
Ein Gastkommentar von Hubert Hecker.
Die Karl Rahner Akademie Köln („Selber denken – über Gott und die Welt“) hatte kürzlich zu der Talkrunde „frank&frei“ geladen. Die Podiumsdiskussion zum Thema: Missbrauch in der Kirche organisierte und moderierte der Chefkorrespondent der Tageszeitung Kölner Stadt-Anzeiger, Joachim Frank. Als Gäste hatte er den Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz eingeladen, den Essener Generalvikar Klaus Pfeffer, die Professorin Claudia Bundschuh von der Hochschule Niederrhein und aus Österreich wurde der Grazer Pastoraltheologe Rainer Bucher eingeflogen.
Bei dieser Gästeliste gleichgesinnter Podiumsteilnehmer stellt sich die Frage: Warum kam der Organisator nicht auf die sachlich und örtlich naheliegende Idee, den Kölner Arzt, Psychiater, Theologen und Seelsorgeberater Manfred Lütz als Diskutanten einzuladen? Lütz ist ein ausgewiesener Kenner der Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofkonferenz. Die hat er unter dem Titel: „Leider spektakulär misslungen!“ einer fundierten Analyse und Kritik unterzogen. Offensichtlich war von Frank aber eine kritische Stimme zum Missbrauchsbericht nicht erwünscht. Erst recht sollten unterschiedliche Perspektiven oder gar ein Pro und Kontra zum Thema Missbrauch ausgeschlossen werden. Die Gästeeinladung war nur an solche Personen gegangen, die mit Franks Ansichten zu den Missbrauchsvorfällen weitgehend übereinstimmten. Es sollten nur gleichlautende Stimmen zu hören sein, Gegenmeinungen vermieden werden. Entsprechend harmonisch verlief dann auch die „Gesprächsrunde“. Der Tenor der späteren Pressemeldungen lautete: „Die Runde war sich einig…“ – so der Kölner Stadt-Anzeiger vom 29. 10.
Eine Meinungsblase im linkskatholischen Milieu
In der Veranstaltung praktizierte man eine ideologisch „eingerahmte“ Gesprächsform, die seit einigen Jahren von der Kommunikationswissenschaft als „Filterblase“ oder „Meinungsblase“ charakterisiert wird: In den virtuellen Gesprächsräumen der sozialen Medien und eben auch bei realen „Talk-“ Veranstaltungen werden alle Informationen und Ansichten ausgefiltert, die nicht in das Weltbild der betreffenden Teilnehmer passen. Die Abschottung von kritischen Fremdmeinungen einerseits und die allseitige Bestätigung eigener Meinungsbildung andererseits erzeugen eine geschlossene Meinungsglocke einer Gruppe von Gleichgesinnten. In diesem Fall schuf sich das linkskatholische Milieu der kirchlich Progressiven im vollbesetzten Saal der Karl Rahner Akademie eine Echokammer der Selbstbestätigung. Mit dem Ausschluss von kontroverser Diskussion gab man die klassische Methode auf, mit Perspektivenwechseln von Pro und Kontra sich der Wahrheit und Wirklichkeit anzunähern. Das Podiumsgespräch wurde zu einer Veranstaltung der einseitigen Meinungs- und Stimmungsmache.
Skandalisierung und Instrumentalisierung des Missbrauchs für kirchenpolitische Ziele
Unter diesen Bedingungen waren keine sachlichen Analysen, Bewertungen und Folgerungen zu den Missbrauchsvorkommen zu erwarten. Die wurden von vornherein plakativ als „Missbrauchsskandal“ abgehandelt. Bei der Skandalisierung von Vorfällen braucht man sich nicht mehr um Daten, Fakten und Einzelheiten kümmern, sondern kann abgehoben bramarbasieren, eben „talken“. Bei der Kölner Talkrunde ging es dann auch hauptsächlich um vermeintliche Folgen und Forderungen aus dem kürzlich publizierten Missbrauchsbericht. Die standen unter dem großsprecherischen Ziel, „die kirchlichen Strukturen grundsätzlich in Frage zu stellen“. Doch vorerst erging man sich in Klagen um kirchliche „Reformdefizite“ einerseits und „erlahmende Reformimpulse“ auf der anderen Seite. Bei diesem Reformjammer schien der „Missbrauchsskandal“ eine passende Gelegenheit zu sein, um alten Forderungen progressiver Kirchenkreise neuen Schwung zu geben: Erstens sollte der Zölibat abgeschafft werden, zweitens Homosexualität akzeptiert und drittens müsste man die klerikale Macht der Bischöfe beschneiden.
Ein exponierter Vertreter dieser kirchenpolitischen Dreisprungübung ist der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz. Bei einer harmonisch abgestimmten Talkrunde braucht man nur den exponierten Sprecher der Podiumsteilnehmer zitieren. In diesem Fall fasste zu Eltz in seinen Statements zugespitzt die strategischen Ziele der progressiven Kirchenfraktion zusammen. Sein kirchenpolitisches Narrativ ist seit Jahren bekannt und stets das gleiche, egal zu welchem Anlass und in welchem Medienformat er sich jeweils äußert.
Reflexhafte Parole: Zölibat abschaffen
Als im September die ersten Ergebnisse der DBK-Missbrauchsstudie durchsickerten, ohne dass man Kenntnisse von Daten, Zahlen und Analysen hatte, zog der Frankfurter Stadtdekan schon weitreichende Konsequenzen aus der Studie: Man müsse jetzt mit „tiefgreifenden Reformen reagieren“, so sein telefonischer Rat an die Kirchenleitung über die Medienschiene. Er befand sich damals auf einer Pilgerreise nach Compostella, da habe er viel Zeit zum Nachdenken. In Wirklichkeit waren es reflexartige Parolen, die der Domkapitular schon länger mediengeleitet in die Kirche lanciert: Erstens müsse der Zölibat abgeschafft werden und zweitens sollten „Frauen für die Priesterweihe, mindestens zum Diakonat zugelassen“ werden. Frauen in der Kirchenleitung würden „die Atmosphäre von Grund auf“ ändern.
Bei der Kölner Talkrunde wollte er sich mit atmosphärischen Änderungen nicht mehr begnügen. Mit dicken Wort-Keulen klotzte er gegen den zölibatären Priesterstand: „Narzisstisch gestörte Leute“ würden „vom Priesterberuf deshalb angezogen, weil sie sich hier nicht mit ihrer Sexualität auseinandersetzen“ müssten. Der Zölibat schaffe eine disziplinierte und leicht einsetzbare Elite, die aber „ohne Empathie für eigene und fremde Schmerzen“ sei. „Solche Menschen kommen bei uns bevorzugt in hohe Ämter“, meinte der durch Bischof Tebartz-van Elst in das hohe Amt gekommene adlige Domprälat.
Beschimpfung der Priesterschaft
Es waren unglaubliche Unterstellungen, mit denen der Frankfurter Stadtdekan die katholische Priesterschaft beschimpfte:
- Priester seien narzisstisch gestört, also um sich selbst kreisende Egoisten mit krankhaften Auswüchsen.
- Sie würden den zölibatären Priesterberuf wählen, um ihrer Sexualität auszuweichen oder sie zu verdrängen. Als ob nicht jeder erwachsene Priesteranwärter mit 25 oder 30 Jahren genau wüsste, auf was er sich mit der freiwilligen „Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen“ einlässt!
- Der Zölibat schaffe eine mitleidlose kirchliche Elitetruppe: Priester seien „ohne Empathie für eigene Schmerzen“. Stählerne Männer also, abgehärtet wie schmerzresistente Helden, die man sonst nur aus Actionfilmen kennt.
- Aus der Selbstpanzerung müsste dann wohl die behauptete Empathielosigkeit gegenüber „fremden Schmerzen“ abgeleitet werden.
- Solche narzisstische Typen würden in der Kirche bevorzugt befördert werden. Diese Aussage ist auch als Wink an die übrigen Limburger Prälaten in hohen Ämtern zu lesen, also an Bischof Bätzing, Weihbischof Löhr, Generalvikar Rösch sowie die weiteren fünf Kollegen Domkapitulare.
Zu fragen ist: Was sagt eigentlich Bischof Bätzing zu der Beschimpfung von Priestern einschließlich der des Bistums Limburg? Die Herabwürdigung von Priestern und Priesterberufung durch zu Eltz ist darüber hinaus ein Affront gegen die Theologiestudenten von mehreren Diözesen, die sich an der Frankfurter Hochschule St. Georgen auf das Priesteramt vorbereiten. Schließlich haben die aggressiven Spitzen des Stadtdekans gegen die katholische Priesterschaft eine abschreckende Wirkung für junge Männer, die sich mit dem Gedanken tragen, Priester zu werden.
Der Zusammenhang zwischen missbrauchten Jungen und Homo-Tätern wird geleugnet
Die Podiumsredner mussten zu dem Komplex Missbrauch ein unumgängliches Faktum anerkennen, das die MHG-Studie festgestellt hatte: „Zu den Opfern des Missbrauches zählten überwiegend Jungen.“ Genauerhin wurden fast 80 Prozent der Übergriffe an männlichen Kindern und Jugendlichen begangen. Wesentlich ist dabei, dass mehr als zwei Drittel der Opfer Jungen im pubertierenden oder geschlechtsreifen Alter waren. Bei dieser Datenlage wäre es absurd, homosexuelle Täter unter den Klerikern auszuschließen. Doch genau das machten die Teilnehmer der Talkrunde: Sie „warnten davor“, aus den gegebenen Daten den „Schluss zu ziehen, Homosexualität sei eine Ursache für sexuelle Übergriffe“. Eine solche durch nichts begründete „Warnung“ vor einer zwingenden Primärthese hatte schon der Münchener Generalvikar Peter Beer ausgesprochen. Auch Johannes zu Eltz bestritt in einem Hessenschau-Interview die offensichtliche Korrelation von Missbrauch an geschlechtsreifen Jungen und homosexuellen Klerikern: „Das stimmt nicht“, behauptete er, was wissenschaftlich als Ephebophilie nachgewiesen ist. Stattdessen verbreitete der Frankfurter Prälat die selbstgestrickte Unterscheidung: „Nicht Homosexualität ist das Problem, sondern unreife, nicht wahrgenommene und unterdrückte Sexualität.“ Die küchenpsychologische These von der „unreifen“ Sexualität ist auch bei anderen Kirchenführern eine schnell hingeworfene Erklärung. Aber diese vage Formulierung ist weder ein psychiatrisch anerkannter Diagnosebegriff (Manfred Lütz), noch eine wissenschaftliche Kategorie, die bei empirischen Studien zu Missbrauchsvorfällen benutzt und belegt werden könnte. Darüber hinaus verleitet die Formel der sexuellen Unreife zu dem therapeutischen Allmachtsglauben, dass das Missbrauchssyndrom der Täter durch emotionale Nachreifung in sexualtherapeutischen Sitzungen „gut kontrolliert und kompensiert“ werden könnte – so die MHG-Studie auf Seite 128. Nach diesem Muster von therapeutischem Optimismus sind vor dem Jahr 2000 übergriffige Geistliche bei Therapieabschluss immer wieder in anderen Gemeinden eingesetzt worden – bis zum nächsten Missbrauch.
Schwule Serientäter für ein Viertel der Opfer verantwortlich
Der Frankfurter Stadtdekan sollte sich einmal die Missbrauchsbiografie eines klerikalen Mehrfachtäters anschauen, über den die FAZ am 15. 9. 2018 ausführlich berichtete. Der Anfang der 80er Jahre geweihte Priester verkehrte schon als Theologiestudent in Schwulenkreisen. Als Kaplan in verschiedenen Gemeinden schändete er insgesamt 23 pubertierende oder geschlechtsreife Jungen. Bei Therapien zeigte er sich nicht willig und kooperativ. Offensichtlich war seine wahrgenommene, nicht-unterdrückte und reife Homosexualität, die zu Eltz als Lösung des Problems der Missbrauchstäter ansieht, die Ursache für die Missbrauchsreihe. Solche homosexuellen Serientäter waren auch an kirchlichen und weltlichen Internaten wie der Odenwaldschule aktiv. Die amerikanische John-Jay-Studie zu allen Bistümern der USA machte 3 Prozent ephebophile Mehrfachtäter für ein Viertel der Jungen-Opfer verantwortlich. Ähnliche Ergebnisse lieferte der Pennsylvania-Bericht.
Homosexuelle Kleriker überproportional in Missbrauch verwickelt
Es läuft auf eine erneute Vertuschung hinaus, wenn die Übergriffe homosexueller Kleriker minimalisiert und als Folge davon den heterosexuellen Geistlichen angelastet werden. Dieses Vorgehen kommt einer Persilscheinausgabe für Homo-Täter gleich. Die Frage stellt sich: Warum werden homosexuelle Missbrauchstäter so auffällig geschont und sogar zwingende Korrelationen geleugnet? Dahinter stehen wohl strategische Ziele progressiver Kirchenkreise: Sowohl Generalviakar Pfeffer wie auch Stadtdekan zu Eltz lassen durchblicken, dass sie eine grundlegende Änderung der biblisch-kirchlichen Lehre zu Homosexualität anstreben. Bei diesem Ansatz passen den beiden die zahlreichen Übergriffe gleichgeschlechtlich orientierter Geistlicher gar nicht ins Konzept. Deshalb ihre bemühten Anstrengungen, das erschreckende Ausmaß homosexuell motivierten Missbrauchs herunterzuspielen – wenn nicht zu leugnen, was aber immer klarer zutage tritt. Eine Analyse zu den vorliegenden Daten von Tätern und Opfern kommt zu dem Ergebnis: Für mehr als drei Viertel der Missbrauchsopfer in der Kirche waren homosexuelle Kleriker verantwortlich in einer Größenordnung, die ihr Anteil am gesamten Klerus um mehr als das Doppelte überstieg.
Text: Hubert Hecker
Bild: KRA (Screenshots)
Der breite Mißbrauch geschah mit Ansage, soviel ist sicher. Diesen nun selbst zu mißbrauchen ist eine außerordentliche Schamlosigkeit, eine offene Brutalität, wie sie den linken Revolutionärsschergen nun einmal zueigen ist.
Geistiges Gschwerl halt.