­ber­wort, das vor allen Pro­blem und Gefah­ren schützt.“ 

„Die Sor­ge des Bischofs scheint es zu sein, den Men­schen ‚Aber­glau­ben‘ aus­zu­trei­ben“, so Blon­det. Kein Wort von der Stel­le in der Hei­li­gen Schrift, wo geschrie­ben steht, daß nichts geschieht, ohne daß Gott es zuläßt, kein Wort vom kost­ba­ren Blut Christi.

Blon­det erin­nert an Pro­phe­zei­un­gen, die besag­ten, daß „das täg­li­che Opfer abge­schafft wer­den wird“, denn unter wel­chem Vor­wand die Abschaf­fung geschieht, so der Jour­na­list, spie­le ja wohl kei­ne Rol­le. Zumin­dest eine Vor­ah­nung „der Greu­el der Ver­wü­stung“ erle­be der­zeit das Erz­bis­tum Mailand.

Nicht der Erz­bi­schof, son­dern ein ein­fa­cher Prie­ster, Don Gabrie­le Ber­nar­del­li, der Pfar­rer einer der drei Qua­ran­tä­ne-Gemein­den der Lom­bar­dei, wand­te sich mit einer Erklä­rung an sei­ne Gläu­bi­gen. Dar­in brach­te er sei­nen Schmerz zum Aus­druck, daß den Gläu­bi­gen von den Behör­den unter­sagt wur­de, die Häu­ser zu ver­las­sen, wes­halb sie nicht an der Mes­se teil­neh­men kön­nen. Dazu zitier­te er aus dem Buch des Pro­phe­ten Joel eine Stel­le der Lesung vom Aschermittwoch: 

„Zwi­schen Vor­hal­le und Altar /​ sol­len die Prie­ster kla­gen, /​ die Die­ner des Herrn sol­len spre­chen: Hab Mit­leid, Herr, mit dei­nem Volk.“

„Ich schä­me mich nicht, Euch zu sagen, daß ich gestern vor dem Taber­na­kel und der Mari­en­sta­tue geweint habe“, weil die Gläu­bi­gen nicht zur Mes­se kom­men dürfen. 

Das Volk rief er zum Gebet auf und dazu, sich geist­lich mit ihm zur Mes­se zu ver­sam­meln. Unter Anga­be der genau­en Uhr­zeit for­der­te er auf, das Läu­ten der Glocken zu hören, mit dem er die Zele­bra­ti­on ankün­di­gen und die Wand­lung anzei­gen werde.

„Suspendierung aller Messen ist eine Beleidigung des Schöpfers“

Kla­re Wor­te fand auch der Kir­chen­recht­ler Fabio Adernò, der den Bischö­fen, die eine Sus­pen­die­rung der Mes­sen vor­neh­men, vor­wirft, daß sie auf sehr eigen­wil­li­ge Wei­se das Geset­zes­de­kret der ita­lie­ni­schen Regie­rung aus­le­gen, mit dem Groß­ver­an­stal­tun­gen abge­sagt wur­den, „als sei­en Mes­sen ein Fuß­ball­spiel oder ein Stadtfest“.

„Die­se Ent­schei­dung ist eine Belei­di­gung des Schöp­fers, weil Er des Ihm geschul­de­ten Kul­tus beraubt wird. Vor allem bekun­det sie einen Man­gel an Tran­szen­denz­ver­ständ­nis und Ver­trau­en in das ret­ten­de Werk der Vor­se­hung und des Wir­kens Got­tes in der Menschheitsgeschichte.“

Prä­ven­ti­ve Sicher­heits­maß­nah­men zum Schutz des Lebens sei­en berech­tigt und Unvor­sich­tig­kei­ten und Ober­fläch­lich­keit sei­en zu ver­mei­den. Es sei aber „sinn­wid­rig“, die Mes­se nicht zele­brie­ren zu las­sen, „die auch ein Süh­ne­op­fer ist, das für den Sün­den­nach­laß und die Ver­söh­nung mit Gott dar­ge­bracht wird, aber auch, um die Gna­de der leib­li­chen Hei­lung und Gene­sung zu erbit­ten bzw. um von Gott zu erfle­hen, daß er Seu­chen und Pest fernhält“.

Die Sus­pen­die­rung der Mes­se bedeu­te, das Volk „schutz­los der Trost­lo­sig­keit zu über­las­sen“, „die See­len des Tro­stes zu berau­ben“ und „der über­na­tür­li­chen Unterstützung“.

Der Kir­chen­recht­ler beklagt, daß im „der­zei­ti­gen moder­ni­sti­sche Den­ken“ auch bei Hier­ar­chen eine immer grö­ße­re Distanz zum kirch­li­chen Ver­ständ­nis der Mes­se und ihrer Zele­bra­ti­on fest­zu­stel­len sei. Wäh­rend es für einen Erz­bi­schof kein Pro­blem zu sein schei­ne, alle Mes­sen zu strei­chen, scheint es undenk­bar, die Kom­mu­ni­on nicht zu spen­den, denn dar­um gehe es. Weil die Kom­mu­ni­ons­pen­dung eine zu gefähr­li­che Nähe bedeu­ten wür­de, sie also nicht statt­fin­den kön­ne, wer­de gleich die gan­ze Mes­se abge­sagt. Die Kir­chen­ge­schich­te leh­re aber das genaue Gegen­teil, so Adernò. Die Mes­se ist unver­zicht­bar, mit dem Kom­mu­nion­emp­fang sei grund­sätz­lich sorg­sam umzu­ge­hen, nicht nur aus gesund­heit­li­chen Grün­den, son­dern um sich nicht das Gericht zu essen. 

Die Sicht­wei­se, die der Sus­pen­die­rung der Mes­sen zugrun­de­lie­ge, „leug­net die Über­na­tür­lich­keit die­se höch­sten Opfers und redu­ziert es zu einer mensch­li­chen ‚Akti­on‘, die nur zählt, wenn man aktiv ‚teil­nimmt‘. Das ist aber nicht die Mes­se, wie sie die kirch­li­che Glau­bens­leh­re ver­steht. Die Mes­se erhält ihren Wert nicht im Ver­hält­nis zur Anzahl der aus­ge­teil­ten Kom­mu­nio­nen, son­dern besitzt einen uner­meß­li­chen Wert, der eine unend­lich grö­ße­re Wir­kung hat als alle unse­re Nöte.“

„Es sind nicht weni­ger Mes­sen zu zele­brie­ren, son­dern mehr, aber gege­be­nen­falls ohne Kom­mu­ni­ons­pen­dung. Die Gläu­bi­gen sol­len die geist­li­che Kom­mu­ni­on emp­fan­gen und die­sen Ver­zicht dem Herrn auf­op­fern. Und möge Gott sich unser erbarmen.“

Ein mutiger Priester

Es gibt auch muti­ge Prie­ster. Don Rug­ge­ro Fab­ris von Airu­no gab bekannt, daß er den Anwei­sun­gen des Erz­bi­schofs nicht fol­gen, son­dern wei­ter­hin öffent­lich die Mes­se zele­brie­ren wer­de. Das teil­te er dem Erz­bi­schof und dem zustän­di­gen Bischofs­vi­kar schrift­lich mit. Er fürch­te sich weder vor dem Coro­na­vi­rus noch vor dem Erz­bi­schof. „Wenn man uns die Eucha­ri­stie nimmt, bleibt nicht ein­mal die Hoff­nung“, teilt Don Fab­ris auch sei­nen Pfarr­an­ge­hö­ri­gen mit. 

„Die Mes­sen abge­sagt hat nicht ein­mal der hei­li­ge Karl Bor­ro­mä­us wäh­rend der Pest und auch nicht der seli­ge Ilde­fons Schu­ster wäh­rend des Zwei­ten Weltkrieges.“ 

Und Rich­tung Erz­bi­schof füg­te er hinzu:

„Anstatt zum Gebet auf­zu­ru­fen und Mut zu machen, laßt ihr uns die wei­ße Fah­ne hissen.“

Don Ermanno Caccia
P. Erman­no Caccia

Deut­li­che Wor­te fand auch P. Erman­no Cac­cia. Der Ordens­prie­ster war bis Juni 2019 Chef­re­dak­teur der Kir­chen­zei­tung von Car­pi. Weil er in einem Leit­ar­ti­kel sich nicht laut­stark genug von der Lega von Matteo Sal­vi­ni distan­zier­te, der damals noch Innen­mi­ni­ster war, wur­de er vom Bischof ent­las­sen. Ver­gan­ge­ne Woche been­de­te er auch sei­ne Tätig­keit als Pfar­rer des Bis­tums und kehr­te in sei­nen Orden zurück. 

In einem offe­nen Brief an die Bischö­fe stell­te P. Cac­cia die Fra­ge, wo denn der Glau­be geblie­ben sei. Die Kir­chen sei­en am ver­gan­ge­nen Sonn­tag nicht wegen des Coro­na­vi­rus geschlos­sen geblie­ben, son­dern „aus Man­gel an Glauben“. 

„Die Kir­chen von Mai­land sind geschlos­sen, aber die U‑Bahnstationen sind offen. Die Schu­len und Kin­der­gär­ten haben geschlos­sen, aber die Super­märk­te und alle Geschäf­te haben offen.“

Bei aller „Prä­ven­ti­on und Sorg­falt“ pas­se da doch etwas nicht zusam­men. Es wer­de sicht­bar, wel­che Prio­ri­tä­ten gesetzt wer­den, was den Men­schen wirk­lich wich­tig ist – auch den Bischöfen.

Wegen Coronavirus „nur Handkommunion erlaubt“

Im Bis­tum Bozen-Bri­xen wur­den die Mes­sen (noch) nicht abge­sagt. Dafür erteil­te der Bischof Wei­sung, daß die hei­li­ge Kom­mu­ni­on aus­schließ­lich mit der Hand emp­fan­gen wer­den sol­le. Ange­sichts der hohen Ansteckungs­ge­fahr, die kei­nen direk­ten Kon­takt vor­aus­setzt, ist die Maß­nah­me nicht min­der unver­ständ­lich. Es scheint wirk­lich jeder Vor­wand geeig­net, um dem Hei­li­gen zu Lei­be zu rücken. Ob Hand- oder Mund­kom­mu­ni­on: Die Ansteckungs­ge­fahr ist sehr hoch. Wozu also eine Ein­schrän­kung, die kei­nen erkenn­ba­ren Nut­zen bringt?

Zusam­men­fas­send heißt das: Die Gläu­bi­gen kön­nen ent­we­der gar nicht zur Mes­se (Mai­land) und wenn doch, dann nur mit Hand­kom­mu­ni­on (Bozen-Bri­xen).

Auch für letz­te­res Bis­tum gilt, was für Mai­land gesagt wur­de: Ist der Kom­mu­nion­emp­fang zum Wich­tig­sten in der Mes­se gewor­den? Das wäre ein bemer­kens­wert ver­zerr­tes Meßopferverständnis.

Da die Aus­brei­tung des Coro­na­vi­rus noch nicht zu Ende ist, muß mit Maß­nah­men wei­te­rer Bischö­fe gerech­net wer­den. Sie wären wahr­schein­lich gut bera­ten, nicht die Meß­ze­le­bra­tio­nen, son­dern wenn schon den Kom­mu­nion­emp­fang ein­zu­schrän­ken – genau den, den sie zuletzt mit so gro­ßem Eifer erwei­tert haben (durch die Zulas­sung von wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen, Per­so­nen in irre­gu­lä­ren Bezie­hun­gen, pro­te­stan­ti­schen Ehegatten …).

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: MiL

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