
(New York) Papst Franziskus „wußte nichts“, Kardinal Wuerl „wußte nichts“ und Ex-Kardinal McCarrick „tat nichts“. Reporter besuchten den ehemaligen Kardinal in seinem Verbannungsort.
Papst Franziskus „wußte nichts“ vom sexuellen Fehlverhalten von Ex-Kardinal Theodore McCarrick, den er trotz der von Benedikt XVI. gegen den US-Purpurträger verhängten Sanktionen, rehabilitierte und zu seinem Vertrauten macht. Kardinal Donald Wuerl „wußte nichts“ vom sexuellen Fehlverhalten des Ex-Kardinals, obwohl er zu seinem engeren Kreis gehörte und sein Nachfolger als Erzbischof von Washington war. Und Ex-Kardinal McCarrick, um den sich alles dreht, bestreitet das ihm zur Last gelegte sexuelle Fehlverhalten gegenüber dem Online-Magazin Slate, das zur Washington Post gehört.
Gestern berichtete das Magazin, daß der Ex-Kardinal und laisierte Priester „die schlimmste der Anschuldigungen“ bestreitet, die ihm zur Last gelegt wird, er habe die Beichte zum sexuellen Mißbrauch mißbraucht.
„Ich bin nicht so schlecht, wie man behauptet“, wird McCarrick zitiert. Journalisten des Online-Magazins Slate haben ihn im Kloster St. Fidelis in Victoria (Kansas) besucht. Es wurde ihm als Aufenthaltsort zugewiesen, seit er im Sommer 2018 in Ungnade fiel.
Ein Gefängnis ist es nicht. McCarrick lebt dort mit den Kapuzinern und wird „wie ein Bruder behandelt“.
Victoria ist ein „gepflegter“ Ort, so Slate. Der Ortsname Victoria verweist auf die ersten Siedler, die aus England kamen, die Gegend aber schon bald wieder aufgaben. Sie überließen ihn deutschen Siedlern, um genau zu sein, Wolgadeutschen. Diese waren im 18. Jahrhundert von den Zaren nach Rußland gerufen worden. Ein Teil von ihnen zog im 19. Jahrhundert weiter in die USA. In Victoria ist man stolz auf diese Herkunft. Der Ort ist noch heute deutsch geprägt und katholisch.
Seit seiner Suspendierung durch den Heiligen Stuhl nahm McCarrick nicht mehr selbst öffentlich Stellung. Das Gespräch mit den Journalisten von Slate ist eine Verletzung seiner Auflagen. Bisher ist keine Reaktion des Vatikans bekannt.
Beschuldigt wird er von James Grein, dem Sohn einer befreundeten Familie. Grein wiederholte mehrfach, von McCarrick über mehrere Jahre sexuell belästigt worden zu sein, und das auch während der Beichte.
Slate zitiert den Ex-Kardinal mit den Worten:
„Die Sache mit der Beichte ist schrecklich. Ich war 60 Jahre lang Priester und hätte so etwas nie gemacht.“
Grein kündigte auf einer Pressekonferenz an, daß er die Erzdiözese New York verklagen werde, dank eines im Januar verabschiedeten staatlichen Gesetzes, das die Möglichkeit von Opfern von sexuellem Kindesmißbrauch erweitert. Laut Greins Anwalt, Mitchell Garabedian, habe sein Mandant auch vor, McCarrick persönlich zu verklagen, wenn im kommenden Dezember im Staat New Jersey ein neues „Fenster“ für Mißbrauchsansprüche geöffnet werde. Als Greins Anwalt mitgeteilt wurde, daß McCarrick die Anschuldigungen bestreitet, sagte Garabedian:
„Mit der Behauptung von McCarrick, daß er James Grein nicht im Rahmen der Beichte sexuell mißbraucht hat, hat er sich als Kinderschänder ohne Gewissen erwiesen.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Slate (Screenshot)