Das Schweigen von Papst Franziskus zum Anti-Mißbrauchstext von Benedikt XVI.

Zu den Hintergründen


Sexueller Mißbrauchsskandal: Benedikt XVI. sagte, was Franziskus sagen sollte. Dieser schweigt generell und auch dazu.
Sexueller Mißbrauchsskandal: Benedikt XVI. sagte, was Franziskus sagen sollte. Dieser schweigt generell und auch dazu.

(Rom) Im Vati­kan ent­spann­te sich in den ver­gan­ge­nen Wochen ein klei­ner Kri­mi, rund um die Anmer­kun­gen von Bene­dikt XVI. zum sexu­el­len Miß­brauch, mit denen er sag­te, was eigent­lich Papst Fran­zis­kus zu sagen hätte. 

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Ver­öf­fent­licht wur­den die Anmer­kun­gen offi­zi­ell am 11. April, in eini­gen Medi­en aber bereits am Tag zuvor.

Life­Si­teNews berich­te­te neue Details über „den ‚Bruch‘ zwi­schen den bei­den Päp­sten“, wie ihn der Vati­ka­nist San­dro Magi­ster nann­te. Dem­nach sei die an sich „plau­si­ble“ Theo­rie nicht zutref­fend, daß Papst Fran­zis­kus und Kar­di­nal­staats­se­kre­tär Pie­tro Paro­lin den Wunsch von Bene­dikt XVI. abge­lehnt hat­ten, sei­nen Text an die Teil­neh­mer des Anti-Miß­brauchs­gip­fels zu ver­tei­len, der Ende Febru­ar im Vati­kan statt­fand. Ein sol­cher Wunsch, so die anony­me vati­ka­ni­sche Quel­le, auf die sich Life­Si­teNews beruft, sei von Bene­dikt XVI. gar nicht vor­ge­bracht worden.

Als sein Text vor weni­gen Wochen ver­öf­fent­licht wur­de, war er ein Stich ins Wes­pen­nest. Aus dem Umfeld des regie­ren­den Pap­stes wur­den ver­schie­de­ne Spe­ku­la­tio­nen ver­brei­tet, um die Bedeu­tung des Tex­tes zu rela­ti­vie­ren. So wur­de unter ande­rem bezwei­felt, daß er über­haupt von Bene­dikt stammt. Fran­zis­kus schweigt dazu und zur Ver­öf­fent­li­chung überhaupt.

Am 17. April berich­te­te San­dro Magi­ster, daß Bene­dikt sei­ne Anmer­kun­gen bereits vor dem Anti-Miß­brauchs­gip­fel ver­faßt hat­te in der Absicht, der Kir­che „in die­sem schwie­ri­gen Moment“ eine Hil­fe zur Hand zu geben. 

Der Kor­rekt­heit wegen brach­te der deut­sche Papst sein Doku­ment vor­ab dem Kar­di­nal­staats­se­kre­tär zur Kennt­nis, damit die­ser ihn auch an Papst Fran­zis­kus wei­ter­gibt. Da der Text beim Anti-Miß­brauchs­gip­fel weder an die Teil­neh­mer ver­teilt wur­de noch sei­ne Exi­stenz bekannt war, wur­de in der inzwi­schen erfolg­ten Ver­öf­fent­li­chung eine Opti­on B gese­hen, mit der Bene­dikt XVI. selbst dafür sorg­te, ihn bekannt zu machen. 

Magi­ster schrieb dazu: 

„Tat­sa­che ist, daß kei­ner der Teil­neh­mer des Gip­fel­tref­fens Ratz­in­gers Text erhal­ten hat. Fran­zis­kus hielt es für bes­ser, in für sich zu behal­ten, ein­ge­schlos­sen in einer Schublade.“

„Die­se Metho­de, wenn dem so sein soll­te, die Gedan­ken Bene­dikts zum Schwei­gen zu brin­gen, wäre sehr besorg­nis­er­re­gend“, so Life­Si­teNews.

Das kana­di­sche Nach­rich­ten­por­tal demen­tiert aller­dings nach Kon­takt­nah­me mit einer ver­trau­ens­wür­di­gen, vati­ka­ni­schen Quel­le die­se Annahme.

Für Magi­ster blei­ben den­noch Fra­gen offen. Daß Bene­dikt nicht direkt dar­um ersucht habe, sei­nen Text an die Gip­fel­teil­neh­mer ver­tei­len zu las­sen, ent­spre­che „sei­nem Stil“. Tat­sa­che blei­be, so Magi­ster, daß der Kar­di­nal­staats­se­kre­tär und Papst Fran­zis­kus, die den Text bereits vor dem Gip­fel­tref­fen hat­ten, kei­nen Gebrauch davon machten. 

Die Fra­ge nach dem Grund, wes­halb die­ser wert­vol­le und mit kon­kre­ten Anlei­tun­gen gespick­te Text in schwie­ri­ger Stun­de unbe­rück­sich­tigt blieb und statt­des­sen wenig aus­sa­ge­kräf­ti­ge Aus­sa­gen bevor­zugt und ver­öf­fent­licht wur­den, ist der der­zei­ti­gen Kir­chen­füh­rung zu stellen. 

Magi­ster ant­wor­te­te Life­Si­teNews dazu:

„Der Ablauf des Gip­fels war sehr weit von der Ana­ly­se Bene­dikts ent­fernt. Sie wur­de völ­lig über­gan­gen, und das fin­de ich schwerwiegend.“

Das in Zügen uner­klär­li­che Ver­hal­ten von Papst Fran­zis­kus zum sexu­el­len Miß­brauchs­skan­dal „macht vie­le wich­ti­ge Aspek­te einer ver­än­der­ten kul­tu­rel­len und theo­lo­gi­schen Atmo­sphä­re kennt­lich – mora­li­sche und dok­tri­nel­le Lax­heit in der Kir­che, sexu­el­ler Hedo­nis­mus in der Gesell­schaft all­ge­mein –, die alle dazu bei­getra­gen haben, daß der sexu­el­le Miß­brauch des Kle­rus seit den 1960er Jah­ren zuge­nom­men hat“.

Eines ste­he jedoch fest, so Magi­ster: Die Anmer­kun­gen Bene­dikts XVI, „wer­den nicht län­ger aus dem Spiel gehal­ten wer­den kön­nen. Beweis dafür ist der Kom­men­tar, den Ger­hard Kar­di­nal Mül­ler am 26. April bei First Things in den USA veröffentlichte.

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati​can​.va (Screen­shot)

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3 Kommentare

  1. es ist ziem­lich egal, was Berg­o­glio tut oder nicht tut – er hat die Medi­en­welt, also die Welt hin­ter sich, und die ist froh, dass es ihn gibt. Bene­dikt oder Mül­ler und ande­re Kle­ri­ker guten Wil­lens kön­nen sagen, was sie wol­len, die Welt igno­riert sie bzw wür­dig sie her­ab. In kei­nem Main­stream-Medi­um wird irgend­ei­ne sei­ner Hand­lun­gen hin­ter­fragt geschwei­ge denn kri­ti­siert. Berg­o­glio sitzt fest im Sat­tel, kein Papst war bei den welt­li­chen Macht­ha­bern, beim Kle­rus wie der Mas­se der Pro-for­ma-Gläu­bi­gen so beliebt.
    Man sieht ja, wie ergeb­nis­los jeg­li­che Kri­tik oder auch nur Ansät­ze einer sol­chen ver­pufft – was ist aus den Dubia geworden?
    Eine ande­re Lösung als der Bruch der glau­bens­treu­en Tei­le mit der fal­schen nach­kon­zi­lia­ren Amts­kir­che scheint nicht ein­mal vor­stell­bar. Berg­o­glio sitzt alle die­se imgrun­de harm­lo­sen Klar­stel­lun­gen, Ein­wän­de und Pro­te­ste locker aus.

  2. Sowohl Schwei­gen als auch Anti-Miss­brauchs­tex­te hel­fen nicht, bit­ter nötig ist eine schnel­le Ent­fer­nung aller Geist­li­chen aus den Ämtern, die Miss­brauch betrie­ben als auch ver­tuscht haben. Aller­dings muss Miß­brauch dazu defi­niert wer­den. Eine Ohr­fei­ge ist kein Miß­brauch. Die ent­fern­ten Geist­li­chen könn­ten die lee­ren Klö­ster fül­len, sie soll­ten kon­tem­pla­tiv leben und sich selbst versorgen.

  3. Wer die Zie­le der UN ver­folgt, muss das Ziel des Glau­bens bekämp­fen – an den Früch­ten erkennt man einen Baum.

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