Papst Franziskus versichert Afrikas Bischöfen: „Kurzwellenbereich wurde nie aufgegeben“ – Reformen „mit ein bißchen Gewalt“?


Nach massiven Protesten der Bischöfe Afrikas versichert Papst Franziskus, daß der Kurzwellenbereich von Radio Vatikan erhalten bleibt.
Nach massiven Protesten der Bischöfe Afrikas versichert Papst Franziskus, daß der Kurzwellenbereich von Radio Vatikan erhalten bleibt.

(Rom) Papst Fran­zis­kus ver­si­cher­te gestern, daß der Kurz­wel­len­be­reich von Radio Vati­kan für Afri­ka nicht ein­ge­stellt wird. Anlaß war sei­ne Anspra­che an die erste Voll­ver­samm­lung des von ihm im Juni 2015 neu­errich­te­ten Kom­mu­ni­ka­ti­ons­se­kre­ta­ria­tes des Hei­li­gen Stuhls. Zuvor hat­ten Afri­kas Bischö­fe mas­siv gegen die Ein­stel­lung protestiert.

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“Bezüg­lich des Radio­dien­stes drängt es mich die Anstren­gung zu beto­nen, die das Dik­aste­ri­um gegen­über den Län­dern mit gerin­gen tech­no­lo­gi­schen Mög­lich­kei­ten (ich den­ke zum Bei­spiel an Afri­ka) für die Ratio­na­li­sie­rung der Kurz­wel­len unter­nimmt, die nie auf­ge­ge­ben wurden.“

„Irreversible“ Reformen „mit ein bißchen Gewalt“?

Zugleich sag­te der Papst:

„Die­ses Dik­aste­ri­um, das am kom­men­den 27. Juni zwei Jah­re alt wird – zwei Ker­zen -, steht inmit­ten einer Reform. Und wir sol­len kei­ne Angst vor die­sem Wort haben. Reform heißt nicht, die Din­ge ein biß­chen „über­tün­chen“: Reform bedeu­tet, den Din­gen eine ande­re Form zu geben, sie auf eine Wei­se zu orga­ni­sie­ren. Und man muß es mit Intel­li­genz, mit Mil­de, aber auch – erlaubt mir das Wort – mit ein biß­chen ‚Gewalt‘, aber guter, tun, mit guter Gewalt, um die Din­ge zu refor­mie­ren. Es steht mit­ten in einer Reform, weil es eine neue Rea­li­tät ist, die inzwi­schen irrever­si­ble Schrit­te setzt.“

Refor­men mit „ein biß­chen Gewalt“? „Irrever­si­ble Schrit­te“? Papst Fran­zis­kus sprach nicht nur von Radio Vati­kan, son­dern von allen Medi­en des Hei­li­gen Stuhls, die im neu­en Kom­mu­ni­ka­ti­ons­se­kre­ta­ri­at zusam­men­ge­faßt wur­den. Was mein­te er aber genau mit die­sen dra­sti­schen Worten?

Korrigiert Franziskus „strategischen Fehler“?

2012 hat­te Radio Vati­kan den Kurz­wel­len­be­reich für Euro­pa und Nord­ame­ri­ka ein­ge­stellt. Für Asi­en, das von einer Sen­de­an­la­ge auf den Phil­ip­pi­nen belie­fert wird, wur­de der Kurz­wel­len­be­reich schritt­wei­se redu­ziert. Anfang März folg­te die völ­li­ge Abschal­tung der wich­tig­sten Sen­de­an­la­ge von Radio Vati­kan in San­ta Maria in Gale­ria bei Rom. Von dort aus wur­de ganz Afri­ka abgedeckt.

Ein stra­te­gi­scher Feh­ler“ wie Kri­ti­ker anmerk­ten, denn Kurz­wel­le siche­re eine freie Stim­me bis in die ent­le­gen­sten Welt­ge­gen­den. Ein Bedarf, der heu­te kaum weni­ger gege­ben sei als in der Vergangenheit.

Die Schlie­ßung ist Teil der Plä­ne von Dario Edo­ar­do Viganò, eines bra­si­lia­ni­schen Prie­sters, den Papst Fran­zis­kus zum ersten Prä­fek­ten des neu­en Dik­aste­ri­ums ernannt hat­te. Viganò war zuvor seit 2013 bereits Lei­ter des Vati­ka­ni­schen Fern­seh­zen­trums CTV.

Gegen die Schlie­ßung pro­te­stier­ten vor allem Afri­kas Bischö­fe. Am 9. März wand­ten sie sich mit einem Schrei­ben des Sym­po­si­ums der Bischofs­kon­fe­ren­zen von Afri­ka und Mada­gas­kar an den Papst.

Ande­re Sen­der, wie die bri­ti­sche BBC und die japa­ni­sche NHK, inve­stie­ren der­zeit wie­der in den Aus­bau des Kurz­wel­len­be­reichs. Die NHK mel­de­te Inter­es­se an der Sen­de­an­la­ge in San­ta Maria in Gale­ria an, weil ihre Sen­de­an­la­ge auf Mada­gas­kar bereits an ihre Kapa­zi­täts­gren­zen stößt. Den­noch dreh­te Viganò der Sen­de­an­la­ge von Radio Vati­kan, die als „Tafel­sil­ber“ und „Rück­ver­si­che­rung“ galt, den Hahn ab.

Kommunikationsdefizite und die Handbremse des Papstes

„Ver­geb­lich wur­de Msgr. Viganò von kom­pe­ten­ter Sei­te erklärt, daß die Schlie­ßung der Sen­de­an­la­ge von San­ta Maria di Gale­ria stra­te­gisch wider­sin­nig ist“, schrieb Anfang März der Vati­ka­nist San­dro Magister.

Kuri­os war vor allem die Begrün­dung für die Abschal­tung. Viganò sprach unter Ver­weis auf die Öko-Enzy­kli­ka Lau­da­to Si von Papst Fran­zis­kus, daß er bei dem Aus für die Sen­de­an­la­ge auch „an den CO2-Aus­stoß“ den­ke. Die Medi­en des Vati­kans könn­ten sich „vom Lehr­amt des Hei­li­gen Vaters nicht aus­neh­men“. In Wirk­lich­keit ver­ur­sa­chen Kurz­wel­len nur einen Bruch­teil des CO2-Aus­sto­ßes der Digi­tal­tech­nik, durch die sie Viganò erset­zen will.

Ganz begei­stert scheint Papst Fran­zis­kus über die­se Ver­ein­nah­mung aller­dings nicht zu sein. Nach der gest­ri­gen Aus­sa­ge des Pap­stes kön­nen Afri­kas Katho­li­ken wie­der hoffen.

Da der Kurz­wel­len­be­reich für Afri­ka ein­ge­stellt wur­de, wie die Bischö­fe in ihrem Schrei­ben beklag­ten, stel­len sich nach den Wor­ten des Pap­stes eini­ge Fra­gen. Wur­de der Kurz­wel­len­be­trieb ein­ge­stellt und wie­der­auf­ge­nom­men oder wur­de er nie auf­ge­ge­ben, wie Fran­zis­kus sagte?

Über­haupt scheint in der Sache eini­ges in der vati­kan­inter­nen Kom­mu­ni­ka­ti­on nicht geklappt zu haben. Schließ­lich ist die Abschal­tung des Kurz­wel­len­be­reichs von Radio Vati­kan ja nicht eine tech­ni­sche Klei­nig­keit, die man heu­te macht und mor­gen wie­der zurück­nimmt. Vor allem wur­den die direkt Betrof­fe­nen, kon­kret die Bischö­fe und Gläu­bi­gen Afri­kas in die „Moder­ni­sie­rungs­pla­nun­gen“ des neu­en Dik­aste­ri­ums nicht ein­ge­bun­den. Sie erfuh­ren von den Schlie­ßungs­plä­nen erst Anfang März durch einen Bericht des Vati­ka­ni­sten San­dro Magi­ster und reagier­ten umgehend.

Nun hat Papst Fran­zis­kus die Hand­brem­se gezo­gen und stellt das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­se­kre­ta­ri­at und Prä­fekt Viganò vor neue Herausforderungen.

Text: Giu­sep­pe Nardi
Bild: Radio Vaticana/​MiL (Screen­shots)

 

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