(Washington) Gestern starb „das allererste Opfer der Abtreibungslegalisierung in den USA“, so Benedetta Frigerio. Am Sonntag ist Norma McCorvey im Alter von 69 Jahren, eine weltweite Symbolfigur für den Kampf um die Abtreibungsfreigabe, gestorben. McCorvey war als Jane Roe durch das berühmt-berüchtigte Urteil Roe gegen Wade des Obersten Gerichtshofes der USA bekanntgeworden, mit dem 1973 die Tötung ungeborener Kinder erlaubt wurde, obwohl es dafür bis heute keine Entscheidung des Gesetzgebers gibt.
McCorvey erkannte den fatalen Fehler, den sie damals begangen hatte bzw. für den sie sich von der feministischen Bewegung mißbrauchen hatte lassen. Seither trug sie die schwere Last mit sich, sich für den Tod von Millionen unschuldiger Kinder verantwortlich zu wissen. 1995 ließ sie sich taufen und wurde in der Lebensrechtsbewegung aktiv. Sie enthüllte zahlreiche Hintergründe der Machenschaften und Lügen der Abtreibungslobby, mit der das Urteil von 1973 unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erschlichen worden war.
Urteil Roe gegen Wade war der Dammbruch
Das Urteil Roe gegen Wade bedeutete nicht nur einen Dammbruch in den USA. Bis dahin war die Tötung ungeborener Kinder faktisch nur in kommunistischen Staaten erlaubt. Die Sowjetunion war 1920 das erste Land, das im Geist des bolschewistischen Revolutionsmordens auch die Tötung ungeborener Kinder erlaubte. Auf den Dammbruch in den USA folgte der Dammbruch in zahlreichen weiteren Staaten, besonders in Westeuropa.
Durch das Urteil Roe gegen Wade, Jane Roe war das Pseudonym unter dem Rechtsanwälte den Einspruch Norma McCorveys gegen ein Abtreibungsverbot eingebracht hatten, wurden seither allein in den USA mehr als 60 Millionen Kinder getötet. McCorvey war damals 22 Jahre alt und ein „Kind“ der sexuellen Revolution. Sie hatte sexuelle Beziehungen zu Männern und Frauen und war schwanger. Ihr Lesbentum machte sie für die feministischen Parolen besonders anfällig. Ihre persönliche Lebensgeschichte bestätigt, wie zahlreiche andere Biographien, daß besonders Lesben sich für die Abtreibung engagieren (ebenso gegen Ehe, Familie und für Frühsexualisierung).
In ihrem Einspruch gegen das Abtreibungsverbot machte sie ihre Armut, ihre Drogenprobleme geltend, und daß sie vergewaltigt worden sei. Die Eingabe hatte nicht sie aufgesetzt. Als Vertreter der Frauenbewegung sie dazu überredeten, konnte sie nicht ahnen, daß drei Jahre später sieben von neuen Höchstrichtern der USA ihr recht geben würden. Den Boden dazu hatten die Frauenbewegung, die Abtreibungs- und Überbevölkerungslobby und nicht geringe männliche Interessen vorbereitet. Es fehlte nur der „Extremfall“, jener Fall, der allgemeines Verständnis, Mitleid und Mitgefühl auslösen würde, jener berühmte Einzelfall, der nicht repräsentativ für die Gesamtfrage ist, aber als emotionales Brecheisen dient, um das gewünschte Ziel zu erreichen.
Urteil durch Vortäuschung falscher Tatsachen erschlichen
Nach ihrer Bekehrung enthüllte McCorvey, daß die politischen Aktivisten, denen sie in die Hände gefallen war, sie gedrängt hatten, zu behaupten, sie sei vergewaltigt worden. Eine glatte Lüge. Genau die brauchte man aber, denn bei Vergewaltigung ist Parteinahme für das Opfer garantiert. „Es war alles eine Lüge“, sollte sie später oft und oft wiederholen. Doch die Abtreibungslobby nahm das nicht zur Kenntnis. Für die war McCorvey alias Jane Roe nur der Mohr, der seine Schuldigkeit getan hatte. Deshalb war McCorvey das allererste Opfer der Abtreibungslegalisierung in den USA.
McCorvey wandte sich in den vergangenen 20 Jahren vor allem gegen jene „Heuchler“, wie sie sagte, die behaupten, „persönlich“ gegen Abtreibung zu sein, aber jeden selber darüber entscheiden zu lassen. Das seien die Pseudoabtreibungsgegner oder besser, die feigen Abtreibungsbefürworter, die sich hinter einem pseudomoralischen Vorwand verbergen. Sie fallen den Lebensschützern meist in den Rücken und distanzieren sich von deren Initiativen.
„Von der Liebe besiegt“ – McCorvey Bekehrung
1998 wurde McCorveys Autobiographie Won by Love (Von der Liebe besiegt) veröffentlicht. Darin schrieb sie, daß unzählige Menschen, wie sie erst später erfuhr, nach dem Abtreibungsurteil von 1973 für sie zu beten begannen. Tatsächlich begann 17 Jahre nach dem Urteil ihre Bekehrung zu Christus.
„Ich saß in einem Büro, als ich an der Wand ein Poster über die Entwicklung eines Fötus entdeckte. Das Wachstum des Fötus war so offensichtlich, die Augen waren so sanft. Mein Herz tat mir weh, allein beim Anschauen. Ich bin aus dem Raum gerannt und habe zu mir selbst gesagt: ‚Norma, sie haben recht.‘“
Gemeint waren damit die Lebensschützer, die den Abtreibungsbefürwortern entgegenhielten, daß das ungeborene Kind nicht ein „Etwas“, ein „Zellklumpen“ ist, sondern ein vollkommener Mensch an seinem Lebensbeginn.
„Ich sah danach ständig das Bild dieses kleinen Embryos von 10 Wochen vor meinen Augen und konnte gar nicht anders als sagen: Das ist ein Kind. Es war, als würde es mir wie Schuppen von den Augen fallen. Mit einem Schlag war mir die Wahrheit bewußt: Es ist ein Kind! Ich fühlte mich von dieser Wahrheit erdrückt. Ich mußte mich einer schrecklichen Wahrheit stellen: Abtreibung ist die Tötung von Kindern im Mutterleib. Die ganzen Jahre hindurch hatte ich mich geirrt. Meine ganze Arbeit in den Abtreibungskliniken war falsch. Das wurde mir bewußt, schmerzlich bewußt.“
Von der Abtreibungsaktivistin und Lebensschützerin
McCorvey wechselte die Barrikaden und begann nun über das wahre Gesicht der Abtreibung aufzuklären. Sie wurde zur unermüdlichen Botschafterin des Lebensrechts ungeborener Kinder. Die meisten der Medien, die ihr zuvor offenstanden, blieben nun aber für sie verschlossen. Ihre Parteinahme für die Abtreibung wollte man hören. Ihre Parteinahme für das Leben aber nicht. Mit ihrer Bekehrung gab sie in den 90er Jahren auch ihre Homosexualität auf.
2003 legte sie beim Obersten Gerichtshof der USA Einspruch gegen das Urteil Roe gegen Wade ein. Sie formalisierte, daß das damalige Urteil unter Vortäuschung falscher Tatsachen zustandegekommen war, weil sie nie vergewaltigt worden war. Vielmehr sei sie mißbraucht worden aufgrund ihrer Armut und Ignoranz. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt.
„Ich warte auf den Tag, an dem Gerechtigkeit geschaffen und die Last all dieser Toten von meinen Schultern genommen werden wird.“
So McCorvey. Auf Erden hat sie diesen Tag nicht mehr erlebt. Sie selbst verstand die letzte Zeit ihres Lebens als Sühneleistung für das Abtreibungsverbrechen, das mit ihrer Hilfe sein weltweites Morden beginnen konnte. McCorvey bewegte vor allem ein Satz von Mutter Teresa von Kalkutta, die gesagt hatte:
„Eine Gesellschaft, in der die Mütter soweit kommen, ihre Kinder zu töten, kann nur voll Haß sein.“
Requiescat in pace.
Text: Giuseppe Nardi
Bild: LSN/KAL/BornforUnborns (Screenshots)