(Rom) Die Tageszeitung Avvenire gehört der Italienischen Bischofskonferenz. Chefredakteur ist seit 2009 Marco Tarquinio. Die Auflage liegt bei 140.000 Exemplaren. Ab nun wird jeden Sonntag ein ungewöhnlicher Karikaturist die Titelseite mitgestalten.
Der Spiritus rector der Zeitung
Das Sagen in der Zeitung hat seit 2014 Bischof Nunzio Galantino. Der damalige Bischof von Cassano all’Jonio wurde am 28. Dezember 2013 von Papst Franziskus zum Generalsekretär der Bischofskonferenz ernannt. Seither ist er dort der „Mann des Papstes“. Zu seinem Zuständigkeitsbereich gehören die Medien der Bischöfe.
Von Galantino wurden 2016 im Hintergrund die Gespräche mit der italienischen Linksregierung in Sachen Legalisierung der „Homo-Ehe“ geführt. Gleichzeitig zeigte der Vatikan der Bürgerbewegung gegen die „Homo-Ehe“ und die Einführung der Gender-Ideologie an den Schulen die kalte Schulter. Die Organisatoren des Family Day brachten im Juni 2015 in ganz Italien eine Million Menschen und im Januar 2016 zwei Millionen Menschen auf die Straße, die für die Ehe und die Familie ihre Stimme erhoben. Aus dem Vatikan kam jedoch kein Zeichen des Wohlwollens.
In einer Katechese beim Weltjugendtag in Krakau behauptete Msgr. Galantino am 24. Juli 2016, daß Sodom „gerettet“ wurde. Wörtlich sagte der Generalsekretär der Italienischen Bischofskonferenz vor Jugendlichen:
„Sodom „war eine Stadt, auf die niemand irgend etwas verwettet hätte, außer Abraham. Sein Bittgebet und sein Wunsch zu wagen, retten Sodom. Die Stadt wird gerettet, weil es Gerechte gibt, auch wenn es nur wenige sind: aber die Stadt ist gerettet, vor allem weil es Abraham gibt, den Mann des Gebets, der nicht den unerbittlichen Ankläger macht, der nicht gegen, sondern für redet. Abraham, der Mann des Gebets, klagt nicht die Missetaten an, sondern verkündet die Möglichkeit von etwas Neuem.“
In Wirklichkeit berichtet die Bibel (Genesis 18–19), daß die Städte Sodom und Gomorrha wegen der Sünden ihrer Bewohner von Gott zerstört wurden. Als Sünde wird dabei ausdrücklich Homosexualität genannt, die im derzeit stattfindenden Kulturkampf eine zentrale Rolle spielt.
Sergio Staino, Urgestein der radikalen Linken
Künftig wird der Avvenire einen neuen Karikaturisten beschäftigen: Sergio Staino. Ein erstaunlicher Neuzugang für die Zeitung der Bischöfe. Stainos Karikatur „Bobo“ ist seit Jahrzehnten so etwas wie eine Psychocouch der italienischen Linken. Von September 2016 bis April 2017 war er Chefredakteur der traditionsreichen kommunistischen Parteizeitung L’Unità .
Die Unità (Die Einheit) wurde 1924 von Antonio Gramsci, dem damaligen ZK-Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Italiens (KPI) als Parteiorgan gegründet. Als 1991 das Ende der Sowjetunion kam und die KPI in Partei der Demokratischen Linken (PDS) und 1998 in Linksdemokraten (DS) umbenannt wurde, blieb die Unità deren Parteiorgan. Nach Stainos Rücktritt wurde die Zeitung im Juni 2017 in Democratica umbenannt.
1961 wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei, 1969 Funktionär der stalinistisch-maoistischen Linksabspaltung Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei Italiens (PCIML). Er kehrte nach einigen Jahren in die KPI zurück und ist noch heute Mitglied der linksdemokratischen Nachfolgepartei, die seit 2013 Italiens Ministerpräsident stellt. 2009 kandidierte Staino dennoch bei den Europawahlen für die radikale Linke aus Alt-Kommunisten und Grünen, was ihm fast den Rauswurf bei den Linksdemokraten einbrachte.
Ehrenvorsitzender der Union der Atheisten und Agnostiker
Staino, bekannt für seine antiklerikalen Positionen, ist auch Ehrenvorsitzender der Union der rationalistischen Atheisten und Agnostiker (UAAR). Die UAAR ist die italienische Partnerorganisation des Humanistischen Verbandes Deutschlands, der Giordano-Bruno-Stiftung, der Freidenker-Vereinigung der Schweiz und des Freidenkerbundes Österreichs. Seine Karikaturen erscheinen auch im UAAR-Hausblatt L’Ateo (Der Atheist). Eine UAAR-Aktion war die Autobuswerbung mit der Aufschrift:
„Die schlechte Nachricht ist, daß es keinen Gott gibt. Die gute Nachricht ist, daß Du ihn nicht brauchst.“
„Humor ist, wenn man trotzdem lacht“, besagt eine Redensart. Sie scheint wie auf die Berufung Stainos zur Zeitung der Bischöfe zugeschnitten.
Jede Woche wird Staino künftig im Avvenire eine Karikatur veröffentlichen und dies sinnigerweise auf der Titelseite der Sonntagsausgabe.
Sarkastisch meinte dazu der katholische Vatikanist Marco Tosatti:
„Dann hoffen wir, daß sie wenigstens antiklerikal ist.“
Text: Giuseppe Nardi
Bild: MiL/Freedom (Screenshot)
Mit Verlaub, Nachrichten wie diese scheinen nicht mehr in das Gebiet der Theologie zu passen, Psychiatrie scheint mir hier angemessener. Eine andere Möglichkeit sprach der katholische Philosoph Prof. Dr. von Hildebrand in seinem Werk „Der verwüstete Weinberg“ bereits 1973 an: „Wenn es sich gar um unsere Haltung zu allen Verfügungen eines Bischofs handelt, so wäre diese Loyalität ein Unrecht in einer Zeit, in der eine „Fünfte Kolonne“ in der Kirche existiert, zu der auch Bischöfe gehören und in der auch viele Bischöfe, obwohl sie nicht selbst dazu gehören, doch die öffentliche Meinung mehr fürchten als Gott und darum immer mit dem Strom des Zeitgeistes mitschwimmen oder wenigstens den Kampf gegen die herrschenden Tendenzen nicht aufzunehmen wagen“ (a.a.O., Seite 242).