
Von Francesco Agnoli*
Am 7. Oktober 1571 besiegten die christlichen Heere bei Lepanto die Türken, nachdem diese weite Teile christlicher Gebiete mit allen nur erdenklichen Grausamkeiten überzogen hatten. Seit ihrer Entstehung hatte die islamische Welt christliche Territorien besetzt – darunter die Küsten Afrikas ebenso wie weite Teile des Nahen Ostens. Einige Jahrzehnte zuvor, im Jahr 1543, hatten die Türken sogar Konstantinopel eingenommen.
Die Schlacht von Lepanto 1571 bedeutete nicht den endgültigen Sieg: Der türkische Angriff auf das Herz Europas setzte sich auch im darauffolgenden Jahrhundert fort. Doch danach begann der Islam sich allmählich zurückzuziehen. Schrittweise wurden später sogar viele islamische Regime säkularisiert, und selbst in der arabischen Welt erstarkte das nationale Denken auf Kosten des religiösen.
Nach dem Fall des Kommunismus trachteten die USA danach, zur einzigen Weltmacht aufzusteigen, und begannen damit, den Nahen Osten neu zu ordnen – im Interesse Israels und der eigenen Energieinteressen. So begann die Jahrzehnte währende Belagerung des Irak und Syriens, beides Staaten unter säkularer Führung (Saddam Hussein (1979–2003) und Baschar al-Assad (2000–2024). Diese Politik forderte Millionen Todesopfer, ließ Flüchtlingsströme anwachsen und erzeugte ein Klima der Rache, das zur Wiederbelebung eines radikalen Islamismus führte – und fast zur Auslöschung der großen christlichen Gemeinschaften im Irak und in Syrien.
So entstand der Islamische Staat (IS).
Was Israel betrifft: Die Besetzung eines Landes, das die Juden seit neunzehn Jahrhunderten nicht mehr besessen hatte – mit Unterstützung sowohl der Sowjetunion als auch der Vereinigten Staaten, also des Westens –, wurde vielerorts als kolonialistischer Akt empfunden. Nach der israelischen Bombardierung des Libanon im Jahr 1982 entstand die schiitische Organisation Hisbollah („Partei Gottes“); und im Zuge der unerbittlichen Belagerung Gazas und seiner Flüchtlingslager wurde 1987 die Hamas gegründet – auch mit Unterstützung des israelischen Geheimdienstes, der hoffte, durch die Förderung der Islamisten die palästinensische Bewegung in Nationalisten und Religiöse zu spalten und damit zu schwächen.
In jener Zeit begann sich der arabische Nationalismus zunehmend auf seine islamische Wurzeln zu stützen, und Moscheen begannen wie Pilze aus dem Boden zu schießen.
Eine Gruppe westlicher Diplomaten verfaßte ein Schreiben mit der Aussage: „Die Aggressionen von Bush und Israel sind die größten Rekrutierer des islamistischen Terrorismus.“
Die Migrationswelle nach Europa wiederum wurde durch diese verbrecherischen Kriege, durch die Zerstörung Libyens – erneut durch westliche Kolonialmächte –, aber auch durch ideologische Motive (man denke an Soros und die von Charlie Kirk kritisierten Lobbygruppen) und demographische Entwicklungen befördert: Die Krise der Familie und der Krieg gegen das ungeborene Leben haben das westlich geprägte Europa in eine überalterte Gesellschaft verwandelt. Das führte zur „Notwendigkeit“, Arbeitskräfte von außen zu beschaffen – auch wenn sich das bislang nur in geringem Maße als effektiv erwiesen hatte.
Das sind die Fakten: Athen fiel aufgrund seines wahnhaften „demokratischen“ Militarismus, Rom ging unter, weil es alle Werte der republikanischen Epoche verloren hatte und sich in einer demographischen Krise befand.
In der Regel zerfallen Zivilisationen zunächst von innen – der letzte Schlag erfolgt dann von außen.
Die sogenannten „Souveränisten“ als politische Bewegung scheinen nicht in der Lage, diesen Niedergang aufzuhalten, den das Trojanische Pferd der Linken und der amerikanischen Woke-Kultur beschleunigt. Die Souveränisten beschränken sich meist auf einen sterilen und hysterischen Anti-Islamismus, ohne die wahren Ursachen der Krise zu erkennen und zu benenennen. Sie ergreifen in den westlichen Staaten, wo sie regieren, auch keine wirksamen Maßnahmen gegen die wachsende Migration. Sie machen auch keine konstruktiven Vorschläge zum Umgang mit den bereits Eingewanderten. Vor allem aber verteidigen sie in keinem ausreichenden Maß die Rückkehr zu jenen Werten, die allein unsere Zivilisation groß gemacht haben.
Die persönliche Lebensführung etlicher ihrer Anführer spricht dabei Bände: Sie stehen in offenem Widerspruch zu den Idealen, die sie verbal verteidigen.
Ein Beispiel: Die Bewegung des Niederländers Wilders ist zwar gegen eine schrankenlose Einwanderung, aber für jene Kriege, die sie verursachen. Sie verfolgt eine Politik ohne Weitblick, dafür aber im Dienst der heutigen westlichen Unwerte wie Homo-Ehe, Abtreibung und Drogenfreigabe.
Nach zwei durch Europa ausgelösten Weltkriegen, nach Nationalismus, Imperialismus, Sozialismus und Zionismus, nach dem Krieg gegen die Person und ihre Würde, nach dem andauernden Angriff auf die Kirche, die den Menschen zu Glaube, Vernunft und Achtung seiner Würde erzogen hat (und der man nun Homophobie, Antisemitismus und Wissenschaftsfeindlichkeit vorwirft) – hat der Westen alles getötet, was ihn einst groß gemacht hat. Nun scheint er bereit für den endgültigen Untergang.
Seine kriegerischen Parolen gegen den Osten und seine hilflos-komplizenhaften Seufzer in Richtung Orient sind nur noch lächerlich.
Die einzige kleine Hoffnung besteht derzeit in den USA – die zwar entscheidende Mitschuld an all dem tragen, aber zumindest auch von einem Hauch der Erneuerung durchweht werden, dessen wahre Kraft sich vielleicht erst in den kommenden Jahrzehnten zeigen wird.
*Francesco Agnoli, Studium der Philosophie, lehrt an der Trentino Art Academy und ist Gastdozent am Päpstlichen Athenaeum Regina Apostolorum in Rom; sein Forschungsschwerpunkt gilt der Geschichte und Philosophie der Wissenschaft; er ist Kolumnist verschiedener Medien und Autor zahlreicher Bücher, zuletzt 2024: „Hitler. L’Anticristo. La guerra del Fuhrer alla chiesa e ai cattolici“ („Hitler. Der Antichrist. Der Krieg des Führers gegen die Kirche und die Katholiken“, mit einem Vorwort von Kardinal Gerhard Müller; u. a. 2013 mit Klaus Gamber: „La Liturgia Tradizionale“ („Die traditionelle Liturgie“). Die Kolumne wurde zuerst von Stilum curiae veröffentlicht.
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Stilum curiae
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