(Rom) Die Medien des Heiligen Stuhls sollen einer Neuordnung unterzogen werden. Dazu errichtete Papst Franziskus im Juni 2015 ein eigenes Dikasterium an der Römischen Kurie, das Kommunikationssekretariat. Zum Präfekten ernannte er den brasilianischen Priester Dario Edoardo Viganò, der zuvor seit 2013 das Vatikanische Fernsehzentrum CTV geleitet hatte. Zu den Medien des Vatikans gehören zudem die Tageszeitung Osservatore Romano, der Radiosender Radio Vaticana und Internetseiten, alle jeweils in mehreren Sprachen.
Zu den Plänen Viganòs gehört die Schließung der Sendeanlage in Santa Maria di Galeria und das Aus für die Kurzwellen-Übertragungen. In Santa Maria di Galeria am nordwestlichen Stadtrand von Rom befindet sich, auf Wunsch von Papst Pius XII., seit 1957 eine große Sendeanlage für Kurz- und Mittelwelle von Radio Vatikan. Das Gelände, mit bis zu 94 Meter hohen Sendemasten, ist durch einen Staatsvertrag seit 1951 exterritorialer Besitz des Heiligen Stuhls. Das besondere Wahrzeichen ist ein hoher Sendemast in Form eines Kreuzes.
Im Laufe der Jahrzehnte war die Anlage mehrfach Angriffen von Kirchengegnern ausgesetzt, vor allem aus dem Umfeld der Kommunistischen Partei und der Radikalen Partei, die der Kirche ihre „Stimme“ nehmen wollten. Zuletzt wurde vor italienischen Gerichten versucht, die Anlage wegen „erhöhter Strahlenbelastung“ für die Umwelt abzustellen. Das Verfahren endete 2007 mit einem Freispruch für die Verantwortlichen von Radio Vatikan.
Kurzwelle sichert freie Stimme bis in die entlegenste Weltgegend
Die Schließungsabsichten Viganòs sorgen für „Entmutigung“, so der Vatikanist Sandro Magister. Das gilt auch für den langjährigen Generaldirektor des Senders, Pater Federico Lombardi SJ. Lombardi übte diese Funktion von 2005–2016 aus. Von 2006–2016 war er als Leiter des vatikanischen Presseamtes zugleich auch „Vatikansprecher“.
Pater Lombardi ist von der Notwendigkeit der Kurzwellenübertragung überzeugt. Er sah darin stets die eigentliche Stärke des Senders, weil die Kurzwellen es erlauben, bis in die entlegensten und politisch verbotensten Weltgegenden vorzustoßen und die Stimme der Kirche dorthin zu tragen. Radio Vatikan verfügt über eigenständige Redaktionen in 40 Sprachen und sendet in 45 Sprachen.
Es ist noch nicht lange her, daß halb Europa hinter einem Eisernen Vorhang lag. Und noch heute müssen mehr als 1,5 Milliarden Menschen unter kommunistischen Diktaturen leben.
„Vergeblich wurde Msgr. Viganò von kompetenter Seite erklärt, daß die Schließung der Sendeanlage von Santa Maria di Galeria strategisch widersinnig ist“, so Magister.
BBC und NHK bauen Kurzwellenbereich wieder aus
Die Schließung würde zu einem Zeitpunkt erfolgen, wo die die größten Radiosender der Welt ihre Übertragung auf Kurzwelle nicht reduzieren, sondern ausbauen, beispielsweise die britische BBC der die japanische NHK.
2016 erhielt die BBC von der britischen Regierung 85 Millionen Pfund, um den Kurzwellenbereich vor allem für Rußland, Nordkorea, den Nahen Osten und Afrika auszubauen.
Die japanische NHK bat ausgerechnet Radio Vatikan, die Sendeanlage von Santa Maria di Galeria nützen zu können, um die Kurzwellensendungen für Afrika zu verstärken. Die derzeit von NHK genutzte Sendeanlage auf Madagaskar ist an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen.
Das Sendezentrum Santa Maria di Galeria ist wegen seiner technischen Qualität und strategischen Lage „weltweit anerkannt“. Es wäre daher sinnvoller, die Anlage weiterhin für Radio Vatikan zu nützen, aber auch anderen Sendern zu vermieten, um Einnahmen für den eigenen Sendebetrieb zu erzielen, anstatt die Anlage zu schließen, so Magister.
„Kuriose“ CO2-Begründung
Als „kurios“ gilt die Begründung, die Viganò für die Schließung der großen Sendeanlage anführt. Unter Verweis auf Laudato Si, die Öko-Enzyklika von Papst Franziskus, sagte Viganò in einem Interview mit dem Monatsmagazin Prima Comunicazione, daß er dabei auch an den „CO2-Ausstoß“ denke, der durch die Kurzwellen verursacht werde. „Wir können uns vom Lehramt des Heiligen Vaters nicht ausnehmen“, so der Präfekt des Kommunikationssekretariats wörtlich.
In Wirklichkeit ist die Aussage völliger Nonsense. Gleich mehrere Experten machten Viganò darauf aufmerksam, daß der CO2-Ausstoß von Kurzwellen um ein Vielfaches geringer ist, als der durch Digitaltechnik, durch die er die Kurzwellen ersetzen möchte.
Es wurde errechnet, so Magister, daß ein Kurzwellensender mit seiner Antenne nicht mehr als 6 kW Gesamtleistung verbraucht. Das entspricht dem Verbrauch von zwei Radiogeräten in einem Haushalt. Das ist 20 Mal weniger als eine Sendung, die als Stream über Internet gesendet wird.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Wikicommons