
(Rom) Forbes, seit 101 Jahren auf dem Markt, ist eines der erfolgreichsten Wirtschaftsmagazine der Welt. 1917 in New York gegründet, war bis zum heutigen Tag ununterbrochen ein Mitglied der Familie Forbes Chefredakteur der Zeitschrift. Neben der englischen Ausgabe gibt es sieben weitere Ausgaben in anderen Sprachen. Forbes ist vor allem wegen seiner Ranglisten der reichsten und einflußreichsten Menschen der Welt bekannt. Seit 2017 gibt es auch eine italienische Ausgabe. Diese setzte Papst Franziskus auf die Titelseite der ersten Ausgabe des Jahres 2019, die heute ausgeliefert wurde.
Die Wahl von Papst Franziskus als Mann des neuen Jahres erstaunt, da das katholische Kirchenoberhaupt wegen der sexuellen Mißbrauchsskandale gerade ein turbulentes Jahr hinter sich hat. Forbes begründet die Entscheidung vielmehr gerade mit dem Umgang des Papstes mit dem Mißbrauchsskandal.
2018 war ein schwieriges Jahr
Gleich zu Jahresbeginn 2018 ließ der Fall von Bischof Barros in Chile erste internationale Kritik an Franziskus aufflackern. Kaum war Chile im Juni einigermaßen unter Kontrolle gebracht, mußte Franziskus dem US-Kardinal Theodore McCarrick die Kardinalswürde entziehen. Ebenso mußte er die rechte Hand eines seiner engsten Vertrauten, von Kardinal Maradiaga, als Weihbischof entlassen. Die Gründe hatten jeweils mit einem homosexuellen Doppelleben und der sexuellen Korrumpierung der eigenen Seminaristen und Priester zu tun.
Im August stürzte der Pennsylvania Report die Kirche in den USA vollends in den Mißbrauchsskandal. Die Staatsanwaltschaften fast aller US-Staaten wollen Anklage gegen die Kirche erheben. Am 26. August legte der ehemalige Nuntius in den USA ein Dossier vor, in dem er aufzeigte, bereits im Juni 2013 Papst Franziskus über McCarricks Doppelleben unterrichtet zu haben, ohne daß dieser etwas dagegen unternommen hätte. Vielmehr machte er McCarrick zu seinem Vertrauten und nahm Bischofsernennungen in den USA auf dessen Empfehlungen vor. Papst Franziskus schweigt sich seither zu den Vorwürfen aus.
Durch seine bisherigen Stellungnahmen, die sich in Ankündigungen und Versprechen erschöpften, trug er wesentlich dazu bei, daß bisher weitgehend erfolgreich vertuscht werden konnte, daß es sich beim sexuellen Mißbrauch durch Kleriker in erster Linie und fast zur Gänze um einen homosexuellen Mißbrauchsskandal handelte. Bisher wurde der Mißbrauch wiederholt zum Vorwand genommen, Kritik am priesterlichen Zölibat zu üben. Solche Kritik war auch aus dem Mund einiger deutscher Bischöfe zu hören. Mit Bedacht und wider besseres Wissen wurde dabei verschwiegen, daß der Mißbrauchsskandal zum größten Teil eine direkte Folge der Homosexualität ist und damit in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem priesterlichen Zölibat steht und erst recht nicht dessen Aufhebung irgend etwas zur Mißbrauchsprävention beitragen würde.
Der Papst übte im Rahmen seiner Weihnachtsansprache an die Römische Kurie heftige Kritik am Mißbrauch, hütete sich aber die Ursachen beim Namen zu nennen. Eine Kritik an der Homosexualität äußerte er nicht. Er erwähnte sie nicht einmal. Damit hängen Ursache und Täterschaft in der Luft. Eine schwerwiegende Verzerrung wie Kritiker sagen, die jede konkrete Verbesserung erschwere, wenn nicht unmöglich mache. Für kommenden Februar wurde von Franziskus ein Sondergipfel zum Skandal einberufen. Sollte er zu den Ursachen nicht Haltung ändern, sei der Gipfel von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Den Gipfel nannte Marie Collins, selbst Mißbrauchsopfer und ehemaliges Mitglied der Päpstlichen Kinderschutzkommission, die vielleicht „letzte Chance“ für die Kirche.
Symbolgestalt für „philanthropisch und wohltätig“ gesinnte Menschen
Forbes zeigt auf der Titelseite ein Bild von Papst Franziskus, der dem Betrachter eine Kußhand zuwirft. Darunter steht die Überschrift:
„Das Gute teilen. Wenn der Reichtum zur Philanthropie wird“.
Forbes bezeichnet Papst Franziskus als „Symbolfigur“ zum Thema „Wohltätigkeit und Philanthropie“.
Laut dem Wirtschaftsmagazin habe die Wahl des ersten Papstes aus dem Jesuitenorden „viel Kraft“ auch jenen gegeben, die wohltätig und philanthropisch gesinnt sind.
„Die angelsächsische Kultur hat aus der Philanthropie und der Wohltätigkeit einen regelrechten Lebenssinn gemacht“, so Forbes. Wer ein „Glück“ gemacht hat, habe „einen Teil davon der Gesellschaft zurückzugeben“.
In den USA werden jährlich 300 Milliarden Dollar gespendet, „eine kolossale Summe“, die steuerlich von der Politik enorm begünstigt wird. In Europa spenden Deutsche, Briten und Italiener am meisten. Letztere immerhin auch noch 10 Milliarden Dollar, so das Wirtschaftsmagazin.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Forbes (Screenshot)
Wahrscheinlich gibt es Geld, Macht und Ansehen als Gegenleistung.