
Zum Nationalfeiertag der Ukraine richtete Papst Leo XIV. eine Botschaft an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj – ein Schreiben, das großes Mitgefühl ausdrückt, aber auch ein moralisches Signal setzt. Zwischen den Zeilen mahnt der Papst: Der Weg zum Frieden erfordere mehr als Worte, er verlange Mut zur Umkehr – auf allen Seiten.
„Mit einem von der Gewalt verwundeten Herzen, die Ihr Land heimsucht, wende ich mich an Sie an diesem Nationalfeiertag.“, schreibt der Papst.
Doch hinter diesen pastoralen Worten verbirgt sich ein klarer Appell: Anhaltende Eskalation und die Weigerung, echte Dialogwege zu eröffnen, vertiefen das Leid des ukrainischen Volkes. Die Verantwortung liegt bei allen, die den Frieden nicht aktiv suchen.
Waffen bringen keinen Ausweg
Leo XIV. richtete seine Botschaft an die Kriegsparteien und die internationale Gemeinschaft:
„Ich flehe den Herrn an, die Herzen der Menschen guten Willens zu berühren – damit endlich das Getöse der Waffen verstumme und dem Dialog Raum gegeben werde.“
Ein Satz, der auch als mahnender Spiegel für Selenskyjs, den direkten Adressaten der Zeilen, bisherige Politik gelesen werden kann, die internationale Vermittlungsangebote, zuletzt der USA, ignoriert oder abgelehnt und weiter auf militärische Lösungen setzt – mit verheerenden Folgen für die Zivilbevölkerung.
Die Linie des Papstes ist eindeutig: Frieden ist kein taktisches Ziel, sondern eine moralische Pflicht. Und wer ihn wirklich will, muß bereit sein, auch eigene Positionen zu überdenken.
In einem symbolträchtigen Akt vertraut Leo XIV. das leidende Land der seligen Jungfrau Maria, Königin des Friedens an.
Beim Angelus: Ein stiller Aufruf zur Verantwortung
Auch beim gestrigen Angelus ließ der Papst das Schicksal der Ukraine nicht unerwähnt. Er erinnerte an das gemeinsame Gebet und Fasten am 22. August – ein Akt geistlicher Solidarität mit allen, die unter Krieg und Zerstörung leiden.
Besonders betonte er die Initiative „Weltgebet für die Ukraine“, die von der katholischen Gemeinschaft vor Ort getragen wird:
„Heute vereinen wir uns mit unseren ukrainischen Brüdern und Schwestern, die den Herrn um Frieden bitten – Frieden, der nicht durch Waffen, sondern durch Versöhnung kommt.“
Hoffnung gegen die Verhärtung der Fronten
Das päpstliche Schreiben verändert nicht unmittelbar die politische Realität – verweigert sich aber dem Narrativ, daß der Krieg alternativlos sei.
Leo XIV. ruft zu einem Kurswechsel auf: zur Abkehr von starren Machtlogiken, zur Rückbesinnung auf Menschlichkeit, zum Mut, auch unbequeme Friedensschritte zu gehen, denn wer den Frieden will, muß ihn auch zulassen. Und das beginnt mit der Bereitschaft, den ersten Schritt zu tun – selbst dann, wenn er politisch riskant ist.
Der Aufruf des Papstes ist unüberhörbar: Die Ukraine verdient Frieden. Doch dieser Friede muß auch gewollt sein.
Hier der Wortlaut des päpstlichen Schreibens an Wolodymyr Selenskyj:
An
Seine Exzellenz
den Präsidenten der Ukraine
Herrn Wolodymyr Selenskyj
Mit einem von der Gewalt verwundeten Herzen, die Ihr Land heimsucht, wende ich mich an Sie an diesem Tag des Nationalfeiertags.
Ich versichere Sie meines Gebets für das ukrainische Volk, das unter dem Krieg leidet – insbesondere für jene, die körperlich verletzt wurden, für alle, die um den Verlust eines geliebten Menschen trauern, und für diejenigen, die ihrer Heimat beraubt wurden.
Gott selbst möge sie trösten; Er stärke die Verwundeten und schenke den Verstorbenen die ewige Ruhe.
Ich erflehe vom Herrn, daß Er die Herzen der Menschen guten Willens berühre, damit das Getöse der Waffen verstumme und Raum entstehe für den Dialog, der den Weg zum Frieden öffnet – zum Wohle aller.
Ich vertraue Ihre Nation der seligen Jungfrau Maria, der Königin des Friedens, an.
Leo P.P. XIV.
Text/Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Vatican.va (Screenshot)