Die „Corredemptrix“ zur Zeit von Papst Paul VI.

Marientitel


Der Marientitel "Maria Miterlöserin" zur Zeit von Paul VI.
Der Marientitel "Maria Miterlöserin" zur Zeit von Paul VI.

Von Pater Pao­lo M. Siano*

Anzei­ge

Unter den Theo­lo­gen, die dem Titel „Mit­erlö­se­rin“ ableh­nend gegen­über­ste­hen, befin­det sich der Domi­ni­ka­ner Pater Edward H. Schil­le­be­eckx OP (1914–2009), Autor des Buches „Maria, Moe­der van der Verlos­sing“, 1. Auf­la­ge 1954, 2. Auf­la­ge 1957. Die­se wur­de von Schil­le­be­eckx selbst über­ar­bei­tet und 1969 als „Maria – Mut­ter der Glau­ben­den“ im Mat­thi­as-Grü­ne­wald-Ver­lag ver­öf­fent­licht. Das Impri­matur für die ita­lie­ni­sche Aus­ga­be stammt vom Prie­ster Sal­va­to­re Famo­so, Kanz­ler der Erz­diö­ze­se Cata­nia, vom 22. Okto­ber 1964. Bereits im Vor­wort (es ist nicht ganz klar, ob es von den Pau­li­nern oder von Schil­le­be­eckx stammt) erfolgt eine Distan­zie­rung vom Titel „Mit­erlö­se­rin“ (S. 7), da die­ser in den offi­zi­el­len Kon­zils­do­ku­men­ten nicht vorkomme…

Tat­säch­lich jedoch, wie ich hier gezeigt habe, wird der Titel „Mit­erlö­se­rin“ in den Kon­zils­ak­ten – sowohl in der vor­be­rei­ten­den als auch in der syn­oda­len Pha­se des Kon­zils – als legi­tim und wahr anerkannt.

Spä­ter im Buch lehnt Schil­le­be­eckx den Titel „Mit­erlö­se­rin“ deut­lich ab (S. 107).

In tra­di­tio­nell-katho­li­schen Krei­sen erkennt Msgr. Mar­cel Lefeb­v­re (1905–1991) selbst­ver­ständ­lich an, daß die Madon­na „wesent­lich am Heil der Welt mit­ge­wirkt hat“ und daß sie daher „Mit­erlö­se­rin“ ist (Msgr. Mar­cel Lefeb­v­re: Die prie­ster­li­che Hei­lig­keit, Sar­to-Ver­lag, 2011) und „Spen­de­rin aller Gna­den“ (S. 235).

Beson­ders inter­es­sant ist die Tat­sa­che, daß selbst in nach­kon­zi­lia­ren theo­lo­gi­schen und kirch­li­chen Krei­sen – die kei­nes­wegs „tra­di­tio­na­li­stisch“ oder „kon­ser­va­tiv“ sind – Autoren exi­stie­ren, die den Mari­en­ti­tel „Mit­erlö­se­rin“ in gewis­ser Wei­se anerkennen.

1968 ver­öf­fent­lich­ten die Ver­la­ge Her­der (Rom) und Mor­cel­lia­na (Bre­scia) die ita­lie­ni­sche Aus­ga­be des „Lexi­kons der Theo­lo­gie“ von Karl Rah­ner und Her­bert Vor­grim­ler, in dem der Begriff „Mit­erlö­se­rin“ zumin­dest tole­riert wird – was in der nach­kon­zi­lia­ren theo­lo­gi­schen Land­schaft schon viel ist.

Wir lesen unter dem Stich­wort „Mit­erlö­se­rin“: „Ein Begriff der katho­li­schen Theo­lo­gie (Mario­lo­gie), der in sei­ner mög­li­chen und genau­en Bedeu­tung noch nicht klar defi­niert ist. Er soll die ein­zig­ar­ti­ge und unwie­der­hol­ba­re Funk­ti­on aus­drücken, die Maria – unter dem Blick­win­kel der Per­son und der Heils­ge­schich­te – inne­hat­te: eine stets gül­ti­ge und wirk­sa­me Funk­ti­on, die Maria am histo­ri­schen Anfang des Erlö­sungs­wer­kes, in des­sen Voll­endung durch den Erlö­ser Chri­stus und in der Gemein­schaft der Hei­li­gen inne­hat­te“ (S. 145).

Unter dem Stich­wort „Maria“ (S. 368–373) lesen wir: „Auch wenn Maria in der neue­ren Theo­lo­gie als Mit­erlö­se­rin bezeich­net wird, ist gleich­zei­tig klar, daß die­se ihre Funk­ti­on qua­li­ta­tiv ganz ande­rer Art ist als die des Gott­men­schen, Mitt­lers und Erlö­sers. In der Tat­sa­che, daß die Schrift Maria (Joh. 19,25–27) als Frau schlecht­hin (zwei­te Eva und Mut­ter der Erlö­sten) unter dem Kreuz, unter dem Baum der Erlö­sung zeigt, kann man erken­nen, wie die Funk­ti­on als Mut­ter des Heils, die ihr als Mut­ter Jesu zukommt, sich durch ihr gan­zes Leben hin­durch bis zur ‚Stun­de‘ der Erlö­sung (Joh. 2,4) erstreckt“ (S. 368).

Im Gegen­satz zu dem, was Rah­ner und Vor­grim­ler behaup­ten, ist der Titel „Mit­erlö­se­rin“ in Wirk­lich­keit sehr wohl von Theo­lo­gen und Päp­sten erläu­tert wor­den. Es genügt, fest­zu­stel­len, daß Rah­ner und Vor­grim­ler – unge­ach­tet ihrer mini­ma­li­sti­schen und irre­füh­ren­den Theo­rien oder Erklä­run­gen – die­sen Titel zumin­dest nicht ableh­nen, auch wenn sie ihn als „Begriff“ oder „Funk­ti­on“ dar­stel­len. Sie erken­nen Maria die „Funk­ti­on“ einer „Mit­erlö­se­rin“ zu (vgl. S. 368).

In dem Buch „Maria. Medi­ta­tio­nen“ (Her­der – Mor­cel­lia­na, Rom-Bre­scia 1968–1970) nennt Karl Rah­ner Maria „die neue Eva“ und stellt fest, daß sie: „(…) wenn wir uns auf einen Punkt der Leh­re bezie­hen, des­sen Inhalt in der katho­li­schen Theo­lo­gie noch umstrit­ten ist – auch ‚Mit­erlö­se­rin‘ genannt wird“ (S. 14).

Bemer­kens­wert ist, daß Rah­ner – im Gegen­satz zu Schil­le­be­eckx – den Titel nicht bestrei­tet oder ablehnt, son­dern ihn respekt­voll erwähnt: Maria „wird auch ‚Mit­erlö­se­rin‘ genannt“ (S. 14). Unge­ach­tet sei­ner Erklä­run­gen hat Rah­ner kein Pro­blem mit dem Titel „Mit­erlö­se­rin“.

Rah­ner erkennt sogar den maria­ni­schen Titel „Mitt­le­rin aller Gna­den“ an (S. 16), auch wenn er ihn lei­der auf rei­ne Für­bit­te redu­ziert (vgl. S. 14). Spä­ter im Buch bekräf­tigt Rah­ner, daß Maria „in der Gemein­schaft der Hei­li­gen die Mitt­le­rin für uns alle ist, die Mitt­le­rin aller Gna­den“ (S. 120).

In dem Arti­kel „Mari­en­ver­eh­rung und Eman­zi­pa­ti­on der Frau“, in La Civil­tà Cat­to­li­ca (Bd. II, 1970, S. 123–132), schreibt der bel­gi­sche Jesu­it P. Jean Galot SJ (1919–2008): „Mit­erlö­se­rin: Die­ser Titel bringt die Auf­ga­be Mari­ens gut zum Aus­druck, auch wenn er die Kri­tik einer Rei­he von Theo­lo­gen auf sich gezo­gen hat, die eine Gleich­set­zung Mari­ens mit Jesus befürch­te­ten. Doch drückt er kei­ne sol­che Gleich­heit aus, denn Chri­stus ist der Erlö­ser und nicht der Mit­erlö­ser; viel­mehr weist er auf die Mit­ar­beit am Erlö­sungs­werk hin. In der Tat ist die gan­ze Kir­che Mit­erlö­se­rin, und jeder Christ ist Mit­erlö­ser. In sei­ner apo­sto­li­schen Auf­ga­be zöger­te der hei­li­ge Pau­lus nicht zu sagen: ‚Wir sind Mit­ar­bei­ter Got­tes‘ (1 Kor 3,9). Maria ist Mit­erlö­se­rin in einem beson­de­ren, ein­zig­ar­ti­gen Sinn: als Frau, als neue Eva, die vom Vater mit dem erlö­sen­den Opfer Chri­sti und mit der mes­sia­ni­schen Geburt ver­bun­den wur­de“ (S. 128).

Lei­der teilt P. Galot nicht die Mari­en­ti­tel „Mitt­le­rin aller Gna­den“ und „Spen­de­rin“ der Gna­den (vgl. S. 130).

1978 ver­öf­fent­li­chen die Edi­zio­ni Pao­li­ne die zwei­te Auf­la­ge (1. Auf­la­ge 1977) des Buches „Ein maria­ni­scher Monat. 31 kur­ze bibli­sche Medi­ta­tio­nen“ („Impri­matur: Bari 21.2.1977 Msgr. Fran­ces­co Coluc­ci, Gene­ral­vi­kar“: S. 4) des Redempto­ri­sten P. Bern­hard Här­ing CSsR (1912–1998), der Maria „Mit­erlö­se­rin“ nennt. Maria ist „die neue Eva“ (S. 31, 36), sie ist die „Mut­ter der Leben­di­gen“ (S. 36). „Maria, schlicht wie eine Tau­be, wird stets dem Wir­ken des Hei­li­gen Gei­stes fol­gen, um ihre Rol­le im Erlö­sungs­werk zu erfül­len“ (S. 67). 

Hier das für uns zen­tra­le Zitat: „Das Lei­den Chri­sti ist in sich voll­kom­men und bedarf kei­ner Ergän­zung, aber die erlö­sen­de Kraft sei­nes Lei­dens und Ster­bens ist so groß, daß die neue Eva dar­an aktiv teil­neh­men konn­te. Wir kön­nen sie daher ‚Mit­erlö­se­rin‘ nen­nen, ohne Chri­stus, den ein­zi­gen Erlö­ser und Mitt­ler, zu schmä­lern – im Gegen­teil, wir prei­sen ihn damit“ (S. 105).

Im Kom­men­tar zu den Wor­ten Jesu „Sie­he, dei­ne Mut­ter“ schreibt P. Här­ing über Maria:
„[…] an alle ist also die­ses Wort gerich­tet: ‚Sie­he, dei­ne Mut­ter!‘ Vor uns steht die Frau, die neue Eva, die Mut­ter der Leben­di­gen, das gro­ße Zei­chen der Apo­ka­lyp­se. Lie­ben wir die­se Mut­ter, denn sie hat uns unter den Schmer­zen am Kreuz des Lebens­spen­ders gebo­ren! […] Sie ist die Mut­ter der Kir­che“ (S. 110).

Auch in nach­kon­zi­lia­ren fran­zis­ka­ni­schen Krei­sen gibt es wei­ter­hin Stim­men, die für die Mit­er­lö­sung eintreten.

1966 ver­öf­fent­lich­te der Ver­lag „Cro­cia­ta del Van­ge­lo“ in Paler­mo das Buch „Der Pri­mat Chri­sti bei Pau­lus und Duns Sco­tus“ von P. Gabrie­le Alle­gra OFM (1907–1976; 2012 von Bene­dikt XVI. selig­ge­spro­chen). Ich bezie­he mich auf die 2011 bei Edi­zio­ni Por­zi­unco­la in Assi­si erschie­ne­ne Ausgabe.

P. Alle­gra schreibt: „Mir scheint, daß aus dem Licht die­ser Leh­re – dem Chri­sto­zen­tris­mus und der Erlö­sung aus rei­ner Lie­be – logisch die Unbe­fleck­te Emp­fäng­nis Mari­ens und der Wert ihres mit­lei­den­den Mit­wir­kens als Mit­erlö­se­rin folgt“ (G. Alle­gra ofm, Devia­zio­ni dottri­na­li e mora­li (cau­se e rime­di), Kon­vent S. Bia­gio, Aci­rea­le (CT) 1993, S. 70).

In dem Heft „Pere­gr­i­n­an­ti­bus et itin­er­an­ti­bus“, zwi­schen Macao und Hong­kong 1970 geschrie­ben, bekräf­tigt P. Alle­gra – trotz des auf­kom­men­den und arro­gan­ten theo­lo­gi­schen Pro­gres­sis­mus nach dem Kon­zil – die Leh­re von: „der uni­ver­sa­len Mitt­ler­schaft und der Mit­er­lö­sung der Madon­na, […] dem Rosen­kranz­ge­bet und […] der Wei­he an ihr Unbe­fleck­tes Herz sowie ande­ren For­men maria­ni­scher Fröm­mig­keit, die für die adop­tier­ten Kin­der eine Quel­le tie­fer über­na­tür­li­cher Freu­de und Kraft dar­stel­len“ (ebd., S. 112).

Auch in der Zeit­schrift Miles Imma­cu­la­tae der Mili­zia Maria Imma­co­la­ta, die damals von Mino­ri­ten gelei­tet wur­de, fin­den sich Ver­fech­ter des Titels „Mit­erlö­se­rin“.

Ich zitie­re eini­ge Arti­kel: In Miles Imma­cu­la­tae, Jahr II, Heft 3, 1966, im Arti­kel „Ori­en­tie­rung der Mario­lo­gie nach dem Kon­zil“ (S. 308–314), erkennt P. Leo­ne Veu­they OFMConv (1896–1974) der Aller­hei­lig­sten Maria „ihre uner­setz­li­che Funk­ti­on als uni­ver­sa­le Mitt­le­rin und höch­ste Mit­erlö­se­rin“ zu (S. 313).

Indem er die gött­li­che Mut­ter­schaft Mari­ens – ein zen­tra­les The­ma der tho­mi­sti­schen Mario­lo­gie – als Grund­la­ge der nach­kon­zi­lia­ren Mario­lo­gie nimmt, schreibt P. Veu­they: „Maria ist nicht Mut­ter, weil sie Wohl­tä­te­rin ist, son­dern sie ist Wohl­tä­te­rin, weil sie Mut­ter ist; sie ist nicht Mut­ter, weil sie Mitt­le­rin und Mit­erlö­se­rin ist, son­dern sie ist Mitt­le­rin und Mit­erlö­se­rin, weil sie Mut­ter ist“ (S. 311). Jeden­falls erkennt auch er Maria als „Mit­erlö­se­rin“ an.

In Miles Imma­cu­la­tae, Jahr VI, Heft 1, 1970, im Arti­kel „Der maria­ni­sche Auf­trag des Fran­zis­ka­ners“ (S. 41–49), schreibt P. Orlan­do Todis­co über die Aller­hei­lig­ste Maria: „Als Mit­erlö­se­rin bot sie das gro­ße Löse­geld dar – ihren Sohn –, als star­ke und barm­her­zi­ge Frau, als Chri­stus am Kreuz den Geist auf­gab, um jede Schuld zu til­gen, um uns zu rei­ni­gen und zu erlö­sen…“ (S. 46).

In Miles Imma­cu­la­tae, Jahr VII, Heft 3–4, Juli–Dezember 1971, im Arti­kel „Im Ver­zeich­nis der Seli­gen“ (S. 289–334), über die Selig­spre­chung von P. Maxi­mi­li­an Kol­be, teilt P. Anto­nio Bla­suc­ci OFMConv (1911–1987) den Mari­en­ti­tel „Mit­erlö­se­rin“ (S. 309).

In Miles Imma­cu­la­tae, Jahr VIII, Heft 3–4, 1972, im Arti­kel „Don Gia­co­mo Alber­io­ne und die Madon­na“ (S. 255–257), erin­nert P. Anto­nio Bla­suc­ci OFMConv dar­an, daß auch der Grün­der der Pau­lus­fa­mi­lie die Madon­na als „uni­ver­sa­le Mitt­le­rin der Gna­de“ und „die Mit­erlö­se­rin mit Chri­stus, dem Erlö­ser“ (S. 256) bezeich­net hat.

In Miles Imma­cu­la­tae, Jahr X, Heft 3–4, Juli–Dezember 1974, in der Rubrik „Maria­ni­sche Leh­re“, fin­den wir den Arti­kel „Das Geheim­nis des Heils und Maria. ‘Mater Sal­va­to­ris’“ (S. 211–231) von P. Gabrie­le M. Roschi­ni OSM, der bekräf­tigt, daß Maria „wah­re und eigent­li­che Mit­erlö­se­rin des Men­schen­ge­schlechts“ sei (S. 215).
„[…] Das ordent­li­che Lehr­amt kann daher als sehr klar hin­sicht­lich der unmit­tel­ba­ren Mit­wir­kung Mari­ens an der Erlö­sung bezeich­net wer­den“ (S. 217), „Maria Mit­erlö­se­rin“ (S. 218). Die „Erlö­sung des Men­schen­ge­schlechts“ ist „unmit­tel­ba­res und gleich­zei­ti­ges Ergeb­nis des gemein­sa­men Wir­kens des Erlö­sers und sei­ner Mut­ter, der Mit­erlö­se­rin“ (S. 220).

In Miles Imma­cu­la­tae, Jahr XII, Heft 1–2, 1976, im Arti­kel „Pro­fes­sor Enri­co Medi im Licht Mari­ens“ (S. 107–114), zitiert P. Seba­stia­no Bot­ti­cel­la OFMConv Aus­zü­ge, in denen der bekann­te ita­lie­ni­sche Phy­si­ker, Poli­ti­ker und Aka­de­mi­ker Enri­co Medi (1911–1974) in einem Buch von 1973 schreibt: „Maria hat ihren Sohn Jesus als Opfer für die Erlö­sung der Men­schen von der Sün­de dar­ge­bracht; Jesus, der Erlö­ser, gibt der Mit­erlö­se­rin die gan­ze Mensch­heit zurück und macht sie zur Mut­ter aller Geschöp­fe – sie, die Mut­ter Got­tes. […] Sie­he da, die uni­ver­sa­le Mitt­le­rin“ (S. 110).

In Miles Imma­cu­la­tae, Jahr XIII, Heft 1–2, Januar–Juni 1977, im Arti­kel „Der Titel ‚Maria Mut­ter der Kir­che‘“ (S. 19–36), zitiert Don Dome­ni­co Ber­tet­to SDB zustim­mend den Domi­ni­ka­ner P. Phili­pon, der über Maria am Kal­va­ri­en­berg schreibt: Mit ihrem „mit­erlö­sen­den Mit-Lei­den“ (S. 22) voll­ende­te sie ihre Zustim­mung zur „Mut­ter­schaft über den gan­zen Chri­stus“ (S. 22). Ber­tet­to befür­wor­tet die „Mit­er­lö­sung“ (S. 30), das heißt: „die heil­brin­gen­de Ver­bin­dung mit dem Opfer Chri­sti auf Gol­go­tha (vgl. Lumen gen­ti­um 58), zu der Maria von Gott bestimmt wur­de, gera­de um – in unter­ge­ord­ne­ter Ein­heit mit dem neu­en Adam – Quel­le von Ver­ge­bung, Leben und Heil für die gan­ze Mensch­heit zu sein“ (S. 30).

Die gei­sti­ge Mut­ter­schaft Mari­ens ent­springt der gött­li­chen Mut­ter­schaft und der Mit­er­lö­sung auf Gol­go­tha, ver­stan­den im Licht der Leh­re des Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zils, und ist daher der Mut­ter­schaft gegen­über der Kir­che vor­aus­ge­hend; sie erstreckt sich auch auf die Kir­che selbst, der sie ihren Ursprung gibt – abhän­gig von Chri­stus“ (S. 32).

1971 ver­öf­fent­lich­ten die Edi­zio­ni Deho­nia­ne in Nea­pel das Buch „Das Geheim­nis Mari­ens“ des Pas­sio­ni­sten P. Can­di­do Aman­ti­ni CP (1914–1992), bekann­ter Exor­zist in Rom an der Hei­li­gen Stie­ge von 1961 bis 1992. Ich zitie­re die zwei­te Auf­la­ge, her­aus­ge­ge­ben von den Edi­zio­ni Sca­la San­ta (Rom 2018). Im Kapi­tel „Maria, Mit­erlö­se­rin der Men­schen“ (S. 191–225) schreibt der Die­ner Got­tes P. Aman­ti­ni, daß Maria durch ihre Teil­nah­me am Opfer ihres Soh­nes am Kreuz „sich den glor­rei­chen Titel Mit­erlö­se­rin der Men­schen ver­dient hat“ (S. 191).

Wei­ter schreibt er: „Durch das blu­ti­ge Opfer des Kreu­zes, an dem die Aller­hei­lig­ste Jung­frau in gro­ßem Maß teil­nahm, wur­de die Erlö­sung des Men­schen im abso­lu­ten Sinn voll­zo­gen – und das unter­schei­det sie tief­grei­fend, wie fest­ge­stellt wur­de, vom Opfer am Altar, an dem die Kir­che teil­nimmt. Des­halb hat die Jung­frau vol­len Anspruch auf den Titel ‚Mit­erlö­se­rin‘, der ihr aus­drück­lich oder sinn­ge­mäß von vie­len und bedeu­ten­den Auto­ri­tä­ten ver­lie­hen wur­de“ (S. 203).

Sehr inter­es­sant ist auch das Zeug­nis des Prie­sters Don Nico­la Can­zo­na († 1996), Pfar­rer von Castel­pe­tro­so (Iser­nia, Ita­li­en) und von 1968 bis 1978 sowie von 1983 bis 1986 am Hei­lig­tum der Schmerz­haf­ten Mut­ter­got­tes von Castel­pe­tro­so tätig.

Don Can­zo­na berich­te­te, daß Msgr. Alber­to Carin­ci [Erz­bi­schof von Boia­no-Cam­po­bas­so von 1948 bis 1977; seit 1982 trägt das Erz­bis­tum den heu­ti­gen Namen Cam­po­bas­so-Boia­no] bei einer Audi­enz zusam­men mit sei­nem Kle­rus Papst Paul VI. das Bild der Madon­na von Castel­pe­tro­so zeig­te. Der Papst betrach­te­te es und rief spon­tan aus: „Aber das ist ja das Bild der Mit­erlö­se­rin!“ (vgl. „Don Nico­la… im Para­dies“, in: Cor­re­demptrix. Anna­li Maria­ni 1996, Hei­lig­tum der Schmerz­haf­ten Mut­ter­got­tes, Castel­pe­tro­so (IS) 1997, S. 306; vgl. auch P. Ales­san­dro M. Apol­lo­nio, „‚Das ist das Bild der Mit­erlö­se­rin‘ (Paul VI.)“, in: Cor­re­demptrix. Anna­li Maria­ni 2004, Castel­pe­tro­so 2005, S. 164).

Die zitier­ten Tex­te nen­nen kein genau­es Datum für die­se Audi­enz. Ich ver­mu­te, sie fand in den frü­hen 1970er Jah­ren statt, da Paul VI. 1973 die Schmerz­vol­le Madon­na von Castel­pe­tro­so zur Patro­nin von Moli­se ernannte.

Somit hat – die­ser Zeu­gen­aus­sa­ge zufol­ge – auch Papst Paul VI., wenn auch nicht in offi­zi­el­len Doku­men­ten, die Madon­na als „die Mit­erlö­se­rin!“ bezeichnet.

Was jedoch mit Sicher­heit und Unwi­der­leg­bar­keit fest­steht, ist, daß kurz nach dem Zwei­ten Vati­ka­ni­schen Kon­zil, unter dem Pon­ti­fi­kat von Papst Paul VI., der Titel „Mit­erlö­se­rin“ – zumin­dest ein­mal – in der Zei­tung des Pap­stes und des Vati­kans erschien.

In L’Osservatore Roma­no vom Sams­tag, dem 15. Janu­ar 1966, auf Sei­te 5, fin­det sich eine Kurz­mel­dung mit dem Titel „Tabor“: Es wird über die neue­ste Aus­ga­be der Zeit­schrift für spi­ri­tu­el­les Leben „Tabor“ berich­tet, in der unter ande­rem über „Maria San­tis­si­ma und die Eucha­ri­stie“, „die leib­li­che Auf­nah­me Mari­ens in den Him­mel und den uni­ver­sa­len Kon­sens der Kir­che“, „Maria und die Kir­che“ gespro­chen wird.
Außer­dem „Msgr. Vin­cen­zo Farao­ni stellt den Lesern einen wei­te­ren Aspekt der Mario­lo­gie vor: ‚Maria, Mitt­le­rin aller Gna­den‘ – ein tröst­li­cher Aspekt, begrün­det und gestützt durch die Tra­di­ti­on, die Maria zur Mit­erlö­se­rin der Mensch­heit macht“ (S. 5).

Für bio­gra­fi­sche Hin­wei­se zu Msgr. Vin­cen­zo Farao­ni (1919–1974), seit 1969 Con­sul­tor der römi­schen Kon­gre­ga­ti­on für den Klerus.

*Pater Pao­lo Maria Sia­no gehört dem Orden der Fran­zis­ka­ner der Imma­ku­la­ta (FFI) an; der pro­mo­vier­te Kir­chen­hi­sto­ri­ker gilt als einer der besten katho­li­schen Ken­ner der Frei­mau­re­rei, der er meh­re­re Stan­dard­wer­ke und zahl­rei­che Auf­sät­ze gewid­met hat. In zahl­rei­chen sei­ner Ver­öf­fent­li­chun­gen geht es ihm dar­um, den Nach­weis zu erbrin­gen, daß die Frei­mau­re­rei von Anfang an eso­te­ri­sche und gno­sti­sche Ele­men­te ent­hielt, die bis heu­te ihre Unver­ein­bar­keit mit der kirch­li­chen Glau­bens­leh­re begründen.

Über­set­zung: Giu­sep­pe Nar­di
Bild: Cor­ri­spon­den­za Romana

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