Überraschende Veröffentlichung der Dokumente zur Jugendsynode

Vatikanische Informationspolitik unter Papst Franziskus


Überraschende Dokumentenedition zur Jugendsynode 2018.
Überraschende Dokumentenedition zur Jugendsynode 2018.

(Rom) Papst Fran­zis­kus will die „Syn­oda­li­tät“ der Kir­che stär­ken, wozu er die­sen Neo­lo­gis­mus präg­te. Des­halb spie­len die Bischofs­syn­oden in sei­nem Pon­ti­fi­kat eine beson­de­re Rol­le. Aller­dings mit über­ra­schen­den Auswirkungen.

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Die Bischofs­syn­oden wur­den von Papst Paul VI. am Ende des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil insti­tu­tio­na­li­siert. Die Zusam­men­set­zung der Syn­oda­len ändert sich von Syn­ode zu Syn­ode, die in der Regel alle drei Jah­re tagt und sich mit einem spe­zi­fi­schen The­ma befaßt. Sowohl die Ein­be­ru­fung wie auch die The­men­vor­ga­be erfolgt durch das Kir­chen­ober­haupt. Die erste Bischofs­syn­ode tag­te im Herbst 1967. Neben den ordent­li­chen Syn­oden (bis­her 15, zuletzt die Jugend­syn­ode im Herbst 2018) gibt es auch außer­or­dent­li­che Syn­oden (bis­her 3, zuletzt die Fami­li­en­syn­ode im Herbst 2014).

Schließ­lich gibt es noch soge­nann­te Son­der­syn­oden, die sich nur auf ein bestimm­tes Gebiet bezie­hen. Die erste Son­der­ver­samm­lung fand unter Papst Johan­nes Paul II. 1980 über die Nie­der­lan­den statt, um auf die mas­si­ven nach­kon­zi­lia­ren Auf­lö­sungs­er­schei­nun­gen in die­sem euro­päi­schen Land zu reagie­ren. Bis­her fan­den zehn Son­der­syn­oden statt. Die näch­ste wur­de von Papst Fran­zis­kus für Herbst 2019 über das süd­ame­ri­ka­ni­sche Ama­zo­nas-Gebiet einberufen.

Am 18. Sep­tem­ber 2018 änder­te Fran­zis­kus mit der Apo­sto­li­schen Kon­sti­tu­ti­on Epis­co­pa­lis com­mu­nio die Regeln für die Bischofs­syn­ode, deren Beschlüs­se – sofern er es erlaubt – direkt Teil des ordent­li­chen Lehr­am­tes wer­den kön­nen. Bei der Jugend­syn­ode kam die­se Bestim­mung nicht zum Tra­gen, könn­te aber auch bei einer Son­der­syn­ode, wie der bevor­ste­hen­den über den Ama­zo­nas, akti­viert wer­den. Viel­leicht gera­de dort, da die Akti­vie­rung vor allem eine Fra­ge siche­rer Mehr­hei­ten sein dürf­te. Und die schei­nen für die Ama­zo­nas­syn­ode wesent­lich gesi­cher­ter als bei den bis­he­ri­gen Synoden.

Synodenaufwertung unter Ausschluß der Öffentlichkeit

Obwohl Fran­zis­kus die „Syn­oda­li­tät“ för­dern will, wer­den unter ihm der Ver­lauf der Syn­oden und sogar die unmit­tel­ba­ren Ergeb­nis­se kaum mehr nach außen kom­mu­ni­ziert. Unter den Vor­gän­ger­päp­sten wur­de in täg­li­chen Bul­le­tins der Ver­lauf der Syn­oden­ar­beit bekannt gemacht, so gesche­hen zuletzt im Herbst 2012 unter Papst Bene­dikt XVI. bei der 13. ordent­li­chen Bischofs­syn­ode zum The­ma Neue­van­ge­li­sie­rung. Daß die Bischofs­yn­oden unter den Vor­gän­gern weni­ger media­le Auf­merk­sam­keit fan­den als heu­te, steht auf einem ande­ren Blatt geschrie­ben. Das hängt in erster Linie mit Papst Fran­zis­kus zusam­men und der gro­ßen Erwar­tungs­hal­tung, die von ihm erzeugt wur­de, daß Bischofs­syn­oden sein bevor­zug­tes Instru­ment sei­en, bis­her undenk­ba­re Neue­run­gen ein­zu­füh­ren. Neue­run­gen, die durch die vor­ge­schal­te­te Syn­ode den Anschein einer syn­oda­len Legi­ti­mie­rung erhal­ten, obwohl sie Fran­zis­kus im Allein­gang entscheidet.

Tat­säch­lich setz­te Papst Fran­zis­kus Ende 2016 zum umstrit­te­nen nach­syn­oda­len Schrei­ben Amo­ris lae­ti­tia, eine aben­teu­er­li­che Les­art in Umlauf. Das Schrei­ben hat­te er am 8. April des­sel­ben Jah­res ver­öf­fent­li­chen las­sen und damit de fac­to, wenn auch nicht de jure, mit einer Fuß­no­te dem Ehe­bruch und der Schei­dung die Hin­ter­tür geöff­net. So war­fen es im in den Mona­ten nach der Ver­öf­fent­li­chung zahl­rei­che Kri­ti­ker vor, dar­un­ter auch vier Kar­di­nä­le, die sich mit Dubia an ihn wand­ten. In einem Inter­view mit der bel­gi­schen Zeit­schrift Ter­tio, das am 7. Dezem­ber 2016 ver­öf­fent­licht wur­de, sag­te Fran­zis­kus an alle Zweif­ler und Kritiker:

„Die ‚syn­oda­le Kir­che‘, ich grei­fe die­ses Wort auf: Die Kir­che ent­steht aus den Gemein­schaf­ten, sie ent­steht an der Basis […] Sie ist Ein­heit in der Viel­falt. Das ist Syn­oda­li­tät. Nicht von oben her­ab­las­sen, son­dern die Kir­chen anhö­ren, sie har­mo­ni­sie­ren, unter­schei­den. Und daher gibt es ein nach­syn­oda­les Schrei­ben, das Amo­ris lae­ti­tia ist, das das Ergeb­nis von zwei Syn­oden ist, wo die gan­ze Kir­che gear­bei­tet hat, und die der Papst sich zu eigen gemacht hat. Er drückt es auf har­mo­ni­sche Wei­se aus. Es ist inter­es­sant: alles was dort ist [in Amo­ris lae­ti­tia], wur­de in der Syn­ode von mehr als zwei Drit­teln der Väter gebil­ligt. Und das ist eine Garantie.“

Amo­ris lae­ti­tia wäre dem­nach mit allen Kon­se­quen­zen das Ergeb­nis eines basis­de­mo­kra­ti­schen Ent­schei­dungs­pro­zes­ses, der durch zwei Syn­oden zu Ent­schei­dun­gen reif­te, die mit Zwei­drit­tel-Mehr­heit beschlos­sen wur­den. Fran­zis­kus habe sie sich ledig­lich „zu eigen“ gemacht. 

Die Sache hat aller­dings einen Haken: An die­ser Les­art ent­spricht fak­tisch nichts den Tat­sa­chen. Es soll nur die Kern­be­haup­tung der Zwei­drit­tel-Mehr­heit ange­spro­chen wer­den, die „eine Garan­tie“ sei. Die Fami­li­en­syn­ode 2015 stimm­te zwar Absatz für Absatz des Schluß­do­ku­ments ab, doch kei­ner ent­hielt eine Zulas­sung der wie­der­ver­hei­ra­te­ten Geschie­de­nen zu den Sakra­men­ten. Eine sol­che Aus­le­gung gaben Amo­ris lae­ti­tia erst die Bischö­fe der Kir­chen­pro­vinz Bue­nos Aires, und Fran­zis­kus lob­te sie dafür, denn das sei „die ein­zig“ rich­ti­ge Les­art. Mit ande­ren Wor­ten: Die Bischö­fe von Bue­nos Aires haben die genaue Inten­ti­on Berg­o­gli­os erfaßt.

Jugendsynode und Edition der Synodendokumente

Im Okto­ber 2018 tag­te die Jugend­syn­ode, zu der es eben­falls Miß­tö­ne gab. Anders als noch unter Bene­dikt XVI. wur­den nur weni­ge Infor­ma­tio­nen zur Syn­ode an die Öffent­lich­keit wei­ter­ge­ge­ben. Das Schluß­do­ku­ment der Fami­li­en­syn­ode wur­de trotz sei­ner Bedeu­tung vom Vati­kan nur auf ita­lie­nisch ver­öf­fent­licht. Das Schluß­do­ku­ment der Jugend­syn­ode wur­de vom Vati­kan drei Mona­te nach dem Ende der Syn­ode noch immer nicht in eng­li­scher oder deut­scher Über­set­zung vor­ge­legt. Von den Doku­men­ten zum Ver­lauf der Syn­ode ganz zu schweigen.

Um so erstaun­li­cher ist eine am Diens­tag von der Pres­se­agen­tur AskNews ver­öf­fent­lich­te Meldung.

„Wäh­rend Papst Fran­zis­kus auf dem Weg ist, um am Welt­ju­gend­tag in Pana­ma teil­zu­neh­men, ver­öf­fent­li­chen ‚Anco­ra‘ und ‚La Civil­tà Cat­to­li­ca‘ die Samm­lung (die ein­zig ver­füg­ba­re) aller Tex­te, die sowohl die Vor­be­rei­tung als auch den Ver­lauf der Jugend­syn­ode doku­men­tie­ren, die im Okto­ber 2018 in Rom statt­fand. Der Essay zur Ein­lei­tung stammt vom Chef­re­dak­teur der Civil­tà Cat­to­li­ca, P. Anto­nio Spa­da­ro, Sekre­tär der Infor­ma­ti­ons­kom­mis­si­on der Synode.“

Gera­de um die Infor­ma­ti­on war es bei Jugend­syn­ode wie auch bei den vor­her­ge­hen­den, bei­den Fami­li­en­syn­oden nicht gut bestellt. 

Am sel­ben Tag berich­te­te auch Vati­kan­News über die Dokumentenedition.

Offen­sicht­lich wur­de beschlos­sen, daß der Hei­li­ge Stuhl künf­tig weder Syn­oden­bul­le­tins noch Syn­oden­ak­ten ver­öf­fent­li­chen, also nichts mehr offi­zi­ell zugäng­lich machen wird. Die Ver­öf­fent­li­chun­gen, wenn über­haupt, wer­den pri­va­ten Trä­gern über­las­sen: im kon­kre­ten Fall der römi­schen Jesui­ten­zeit­schrift und dem Ver­lag einer Ordensgemeinschaft. 

Text: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Vati­can­News (Screen­shot)

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Katho­li­sches war die erste katho­li­sche Publi­ka­ti­on, die das Pon­ti­fi­kat von Papst Fran­zis­kus kri­tisch beleuch­te­te, als ande­re noch mit Schön­re­den die Qua­dra­tur des Krei­ses versuchten.

Die­se Posi­ti­on haben wir uns weder aus­ge­sucht noch sie gewollt, son­dern im Dienst der Kir­che und des Glau­bens als not­wen­dig und fol­ge­rich­tig erkannt. Damit haben wir die Bericht­erstat­tung verändert.

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