
(Naypyidaw/Peking) Die regimenahe Presse der Volksrepublik China begleitet den Besuch von Papst Franziskus in Myanmar mit großer Aufmerksamkeit. Nicht nur die muslimischen Rohingya leiden in Myanmar unter Verfolgung, sondern auch die christlichen Karen.
Chinas Interesse am Papst-Besuch im Nachbarland
Die Global Times, die englischsprachige Tageszeitung der Kommunistischen Partei Chinas, widmete dem Papst in ihrer gestrigen Ausgabe fast die gesamte Titelseite. Ein großes Bild zeigt den Papst bei seiner Ankunft am Flughafen, wie er Kinder in traditioneller Landestracht umarmt. Im Bildtext wurde auf die islamische Minderheit der Rohingya hingewiesen.
Dem Papstbesuch wurde auch auf den Innenseiten der Zeitung viel Platz eingeräumt unter der Überschrift „Papst des Friedens“. Im Artikel ist die Rede vom Auftakt zu einem „hochsensiblen“ viertägigen Besuch in einem Land, das „internationaler Kritik“ ausgesetzt ist, wegen der „Behandlung der muslimischen Minderheit der Rohingya“, die „in Massen nach Bangladesch geflüchtet“ sind.
Der Vatikan bemüht sich unter Papst Franziskus intensiv um die Beziehungen zur Volksrepublik China. Der Heilige Stuhl ist der einzige europäische Staat, der noch die Souveränität der Republik China (Taiwan) anerkennt.
Hauptstreitpunkt zwischen Peking und Rom ist das Recht zur Bischofsernennung, das die KPCh für sich beansprucht. Der Vatikan wird als „feindliches Ausland“ behandelt.
Bekannt ist, daß es ein besonderer Wunsch von Papst Franziskus ist, der Volksrepublik China einen Pastoralbesuch abzustatten. Die Zeit dafür scheint aber noch nicht reif zu sein. Folgt man den Aussagen des emeritierten Bischofs von Hong Kong, Kardinal Joseph Zen, der grauen Eminenz der chinesischen Untergrundkirche, dann dürfte die Zeit noch lange nicht reif sein.
Die Global Times berichtete vor allem, daß Papst Franziskus am ersten Tag mit dem Oberbefehlshaber der birmanischen Streitkräfte, General Min Aung Hlaing, dem mächtigen Mann Mynamars zusammengetroffen ist.
Rohingya-Konflikt
General Min Aung Hlaing hatte vergangenen Freitag überraschend Peking einen Besuch abgestattet. Er traf mit Staats- und Parteichef Xi Jingping zusammen, der erklärte, „eine konstruktive Rolle“ für die „Sicherheit und Stabilität der Grenzen beider Länder“ spielen zu wollen. Eine Aussage, die einem informellen Beistandspakt gleichkommt, sollten sich andere Staaten in die inneren Angelegenheiten Myanmars einmischen, um die Rohingya-Krise durch Militärintervention lösen zu wollen.
Rakhaing, das historische Arakan, heißt der Staat, in dem die Rohingya leben. Er grenzt im Westen an Bangladesch, der nächsten Etappe des Papst-Besuches. Mit den Bengalen verbindet sie nicht nur die Sprache, sondern auch die historische Herkunft des Islams.
Rakhaing bildete bis 1784 ein eigenständiges, birmanisches Königreich, bevor es vom benachbarten birmanischen Königreich erobert wurde. 1824 übernahmen die Briten die Herrschaft über ganz Birma.
Ende des 19. Jahrhunderts stellten die Muslime im Staat Rakhaing 19 Prozent der Bevölkerung, die Buddhisten aber zwei Drittel. 2015 hatte sich der islamische Bevölkerungsanteil auf fast 43 Prozent erhöht. Die Rohingya machen rund 4,5 Prozent der birmanischen Gesamtbevölkerung aus, wobei sich der islamische Anteil faktisch sich mit dieser Gruppe deckt, der Myanmar die Anerkennung als Volksgruppe verweigert.
Christen in Myanmar

Der Anteil der Christen im Land beträgt laut Volkszählung von 2015 6,2 Prozent. Sie bilden nach den Buddhisten (88 Prozent) die größte Religionsgemeinschaft. Christen sind vor allem Angehörige der Volksgruppen der Chin (Staat Chin), der Jingpo (Staat Kachin) und der Karen (mehrere Staaten). Der erste christliche Missionar wurde 1548 vom heiligen Franx Xaver ins Land geschickt.
Nicht nur die Rohingya, die derzeit in aller Munde sind, sondern auch die Karen (insgesamt in Myanmar rund sechs Millionen Menschen) und andere Minderheiten, unter denen der Christenanteil besonders hoch ist, gehören zu den Opfern der birmanisch-buddhistischen Politik, die seit Jahrzehnten mit Militärgewalt ethnisch-religiöse Säuberungen praktiziert.
Die Rohingya gelten laut UNO als „meistverfolgte Minderheit“ der Welt. Eine neue Kategorisierung, die es zuvor nicht gab. Den islamischen Rohinya wurde in den vergangenen Jahren weit mehr internationale Aufmerksamkeit zuteil, als den ebenso verfolgten christlichen Chin und den Karen.
Die Karen wollten bereits vor der birmanischen Unabhängigkeit von 1948 einen unabhängigen Staat ausrufen. Bei den birmanischen Militäroperationen, mit besonderer Härte zuletzt in der zweiten Hälfte der 90er Jahre, wurden Hunderte von Karen-Dörfer zerstört. Fast jeder Vierte Karen lebt als Vertriebener. Seit 2012 gilt zwischen den Karen und der Regierung ein Waffenstillstand.
Der Anteil der Christen unter den Karen, die sich auf mehrere Staaten aufteilen, wird von offiziellen Stellen mit 15 Prozent angegeben. Im Staat Kachin, wo die Jingpo leben, beträgt der Anteil der Christen 34 Prozent und im Staat Chin sogar 85,4 Prozent.
Den zweithöchsten Christenanteil weist der Staat Kayans mit offiziell 45,8 Prozent (2015) auf. Die Buddhisten kommen dort auf 49,9 Prozent.
In den von Birmanen bewohnten Kerngebieten des Landes ist der Christenanteil zum Teil minimal.
Text: Andreas Becker
Bild: Global Times/Wikicommons (Screenshot)