„In Anbetracht der Kontroversen, die die Veröffentlichung des Buches provoziert hat, wird entschieden, daß als Autor des Buches für die zukünftigen Publikationen aufscheint: Card Sarah, mit dem Beitrag von Benedikt XVI. Der vollständige Text bleibt jedoch absolut unverändert. +RS“
Im französischen Original:
„Considérant les polémiques qu’a provoqué la parution de l’ouvrage Des profondeurs de nos cœurs, il est décidé que l’auteur du livre sera pour les publications à venir : Card Sarah, avec la contribution de Benoît XVI. En revanche, le texte complet demeure absolument inchangé. +RS“
Mit dieser Bekanntgabe reagierte Kardinal Robert Sarah, der Präfekt der römischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, auf die Polemiken der vergangenen Tage. Bereits zuvor ließ er keinen Zweifel daran, die Buchveröffentlichung mit Benedikt XVI. abgesprochen und korrekt gehandelt zu haben.
Da aber die unverständliche Forderungen von Kurienerzbischof Gänswein im Raum standen schrieb Kardinal Sarah gestern:
„Ich bestätige, daß ich heute morgen mit Erzbischof Georg Gänswein sprechen konnte. Diese Pressemitteilung bleibt meine einzige Version der Entwicklung der Fakten. Ich hatte auch ein Gespräch mit der Geschäftsführung von Fayard, um die spezifischen Anforderungen von Mgr. Gänswein umzusetzen. +RS“
In seiner Pressemitteilung listet Kardinal Sarah penibel die Entstehung des Buches und den entsprechenden Kontakt mit Benedikt XVI. auf. Den insinuierten Vorwurf, er habe die Öffentlichkeit hintergehen wollen, oder gar Benedikt XVI. betrogen, läßt der Kardinal nicht auf sich sitzen. Entsprechende Behauptungen bezeichnete er als „Diffamierungen von außergewöhnlicher Schwere“.
Dazu veröffentlichte er bereits am Montag „erste Beweise für meine enge Zusammenarbeit mit Benedikt XVI., um diesen Text zur Verteidigung des Zölibats zu verfassen“.
Jean-Marie Guénois, der Vatikanist von Le Figaro, schrieb auf Twitter:
„Der Punkt in der Kontroverse um das Buch von Benedikt XVI.: Entgegen einiger Behauptungen ist der emeritierte Papst tatsächlich der Autor seines Textes. Der Name von Benedikt XVI. wird deshalb als Mitwirkender auf dem Buchdeckel erscheinen.“
Das Buch kam heute in den Buchhandel kam. Die französische Tageszeitung, für die Guénois arbeitet, hatte die aufsehenerregende Buchveröffentlichung am vergangenen Sonntag angekündigt.
Zu den Hintergründen des Handelns von Erzbischof Gänswein könnte derzeit nur spekuliert werden. Kardinal Sarah kam den Forderungen nach, was ihm – ließt man seine Chronologie der Ereignisse – nicht leicht gefallen sein wird. Gänsweins Vorgehen kam überraschend, hat den Beigeschmack eines „Dolchstoßes“ und läßt vor allem Benedikt XVI. als „Umfaller“ dastehen.
Und warum das Ganze? Wegen einer Feinheit, die auch getrost als Nebensächlichkeit abgetan werden könnte:
Letztlich reduziert sich die Kontroverse darauf, wer als Autor auf dem Buchdeckel steht. Anders als die heute ausgelieferte französische Ausgabe, die Kardinal Robert Sarah und Benedikt XVI. als Autoren nennt, wird künftig als Autor nur mehr Kardinal Sarah ausgewiesen, aber mit dem Zusatz „mit einem Beitrag von Benedikt XVI.“ Beide werden also weiterhin auf dem Buchdeckel aufscheinen.
Als die großen Verbreiter von Fake News stehen die „seriösen“ Leitmedien da. Welche Presseagentur hat sie in die Irre geführt?
Ist es insgesamt ein Streit um des Kaisers Bart? Wer hat Interesse die wichtige Veröffentlichung zu torpedieren? Wer Kardinal Sarah zu diskreditieren und Benedikt XVI. in einem schiefen Licht dastehen zu lassen?
Cui bono?
Damit sind wir im Bereich der erwähnten Spekulation und halten inne. Fakt ist hingegen, daß ein Blick auf die Schlagzeilen des gestrigen Tages zeigt, welches überschwengliche Interesse die weltliche Presse an dieser Distanzierung hatte. Fakt ist auch, daß das peinliche Distanzierungstheater Nutznießer hat: Es sind die Verfechter der Zölibatsabschaffung, die seit Monaten besonders aktiv sind, und es ist Santa Marta, das Handlungsspielraum in der Sache zurückgewinnt. Ihn hat die aktive Verteidigung des Zölibats durch Benedikt XVI. eigentlich eingeschränkt. Da der Inhalt des Buches unverändert bleibt, wird Papst Franziskus ihn dennoch nicht ignorieren können.
Der Mediendonner rund um Gänsweins obsoletes Distanzierungstänzchen hat die Wirkung der Buchveröffentlichung von Kardinal Sarah und Benedikt XVI. allerdings vorerst verdunkelt und mit Schmutz beworfen. Die Medienkampagne ist kein Zufallsprodukt. Sie hat einen präzisen Zweck: die vielleicht bisher weitreichendste Einmischung von Benedikt XVI. in das Pontifikat von Papst Franziskus zu konterkarieren.
Darum noch einmal: Cui bono?
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Twitter/Cardinal Sarah (Screenshots)
- Die deutsche Ausgabe des Buches kann über unsere Partnerbuchhandlung bezogen werden.
Das Problem tritt offen auf. Eine Kirche die wiederholt mit dem bricht was sie zuvor lange Zeit eindrücklich verteidigt hat, bekommt unweigerlich ein Glaubwürdigkeitsproblem. Sie setzt zudem die Vorgänger und ihre entsprechenen Lehrschreiben nachträglich in ein fragwürdiges Licht, wenn nicht direkt ins Unrecht, so doch zumindest ins Zwielicht. Wer aber seine Positionen derart wechselt, läuft Gefahr, dass auch die heutigen Positionen heute schon zweifelhaft erscheinen, weil auch diese schon Morgen keine Gültigkeit mehr haben könnten, und blosse Irrtümer sein können.
Was übrig bleibt, ist der Eindruck eine Kirche, die sich selber über beinahe nichts mehr in Gewissheit befindet…
Ein fataler Gesamteindruck bleibt als Saldo zurück.
Das ist so gewollt.
Franziskus hat seine Hintermänner.